Protocol of the Session on July 19, 2006

Die Landeszentrale für neue Medien ist dieser Weisung bislang nicht nachgekommen. Deshalb wird das Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst seine Weisung nun durchsetzen. Die Sicherheitsbehörden werden auch die Werbung illegaler Sportwettveranstalter beim TSV 1860 München unterbinden und die notwendigen Untersagungsanordnungen erlassen und durchsetzen. Die Betroffenen hatten ausreichend Zeit, die Verstöße gegen das strafrechtliche Verbot in § 284 Absatz 4 StGB einzustellen. Noch in dieser Woche werden die notwendigen Anordnungen erlassen, um Recht und Gesetz durchzusetzen.

Zu einer Zusatzfrage: Herr Kollege Runge.

Herr Staatssekretär Schmid, Sie haben gerade erklärt, die Ersatzvornahme werde jetzt vollzogen. Wie erklären Sie es sich dann, dass Staatsminister Sinner auf der Sondersitzung der BLM am Freitag vor zwei Wochen erklärt hat, die Ersatzvornahme werde nicht vollzogen, weil alles nur im Gleichklang und Gleichschritt mit den anderen Ländern geschehen solle?

Herr Kollege Runge, das war auch Gegenstand der Diskussion der Ministerpräsidentenkonferenz. Diese Konferenz hat damals das einheitliche Vorgehen festgelegt. Das ist ja auch vernünftig. Sonst sagt vielleicht der eine: Wenn es bei dir nicht geht, dann komme ich zu dir und versuche, es da zu machen. Dies ist das Thema nicht eines einzelnen Landes, sondern Thema der Bundesrepublik Deutschland. Wir brauchen da eine klare, einheitliche Regelung. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar einen Fall aus Bayern entschieden, aber es ist ein Fall, der für ganz Deutschland gilt.

Herr Kollege Sinner hat dazu damals vorgetragen. Im Zusammenhang mit dem einheitlichen Vorgehen ist ja auch der Beschluss im Medienrat gefasst worden.

Wenn andere Länder jetzt nicht so schnell vorgehen, aus welchen Gründen auch immer, dann darf das nicht dazu führen, dass wir in Bayern nicht Recht und Ordnung durchsetzen. Deswegen können Sie davon ausgehen – das ist eindeutige Meinung der Bayerischen Staatsregierung, und das sage ich für alle Mitglieder dieser Staatsregierung –, dass wir Straftatbestände nicht einfach hinnehmen und dulden, wenn wir spüren, dass das eine oder andere Bundesland nicht in der notwendigen Geschwindigkeit mitmacht. Es ist nichts anderes – das habe ich an dieser Stelle schon das letzte Mal gesagt – als Straftatbestände. Es ist ein Verstoß gegen § 284 StGB. Es darf nicht sein, dass wir zuschauen, wie Straftatbestände realisiert werden. Dagegen muss vorgegangen werden. Wenn die Landeszentrale nicht die notwendigen Entscheidungen trifft, dann gibt es den Weg der Ersatzvornahme. Dieser Weg wird jetzt beschritten werden, weil nicht akzeptiert werden kann, dass notwendige Entscheidungen nicht umgesetzt werden. Wenn die Ministerpräsidentenkonferenz aufgrund einer Entschei

dung des Bundesverfassungsgerichts und aufgrund einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eine klare Linie beschreitet, dann darf es nicht sein, dass an irgendeiner Stelle jemand sagt: Ich vollziehe das nicht. Deswegen werden jetzt Recht und Ordnung durchgesetzt. Das heißt konkret, dass die entsprechenden Ersatzvornahmen getroffen und die Entscheidungen realisiert werden.

Ich rufe jetzt die Frage des Kollegen Gerhard Wägemann auf.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bayerische Staatsregierung die von der SPD-Unterbezirksvorsitzenden Helga Koch, Ansbach, u. a. im „Weißenburger Tagblatt“ vom 27. Juni 2006 zur Vertreibung der Mautfl üchtlinge genannte Lösung, nach österreichischem Vorbild an jeder Autobahnabfahrt das Schild „Verboten für Lkw über 7,5 t“ mit dem Zusatz „ausgenommen Ziel- und Quellverkehr“ anzubringen, und wäre diese Regelung in Bayern so einfach umzusetzen, wie vom SPD-Unterbezirk Ansbach, Weißenburg-Gunzenhausen behauptet?

Herr Kollege Wägemann, während Österreich mit Wirkung zum 1. Januar 2004 eine Autobahnmaut für Nutzfahrzeuge ab 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht eingeführt hat, erhebt Deutschland erst seit dem 1. Januar 2005 eine Autobahnmaut für schwere Nutzfahrzeuge ab 12 t. Das ist ein Unterschied. Dies führt in beiden Ländern zu einem Mautausweichverkehr in das nachgeordnete Straßennetz.

Österreich hat als Reaktion darauf mit Fahrverboten im nachgeordneten Straßennetz reagiert. Dazu wurden Verordnungen auf der Ebene der Landesregierungen, aber auch auf der Ebene der Bezirkshauptmannschaften erlassen.

Uns ist nicht bekannt, dass an jeder österreichischen Autobahnabfahrt das Schild „Verboten für Lkw über 7,5 t“ mit dem Zusatz „ausgenommen Ziel- und Quellverkehr“ angebracht worden sei. Auch ergibt sich aus einer uns vorliegenden Zusammenstellung von Fahrverboten bzw. Fahrbeschränkungen der österreichischen Wirtschaftskammer aus dem Jahr 2005 für die Verkehrsregelung kein einheitliches Bild. Es gibt danach je nach Streckenabschnitt Beschränkungen für unterschiedliche Fahrzeugarten und Gewichtsgrenzen und unterschiedliche Ausnahmeregelungen. In Österreich gibt es also kein einheitliches Bild, sondern unterschiedliche Anordnungen.

Der deutsche Gesetzgeber hat stattdessen mit der 15. Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrsordnung vom 22. Dezember 2005 für Verkehrsbeschränkungen und -verbote, soweit sie durch erhebliche Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Autobahnmautgesetz für schwere Nutzfahrzeuge bedingt sind, hervorgerufen worden sind, eine eigene Verkehrszeichenkombination vorgesehen. Es handelt sich dabei um das Verkehrszeichen 253 der Straßenverkehrsordnung. Es lautet: „Verbot

für Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t, einschließlich ihrer Anhänger, und Zugmaschinen, ausgenommen Personenkraftwagen und Kraftomnibusse“ in Kombination mit den Zusatzzeichen „12 t“ und „Durchgangsverkehr“.

Herr Kollege Wägemann, Sie kennen das ja, weil sich eine der ersten Straßen, die hier gesperrt wurden, die B 25, in Ihrem Stimmkreis befi ndet. Was nicht unter „Durchgangsverkehr“ fällt, wird in dem Tatbestand des § 41 Absatz 2 Nummer 6 StVO ausdrücklich geregelt. Diese Defi nition versucht, den berechtigten Belangen der örtlichen Wirtschaft Rechnung zu tragen. Sie kennen die Regelung. Es geht darum, den regionalen Verkehr trotz Sperrungen in einem Umkreis von 75 Kilometern vom ersten Beladeort aus gemessen, zuzulassen. Diese Regelung ist uns durch den Bundesverordnungsgeber sozusagen mit auf den Weg gegeben worden. Wir haben insoweit eine andere Rechtssituation als in Österreich.

Die deutsche Straßenverkehrsordnung kennt also das österreichische Zusatzzeichen „ausgenommen Ziel- und Quellverkehr“ nicht. Es wäre auch ohne ergänzende Begriffsdefi nition zu unbestimmt. Das ist ein Diskussionsthema, über das wir uns immer wieder ausgetauscht haben. Ein entsprechendes Zusatzzeichen wäre schon aus Rechtsgründen problematisch und zudem impraktikabel, weil es Fragen von Ausnahmeregelungen offen ließe.

Eine kurze Zusatzfrage. Es ist in Bayern also nicht so einfach einzuführen. Gehe ich da recht in der Annahme, dass Frau Koch, als sie diesen Vorschlag gemacht hat, wenig Sachkenntnis gezeigt hat?

(Zuruf von der SPD)

Herr Kollege Wägemann, wir haben natürlich eine andere Rechtssituation. Mir ist zu dieser Angelegenheit schon des Öfteren gesagt worden, man müsse einfach die Rechtssituation ändern. Diese Änderung der Straßenverkehrsordnung ist jetzt in Kraft. Wir spüren im praktischen Vollzug natürlich auch die Problematik dieser Vorschriften – das darf ich ausdrücklich sagen, Herr Kollege Wägemann. Denn abgesehen von den im Gesetz formulierten Ausnahmen brauchen wir noch weitere Befreiungs- und Ausnahmeregelungen, um den Bedürfnissen der örtlichen Wirtschaft gerecht zu werden. Wir haben vor allem die Problematik, dass es einerseits da, wo es Parallelstraßen zur Autobahn gibt, relativ einfach ist, diesen Verkehr auf die Autobahn zurückzudrängen, um damit zu verhindern, dass Lkw von der Autobahn abfahren, um Geld zu sparen. Wir haben aber andererseits Probleme, wenn Straßen, die gesperrt werden sollen, zur Erschließung des gesamten Raumes von der Autobahn wegführen. Da gibt es über die Ausnahmen hinaus, die der Gesetzgeber vorsieht, Probleme. Wir haben in Dinkelsbühl und Feuchtwangen versucht, entsprechende Regelungen zu fi nden. Wir müssen nun sehen, ob sie sich bewähren. Deshalb sind diese Regelungen probeweise für ein halbes Jahr für die Nachtstunden installiert worden. Wir müssen sehen, ob wir mit dem vorhandenen

Instrumentarium zurechtkommen und ob es rechtlich trägt.

Nächste Zusatzfrage: Frau Kollegin Naaß.

Herr Staatssekretär, bestehen vonseiten der Staatsregierung Bestrebungen, etwas, was sich in einem anderen Land bereits als positiv herausgestellt hat, eventuell auch in Deutschland bzw. in Bayern voranzutreiben, und haben Sie vor, entsprechende Initiativen zu starten?

Frau Kollegin Naaß, zunächst haben wir in Deutschland diese klare einheitliche Regelung. Sie gilt seit knapp sieben Monaten. Es wäre deshalb falsch, bereits heute zu überlegen, ob man sie schon wieder ändern sollte.

Richtig ist, dass wir im praktischen Vollzug relativ schnell gespürt haben, dass wir in dieser Sondersituation, die ich gerade beschrieben habe, wenn also die Straße von der Autobahn unmittelbar ins fl ache Land hinein führt, mit den vom Gesetzgeber vorgesehenen Ausnahmeregelungen noch nicht ganz klar kommen. Wir müssen deshalb versuchen, im Rahmen der Anordnung, das heißt, dass die Kreisverwaltungsbehörde das mit Zustimmung der Regierung vorschlägt, entsprechende Regelungen aufzunehmen, um das Ganze praktikabel zu machen.

Und nun zu dem Zusatz „Ziel- und Quellverkehr frei“ noch folgende Überlegung. Es gibt bereits den Ausdruck „Anlieger frei“. Dazu gibt es diesen bösen Satz: Es heißt nicht „Anlieger frei“, sondern „Anlüger frei“. Wir wissen aus praktischer Erfahrung, dass solche unbestimmten Rechtsbegriffe schnell zu Ausreden führen. Wenn man jemanden da anhält, wird er sagen, ich habe dies und jenes gemacht.

Der Bundesgesetzgeber hat jetzt gesagt: Dieses „Anlieger frei“ und „Lieferverkehr frei“ bedeutet: Was im Umkreis von 75 km um den ersten Beladeort stattfi ndet, ist „Ziel- und Quellverkehr“. Das geschah in Absprache mit den Fachleuten. Der Bund hat, wie gesagt, diese Vorschrift aufgenommen neben zwei weiteren Ausnahmen, die ich jetzt nicht erörtern möchte.

Der Gesetzgeber hat sich nach Rücksprache mit denjenigen, die für den Güternahverkehr zuständig sind, für diese Variante entschieden und wir sind nun daran gebunden. Diese Vorschrift ist relativ konkret gefasst und relativ gut zu vollziehen im Gegensatz zur Defi nition des Ziel- und Quellverkehrs, einem völlig unbestimmten Begriff. Da auch die Österreicher gespürt haben, dass das nicht ausreichend war, haben sie bei sich diese vielen Varianten eingeführt; dort ist auch nicht einheitlich beschildert.

Ich glaube, dass wir nach der Probephase, die wir in Mittelfranken gestartet haben, nach einer bestimmten Zeit noch einmal überlegen müssen, ob sich das Ganze bewährt oder ob wir neue gesetzgeberische Initiativen starten müssen. Dabei warne ich aus alter Erfahrung mit dem Anliegerbegriff davor, zu unbestimmte Rechtsbe

griffe einzuführen. Denn letztlich würde das Problem dann bei den zuständigen Polizeibehörden abgeladen, die die Kontrollen vorzunehmen haben. Deswegen sollte man hier sehr vorsichtig sein und versuchen, vernünftige Regelungen zu fi nden, die gut praktikabel sind.

Nächste Zusatzfrage: Kollege Wörner.

Herr Staatssekretär, kann es sein, dass Kollege Wägemann seine Frage dazu nutzt, den Versuch einer Kollegin zu unterlaufen, den Menschen in Bayern gegen Feinstaub, Lärm und Verkehrsbelastungen zu schützen und die Wege sucht, diese Belastungen zu mindern, indem er darstellt, dass das nicht möglich sei, obwohl gerade für Parlamentarier die Suche nach den besten Lösungen eigentlich das Nobelste sein sollte, anstatt den Versuch zu machen, daraus Honig zu saugen, dass die Belastung von Menschen nicht abgestellt werden kann?

Staatssekretär Georg Schmid (Innenministerium) : Zunächst ist es so, dass ich das dem Kollegen Wägemann nicht unterstelle. Sie haben die Gelegenheit, diese Frage mit ihm noch so zu besprechen, und können so die Authentizität dieser Aussage des Kollegen nachprüfen. Natürlich ist es richtig, dass wir hier diesen Interessenzwiespalt haben, und natürlich weiß ich, dass die Menschen, die an diesen Straßen leben und diesen Lkw-Verkehr erleiden und auch erdulden müssen, hier unmittelbar betroffen sind

Allerdings muss man auch aufpassen, Verkehrswege und Verkehrsströme nicht abzuschneiden, wenn das aufgrund der rechtlichen Situation dazu führen würde, dass bestimmte Wirtschaftsräume nicht mehr so erschlossen werden, wie sie es eigentlich brauchen.

Wir haben in Mittelfranken diese harte Debatte über die Regierungsbezirksgrenzen hinweg gehabt. Wir haben sie auch immer noch; denn es gibt zwei unterschiedliche Interessenlagen. Ähnliches gilt auch in meinem Landkreis, wo der eine Ort diese Abschneidproblematik diskutiert und der andere sagt, durch meinen Ort fahren die Lkws nur durch. Es ist richtig, es gibt diese unterschiedlichen Interessen. Deswegen haben wir uns auch für die probeweise Einführung während der Nachtstunden von 22 bis 6 Uhr unter den formulierten Kautelen entschieden. Wir sollten das halbe Jahr abwarten und sehen, wie sich das bewährt. Natürlich ringen wir alle um eine gute und vernünftige Lösung, und die von Ihnen eingangs gestellt Frage können Sie, wie gesagt, im unmittelbaren Gespräch mit dem Kollegen Wägemann vertiefen.

Die Zusatzfragen sind erschöpft. Nächste Fragestellerin ist Frau Kollegin Peters.

Herr Staatssekretär, welches Konzept verfolgt die Staatsregierung bei den Verhandlungen mit dem Bundesministerium des Innern im Hinblick auf die Zusammenarbeit der bayerischen Landespolizei mit der Bundespolizei angesichts der noch bestehenden Differenzen zwischen den Vorstellungen der beiden betrof

fenen Ministerien bezüglich der künftigen Aufgaben der Vollzugsorgane und der Behauptung, dass „nach dem Wegfall der Grenzkontrollen die bayerische Landespolizei ihre jetzige Alltagsaufgabe an den Grenzübergangsstellen zur Tschechischen Republik verlieren wird“, wie Bundesminister Schäuble in seinem Brief vom 31. Mai 2006 ausführt?

Frau Kollegin Peters, die grenzpolizeilichen Zuständigkeiten der bayerischen Polizei im Bereich des bayerisch-tschechischen Grenzabschnitts bestimmen sich bisher nach dem „Verwaltungsabkommen zwischen dem Bundesminister des Innern und der Bayerischen Staatsregierung über die Wahrnehmung von Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes in Bayern“. Danach ist die bayerische Polizei für die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Personenverkehrs an den zugelassenen Grenzübergängen zur Tschechischen Republik zuständig. Für die Sicherung der „Grünen Grenze“ einschließlich der grenzüberschreitenden Wanderwege ist die Bundespolizei zuständig. Im Übrigen bleibt die vom Grundgesetz vorgegebene Zuständigkeitsverteilung zwischen der bayerischen Polizei und der Bundespolizei unberührt.

Der Wegfall der polizeilichen Personenkontrollen an der deutsch-tschechischen Grenze, wie auch an allen sonstigen in Rede stehenden EU-Binnengrenzen, beispielsweise an der deutsch-polnischen, der österreichischungarischen oder der slowenisch-ungarischen Grenze, kann erst dann erfolgen, wenn vor Ort verbindlich durch eine Expertenkommission der EU-Mitgliedstaaten überprüft und durch einstimmigen Beschluss des Rates der Justiz- und Innenminister der EU festgestellt wurde, dass die Tschechische Republik den Schengenstandard erfüllt und auch auf Dauer halten kann. Das betrifft insbesondere die Sicherung der Außengrenzen, die Erteilung von Aufenthaltstiteln, den Betrieb des Schengener Informationssystems und die grenzüberschreitende Polizeikooperation.

Nach dem Wegfall der Grenzkontrollen zu Tschechien muss die künftige Aufgabenabgrenzung zwischen der bayerischen Polizei und der Bundespolizei neu geregelt werden. Aus bayerischer Sicht sollten sowohl die allgemeinpolizeilichen Aufgaben, zu denen auch die Schleierfahndung zählt, als auch die verbleibenden grenzpolizeilichen Aufgaben, beispielsweise Überstellungen und Übernahmen von Personen oder Ausstellung von Passersatzpapieren, durch die bayerische Polizei wahrgenommen werden. Diese Lösung wäre effi zient. Da aber zu erwarten ist, dass sich die Bundespolizei nicht vollständig aus dem bereits bisher übernommenen Aufgabenspektrum zurückziehen wird, muss ein praxistauglicher Kompromiss gefunden werden, der Schnittstellenprobleme und vollzugstechnische Reibungsprobleme möglichst weitgehend ausschließt. Die konzeptionellen Überlegungen hierzu sind noch nicht so weit fortgeschritten, um belastbare Aussagen treffen zu können.

Herr Staatssekretär, könnten Sie auf die Aussage des Bundesinnenministers Schäuble eingehen, dass Bayern da verlieren wird? Sie brauchen mir nicht die Schriftliche Anfrage vorzulesen, die ich vor einiger Zeit gestellt habe.

Liebe Kollegin, ich wollte Ihnen nicht Ihre Schriftliche Anfrage vorlesen. In Ihrer Schriftlichen Anfrage haben Sie relativ detaillierte Aussagen gemacht. Wir haben versucht, auf ganz konkrete Fragen eine konkrete Antwort zu geben.

Hier geht es nicht um ein Gewinnen oder Verlieren, sondern darum, dass wegen der veränderten Situation, insbesondere nach Feststellung der Schengen-Reife, ein Konzept für die bayerische Polizei und die Bundespolizei erarbeitet wird – deswegen habe ich vorhin das Wort „Kompromiss“ verwendet –, das dort für optimale Sicherheit sorgt. Das kann nur in Absprache zwischen dem Bundesminister des Innern und dem Bayerischen Staatsminister des Innern, also zwischen Herrn Dr. Schäuble und Herrn Dr. Beckstein, erfolgen. Die ersten Gespräche auf Arbeitsebene und auch auf Ministerebene haben stattgefunden. Wir werden versuchen müssen, den momentanen Sicherheitsstandard, wenn die Aufgaben auf neue Beine gestellt worden sind, zu erhalten. Diese Gespräche haben, wie gesagt, auf Arbeitsebene und politischer Ebene begonnen. Sie sind aber noch nicht abgeschlossen. Es ist klar, dass wir hier keine Sicherheitsdefi zite aufkommen lassen dürfen; deswegen wird das keine einfache Aufgabe sein.

Frau Kollegin Peters, im Übrigen hat die bayerische Polizei bei derartigen Aufgaben schon exzellente Erfahrungen sammeln können. Wir haben im Süden, in Niederbayern, Oberbayern und in Schwaben, diese Übergangssituation schon einmal mitgemacht, als dort der Schengen-Status erreicht wurde. Wir müssen uns überlegen, wie wir das dortige Personal – ich unterstelle, dass Sie darauf abheben – sozialverträglich unterbringen, sodass es nicht zu harten Entscheidungen kommt und dennoch optimale Sicherheit garantiert wird. Sie können davon ausgehen, dass uns das gelingen wird. Aufgrund der früheren guten Erfahrungen wissen wir, wo sozusagen die Stellschrauben sind.

Wir haben in diesem Hause schon überaus kontrovers die Frage diskutiert, ob eine Schleierfahndung stattfi nden soll. Frau Kollegin Peters, ich kann an dieser Stelle nur betonen: Diese Fahndung hat sich bewährt. Andere Länder haben unser Konzept übernommen. Die Europäische Union hat gesagt, das sei in Ordnung. Frau Kollegin Peters, ich sage das, damit Sie spüren, dass wir dieses Thema entsprechend unserer Erfahrungen bei der Veränderung der Situation an der Grenze zwischen Bayern und Österreich behandeln.

Herr Staatssekretär, könnte man behaupten, Sie seien auf dem Wege dahin, dass die Landespolizei die Federführung übernimmt?

Frau Kollegin, wir sind mit jeweils circa 800 Kolleginnen und Kollegen im Grenzbereich, der Bund mit wenig mehr. An der Zahl sehen Sie, dass das eine Aufgabe größerer Dimension ist: An der Grenze wird mit einem erheblichen Personaleinsatz für Sicherheit gesorgt. Sie können davon ausgehen, dass wir zusammen mit dem Bund eine gute, vernünftige Lösung fi nden werden. Wir sind der Meinung, dass wir viele dieser Aufgaben unmittelbar übernehmen

könnten. Das habe ich in meinen Ausführungen schon dezidiert dargestellt. Ich habe als Beispiel die Überstellungen und Übernahmen von Personen oder die Ausstellung von Passersatzpapieren genannt. Wir sind der Meinung, dass wir diese Aufgaben gewissermaßen in einem Synergieeffekt sofort übernehmen könnten. Der Bund hat seine Vorstellungen eingebracht. Ich gehe davon aus, dass wir gemeinsam einen vernünftigen Kompromiss erreichen werden.

Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Aussagen des Gesamtpersonalrats, dass die bayerischen Kollegen und Kolleginnen sehr heimatnah, also im Umkreis von 100 Kilometern, in vorhandene oder neu zu schaffende Dienststellen umgesetzt werden könnten und dort allgemeinpolizeiliche Aufgaben wahrnehmen könnten, während das für die Bundespolizei in diesem Ausmaß nicht zutrifft?

Staatssekretär Georg Schmid (Innenministerium) : Zusammen mit Günther Beckstein habe ich die politische Verantwortung dafür, dass für die Kolleginnen und Kollegen der bayerischen Polizei sozialverträgliche Situationen geschaffen werden. Dafür sind wir zuständig. Dafür haben Sie gewiss Verständnis. Ich habe gerade ausdrücklich zugesagt, dass wir in diesem Fall ebenso wie seinerzeit an der Südgrenze dafür Sorge tragen werden, dass es zu sozialverträglichen Lösungen kommt.

Der Bund verliert hier ganz konkret eine Aufgabe, und er muss sich die Frage stellen, wie er in seinem Organisationsbereich zu sozialverträglichen Lösungen kommt. Das ist Aufgabe des Bundesinnenministeriums, hier für vernünftige Lösungen zu sorgen. Die Frage, die vorweg zu stellen ist – das habe ich vorhin gemeint –, lautet: Wie können wir die Aufgaben bei der veränderten Struktur so koordinieren, dass es zu einer optimalen Sicherheit kommt? Wenn diese Frage geklärt ist, haben wir für sozialverträgliche Lösungen für unser Personal Sorge zu tragen. Das muss der Bund auf der anderen Seite für seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch tun. Die Frage, wie das Konzept aussehen wird, ist vorweg miteinander zu klären. Erst dann müssen wir an die Klärung der Frage gehen, wie sozialverträgliche Lösungen für das Personal aussehen können. Ich verweise dabei auf unsere bisherigen Erfahrungen.