Dem aber widersetzt sich heute hier die Zweidrittelmehrheit der CSU. Das zeigt deutlich: Ihnen sind die kommunalen Interessen schnurzpiepegal, wenn von oben aus der Staatsregierung andere Anweisungen kommen. Das zeigt auch, dass die schönen Ziel- und Grundsatzformulierungen oft nicht das Papier wert sind, auf dem sie stehen, wenn es tatsächlich zu Zielkonfl ikten kommt.
Ödön von Horváth hat einmal den schönen Satz geprägt: „Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu.“
Vor Ort und außerhalb dieses Hauses reden Sie mit schönen Worten von Nachhaltigkeit und gaukeln Bürgernähe vor, hier aber handeln Sie ganz anders. Sie hätten die Chance gehabt, am Beispiel des Flugplatzes in Herzogenaurach zu zeigen, dass hehre Ziele und Betroffenheit in konkrete Politik einfl ießen. Diese Chance haben Sie verstreichen lassen. Das Beispiel zeigt deshalb auch, dass es neben zentralen und grundsätzlichen Bedenken gegen das vorgelegte LEP auch eine Vielzahl von vielen kleinen Belegen vor Ort gibt, warum Sie sich mit Ihrem Verständnis von Landesentwicklung oft auf dem Holzweg befi nden.
Herzogenaurach beweist dies leider in einer eindrucksvollen Art und Weise. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit – speziell Frau Kollegin Werner-Muggendorfer und Herr Weidenbusch.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachdem vorhin schon mehrere der Kollegen den Transrapid erwartet haben, werde ich jetzt darauf zu sprechen kommen.
Bei der Anbindung des Flughafens München an den Hauptbahnhof mit der Magnetschwebebahn handelt es sich bekanntermaßen um eine fulminante Fehlplanung. Der Transrapid ist verkehrspolitisch unsinnig, umweltpolitisch bedenklich, industrie- und beschäftigungspolitisch unnütz und vor allem haushalts- und fi nanzpolitisch unverantwortbar – heißt, Herr Kupka: verantwortungslos.
Ich hoffe, Sie meinen das Gleiche, was ich jetzt sage, Herr Kupka. Ich werde das jetzt kursorisch machen, das heißt, ich werde nur einige Stichworte nennen. Die Protagonisten schreiben, 8 Millionen Menschen würden den Transrapid pro Jahr benutzen. Das ist erbärmlich wenig. Das wäre die Nummer sechs oder sieben unter den Münchner Trambahnlinien, das sind genauso viele Fahrgäste, wie die Münchner S-Bahn und U-Bahn in vier bis fünf Werktagen haben. Von diesen 8 Millionen sind zudem fast die Hälfte abgeworbene Fahrgäste der SBahn, der damit Einnahmen fehlen. Zusätzlich soll durch diese Magnetschwebebahn eine Million Fahrgäste von anderen Flughäfen und vom Bahnfernverkehr abgeworben werden. Milliarden Euro wurden für die neue ICEHochgeschwindigkeitsstrecke ausgegeben. Jetzt will man weitere Milliarden Euro einsetzen, um der Bahn Fahrgäste abzuwerben, die dann Fluggäste werden. Das ist ein verkehrspolitischer Unfug.
Das eigentliche Ziel, nämlich Fluggäste, die jetzt mit dem Auto zum Flughafen fahren, von der Straße zu bringen, wird äußerst bescheiden erreicht. In den offi ziellen Planfeststellungsunterlagen sind es gerade einmal 2,5 bis 2,6 Millionen Fahrten. Wenn Sie sich anschauen, was auf der A 9 mit täglich 200 000 Bewegungen stattfi ndet und Sie rechnen dann die auf den Transrapid umsteigenden Autofahrer pro Tag herunter, dann sind Sie, wenn Sie alles auf die A 9 setzen, bei 6000. Dieses Ergebnis ist erbärmlich.
Wenn Sie Fluggäste befragen, warum sie mit dem Auto anstatt mit dem öffentlichen Verkehr zum Flughafen fahren, dann spielt weniger die Zeit als die fehlende Bequemlichkeit, der fehlende Komfort, eine Rolle. Es sind die Verkehrsmittelbrüche, die es beim Transrapid ebenso gibt. Vielleicht sind es beim Transrapid sogar noch mehr, weil es auf der geplanten Strecke weniger Umsteigepunkte gibt. Von daher hat der Transrapid verkehrspolitisch und verkehrswirtschaftlich keinen Sinn.
Zu Ihrer schönen Argumentation, der Transrapid sei ein Leuchtturmprojekt – so heißt es auch in der Koalitionsvereinbarung –, muss man sagen: Es ist keine Innovation. Leuchttürme stellen wir uns anders vor. Ein Kollege aus der SPD-Fraktion im Stadtrat hat gesagt, es sei kein Leuchtturmprojekt, sondern ein Armleuchterprojekt. Damit hat er Recht. Sie wissen alle, die Patente stammen zum Teil aus dem vorletzten Jahrhundert. 1885 wurde der Induktionsmotor patentiert, 1902 das Schweben. Das letzte Patent stammt von 1934 – der geregelte Abstand zwischen Fahrzeug und Fahrweg von Kemper. Seit 30 Jahren haben wir die Versuchsstrecke im Emsland. Niemand nimmt das Produkt ab, außer der letzten großen Diktatur der Erde. Die Chinesen haben den Transrapid aber auch nur abgenommen, weil sie hunderte von Millionen an Steuermitteln dazubekommen haben. Hier von großer Innovation zu sprechen und sich arbeitsmarktpolitische Impulse von dem Projekt zu erwarten – das mögen dann 40 oder 100 Arbeitsplätze im Wagenkastenbau in
Nun zu unserem wichtigsten Argument, der Haushaltspolitik: Sie können doch nicht ernsthaft wollen, dass in Zeiten, in denen die öffentlichen Kassen äußerst klamm sind, in denen im Sozialbereich gespart werden muss, in denen bei der Bildung gekürzt wird, über 1 Milliarde Euro – das wird bei 2 Milliarden Euro nicht enden, jetzt sind wir bei 1,85 Milliarden Euro – an Steuergeldern ausgegeben werden müssen für ein Projekt mit so zweifelhaftem Nutzen.
Nehmen Sie dieses nicht hin. Wir fordern Sie auf, sich endgültig von den Plänen zu verabschieden. Nehmen Sie nicht in Kauf, dass weiterhin Steuermillionen oder Steuermilliarden ausgegeben werden. Herr Kollege Pschierer, eines muss man klar feststellen: Unter dieser Unsinnsplanung leidet jetzt die Anbindung an den Flughafen. So lange dieses Hirngespinst steht, passiert nichts anderes. Ich nenne ganz konkret die Beschleunigungsmaßnahmen der S-Bahn. Wenn Sie mit den Leuten beim Flughafen intern reden, dann wird Ihnen jeder Flughafenmitarbeiter, auch in der obersten Spitze, dieses bestätigen.
Wir können und wollen nicht hinnehmen, dass jetzt schon tagtäglich Unsummen für die Planungen und für die Vorbereitungsgesellschaft ausgegeben werden. Dies geht grundsätzlich und in der heutigen Zeit nicht. Deshalb fordern wir Sie dringend auf, unserem Antrag zuzustimmen.
Herr Kollege Pschierer, Sie haben sich extra ganz hinten in der Rednerliste eingereiht, um erwidern zu können. Herr Kollege Pschierer, es wird Ihnen nicht helfen; wir können uns immer wieder melden.
Kolleginnen und Kollegen, ich darf darauf hinweisen, dass wir nach Beendigung der Aussprache neun namentliche Abstimmungen hinter uns zu bringen haben. Dann haben wir die Abstimmung in einfacher Form. Zum Schluss haben wir noch einmal zum LEP eine namentliche Abstimmung. Wir haben das schon durchsagen lassen. Wir können also gleich nach Beendigung der Aussprache mit den namentlichen Abstimmungen beginnen. – Herr Kollege Pschierer, Sie sind der Nächste.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Runge, trotz eines runden Geburtstags ist meine Ausdauer schier grenzenlos. Ich freue mich auch auf eine weitere Debatte. Ich darf Ihnen versichern: So oft können Sie gar nicht ans Mikrofon gehen, dass nicht einer von uns Ihre Argumente widerlegt.
Ich möchte jetzt den Versuch unternehmen, jenseits der Diskussion über die Apothekenversorgung auf dem fl a
chen Land, über die Diskussion über den Transrapid, über die Verkehrsinfrastruktur, den ÖPNV und viele andere Einzelthemen, die hier angesprochen wurden, ein paar grundsätzliche Punkte anzusprechen. Meine Damen und Herren von der Opposition, es scheint ein Missverständnis vorzuliegen; wir diskutieren hier heute nicht über einen Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung, sondern wir diskutieren über eine Verordnung der Bayerischen Staatsregierung. Herr Dr. Beyer und andere, ich bitte zur Kenntnis zu nehmen, dass dieses Hohe Haus ausführlich Gelegenheit hatte und auch heute noch hat, zum Thema Landesentwicklungsprogramm des Freistaates Bayern zu diskutieren und sich zu beteiligen. Das war nicht immer so. Wenn Sie sich die Geschichte des LEP anschauen, werden Sie feststellen, dass eine Beteiligung des Parlaments früher so nicht üblich war.
Ein zweiter Punkt – das gilt jetzt für Frau Kollegin Dr. Kronawitter, Herrn Dr. Runge und viele andere von den Oppositionsfraktionen: Hören Sie bitte mit dem dummen Geschwätz auf, hier sei ein LEP durchgepeitscht worden!
Staatsminister Huber hat zu Recht darauf hingewiesen: Wir hatten ausreichend Zeit, dieses LEP im federführenden Ausschuss und in den mitberatenden Ausschüssen zu behandeln. Ich darf Ihnen in Erinnerung rufen, wie der zeitliche Ablauf war, beginnend mit der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vom November 2003 bis zur Einbringung durch Staatsminister Huber im Plenum am 7. März 2006, Erstberatung am 9. März dieses Jahres, ausführliche Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bayerischen Landtags, eine ausführliche Zweitberatung im federführenden Ausschuss. Das heißt, es gab für die Fraktionen im Hohen Haus ausführlich Gelegenheit, dieses LEP zu diskutieren und Anträge einzubringen.
Meine Damen und Herren, ich lasse nicht gelten – diesen Vorwurf möchte ich mit Entschiedenheit zurückweisen –, hier sei etwas durchgepeitscht oder übers Knie gebrochen worden. Vielmehr gab es hier im Parlament die entsprechenden Möglichkeiten und den entsprechenden Zeitrahmen, sich zu beteiligen. Ihren Vorwurf, hier sei etwas durchgepeitscht worden, weise ich deshalb mit Entschiedenheit zurück.
Ein Zweites, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Seien Sie einmal ehrlich: Es ging Ihnen doch nicht um einen besseren, anderen Inhalt des Landesentwicklungsprogramms.
Sie haben vielmehr versucht und Sie versuchen auch heute noch, zu verhindern, dass dieses Landesentwicklungsprogramm noch vor dem 21. Juli 2006 in Kraft gesetzt werden kann. Deshalb sage ich Ihnen: Ihre Argumentation war unlauter. Sie wollten nur eines erreichen, nämlich dass dieses Landesentwicklungsprogramm einer strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung unterworfen wird.
Das haben wir Gott sei Dank verhindert. Ich sage Ihnen auch: Durch diese strategische Umweltprüfung wäre das vorliegende Landesentwicklungsprogramm nach meiner Meinung – und das ist auch die Meinung vieler Umweltexperten – nicht grundlegend geändert worden. Es hätte keinen anderen Inhalt bekommen, aber diese Prüfung hätte uns viel Zeit und Geld gekostet. Sie wäre das gewesen, was wir alle derzeit in unserem Lande vollmundig bekämpfen: ein wahnsinniger Brocken Bürokratie, nicht mehr und nicht weniger.
(Beifall bei der CSU – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Es hätte mehr Bürgerrechte gegeben, mehr Bürgerbeteiligung!)
Ihr zweiter Vorwurf neben dem der knappen Zeit war, Frau Kollegin Dr. Kronawitter, Herr Kollege Dr. Runge und Kollege Dr. Magerl, dieses LEP sei ein Torso.
Sie sagten, es ist ein Torso, weil bestimmte Bereiche in Teilfortschreibungen geregelt werden sollen.
Grundsätzlich möchte ich dazu anmerken: Gott sei Dank haben Sie ja in einigen Redebeiträgen auch anerkannt, dass das Landesentwicklungsprogramm auch schlanker geworden ist. Es ist richtig, dass Dinge, die anderen Regelwerken geregelt sind, im Landesentwicklungsprogramm nicht mehr enthalten sind. Aber ich bitte Sie, einmal darüber nachzudenken: Macht es in der heutigen Zeit noch Sinn, ein Landesentwicklungsprogramm für einen Zeitraum von acht bis zehn Jahren zu zementieren? – Da muss ich sagen: Sie sind verdammt langsam. Die Welt dreht sich schneller, sie ändert sich schneller. Deshalb begrüße ich, dass wir das Instrument der Teilfortschreibung künftig stärker nutzen wollen und nutzen werden. Ich halte Teilfortschreibungen in bestimmten Bereichen des Landesentwicklungsprogramms für richtig und für wichtig. Angesichts der raschen Änderungen in der Wirtschaft, in der Gesellschaft, im sozialen und kulturellen Bereich ist es richtig, glaube ich, zum Instrument der Teilfortschreibung zu greifen.
Ich möchte noch kurz bei dem Instrument der Teilfortschreibung bleiben, weil Sie uns vorgehalten haben, dass sie in einigen Bereichen vorgesehen ist, beispielsweise bei der zentralörtlichen und bei der raumstrukturellen Gliederung des Freistaates Bayern, also bei den Gebietskategorien des Freistaates. Meine Damen und Herren von der Opposition, ich bitte Sie, hierbei zur Kenntnis zu nehmen, dass das Verfahren, das die Mehrheitsfraktion
dieses Hohen Hauses gewählt hat, auch bei den kommunalen Spitzenverbänden auf Zustimmung gestoßen ist. Ich habe keine Äußerung des bayerischen Städtetags, des bayerischen Gemeindetags oder des Landkreistages gehört, derzufolge der Freistaat Bayern und der Bayerische Landtag die raumstrukturelle und die zentralörtliche Gliederung des Freistaates Bayern im Rahmen dieser Fortschreibung angehen sollen. Wir haben in unserer Resolution angekündigt, dass wir das zeitnah tun wollen und tun werden. Ich freue mich gemeinsam mit Ihnen auf eine ganz spannende Diskussion. Diese spannende Diskussion wird darüber geführt werden, dass es bei der zentral örtlichen Gliederung nicht nur um die Frage geht, ob ein mögliches Oberzentrum zum Oberzentrum aufgestuft wird. Vielmehr ist die Skala nicht nur nach oben, sondern auch nach unten offen. Deshalb werden wir uns für dieses Thema Zeit nehmen. Wir werden bei diesem Thema selbstverständlich auch die Auswirkungen der Verwaltungsreform berücksichtigen. Sie wissen, dass es bei der zentralörtlichen Gliederung einen strengen Kriterienkatalog gibt. Wir werden auch an diesen Kriterienkatalog herangehen und überprüfen müssen, ob die Kriterien noch in die heutige Zeit passen und stimmig sind. Das wird sicherlich eine interessante Diskussion werden.
In den Redebeiträgen ist ja zum Ausdruck gekommen, dass sich viele Einwendungen mit dem Einzelhandel und der Fachfestlegung zum Einzelhandel beschäftigt haben. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben versucht, der Mehrheitsfraktion vorzuhalten, es habe innerhalb der CSU eine riesige Bandbreite von Meinungen und Stimmungen, Streit usw. gegeben.