Protocol of the Session on May 18, 2006

Nein, das ist keine neue Technologie.

(Engelbert Kupka (CSU): Doch!)

Gut 25 Jahre schwebt die Bahn auf der Versuchsstrecke im Emsland, gut 2 Milliarden DM an Steuergeldern sind dafür ausgegeben worden. Aber außer China – und das nur bei Zugabe deutscher Steuergelder in dreistelliger Millionenhöhe – hat sich kein anderer Abnehmer fi nden lassen.

Herr Kollege Kupka, selbst wenn das eine oder andere Transrapidprojekt dann realisiert werden könnte – die Arbeitsplatzbilanz sähe in Relation zu den investierten Milliarden auch wieder äußerst bescheiden aus.

Jetzt überlegen Sie doch noch einmal: Warum ist die beteiligte Industrie, also Siemens, Thyssen-Krupp, Max Bögl, nicht bereit, auch nur einen Cent beizusteuern? Das zeigt doch, wie man dort die Vermarktungschancen sieht.

An dieser Stelle, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir beim Kern der Angelegenheit. Einige wenige Unternehmen wollen verdienen, ohne eigenes Geld zu riskieren. Einige Politiker, nämlich Sie, wollen sich ein Denkmal setzen. Der Münchner Flughafen soll weiter mit Steuermilliarden gemästet werden, und dafür sollen die öffentlichen Kassen geplündert und die Steuerzahler weiter ausgenommen werden. Darum geht es.

Wir sagen: Steuerzahlern, S-Bahn-Nutzern, Fluggästen und Flughafenmitarbeitern wäre mit der Verbesserung der S-Bahn-Anbindung zum Flughafen weit mehr geholfen als mit dem milliardenteuren Transrapid. Deswegen fordern wir Sie auf: Nehmen Sie endlich Abschied vom bayerischen Transrapidprojekt. Stimmen Sie unserem Antrag zu und fordern Sie die Staatsregierung auf, zum Ersten unverzüglich von den Planungen ihres Projektes Anbindung des Flughafens mit der Magnetschwebebahn Abschied zu nehmen, zum Zweiten dafür Sorge zu tragen,

dass schnellstmöglich der Abfl uss von Nahverkehrsgeldern in das Transrapidvorhaben beendet wird, und zum Dritten die Ideen und Planungen für Verbesserungen der S-Bahn-Anbindung zum Flughafen aufzugreifen und hierfür vertiefende Untersuchungen in Auftrag zu geben.

An der Stelle bin ich beim Dringlichkeitsantrag der SPD angelangt, der nachgezogen worden ist. Wir werden uns, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, der Stimme enthalten, ganz einfach deswegen, weil in dem Antrag die Streckenführung über die zweite Stammstrecke, so wie sie jetzt konkret in den Planfeststellungsunterlagen vorgesehen ist, benannt ist. Wir halten das, Kollege Beyer, für wenig zielführend. Warum, will ich jetzt auch noch ausführen.

Eine S-Bahn zum Flughafen sollte möglichst viele der wichtigen Halte- und Verknüpfungspunkte bedienen. Sie sollte da anhalten, wo die Fluggäste herkommen, also am Stachus, am Rosenheimer Platz, am Ostbahnhof beispielsweise. Ich sage Ihnen eines: Bei einer Führung über die alte Stammstrecke wäre die Reisezeit wesentlich kürzer. Da hätten wir drei bzw. vier Haltepunkte mehr, das sind drei oder vier Minuten mehr. Aber, Herr Kollege Beyer, bei all Ihrem sportlichen Aussehen: Bis Sie in 42 Metern Tiefe sind, und das möglicherweise noch mit Gepäck, sind diese drei oder vier Minuten längst kompensiert.

Wir sagen grundsätzlich – und deswegen haben wir das auch in unserem Dringlichkeitsantrag –: Die Realisierung der Express-S-Bahn-Variante über den Ostarm der SBahn, wie sie unlängst von der Landeshauptstadt vorgeschlagen wurde, ist durchaus vorstellbar, aber – noch mal – wenn, dann nur über die alte, die bestehende Stammstrecke. Auch das Argument „Kapazitäten“ kann nicht greifen, denn wenn es einen Engpass gibt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dann kann dieser Engpass nur generiert werden durch die Westarme der S-Bahn. Denn da haben wir sieben Linien, die durchgewunden und verknüpft werden, während wir es im Osten mit nur fünf S-Bahn-Linien zu tun haben.

An dieser Stelle noch mal, Herr Pschierer, zum Missbrauch der Nahverkehrsgelder, den Sie vorhaben und schon ganz munter betreiben. Die Bayerische Staatsregierung will Nahverkehrsmittel in dreistelliger Millionenhöhe für den Transrapid abzweigen. Hunderttausende von Pendlern sollen weiterhin in Wind und Regen bzw. überfüllten Zügen stehen müssen, nur damit Sie Ihre Prestigebahn verwirklichen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wissen ja, dass es Sie quält. Deswegen schon noch mal konkret zu den Zahlen und was bisher schon gelaufen ist, was ausgegeben worden ist. Konkret sollen beispielsweise aus den Regionalisierungsmitteln, also den Mitteln, die Bayern vom Bund in erster Linie zur Bestellung von Zugkilometern im Schienenpersonennahverkehr und daneben für investive Maßnahmen im Schienenpersonennahverkehr und im allgemeinen Personennahverkehr erhält, Beiträge abgezweigt werden für den Kauf von Fahrzeugen. Da hat der vormalige Verkehrsminister Wiesheu frech gesagt: wie üblicherweise im Nahverkehr,

und gleichzeitig hat er TEN-Mittel von der EU beantragt, also Mittel für die transeuropäischen Verkehrsnetze.

Herr Kollege Pschierer, Sie haben schon viele Millionen Euro aus den Regionalisierungsmitteln bezahlt für die Machbarkeitsstudie, für den Unterhalt der Vorbereitungsgesellschaft, für das Raumordnungsverfahren, für das Planfeststellungsverfahren. Konkret sind von der Bayerischen Staatsregierung zugesagt und vom Haushaltsausschuss bestätigt, Herr Kupka, einmal 42 Millionen Euro für die Planung, daneben 13 Millionen Euro für Personal- und Sachkosten der Bayerischen Magnetbahnvorbereitungsgesellschaft, der BMG, und ihrer Nachfolgegesellschaft, der DB-Magnetbahngesellschaft, und darüber hinaus hat der Freistaat auch noch zugesagt, für etwaige Steuer- und Prozessfreistellungskosten aus der BMG-Tätigkeit bis zu 5 Millionen Euro zu übernehmen, welche bis zum Jahr 2012 – lesen Sie es im Haushaltsplan nach – aus den Regionalisierungsmitteln abzusichern sind.

Der Kollege Magerl hat mir gerade gesagt: Der frühere Pressesprecher der BMG klagt gerade gegen die BMG. Also mögen dafür die Mittel gut eingestellt sein. Da wissen wir dann auch, wofür diese Mittel ausgegeben werden.

Wir sagen: Es gilt, den Griff in die Nahverkehrskassen zugunsten des bayerischen Transrapidprojektes unverzüglich zu stoppen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Regionalisierungsmittel dienen der Gewährleistung und der Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs und des allgemeinen öffentlichen Personennahverkehrs. Das sind beides elementar wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge. Schienenpersonennahverkehr – SPNV – und allgemeiner öffentlicher Personennahverkehr – ÖPNV – haben Straßenentlastungsfunktion, sie entlasten die Umwelt,

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Genau!)

und sie gewährleisten Mobilität für diejenigen Bürgerinnen und Bürger, für die Menschen unter uns, die eben nicht automobil sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen fordern wir: Jeder Euro, der Bayern in den Regionalisierungsmitteln zur Verfügung steht, muss ausschließlich in den SPNV bzw. in den allgemeinen ÖPNV fl ießen.

Letzter Gedanke. Herr Kollege Pschierer, ich habe eingangs von der Bankrotterklärung auf der vorgestrigen Presseerklärung von Minister Erwin Huber gesprochen. Ich bleibe bei diesem Bild und bleibe im Bild. Im Grunde geht das Ganze jetzt in Richtung betrügerischer Bankrott.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Sie wissen ganz genau, dass Ihre Pläne nicht zu halten sind. Sie wissen ganz genau, dass das Projekt eigentlich

nicht zu fi nanzieren ist. Trotzdem lassen Sie zu, dass Tag für Tag Unsummen an Steuergeldern in dieses Projekt fl ießen: heute Entsperrung von 50 Millionen Euro im Bundeshaushalt, heute war Haushaltsausschuss. Mehr ist es nicht geworden. Aber ohne diese 50 Millionen Euro wäre die Vorbereitungsgesellschaft tatsächlich demnächst illiquide und müsste ins Verfahren gehen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Gott sei Dank sind die GRÜNEN in Berlin nicht mehr dabei!)

Wir fordern Sie auf: Machen Sie dem Spuk ein Ende. Stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege, vielen Dank.

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Pschierer, bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Kollege Runge, langsam bin ich dafür, dass sich der Frauenanteil in Ihrer Fraktion auf 100 Prozent erhöht. Dann werden mir Ihre Ausführungen künftig erspart bleiben.

Herr Kollege Runge, ich muss Ihnen schon mal sagen: Was Sie hier machen, ist organisierter Zeitdiebstahl. Ich könnte die Berichterstattung zu beiden Anträgen damit beenden, dass ich auf das Plenarprotokoll vom 30. März dieses Jahres verweise. Da hat Ihre Fraktion eine Aktuelle Stunde beantragt zu dem Thema: „Für Bayerns Bürgerinnen und Bürger – keine Geldverschwendung für den Transrapid“. Seitdem haben Sie dem Thema nichts Neues hinzufügen können, es sind die altbekannten Argumente, die wir hier austauschen.

Ich darf Ihnen auch sagen, wir haben deshalb bewusst auf einen CSU-Antrag verzichtet. Es wäre vergebene Liebesmühe zu versuchen, Sie zu überzeugen. Sie werden es nicht kapieren und Sie wollen es nicht kapieren.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE): Sie auch nicht!)

Ich darf mich in meinem Beitrag auf ein paar wesentliche Punkte konzentrieren. Vielleicht nehmen Sie sich den einen oder anderen Punkt davon noch einmal zu Herzen, Herr Kollege Runge. Der Transrapid hat in der Tat eine lange Geschichte. Fest steht, dass diesem Projekt im Jahr 1991 vom Eisenbahnzentralamt Einsatzreife bestätigt wurde. Es ist also keine Technologie, von der man sagen könnte, sie sei risikobehaftet, was die technologische Qualität angeht oder die Ausführung des Projekts. Es ist erwiesen, dass das alles funktioniert.

Das Zweite, Herr Kollege Runge, ist, dass sich an der verkehrspolitischen Argumentation für meine Fraktion nichts geändert hat. Es wird sich daran auch nichts ändern. Sie sind bislang jede Antwort schuldig geblieben - das kreide ich Ihnen echt an -, wie Sie denn ansonsten das prognos

tizierte Verkehrsaufkommen und die Steigerung des Passagieraufkommens bewerkstelligen wollen. Ich hätte gerade von Ihrer Fraktion erwartet, dass Sie alles tun, um jeden möglichen Passagier zum Flughafen München II von der Straße auf die Schiene zu bringen, dass er also auf der Schiene zum Flughafen München II fährt.

Schauen Sie sich doch einmal die Prognosen bis zum Jahr 2015 an. Da wird mit einer Verdoppelung gerechnet. Und schauen Sie sich doch auch die Prognose für die Entwicklung der Passagierzahlen am Flughafen München II an. Dieser Flughafen wickelt im Moment jährlich rund 28 Millionen Passagiere ab. Mit beiden Terminals und einer dritten Startbahn ist er in der Lage, 55 Millionen Passagiere abzufertigen. Erzählen Sie mir doch bitte einmal, wie Sie dieses Passagieraufkommen mit den bestehenden Verkehrsverhältnissen im öffentlichen Personennahverkehr – ÖPNV - in Einklang bringen wollen. Das wird nicht funktionieren. Deshalb brauchen wir hier einen anderen Zubringer. Dieser Zubringer wird unter anderem der Transrapid sein.

Oder schauen Sie sich doch einmal die Prognosen und das Gutachten der Deutschen Bahn AG an. Dort wird von 40 % mehr Schienenverkehrsnutzern ausgegangen, wenn wir den Transrapid hätten. 40 % mehr! Das ist keine marginale Steigerung, sondern eine sehr deutliche Steigerung. Deshalb würde ich es begrüßen, Herr Kollege Runge, wenn Sie das Thema auch unter dem Aspekt betrachteten, was wir gemeinsam tun können, um Passagiere, die zum Flughafen wollen, zum Umsteigen auf die Schiene zu bewegen.

Ich komme zum dritten Punkt. Sie sagen immer, verkehrswirtschaftlich wäre die Verbindung Hauptbahnhof - Münchner Airport nicht die ideale Referenzstrecke. Ich gebe zu, ich hätte mir auch eine andere Referenzstrecke vorstellen können. Wenn Sie in die Geschichte gehen, werden Sie feststellen, dass Projekte wie Hamburg - Berlin und andere Transrapidstrecken diskutiert worden sind, wo der Transrapid seine technischen Vorteile tatsächlich besser hätte ausspielen können. Aber das ist Vergangenheit. Wir diskutieren derzeit über die einzig machbare und realisierbare Strecke, und das ist diese Strecke vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen.

An diesem Hauptbahnhof München kommen täglich 2000 Züge an. Wir haben 450 000 Umsteiger. Die Passagierzahlen am Flughafen habe ich Ihnen eben dargelegt. Wenn Sie diese beiden Bereiche kombinieren, also den Hauptbahnhof und den Flughafen, dann müssen Sie doch sehen, dass es hier ein gewaltiges Fahrgastaufkommen gibt.

Der vierte Punkt, der für mich ebenfalls wichtig ist, ist Folgender: Ich stelle mir vor, Herr Kollege Dr. Runge, dass Menschen, die aus aller Herren Ländern nach Deutschland und Bayern kommen, die Chance haben sollten, ein Hochtechnologieprojekt der Bundesrepublik Deutschland, entwickelt in Deutschland von deutschen Wissenschaftlern und Ingenieuren, kennen zu lernen und nicht nur zu lesen, dass permanent Delegationen des Freistaates Bayern nach China fahren, um in Schanghai den Transrapid zu besteigen.

(Beifall bei der CSU)

Nennen Sie mir doch eine einzige Hochtechnologie, die nicht in dem Lande, in dem sie entwickelt worden ist, ihre erste Anwendung gefunden hätte. Es ist doch Schwachsinn, jemanden ein Produkt verkaufen zu wollen und ihm zu sagen: Wenn Sie es einmal sehen und fahren wollen, fl iegen Sie bitte nach Schanghai, dort fährt er. In China wird schon längst weitergeplant und es wird auch noch andere Länder geben, die in diese Technologie einsteigen werden.

Der fünfte Punkt, warum wir für den Transrapid sind und keine Alternative sehen, Herr Dr. Runge, ist Folgender. Das gilt nun auch für den Kollegen Volkmann und für den Kollegen Dr. Beyer von der SPD. Die Alternative, die Sie in diesem Hohen Haus suggerieren, nämlich den Münchener Airport-Express – MAEX –, ist keine Alternative. Es wird eine Geisterbahn. Das müssen Sie nur noch dem Münchner Oberbürgermeister erklären. Ich verstehe das Ganze sowieso nicht. Kollege Maget hat sich doch noch nicht entschieden, Bürgermeister von München werden zu wollen. Im Moment steht er doch noch an der Spitze Ihrer Fraktion hier im Hohen Hause. Er ist mit eingebunden gewesen in die Koalitionsverhandlungen - so glaube ich wenigstens - und hat dort versucht, die bayerische SPD in Berlin entsprechend zu positionieren. Also kämpfen Sie doch mit uns gemeinsam in Berlin dafür, das ganze Projekt fi nanziell auf solide Beine stellen zu können.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN – Lachen bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Beyer und Herr Dr. Runge, das, was Sie uns als Alternative verkaufen wollen, ist keine Alternative. Wir haben im Wirtschaftsausschuss des Bayerischen Landtags vor kurzem das Thema zweite S-Bahn-Stammstrecke diskutiert. Da sind CSU und SPD einer Meinung. Kollege Engelbert Kupka und die Münchner Kollegen können das bestätigen. Beide großen Fraktionen - das „groß“ jetzt etwas in Klammern gesetzt, was die SPD angeht - CSU und SPD sprechen hier mit einer Stimme. Wir wollen die zweite Stammstrecke in München. Aber Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass neben der zweiten Stammstrecke vom Bund oder von wem auch immer dann noch ein weiteres Rad-Schiene-Projekt fi nanziert wird. Da gibt es gar keine Hoffnung. Deshalb ist dieser Münchner AirportExpress eine Luftnummer und wird es auch bleiben. Er wird nie Realität werden. Er kommt wirtschaftspolitisch nicht in Frage und auch verkehrspolitisch nicht, Herr Dr. Beyer und Herr Dr. Runge! Diese Münchner ExpressS-Bahn würde nämlich nicht wie der Transrapid eigenwirtschaftlich betrieben. Wir müssten dieses Projekt - Kosten geschätzte rund 1 Milliarde Euro - zu 50 % fi nanzieren.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)