Aus diesem zweiten Grund möchte ich ein bisschen vor dem einzelnen Objektschutz warnen. Wir werden nach allen Klimaprognosen, die wir kennen und die wir jetzt gerade wieder aus Hamburg gehört haben, mit verstärkten Hochwassern gerade im Frühjahr zu rechnen haben. Da kann es schnell dazu kommen, dass der im Grunde kostengünstige Objektschutz zu einer teuren Lösung wird, weil er bedingt durch die klimatischen Veränderungen mit zunehmenden Regenfällen und Überschwemmungen nicht mehr ausreicht.
Wir stimmen dem Antrag zu, aber mit dem Appell, dass wir gerade für die Ortschaft Moos eine vernünftige Lösung suchen müssen, und wünschen eine weitere differenzierte, problembewusste Debatte über die Punkte 1 und 3 des SPD-Antrags. Ich denke, wir werden die Debatte über den Hochwasserschutz in Bayern sicherlich noch bei verschiedenen Gelegenheiten fortsetzen können.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst zu den allgemeinen Ausführungen zum Thema Hochwasserschutz, insbesondere zu den von Kollegen Werner angesprochenen Finanzierungsfragen etwas sagen. Der Freistaat Bayern hat wie kein zweites Land in ganz Deutschland Konsequenzen aus den Hochwassern der letzten Jahre gezogen. Nach dem großen Pfi ngsthochwasser im Jahre 1999 hat der Freistaat Bayern ein umfassendes Aktionsprogramm bis zum Jahre 2020 aufgelegt, um für 2,3 Milliarden Euro den Hochwasserschutz in Bayern insgesamt zu verbessern.
Wir haben allein im letzten Jahr insgesamt 112 Millionen Euro dafür aufgewandt. Davon machten die Mittel des Freistaates Bayern inklusive Abwasserabgabe 63 Millionen Euro aus.
Wenn Sie sich einmal den Überblick ansehen, den wir dem Landtag bereits gegeben haben, erkennen Sie, dass wir im Schnitt all dieser Jahre, von 2001 beginnend bis jetzt, jährlich ca. 115 Millionen Euro für den Hochwasserschutz in Bayern aufgewendet haben, wobei der Löwenanteil jeweils vom Freistaat mit Landesmitteln geleistet worden ist. Somit ist es sachlich also absolut unhaltbar, dem Freistaat zu unterstellen, dass er sich zurückgezogen und keine entsprechend dotierten Anstrengungen unternommen hätte. Genau das Gegenteil ist richtig.
Der Freistaat hat ein großes Programm aufgelegt und mit großer Konsequenz vorangetrieben. Nach dem letzten Hochwasser im Jahre 2005 hat er dieses Programm noch einmal forciert.
Wir haben nach dem Sommerhochwasser im Jahre 2005 das Programm aufgestockt und werden in diesem Jahr 2006 sowie in den Jahren 2007 und 2008 jeweils 150 Millionen Euro – das sind zusammengenommen alle Mittel von Land, Bund und Europa – in die Verbesserung des Hochwasserschutzes in Bayern investieren können. Soweit uns ersichtlich ist, gibt es kein zweites Land in Deutschland, das auch nur annähernd soviel Hochwasserschutzmaßnahmen vorantreibt, wie dies Bayern tut.
Herr Staatsminister, Sie haben die gleichen Zahlen genannt wie ich. Allerdings ist die Interpretation unterschiedlich. Würden Sie zugestehen, dass die Mittel, die der Freistaat Bayern selber aufgebracht hat, von 75,9 Millionen Euro im Jahre 1999 auf 63 Millionen Euro im Jahre 2005 zurückgegangen sind und dass das Niveau von durchschnittlich 115 Millionen Euro nur deshalb aufrecht erhalten werden konnte, weil vor allen Dingen die Europäische Union, aber auch der Bund und die Gemeinden stärkere Lasten getragen haben?
Kollege Werner, die Zahlen haben wir bis auf die Stellen nach dem Komma dem Bayerischen Landtag schriftlich vorgelegt. Daraus ergibt sich ganz deutlich, dass der Freistaat Bayern in all den Jahren den Löwenanteil geleistet hat. Und dann will ich noch etwas anmerken. Wenn Sie die Europäische Union hier schon immer so strapazieren, dann sollten Sie Folgendes nicht vergessen. Die Europäische Union hat im Jahre 1990 noch null Euro beigetragen. Wenn das nun im Jahre 2005 24 Millionen Euro waren, war das nur recht und billig; denn woher kommen letzten Endes die Gelder der Europäischen Union? Die europäischen Mittel kommen ja aus den einzelnen Mitgliedstaaten und Deutschland ist der Hauptnettozahler.
Deshalb ist es nur recht und billig, wenn wir die europäischen Programme, die es jetzt gibt, auch für den Hochwasserschutz im Freistaat Bayern nutzen.
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dagegen hat niemand etwas, dass die Europäische Union bezahlt, aber der Freistaat Bayern ist auch gefordert!)
Lassen Sie mich zum nächsten Punkt kommen, nämlich zum konkreten Projekt Moos. Liebe Kolleginnen und Kol
legen hier im Hohen Haus, es ist dies ein Einzelfall, der mit diesem Antrag hochgezogen worden ist. Dieser Einzelfall ist sicherlich besonders prekär. Jeder kennt noch die Bilder der letzten Hochwassersituation, als die Ortschaft Moos geradezu wie eine Insel aus der Hochwasserlandschaft herausgeragt hat. Von den 41 Anwesen sind 14 bei einem Hochwasser wie dem Pfi ngsthochwasser 1999 unmittelbar gefährdet, die anderen liegen Gott sei Dank etwas höher und sind aber bei einem über zweihundertjährlichen Hochwasser ebenfalls akut gefährdet. Deshalb hat der Freistaat Bayern den Bürgerinnen und Bürgern von Moos und der Gemeinde Burgheim ein Angebot gemacht, das sich sehen lassen kann. Wir haben nämlich den Bürgerinnen und Bürgern der Kommune die Frage zur Auswahl gestellt, welche Form des Hochwasserschutzes sie wollen: Wollt Ihr eine Ringeindeichung? Wollt Ihr eine Komplettabsiedlung oder eine Teilabsiedlung? Gemeint war da eine Teilabsiedlung der vom Pfi ngsthochwasser 1999 Hochwasser gefährdeten Bürger, also jene 14 Anwesen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich spreche Euch jetzt alle an, auch wenn es möglicherweise auf den ersten Blick diesen oder jenen Bezirk nicht tangiert; weil es sich um ein Projekt in einer einzelnen Kommune handelt, nämlich in der Kommune Burgheim. Letzten Endes haben wir ein landesweites Konzept, und dieses sieht vor, dass wir den Hochwasserschutz in Bayern in den nächsten 15 Jahren bis zum Jahre 2020 so verbessern, dass wir eine Sicherheit für alle Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem hundertjährlichen Hochwasser herstellen. Das ist die Messlatte. Das ist Gegenstand des vom Kabinett und in den Haushalten verabschiedeten Aktionsprogramms mit dem Titel „Nachhaltiger Hochwasserschutz im Freistaat Bayern bis zum Jahre 2020“. Dieses Projekt hat ein Volumen von 2,3 Milliarden Euro.
Die Teilabsiedlung von 14 Anwesen würde diesen Hochwasserschutz herstellen, ähnlich wie eine Ringeindeichung. Gleichwohl hat die Staatsregierung, das heißt das Umweltministerium den Bürgern von Moos angeboten, auch diejenigen Anwesen abzusiedeln, die erst bei einem über zweihundertjährlichen Hochwasser gefährdet sind. Damit hat die Staatsregierung die Bereitschaft erklärt, eine Komplettabsiedlung fi nanziell zu unterstützen. Der Freistaat Bayern ist dabei bereit, 65 % des von Gutachten ermittelten Gebäudewertes zu übernehmen.
Ich habe mich sehr gefreut, dass heute der Abgeordnete Werner hier erklärt hat, dass auch er es begrüßen würde, wenn die Kommune die restlichen 35 % ihrerseits übernähme. Auch das ist in anderen Fällen im ganzen Land gängige Praxis, dass die Kommune einen Teilbeitrag dazu leistet. Dann hätten die Bürgerinnen und Bürger mit Staat und Kommune eine hundertprozentige Ablösung ihrer Gebäudewerte.
Ich habe in einem Schreiben an die Kommune deutlich gemacht, dass der Freistaat Bayern bereit ist, umfassend weiter zu helfen. Das betrifft zum Beispiel die Vermittlung von Grundstücken aus dem benachbarten Staatslehrgut in Straß. Ich habe bereits persönlich mit Herrn Kollegen Miller gesprochen. Er hat sich bereit erklärt, eine Fläche in der Größenordnung von fünf Hektar einzubringen und zum Erwerb anzubieten. Über die Konditionen wurde im
derzeitigen Stadium logischerweise noch nicht gesprochen. Aber auch das ist eine weitere Hilfeleistung, die der Freistaat Bayern einbringt.
Ich habe auch deutlich gemacht, dass ich mir gut vorstellen könnte, dass man aus der jetzigen Ortschaft Moos – wenn ich es einmal in einer verkürzten Form sagen darf – eine Art Bio-Moos, eine neue Ortschaft, macht und die im Rahmen des jetzigen Staatslehrgutes Straß ansiedelt, indem man dort ein Bioheizwerk errichtet. Dort könnten sich dann private Unternehmen engagieren, damit es nicht auf Kosten der Kommune oder der Bürger geht. Da lassen sich jedenfalls viele weitere Dinge vorstellen.
Ich möchte an dieser Stelle das Angebot des Freistaates zunächst im Kontext nachstellen und begründen, warum die Forderung, die in dem SPDAntrag enthalten ist, zu weit geht. Die Forderung lautet, dass neben der Unterstützung beim Verkauf der Gebäude 65 % des Gebäudewertes, wie ermittelt, durch den Staat übernommen werden. An die Kommune ergeht der Appell, die restlichen 35 % zu übernehmen. Das sind zusammen 100 %.
Wenn der Freistaat Bayern auch die Grundstücke zum Baulandpreis erwirbt, wie es gefordert wird – ich darf dazu sagen, dass wir in der schönen Ortschaft Moos große Grundstücke und große Gärten von 2000, 4000, im Einzelfall bis zu 14 000 Quadratmeter haben –, dann müssen wir uns alle im Klaren sein, was das für den Hochwasserschutz im übrigen Land bedeutet.
Wir sind bei dem Angebot der Komplettabsiedlung jetzt schon in einer Kostenhöhe, die den Faktor 10 bis 20 ausmacht von dem, was wir üblicherweise pro Bürger für den Hochwasserschutz in Bayern ausgeben. Was wir in Moos tun, müssen wir im ganzen Land rechtfertigen. Denn alle Bürgermeister, egal, ob schwarz oder rot, werden aufmarschieren und sagen: Wenn ihr in Moos nicht nur das Zehn- oder Zwanzigfache an Hochwasserschutz für die Bürger ausgebt, sondern vielleicht das Dreißig- oder Vierzigfache an Kosten gegenüber dem Durchschnitt aufwendet, dann wollen wir das auch für uns.
Das würde die Hochwasserschutzausgaben des Freistaates in einer Art und Weise zum Explodieren bringen, wie es letzten Endes gegenüber anderen nicht zu verantworten wäre.
Ich will Ihnen einmal die Zahlen nennen. Wir haben dort etwa einhundert Bürger. Außerdem haben wir – ich wiederhole es – schon jetzt einen Kostenfaktor von 10 bis 20. Im Mangfalltal – Kolbermoor, Rosenheim – haben wir dagegen 30- bis 40 000 Bürgerinnen und Bürger, denen wir mit Kosten von rund 100 Millionen Euro einen wesentlich größeren Schutz zuteil werden lassen. Das heißt, mit 10 oder 20 Millionen Euro, die ich auf der einen Seite für 100 Bürger aufwende, kann ich an anderer Stelle für Tau
Deshalb sagen wir: Wir sind in umfassender Weise behilflich. Wir unterstützen und vermitteln. Wir sind auch in den Arbeitskreis der Regierung von Oberbayern hineingegangen. Das Wasserwirtschaftsamt von Ingolstadt ist unmittelbar bemüht, zu helfen, dass eine Teil- oder Komplettabsiedlung möglich wird. Ich persönlich würde es favorisieren, wenn es ein solches Signal gäbe.
Aber jetzt per Landtagsbeschluss festzulegen, dass wir die Grundstücke als Freistaat Bayern erwerben, obwohl der Freistaat an diesen Grundstücken keinen Bedarf hat, dass der Freistaat Bayern die Grundstücke ablöst und bezahlt – möglicherweise zum Baulandpreis –, das würde weit über das Maß an Solidarität hinausgehen, das wir im ganzen Land rechtfertigen könnten. Denn was wir in Moos tun, müssen wir auch andernorts – an der Donau, an Iller, Isar, Lech, Inn –, allüberall, rechtfertigen können.
Ich bejahe Solidarität, auch überdurchschnittliche Solidarität; das ist überhaupt keine Frage. Ich bin bereit, dort mehr zu tun als an anderer Stelle. Es ist eine Signalwirkung, wenn wir eine Ortschaft aus einem hochwassergefährdeten Gebiet heraushalten könnten. Aber wir sind weder in China, wo man zwangsabsiedelt, noch im Schlaraffenland, wo man alles mit staatlichen Geldern bezahlen kann. Wenn eine solche Lösung gewollt ist, muss jeder seinen Beitrag leisten. Der Staat ist bereit. Die Kommune ist entsprechend gebeten. Die Gespräche laufen. Wenn alle Beteiligten etwas wollen und sich zusammentun und Eigenverantwortung einbringen, dann wird das, was der Kollege Meißner gesagt hat, möglich sein, dass ein solches Signal gesetzt wird. Aber ich bitte herzlich, dass wir die staatliche Solidarität gerade in einer Zeit steigernder Hochwässer nicht überfordern.
Es wurde die neue Studie des Max-Planck-Instituts vom Wochenende angesprochen. Ich habe die Kurzfassung der Studie hier. Darin wird vorausgesagt, dass die Niederschläge in Süddeutschland in den nächsten Jahren um bis zu 30 % steigen können. Das heißt, die Hochwassergefahren werden nicht nur für Moos, sondern allüberall konkret steigen.
Deshalb brauchen wir eine Kraftanstrengung und eine Einteilung der Kräfte, die in der gesamtbayerischen Solidarität zu rechtfertigen ist.
Also: Ich bejahe eine Unterstützung. Ich bejahe eine überdurchschnittliche Hilfe. Ich bejahe Solidarität. Aber es kann nicht so sein, dass der Staat 100 % der hochwassergefährdeten Grundstücke gegen hochwassersichere Grundstücke austauscht. Das würde die Solidarität im ganzen Land übersteigen.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst Herrn Staatsminister Schnappauf und Herrn Kollegen Meißner herzlich für ihre sehr sachgerechte Darstellung der Inhalte und Schwerpunkte danken. Persönlich möchte ich die Gelegenheit nutzen, eine Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten zu geben.
Ich habe mich 1999 in eine CSU-Initiative eingereiht, die sich zum Ziel gesetzt hat, den schwer geschädigten Moosern zu helfen. Als zuständiger Landkreisabgeordneter habe ich dies in besonderer Weise auch als Verpfl ichtung gesehen. Alle politisch Verantwortlichen, aber auch die in der Verwaltung bis hin zum Umweltministerium Tätigen haben sich in den Folgejahren redlich bemüht, mit der Gemeinde Lösungen zu fi nden und zu prüfen. Denn vor 1999 war da gar nichts.
Wir haben den technischen Hochwasserschutz geplant und geprüft. Wir haben die Unterstützungsleistungen geprüft. Wir haben die Absiedlungsprogramme geprüft. Wir haben sie nach vorn gebracht. Lange haben wir die Konditionen diskutiert. Noch vor einem Jahr war die übliche Beteiligung beim technischen Hochwasserschutz und überhaupt bei Hochwasserschutzmaßnahmen 50 zu 50; das weiß jeder.
Es ist dann gelungen – auch angesichts der fi nanziellen Möglichkeiten der Gemeinde –, die Hilfen auf 65 % anzuheben. All dies hat sich in intensiven Gesprächen vollzogen und wurde Schritt für Schritt immer weiter nach vorn entwickelt. Aber in all den Jahren habe ich weder von der SPD noch von den GRÜNEN jemals einen Abgeordneten oder politischen Vertreter gesehen, der sich dafür interessiert hätte.
Ich weiß, dass dies für Sie eine unangenehme Wahrheit ist. Als die Hausaufgaben gemacht waren, sind diese Kollegen gekommen. Herr Kollege Werner, als Sie gesehen haben, dass sich die Dinge verfestigen, war Ihr einziger Beitrag, eine DIN A 4-Seite zu schreiben und auf die Linie einzuschwenken, die die SPD immer fährt, nämlich immer noch eins draufzusetzen und mehr zu fordern, als realistisch möglich ist.