Protocol of the Session on March 30, 2006

In unseren Augen ist das Projekt verkehrspolitisch zweifelhaft, ökologisch bedenklich und fi nanzpolitisch unverantwortlich. Völlig inakzeptabel ist es für uns, wenn die Staatsregierung und die CSU mehrere 100 Millionen Euro aus den Nahverkehrstöpfen für den Transrapid abzweigen wollen. Ministerpräsident Stoiber und sein neuer Verkehrsminister Erwin Huber wollen Hunderttausende von Pendlern aus und in ganz Bayern weiterhin in Wind, Regen bzw. in überfüllten Zügen stehen lassen, nur um ihre Prestigebahn verwirklichen zu können. Schon allein deshalb, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, gilt es, alles daranzusetzen, dass der Transrapid in München nicht Wirklichkeit wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein letztes Argument, Herr Minister Huber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wenn Sie immer noch nicht überzeugt sein sollten, eine letzte kleine Hilfe für Ihre Entscheidungsfi ndung: Wir wollen Sie auch davor bewahren, Ihren Ministerpräsidenten angesichts des ersten Spatenstichs die Begrüßung stammeln hören zu müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Henning Kaul (CSU): Alles nur Lyrik!)

Nächster Redner für die CSU-Fraktion: Herr Kollege Pschierer.

(Henning Kaul (CSU): Klär sie mal auf!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Dr. Runge, es war für mich schwer vorstellbar, dass ein Mitglied des Bayerischen Landtags sich hier herstellt und noch stolz darauf ist, dass die erste Referenzstrecke für ein Hochtechnologieprojekt, das von deutschen Ingenieuren entwickelt und von deutschen Arbeitern konstruiert worden ist, nicht hier verwirklicht wird, sondern in China. Etwas Dümmeres zum Industriestandort Deutschland habe ich noch nie gehört, darf ich Ihnen sagen.

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Sagen Sie mir eine neue Technologie in den letzten Jahrzehnten, die nicht im Ursprungsland als Erstes angewandt worden ist. Das ist einfach so: ob der TGV in Frankreich, der ICE hier oder Neuerungen in vielen anderen Bereichen. Das heißt, wenn ich selber von einem Produkt nicht überzeugt bin, wird es wohl schwierig sein, es in der Welt abzusetzen.

(Beifall und Zuruf des Abgeordneten Dr. Martin Runge (GRÜNE): Richtig!)

Sie verwechseln da etwas. Es ist kein bayerisches Produkt. Ich bin dankbar, dass es in Bayern realisiert wird. aber ich freue mich natürlich auch, dass es ein Projekt der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Bahn AG ist. Maßnahmeträger sind nicht wir, Herr Dr. Runge, sondern es ist das Eisenbahn-Bundesamt, es ist die Deutsche Bahn AG.

Auf eines will ich deutlich hinweisen: Wir haben beim Thema Transrapid über mehrere Referenzstrecken in Deutschland diskutiert: über Strecken in Hamburg, in Berlin, über mehrere in Nordrhein-Westfalen, Herr Kollege Maget. Tatsache ist, dass nur eine Strecke übrig geblieben ist, und nicht umsonst in Bayern. Der Freistaat Bayern ist ein leistungsfähiger und starker Partner, der bei der Finanzierung nicht nur mitredet, sondern auch mitbezahlt. In Bayern wird Technologie besser akzeptiert als in anderen Ländern.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Herr Dr. Runge, ich verstehe, dass Sie nichts über industriepolitische Vorteile sagen, weil Sie mit Industriepolitik noch nie etwas am Hut gehabt haben.

(Unruhe bei den GRÜNEN – Henning Kaul (CSU): Richtig!)

Aber dass Sie nicht in der Lage sind, die verkehrlichen Vorteile dieses Systems zu sehen – –

(Unruhe bei den GRÜNEN – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Weil es keine gibt!)

Wenn die Europäische Kommission bereit ist, sich an den Planungskosten des Projekts zu beteiligen, dann tut sie es nicht, weil sie zu viel Geld in der Tasche hat, sondern weil sie will, dass das transeuropäische Eisenbahnnetz von dieser Maßnahme ebenfalls profi tiert.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das ist ja gar nicht kompatibel!)

Da verstehe ich Sie nicht und da verstehe ich auch Teile der SPD nicht, Herr Kollege Maget. Wir sollten froh und glücklich sein, dass wir in München Drehscheibe sind, auch was die transeuropäischen Verkehrsachsen angeht neben einer Anbindung als Luftdrehkreuz. Diese Chancen nicht zu sehen, das verstehe ich bei Teilen der SPD nicht. Bei Ihnen, Herr Dr. Runge, kann ich es nachvollziehen, weil Sie mit diesen Dingen nie etwas am Hut gehabt haben. Immer wenn es um wichtige Infrastrukturgroßprojekte in diesem Land ging – ob dritte Startbahn oder Donauausbau –, war von Ihnen nur Blockade und sonst nichts zu hören.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Machen Sie doch mal was Sinnvolles! – Zuruf des Abgeordneten Dr. Martin Runge (GRÜNE))

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, deshalb bin ich natürlich froh, auch wenn ich mir die Große Koalition in Deutschland nicht gewünscht und auch nicht herausgesucht habe, dass im Koalitionsvertrag zu diesem Thema etwas durchaus Vernünftiges steht, und zwar ganz deutlich, dass zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Technologiestandorts Deutschland ausgewählte innovative Leuchtturmprojekte dienen sollen. Zwei werden genannt, die beide in Bayern positioniert sind, als Erstes das satellitengestützte Navigationssystem Galileo und als Zweites die erste Referenzstrecke des Transrapid in Deutschland.

Ich fi nde, dass dafür im Koalitionsvertrag für den Freistaat Bayern Hervorragendes zu fi nden ist. Wir sollten alles daran setzen, diese Dinge gemeinsam umzusetzen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Und was wird aus dem Nahverkehr?)

Herr Dr. Runge, leider haben Sie sich, was Ihre Technologiefeindlichkeit angeht, nicht geändert.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Ich habe das Gefühl, die letzte technologische Entwicklung, die Sie akzeptiert haben, war die Einführung des Farbfernsehers. Seitdem ist bei Ihnen nichts mehr dazugekommen.

(Lachen und Zurufe von den GRÜNEN)

Von Ihnen erlebe ich hier im Hohen Haus grundsätzlich nur Gegenstimmen und sonst nichts.

Für uns von der CSU ist wichtig, mit dieser Maßnahme nicht nur verkehrspolitische Aspekte zu verbinden, gleich

wohl es diese sehr stark gibt. Sie sollten sich nur noch einmal das prognostizierte Fahrgastaufkommen ansehen, was die Transrapidstrecke angeht und was die parallelen Schienen S 1 und S 8 angeht. Wenn Sie diese Zahlen in Relation setzen zum Fahrgastaufkommen und Passagieraufkommen auf dem Flughafen München, wo heute im Jahr 28 Millionen Passagiere abgefertigt werden und wo mit dem zweiten Terminal eine Kapazität von 55 bis 56 Millionen Passagieren gegeben ist, merken Sie, was hier für ein Potenzial zu fi nden ist. Dieses Potenzial sollten wir nutzen, um in Deutschland und in Bayern ein Hochtechnologieprojekt anzusiedeln.

Ein Wort noch zu den Fahrgastzahlen: 8 Millionen, wovon 3 Millionen Fahrgäste von der Straße auf die Schiene überwechseln.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Quatsch!)

Herr Dr. Runge, gerade das wäre ein Punkt für Sie gewesen zu sagen, wir wollen alles tun, damit möglichst viele Fahrgäste von der Straße auf die Schiene wechseln.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Herr Dr. Runge, Ihre Argumentation stimmt einfach nicht. Ich sage: Dieses Projekt ist verkehrspolitisch richtig, es ist industriepolitisch richtig und es ist auch umweltpolitisch richtig.

(Anhaltende Zurufe von den GRÜNEN und von der SPD)

Was das Thema Trassenführung angeht, habe ich manchmal das Gefühl, Herr Dr. Runge, dass Sie sich noch auf der Diskussionsbasis von früher bewegen.

(Henning Kaul (CSU): Von vor drei Jahren!)

Ja, vielleicht noch weiter zurück als drei Jahre. Sie wissen doch, dass sich hier seit der ersten Machbarkeitsstudie sehr viel getan hat, auch was die Akzeptanz angeht und das Thema Lärmschutz und vieles andere. Das alles wollen Sie einfach nicht zur Kenntnis nehmen, Herr Dr. Runge.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Da, Herr Dr. Runge, argumentieren Sie mit falschen Tatsachen und falschen Behauptungen. Es wird Ihnen bei dieser Frage nicht gelingen, bestimmte Gruppen hier gegeneinander auszuspielen. Es wird Ihnen auch nicht gelingen, die Position Stadt und Land auseinander zu dividieren, was Sie immer sehr gern versuchen und immer wieder tun.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Sie argumentieren, es würde eine preiswertere und sinnvollere Alternative geben, die für Sie lautet: Express-SBahn. Es dürfte Ihnen bekannt sein, dass der Bund klar signalisiert hat: Es wird im Großraum München nur ein

Großprojekt im Rad-Schiene-Konzept geben. Das ist nicht die Express-S-Bahn.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Martin Runge (GRÜNE))

Entschuldigung, Herr Dr. Runge, lesen Sie doch einmal bestimmte Papiere der Bundesregierung durch, die entstanden sind, als Sie als GRÜNE noch die Verantwortung getragen haben. Die Gutachten, auf die wir uns jetzt beziehen, stammen doch nicht von der jetzigen Bundesregierung. Nein, sie sind von einer Bundesregierung erstellt worden, in der Sie noch die Verantwortung getragen haben. Wir kämpfen in diesem Hohen Haus gemeinsam auch mit den Münchner Kolleginnen und Kollegen von der SPD und CSU dafür, die zweite Stammstrecke voranzubringen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Sie werden neben dieser zweiten Stammstrecke kein weiteres Rad-Schiene-Konzept gefördert bekommen. Wir wollen das nicht und der Bund will es auch nicht. Deshalb heißt die sinnvolle Alternative eben nur auf der einen Seite Transrapid und auf der anderen Seite die zweite Stammstrecke. Mit diesen beiden Projekten ist nicht nur der Großraum München, sondern auch der gesamte Freistaat Bayern verkehrspolitisch hervorragend angebunden und für die Zukunft gerüstet.

(Zurufe von den GRÜNEN und von der SPD)

Deshalb sollte es gemeinsame Sprachregelung in diesem Hohen Hause sein, wie wir Bund und Bahn gegenüber auftreten, nämlich zweite Stammstrecke der S-Bahn und Transrapid für München und Bayern.