Protocol of the Session on March 7, 2006

Ich nehme diese Anregung von Ihnen gerne auf und würde vorschlagen, dass wir dies in der Begründung des Landesentwicklungsprogramms klar defi nieren und dass wir uns über diese Defi nition verständigen.

Zwei Dinge will ich noch kurz erwähnen: Erstens. Ich halte es für außerordentlich positiv, dass die Entwicklungsachsen in die Überarbeitung des Entwurfs wieder aufgenommen worden sind. Zweitens sollten wir in das neue Landesentwicklungsprogramm auf jeden Fall alle Eisenbahnstrecken – nicht nur die überregionalen – wieder aufnehmen; denn dort sind wir diejenigen, die von der Bahn eine Leistung fordern. Es wäre töricht, von anderen etwas zu fordern, ansonsten aber diese Forderung in unserem eigenen Programm nicht zu erheben und das Ganze nicht zu unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Damit unterstützen wir auch eine wichtige infrastrukturelle Maßnahme für den ländlichen Raum.

Lasst uns in diesem Sinne nicht mit Ideologien und allen möglichen rot-grünen Phantastereien an die Sache herangehen,

(Lachen des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

sondern lasst uns Sacharbeit für dieses Land leisten! Das hat es verdient. Dieses Landesentwicklungsprogramm, so wie es hier vorliegt, ist eine gute Grundlage, auf der sich unser Land weiterentwickeln kann.

(Beifall bei der CSU)

Für die SPDFraktion hat sich Frau Kollegin Dr. Kronawitter noch einmal gemeldet. Sie haben noch gute drei Minuten Zeit.

Kolleginnen und Kollegen, ich will ganz einfach der Mythenbildung vorbeugen.

Erstens. Für uns als SPD ist Landesplanung der Glaube an Beeinfl ussbarkeit, nichts anderes. Herr Kollege Bocklet, es ist mir wichtig, dies hier festzuhalten.

Zweitens. Beim Thema Metropolregionen geht es um die Frage, wer den ersten Antrag zur Metropolregion Nürnberg gestellt und wer das Thema überhaupt angepackt hat. Da muss man korrigieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich erinnere mich noch sehr gut an die Aussprache zum LEP 2003. Seinerzeit hatten wir die Aufnahme dieser Kategorie ins LEP beantragt. Das wurde abgelehnt. Der erste Antrag zur Metropolregion Nürnberg kam von den mittelfränkischen SPD-Kollegen. Dann haben die CSUKollegen in Mittelfranken nachgezogen, und erst danach konnte das im Ausschuss behandelt werden.

(Erwin Huber (CSU): Nein, nein!)

Doch, Herr Minister Huber, das weiß ich deswegen genau, weil sich der Kollege Scholz wahnsinnig darüber geärgert hat, dass sein Antrag liegen geblieben war, bis dann die CSU-Kollegen ihren Antrag eingebracht hatten und damit irgendwie „verschwiemelt“ werden konnte, wer das Erstgeburtsrecht hatte.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Bocklet?

Es tut mir Leid. Ich habe nur – –

Nur zur Information: Ich rechne Ihnen das nicht an.

Nachher können wir uns gut darüber austauschen.

Drittens. Natürlich wissen wir, welche Themen uns beim LEP wichtig sind. Das wissen wir schon seit einem halben Jahr. Nur: Wir müssen Anträge ganz konkret auf die Formulierung des vorliegenden Entwurfs beziehen. Diesen Entwurf habe ich erst vor zehn Tagen in die Hände bekommen.

(Franz Josef Pschierer (CSU): Der Kollege Magerl hat es geschafft!)

Wir sind eine deutlich größere Fraktion und müssen uns intern abstimmen.

(Reinhold Bocklet (CSU): Ach, jetzt auf einmal bei Ihnen! Sie haben vorhin der CSU vorgeworfen, sie habe Abstimmungsprobleme!)

Ich will damit sagen, dass es mich ärgert, wie Sie das hier durchpeitschen. – Herr Kollege Pschierer, jetzt sage ich es doch. Wir beide haben darüber gesprochen, wann das LEP auf die Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses kommen kann. Dabei haben Sie mich im Glauben gelassen, dies würde Ende März/Anfang April sein, damit wir Zeit für die Befassung haben. Am Samstag dachte ich, mich trifft der Schlag: Am nächsten Donnerstag haben wir es auf der Tagesordnung. Das war nicht fair. Weil es so war und weil Sie mich angegriffen haben, habe ich es jetzt gesagt.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CSU)

Nächste Wortmeldung für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Kollege Dr. Runge, bitte. Sie haben noch genügend Zeit.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Fortschreibung, die Neufassung des Landesentwicklungsprogramms enthält sicherlich sinnvolle und begrüßenswerte Punkte. Diese sind heute schon angesprochen worden.

(Beifall des Abgeordneten Helmut Brunner (CSU))

Danke, Herr Kollege Brunner, für den Beifall. – Dies gilt beispielsweise für die Trennung zwischen Zielen und Grundsätzen. Da hätten Sie einmal eher auf uns hören sollen. Es gibt auch Notwendigkeiten wie die Anpassung an das Landesplanungsgesetz. Aber erinnern wir uns an die gewaltigen Worte, mit denen Edmund Stoiber im November 2003 zum einen den Zuständigkeitswechsel von einem Ressort ins andere und zum anderen die Notwendigkeit der Neufassung begründet hat. Dies tat er, nachdem wir gerade im Jahre 2002 die Sonderfortschreibung hatten und im Jahre 2003 die reguläre Fortschreibung erfolgte. Wenn wir diese gewaltigen Worte mit dem Werk messen, das uns heute zur Behandlung vorliegt, so müssen wir einfach feststellen: Es ist im Wesentlichen

doch wieder nur Aktionismus. Es ist mehr Aktionismus und Propaganda als irgendetwas anderes.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie immer bei Ihnen fehlt es im Text, in Ihren Reden, in der Begleitmusik nicht an ganz tollen und ganz neuen Begriffl ichkeiten. Zum ersten Mal wird im Landesentwicklungsprogramm und vor allem in den Reden die Clusteroffensive ausmäandert, und das ganz neue Schlagwort ist dieses Mal die „Allianz Bayern Innovativ“. Wir haben jetzt auch lernen dürfen, was die „Allianz Bayern Innovativ“ bedeutet. Herr Pschierer, staunend stellen wir fest und hören es: Regionalmanagement, also etwas ganz Neues. Unsere Landräte und die Regionalmanager werden sich freuen, wenn sie dieses aus Ihrem Munde vernehmen. Respekt!

Selbstverständlich fehlt es auch nicht an Selbstlob, so wie eben gerade in der Rede von Erwin Huber: Er sagte, auf der Grundlage bayerischer Landesentwicklungsprogramme seit 1976 hätten in den zurückliegenden Jahrzehnten große Erfolge erzielt werden können. Anschließend hat er auf den ländlichen Raum und dessen Entwicklung abgestellt.

Wir müssen festhalten: Selbstverständlich gibt es schon jetzt Entleerungen, obwohl etwas anderes behauptet wurde. Selbstverständlich gibt es schon jetzt Landkreise mit Einwohnerschwund. Die Disparitäten sind in Bayern, obwohl Sie es immer wieder behaupten, eben nicht kleiner, sondern größer geworden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da brauchen Sie sich nur die Studien unabhängiger Gutachter anzuschauen, können aber selbst die Studien abhängiger Gutachter ansehen. Ich verweise auf das Prognos-Gutachten, auf den Vergleich der Arbeitsamtbezirke und vor allem auf die von Ihnen selber in Auftrag gegebene McKinsey-Studie aus der letzten Legislaturperiode, die Ihnen dies noch einmal ganz eindeutig ins Stammbuch geschrieben hat. Das hindert Minister Huber aber nicht daran, hier genau das Gegenteil zu verkünden.

Es gibt eben Regionen – ehrlicherweise sind sie auch genannt worden – wie Oberfranken-Ost.

Da passt es wunderbar – es fällt mir eben ein –, auf die Beteuerung im Landesentwicklungsprogramm und auch eben wieder in Ihren Reden darauf zu verweisen, wie wichtig die Erschließung und die Anbindung an das Fernstraßennetz sei. Von Herrn Huber ist es gerade wieder dargestellt worden. Wir haben hervorragend erschlossene Regionen wie Oberfranken-Ost – ich habe es eben genannt –, hervorragend erschlossen durch Straßen, hervorragend erschlossen durch die Bahn. Vor allem soll es da sogar einen Flughafen geben. Und trotzdem: Wie schaut es denn da aus mit der wirtschaftlichen Entwicklung? – Da ist eben Fehlanzeige. Also immer gleich auf die Verbindung von Erschließung und wirtschaftlicher Entwicklung zu schließen und zu meinen, mit der Forderung nach Straßenneubauten und anderen ganz tollen

Verkehrsprojekte wäre es dann getan, ist ein Fehlschluss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das hat die langjährige Geschichte auch des Landesentwicklungsprogramms wohl hinreichend gezeigt.

Herr Minister Huber, Sie haben mit den Einzelhandelsgroßprojekten ein Einzelthema herausgegriffen und dieses damit begründet, dass sich ein großer Teil der Stellungnahmen eben diesem Thema gewidmet hätte. Es gab noch ein anderes Thema, das mit zahlreichen kritischen Stellungnahmen „beglückt“ worden ist: die Regionalfl ughäfen, Diese beiden Themen möchte ich an dieser Stelle noch einmal kurz anreißen.

Bei den Einzelhandelsgroßprojekten – Kollege Bocklet ist auch darauf eingegangen – ehrt Sie Ihr Widerstand gegen weitere Begehrlichkeiten mancher; das geben wir zu. Aber was wir an der Stelle noch einmal ganz klar festhalten müssen: Der Sündenfall ist in den Jahren 2001 und 2002 mit Ihrer Kehrtwendung um 180 Grad begangen worden. Wir kennen alle die Geschichte. Herr Bocklet, da erlaube ich mir, Sie einfach einmal in der Einschätzung und in der Erfahrung zu korrigieren.

Am 21. März 2000 hat der bayerische Ministerrat folgende Zielformulierung beschlossen – ich zitiere:

Flächen für Einzelhandelsgroßprojekte sollen in der Regel nur in Unterzentren und zentralen Orten höherer Stufen in städtebaulich integrierter Lage mit qualifi zierter Anbindung an den öffentlichen Verkehr ausgewiesen werden.

Dieses wird dann nachfolgend im Ministerratsbeschluss konkretisiert.

Und dann ist es losgegangen. Dann haben Vertreter der Stadt Ingolstadt, auch solche, die damals im Kabinett saßen, Druck auf Sie ausgeübt, daneben Wirtschaftslobbyisten, angefangen von Sprechern deutscher Großunternehmen bis hin zu namhaften US-amerikanischen Politikern. Sie haben erst einmal gegengehalten. Da gibt es wunderschöne Briefe. Mal steht oben drauf und unten drunter „Edmund Stoiber“, mal steht oben drauf und unten drunter „Erwin Huber“. Da darf ich jetzt auch aus diesen Briefen zitieren:

Große Einzelhandelszentren und Herstellerdirektverkaufszentren lösen eine Umverteilung der Umsätze zulasten des innerstädtischen Einzelhandels aus und verdrängen kleine und mittlere Einzelhandelsunternehmen. Damit droht eine nachhaltige Beeinträchtigung der gewachsenen Einzelhandelsstruktur in den Innenstädten. Die Bayerische Staatsregierung rechnet mit nachteiligen Folgen auch für den Arbeitsmarkt. Einer neu geschaffenen Stelle stehen circa zwei bis drei Arbeitsplätze gegenüber, die im bestehenden Einzelhandel wegfallen. Die Bayerische Staatsregierung befürchtet auch eine Abnahme qualifi zierter Arbeitsplätze, während Teilzeitbe

schäftigung bzw. geringfügige Beschäftigung zunehmen werden. Durch die Verdrängung kleiner und mittlerer Unternehmen aus dem Markt und die Abwanderungstendenzen auch größerer Unternehmen aus der Innenstadt sind Nachteile für die bestehende Nahversorgung der Bevölkerung zu befürchten.

So hat Herr Stoiber an den Senator Bond aus Missouri geschrieben. Gleiches hat auch Erwin Huber geschrieben.