Herr Staatssekretär, wie beabsichtigen Sie, die Trägervielfalt in Bayern vor dem Hintergrund dieser Ereignisse zu gewährleisten?
Damit sind die Zusatzfragen gestellt. Es folgt noch eine Frage, und ich mache die Fraktionsführungen im Hause darauf aufmerksam, dass wir anschließend mit der Beratung der Dringlichkeitsanträge beginnen. Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Ritter.
Herr Staatssekretär, bis zu welchem Maß toleriert die Staatsregierung antisemitische oder revisionistische Äußerungen von Personen, die in öffentlicher Verantwortung stehen, welche Rolle spielt dabei für die Staatsregierung, ob die Äußerungen außerhalb des Rahmens der öffentlichen Amtsausübung getätigt wurden, und wie erklärt die Staatsregierung den Unterschied im Umgang mit den Aussagen von Herrn von Gottberg durch die niedersächsische Regierung, die diese Aussagen im Gegensatz zur Bayerischen Staatsregierung öffentlich als nicht akzeptabel bezeichnet hat?
Herr Kollege Ritter, die Staatsregierung toleriert keine Äußerungen, die im Gegensatz zur freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung und außerhalb des notwendigerweise breiten Spektrums der freien Meinungsäußerung stehen. Das gilt natürlich auch für antisemitische Äußerungen.
Wenn ich es richtig sehe, beziehen Sie sich auf eine Diskussion im Niedersächsischen Landtag, die vor zweieinhalb Jahren stattgefunden hat. Das ist zwar ziemlich lang her, aber wir können uns gern darüber unterhalten. Nach unseren Informationen hat Minister Stratmann im Rahmen
der Fragestunde im Niedersächsischen Landtag noch im vergangenen Jahr, nämlich am 27. Januar 2005, Äußerungen von Herrn von Gottberg in der „Preußischen Allgemeinen Zeitung“ vom 8. November 2003 zum Fall Hohmann als nicht akzeptabel bewertet.
Nach Auffassung der Staatsregierung macht es zwar einen Unterschied, ob jemand in öffentlicher Amtsausübung umstrittene Äußerungen macht oder – wie hier – als Privatperson. Allerdings betrachtet auch die Staatsregierung die inzwischen zweieinhalb Jahre zurückliegenden Ausführungen des Herrn von Gottberg als eindeutig nicht akzeptabel. Mit dem Urteil „antisemitisch“ sollte man aber sehr behutsam umgehen. Auch Herr Minister Stratmann hat die Äußerung von Herrn von Gottberg nicht als antisemitisch bewertet, sondern lediglich betont, dass antisemitische Grundeinstellungen in jedem Fall in aller Schärfe zurückzuweisen sind, worin ich ihm natürlich beipfl ichte.
Gehen Sie daher davon aus, dass wir sämtliche sensiblen politischen Bereiche mit großer Aufmerksamkeit und dem Augenmaß beobachten, das hier im Parlament bisher alle Parteien verbindet.
Herr Staatssekretär, nachdem es sich um den Vorsitzenden einer Stiftung handelt, in die der Freistaat Bayern Vertreter entsendet und die mit öffentlichen Geldern gefördert wird, frage ich Sie, ob es nach wie vor Aktivitäten der Staatsregierung gibt, die darauf abzielen, eine demokratische Kontrolle der Besetzung des Vorsitzes innerhalb dieser Stiftung zu ermöglichen, und falls ja, wie der Sachstand ist und wann mit einer Lösung zu rechnen ist.
Herr Kollege, ich weiß nicht, was Sie unter Aktivitäten verstehen. Klar und deutlich ist zu sagen, was ich vorhin schon gesagt habe und woran wir uns halten: Wir haben danach zu unterscheiden, ob jemand sich privat oder amtlicherseits äußert. Wenn die Äußerungen amtlicherseits erfolgen, werden sie von uns sofort verfolgt.
Herr Staatssekretär, ab welchem Maß der Äußerung würden Sie sich politisch zum Eingreifen genötigt sehen?
Entschuldigung, auf eine solche Frage kann ich nicht antworten, weil ich gar nicht weiß, was Sie unter welchem Maß verstehen.
Nein, Herr Kollege, das hätten Sie vor zwei Jahren fragen sollen, da wäre es vielleicht aktuell gewesen. Ich weiß nicht, was Sie wollen. Prophylaktisch gebe ich Ihnen hier keine Antwort, weil es auf den Einzelfall ankommt.
Damit ist die Fragestunde beendet. Ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Abgeordneten Gudrun Peters, Dr. Hildegard Kronawitter, Dr. Thomas Beyer und anderer (SPD), Gewährung einer Winterdienstpauschale, auf Drucksache 15/4185 bekannt. Mit Ja haben 48 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 90 Abgeordnete. Stimmenthaltungen gab es 5. Damit ist der Antrag in der geänderten Fassung abgelehnt.
Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, gebe ich die Ergebnisse der vorher durchgeführten Richterwahlen bekannt. Das war Tagesordnungspunkt 6. Wahlvorschlag Michael Lorbacher: An der Wahl haben 143 Abgeordnete teilgenommen. Auf Herrn Lorbacher entfi elen 128 Stimmen. Der Stimme enthalten haben sich 15 Abgeordnete.
Wahlvorschlag Prof. Dr. Karl Thiere: An der Wahl haben sich 143 Abgeordnete beteiligt. Auf Herrn Prof. Thiere entfi elen 128 Stimmen, wiederum 15 Abgeordnete haben sich enthalten.
Wahlvorschlag Constanze Angerer: An der Wahl haben 143 Abgeordnete teilgenommen. Auf Frau Angerer entfi elen 125 Stimmen. Mit Nein stimmte ein Abgeordneter. 17 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten.
Wahlvorschlag Michael Happ: An der Wahl haben sich wiederum 143 Abgeordnete beteiligt. Auf Herrn Happ entfi elen 127 Stimmen. 16 Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten.
Ich stelle fest, dass der Bayerische Landtag Frau Constanze Angerer sowie Herrn Michael Lorbacher, Prof. Dr. Karl Thiere und Michael Happ zu berufsrichterlichen Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs gewählt hat. Tagesordnungspunkt 6 ist damit erledigt.
Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, HansUlrich Pfaffmann, Karin Pranghofer u. a. u. Frakt. (SPD) Schlechtes Zeugnis für Bayerns Bildungspolitik (Drs. 15/4760)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Freitag werden die Schülerinnen und Schüler ihr Zwischenzeugnis bekommen. Bei der Grundschule ist man sich da noch nicht ganz sicher. Nach dem Computerchaos, das Sie da angerichtet haben, wissen wir noch nicht so recht, ob die Grundschulkinder ein Zeugnis haben werden. Sei’s drum! Ich möchte die Gelegenheit nutzen und anlässlich dieses Halbjahreszeugnisses aufzeigen, wie die Lage derzeit in Bayern ist. Herr
Prof. Waschler, ich höre Sie schon jetzt argumentieren, dass wir in Bayern besser sind als alle anderen.
Ich nehme schon Ihr Argument vorweg, dass Bayern das beste Bildungswesen im ganzen Universum hat. Das werden Sie uns nachher gewiss wieder erzählen.
Ist Ihnen denn immer noch nicht bekannt, dass mittlerweile immer mehr Unterrichtsstoff verlagert wird, dass Eltern immer mehr Zeit damit verbringen müssen, mit ihren Kindern nachzulernen, weil in den Schulen aufgrund Ihrer Politik im Lande dafür keine Zeit mehr ist? Ist Ihnen denn noch immer nicht klar geworden, dass die Klassen an Bayerns Schulen zu groß sind, dass die Zahl der übergroßen Klassen vor allem an Realschulen steigt und steigt und steigt? Ist Ihnen denn noch immer nicht klar geworden, dass der Leistungsdruck an den Schulen, vor allen Dingen in den unteren Gymnasialklassen, mittlerweile Dimensionen angenommen hat, welche die Familien und die Kinder in die Nachhilfe geradezu hineintreibt?
Meine Damen und Herren, wissen Sie denn noch immer nicht, dass Eltern mittlerweile über vier Milliarden Euro für Nachhilfe ausgeben? Ist Ihnen das noch immer nicht bewusst? Das ist eine Bankrotterklärung für Ihre Bildungspolitik in diesem Lande.
Ist Ihnen noch immer nicht bewusst, dass Ihre Politik zulasten der Lehrerinnen und Lehrer geht, zulasten derer Gesundheit? Wissen Sie denn noch immer nicht, dass die Pensionierungsrate gerade bei den Lehrerinnen und Lehrern aufgrund gesundheitlicher Probleme so hoch ist wie in keinem anderen Beruf? Wissen Sie das noch immer nicht? – Das sollte Ihnen zu denken geben. Sie sollten vielleicht Ihre Kraft darauf verwenden, die Rahmenbedingungen an den bayerischen Schulen zu verbessern, anstatt Ihre Kraft dadurch zu verschwenden, dass Sie den Menschen immer wieder Sand in die Augen streuen und die Lage schönreden. Sie haben keine Zeit mehr dafür, die Rahmenbedingungen zu verändern, weil Sie nur noch damit beschäftigt sind, die Wahrheit hinwegzudiskutieren und schönzureden. Das ist das Problem.
Lieber Herr Waschler, Sie werden uns nachher wieder erzählen, dass Bayern im Vergleich der deutschen Länder untereinander und bei Pisa hervorragend abgeschnitten hat und deswegen alles so bleiben kann, wie es ist. Diese
Argumentation ist geradezu zynisch. Ich sage Ihnen noch einmal, wie ich schon mehrmals gesagt habe, dass Sie mit den Pisa-Ergebnissen keine Lehrer kaufen können, um die Klassen kleiner zu machen.
Mit den Pisa-Ergebnissen machen Sie auch keine bessere individuelle Förderung, Herr Waschler. Mit den PisaErgebnissen verbessern Sie auch die Situation der Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen nicht, und mit den guten Pisa-Ergebnissen entlasten Sie auch nicht die Familien. Haben Sie denn noch immer nicht gemerkt, dass die Beschulung der Kinder immer mehr Geld kostet, dass es viele Familien gibt, die sich einen guten Schulabschluss für ihre Kinder nicht mehr leisten können? Sie aber führen – mir nichts, dir nichts – en passant das Büchergeld und Studiengebühren ein und machen eine gute Schulausbildung in Bayern in immer stärkerem Maße zur Privatsache. Sie sollten sich endlich mit diesen Baustellen an Bayerns Schulen inhaltlich auseinander setzen, anstatt Ihre Kraft dafür einzusetzen, die Probleme wegzudiskutieren.