Nachdem unser Antrag vor 14 Tagen leider abgelehnt wurde, möchte ich eine konkrete Anregung geben. Es ist gut, wenn nun als Konsequenz aus der Innenministerkonferenz eine Arbeitsgruppe eingerichtet wird, die im nächsten Jahr nach Lösungen sucht. Aber wir stehen auch im Petitionsausschuss natürlich in diesen Fragen immer wieder vor Problemen. Deswegen meine ich, ist es überfällig, was der Bayerische Landtag zu Beginn dieses Jahres leider Gottes abgelehnt hat, nämlich eine Härtefallkommission einzurichten.
Dieser Antrag ist leider Gottes nicht viel mehr als weiße Salbe. Der entscheidende Satz steht eigentlich in der Begründung: „Es ist aus humanitären Gründen dringend erforderlich, schon lange hier zumeist mit Kindern lebenden Flüchtlingen eine gesicherte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.“ Diesen Satz kann man voll und ganz unterschreiben. Dieser Satz ist richtig, aber es gilt, daraus auch die richtige Konsequenz zu ziehen, aber die Konsequenz kann nicht sein, immer weiter Fragen zu stellen.
Wir werden uns deshalb der Stimme enthalten, laden Sie aber herzlich ein, einen konkreten Antrag zu stellen, für den Sie dann sicher unsere Zustimmung erhalten können.
Leider war der Antrag der SPD im letzten Plenum nicht zielführend. Wir haben begründet, warum wir diesem Antrag unsere Zustimmung nicht erteilen konnten.
Wir haben dieses Mal diesen Berichtsantrag gestellt, weil es uns sehr betroffen gemacht hat, dass letzte Wochenende die Chancen einer Lösung, zumindest für einen Teil der Betroffenen, wieder nicht ergriffen wurden.
Herr Minister Dr. Beckstein, betroffen haben mich auch Ihre Äußerungen gemacht, wonach Sie in Ihrer neuen Funktion als Leiter dieser Arbeitsgruppe erst einmal evaluieren und sortieren wollen. Ich hoffe sehr, dass es nicht von Ihren Sortierungsmechanismen abhängt und einige schlechter gestellt werden müssen, damit andere besser gestellt werden. Es gilt, möglichst schnell Lösungen zu ergreifen, die vor allen Dingen für die Menschen praktikabel sind, die hier schon sehr lange leben, Wurzeln gefasst haben und schon sehr gut integriert sind, auch wenn manche momentan keine Arbeit haben.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN hat im Rahmen eines Dringlichkeitsantrags einen Berichtsantrag gestellt. Wir freuen uns, dass Herr Staatsminister Dr. Beckstein diesem Berichtsantrag sofort Folge leisten konnte und hier über den aktuellen Stand berichtet hat.
Wir freuen uns darüber hinaus, dass er klipp und klar erklärt hat, dass er gerne wieder für einen Bericht zur Verfügung stehe, sobald es Neues zu berichten gebe.
Meine Damen und Herren des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, damit hat sich Ihr Antrag erledigt. Eigentlich hätte ihn jetzt Frau Kamm für erledigt erklärten müssen. Diese Möglichkeit haben Sie noch. Aus unserer Sicht ist der Antrag erledigt. Wir werden ihn ansonsten ablehnen.
Zu den weiteren Ausführungen, die über den eigentlichen Antrag hinausgehen, in Ergänzung zu den Ausführungen der Vorredner noch kurz folgende Anmerkungen: Herr Kollege Werner kritisierte sinngemäß, dass Herr Staatsminister Dr. Beckstein in Sachen Menschlichkeit nicht vorne sei.
Lieber Herr Kollege Werner, zumindest die betroffenen Menschen und viele der Unterstützer der betroffenen Personen der einschlägigen Gruppe bei uns im Lande wissen dies anders, nämlich dahin gehend einzuschätzen, dass gerade unser Innenminister, Dr. Beckstein, in vielen Einzelfällen mitgewirkt hat, um hier Problem lösend tätig zu werden und den Menschen zu helfen. Er zeigt daher in diesen schwierigen Fällen stets Menschlichkeit.
Auch dass unser Innenminister Vorsitzender der Arbeitsgruppe geworden ist, zeigt, dass er das Vertrauen der anderen Bundesländer und Mitwirkenden genießt. Die Tatsache, dass man auf der Innenministerkonferenz in die Landschaft eben keinen Schnellschuss gesetzt, sondern eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, zeigt darüber hinaus, dass es ein schwieriges Thema ist, das eingehender Beratungen bedarf.
Herr Kollege Werner, auch Ihr Antrag der SPD-Fraktion, der, wie vorhin schon gesagt wurde, unausgereift war, belegt weiterhin, wie schwierig das Thema ist und dass dieses Problem eben nicht so leicht zu lösen ist.
Zum Thema Härtefallkommission, weil das auch wieder angesprochen wurde, möchte ich sagen: Es ist jetzt ein Jahr verstrichen, seit es die Möglichkeit gibt, eine solche Härtefallkommission einzurichten. Wie ich schon mehrfach versprochen habe, werden wir uns mit den Erfahrungen aus den anderen Bundesländern in der CSU-Fraktion auseinander setzen, sobald sie vorliegen.
Wir werden uns zu Beginn des Jahres 2006 mit den Erfahrungen der anderen Bundesländer auseinandersetzen
und werden sie uns, Frau Kollegin Scharfenberg, sehr genau anschauen. Wir werden dann unsere Meinungsbildung abschließen, ob wir in Bayern eine solche Härtefallkommission einrichten wollen oder nicht.
Das ist der Stand. Der Antrag ist meines Erachtens erledigt. Ich bitte Sie, den Antrag zurückzuziehen, wenn nicht, müssen wir ihn ablehnen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 15/4456 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISES 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Die CSU-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? – Die SPD-Fraktion. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abg. Joachim Herrmann, Thomas Kreuzer, Peter Welnhofer u. Frakt. (CSU) Wirksame strafrechtliche Maßnahmen gegen Stalking (Drs. 15/4457)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Beharrliches Nachstellen, Aufl auern oder eine intensive Kontaktsuche gegen den Willen der Betroffenen nimmt in der gesellschaftlichen Realität vermehrt zu. Nicht zuletzt mussten wir in diesem Bereich im Dezember zwei Todesopfer beklagen, in Kempten und im Nürnberger Land.
Das so genannte Stalking ist keinesfalls ein Phänomen, das die Lebensqualität einiger weniger Promis einengt. Nein, Stalking kann jeden treffen, auch Lieschen Müller. Oftmals werden Opfer über Jahre hinweg mit obszönen Anrufen, Briefen und E-Mails behelligt, eingeschüchtert und bedroht. Einer Studie zufolge wird fast jeder zehnte oder jede zehnte Deutsche einmal im Leben Opfer von Stalking. Die Dunkelziffer ist leider weitaus höher, weil sich viele Opfer niemandem öffnen und sich niemandem mitteilen, sondern das Problem alleine zu lösen versuchen.
Wir stehen vor einem ernsten hochaktuellen Problem. Die Realität zeigt, dass weder Straftatbestände wie Beleidigung, Nötigung, Körperverletzung oder Hausfriedensbruch Betroffenen auch nur annähernd einen effektiven Schutz bieten können. Stalking bedeutet für die Opfer eine unerträgliche Belastung, die massive physische und psychische Folgen nach sich zieht. Die zunehmende Brutalisierung und Gewaltneigung äußert sich dabei leider auch bei Stalking. Stalking ist keinesfalls eine Bagatelle, keinesfalls ein Kavaliersdelikt, sondern ist eine äußerst subtile Form von Gewalt. Die Täter sind Ex-Liebhaber, Kollegen, Bekannte, die ihre Opfer verfolgen, sie belästigen und in Extremfällen, die immer wieder in der Presse erscheinen, diese sogar töten.
Die Gesetzeslage bietet den Opfern derzeit kaum Schutz. Wie eine 2004 veröffentlichte Studie zeigt, werden allein in Hessen jedes Jahr zehn bis fünfzehn Frauen von ihren Verfolgern getötet. Wenn man das hochrechnet auf die Bundesrepublik, sind es schon 100 Tötungsfälle. Leider reagieren Gerichte – ich möchte nicht missverstanden werden, es geht nicht um Richterschelte – auf dieses Massenphänomen bislang nicht so, wie es die schutzwürdigen Opfer dringend benötigen. Dies nicht, weil es den Richtern an Sensibilität fehlen würde, sondern deshalb, weil eine sehr ineffi ziente Gesetzeslage die Richter daran hindert, effi zient zu helfen.
Im April 2005 brachte der deutsche Bundesrat unter wesentlicher Mitwirkung Bayerns eine Gesetzesinitiative auf den Weg, die eine strafrechtliche Ahndung von Stalking vorsieht. Im neu zu schaffenden § 238 des Strafgesetzbuches wird der Tatbestand der schweren Belästigung – Stalking – unter Strafe bis zu drei Jahren, in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahren gestellt. Durch Schaffung dieses Straftatbestandes hätten Handlungen wie fortwährender Telefonterror, unerwünschte Kontaktaufnahme, ständiges Beobachten, Beschimpfungen, Bedrohungen oder – auch das ist eine Variante – Warenbestellungen unter dem Namen der Opfer erstmalig strafrechtlich verfolgt und bekämpft werden können. Die Höhe der Strafe sollte sich nach dem Bundesratsmodell jeweils an der Schwere der Tat messen lassen.
Für uns war es deshalb gänzlich unverständlich, dass durch Bundesjustizministerin Zypries immer wieder betont wurde, sie stehe schnellen Gesetzesverschärfungen sehr skeptisch gegenüber. Ihre noch 2004 lautstark vertretene Annahme, die vorhandenen Straftatbestände reichten zum Schutz der Opfer aus und das 2002 für eine ganz andere Konstellation erlassene Gewaltschutzgesetz ergänze diese, hat sich einmal mehr als rechtspolitische Seifenblase entpuppt.
Das Gewaltschutzgesetz mutet den Stalking-Opfern zu, zivilrechtlich zum Beispiel ein Kontakt- bzw. Näherungsverbot zu erwirken, das mittels Ordnungsgeld oder Ordnungshaft vollstreckt werden kann. Ich empfi nde dies schon fast als zynisch. Wer möchte ernsthaft glauben, dass ein Ordnungsgeld einen tötungs- oder zumindest gewaltbereiten Täter schreckt? Und was noch stärker wiegt: Wer will ernsthaft glauben machen, dass ein verängstigtes, jahrelang gequältes Stalking-Opfer so wirklich Schutz fi ndet? Offensichtlich befand man sich damals im juristischen Wolkenkuckucksheim, was bekanntlich Opfern überhaupt nicht hilft. Auch den durch die rot-grüne Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf vom August dieses Jahres kann man allenfalls als halbherzige Stimmungsmache, als rechtspolitisches Zuckerl knapp vor der Wahl werten, nicht aber als echten Versuch, Opferschutz vor Täterschutz zu gewähren. Oder sollte es wirklich – das kann ich eigentlich nicht glauben – der damaligen Bundesregierung tatsächlich entgangen sein, dass dieser Entwurf durch die Neuwahl der Diskontinuität verfällt? – Ich kann es mir nicht vorstellen.
Wir wollen endlich klare rechtsstaatliche Mittel, die dem Rechtsstaat erlauben, von Stalking bedrohte Menschen so zu schützen, wie es die Aufgabe des Rechtsstaates ist. Der Koalitionsvertrag stellt insoweit fest, dass beharrliche Nachstellungen, die das Leben des Opfers einschneidend beeinträchtigen, eine immer größere Rolle spielen und deshalb mit einem eigenen Straftatbestand unter Strafe gestellt werden sollen. Diese Einigung im Koalitionsvertrag gilt es jetzt schnellstmöglich umzusetzen. Die Fälle im Dezember mit Tötungsopfern sind eine sehr deutliche Mahnung.
Wichtig für die Diskussion ist, dass ein gestaffelter Strafrahmen, wenn das Opfer zu Tode kommt, auch eine lebenslängliche Strafe vorsehen muss, zum Beispiel auch dann, wenn das Opfer in den Selbstmord getrieben wird.
Wir müssen aber auch zum Thema Deeskalationshaft noch einmal alle Gesichtspunkte in Erwägung ziehen.
Das sind wir diesen Opfern schuldig. Bislang kann die Polizei immer erst dann eingreifen, wenn wirklich etwas passiert ist. Das ist für jeden, der Psychoterror und Gewalt ausgesetzt ist, eine schreckliche Verantwortung. Uns geht es darum, die Gewaltspirale rechtzeitig, bevor etwas passiert, zu durchbrechen. Dies wollen wir durch die Deeskalationshaft erreichen. Dann, wenn die konkrete Sorge besteht, dass dem Opfer etwas geschieht, soll der Stalker bzw. die Stalkerin in Haft genommen werden können.
Um hier Befürchtungen vorzubeugen: Das soll nicht im rechtsfreien Raum geschehen, sondern es entscheidet ein
Gericht darüber, wann es so weit ist, dass die Situation eintritt. Damit können wir aus unserer Sicht sowohl die berechtigten Interessen des Opfers, als auch die des Täters berücksichtigen und gemäß unserer Verfassung gegeneinander abwägen. Wir bitten Sie daher im Interesse der Betroffenen um Zustimmung zu unserem Antrag.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das scheint einer dieser Anträge zu sein, die in Ermangelung anderer wichtiger Themen kurz vor der Weihnachtspause eingebracht werden. Um es vorweg zu sagen: Erstens. Wir haben gegen diesen Antrag nichts. Zweitens. Der Antrag müsste aber auch nicht beschlossen werden, weil das, was Sie, Frau Guttenberger, hier vorgetragen haben, alles bereits auf dem Weg ist.