Interessant ist in diesem Zusammenhang, was Minister Sinner dazu im Jahr 2002 gesagt hat. Er erklärte im November 2002 beim Bayerischen Bauernverband in Herrsching:
Bayern hätte dem Verbraucherinformationsgesetz unter anderem deshalb nicht zugestimmt, weil dort vorgesehen sei, die Namen derer öffentlich zu machen, bei denen solche Unregelmäßigkeiten entdeckt wurden.
Unter solchen Voraussetzungen wäre ein Zusammenwirken von Behörden und Beteiligten an der Erzeugungskette von Nahrungsmitteln nicht zu erwarten gewesen. Prävention sei unmöglich, wenn Betroffene, die normalerweise an Vorbeuge interessiert seien, Gefahr laufen, an den Pranger zu kommen.
„Das ist ja so, als ob man einen Drogenkurier fragt, ob er Drogen dabei hat.“, empört sich der Potsdamer Oberstaatsanwalt Welfens.
Es hat also wohl erst des „Gammelfl eisch-Skandals“ bedurft“, dass die Forderung nach einem Verbraucherinformationsgesetz auch bei der CSU angekommen ist.
Wir befürworten nach wie vor ein Bundesgesetz. Unsere Bundestagsfraktion wird deshalb in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen. Wir sind darauf gespannt, wann Minister Seehofer seinen Gesetzentwurf vorlegen wird, was darin steht und vor allem, was davon tatsächlich umgesetzt wird.
Im Übrigen ist es erfreulich, dass staatliche Eingriffe und Maßnahmen, die aus Gründen der Vorsorge und des Gesundheitsschutzes über eine 1:1-Umsetzung von EURecht hinausgehen, plötzlich nicht mehr als Bürokratie abgetan werden.
Zum Gesetzentwurf der SPD: Unserer Meinung nach enthält er verschiedene Schwachpunkte. In Artikel 2 heißt es:
Information der Verbraucherinnen und Verbraucher: Das für die Lebensmittelüberwachung zuständige Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz informiert die Verbraucherinnen und Verbraucher
über Verstöße gegen Bestimmungen des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständerechts, wenn hieran ein besonderes öffentliches Interesse besteht.
Die Information der Verbraucherinnen und Verbraucher soll unterbleiben, wenn der Hersteller oder Händler die Verbraucherinnen und Verbraucher rechtzeitig in geeigneter Form informiert. Sie kann unterbleiben, wenn er die betroffene Partie zurückruft.
Wir sagen, es muss grundsätzlich über Verstöße informiert werden. Wir werden den Gesetzentwurf und die Debatte im Ausschuss deshalb interessiert, wohlwollend und kritisch begleiten.
Für die Staatsregierung hat sich Herr Staatsminister Dr. Schnappauf zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir in diesem Hohen Hause, im sanierten Plenarsaal schon bei einem der ersten Punkte einen Grundkonsens feststellen können.
Ich freue mich, dass wir den Verbraucherinnen und Verbrauchern in unserem Land, genauso wie in ganz Deutschland, mehr Informationen über Lebensmittel, die Normgerechtigkeit von Lebensmitteln, geben wollen.
Frau Kollegin Rütting, nachdem Sie die CSU ausdrücklich angesprochen haben, möchte ich auf unseren Koalitionsvertrag hinweisen. Schon bevor der jüngste Lebensmittelskandal stattgefunden hat, haben wir darin festgehalten:
Wir wollen ein Verbraucherinformationsgesetz, das den hohen Ansprüchen der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Information über gesundheitsgefährdende oder risikobehaftete Produkte gerecht wird und nicht zu unverhältnismäßiger Bürokratie führt. Das Verbraucherinformationsgesetz wird die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Information regeln und negative Auswirkungen auf Wirtschaftsbeteiligte, deren Erzeugnisse ohne Beanstandung sind, vermeiden.
Das heißt, die Große Koalition in Berlin hat sich dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt, unabhängig vom jüngsten Lebensmittelskandal.
Die Vorwürfe, die im Raum stehen, müssen eindeutig zurückgewiesen werden. Wenn mehrfach gesagt wurde, dass die CSU bzw. die Union ein Verbraucherinformationsgesetz in der letzten Legislaturperiode verhindert hat,
so ist dieser Vorwurf näher zu beleuchten. Was nutzt ein Verbraucherinformationsgesetz, das dem Verbraucher nicht wirklich bessere Informationen verschafft.
Es kann nicht nur Verbraucherinformation draufstehen, das Gesetz muss den Verbrauchern am Ende auch mehr bringen. Wenn man sich anschaut, was Frau Künast damals vorgelegt hat, dann sind in diesem Gesetz unglaublich viele Ausnahmen geregelt. Wenn es beispielsweise um Geschäftsgeheimnisse geht, um Betriebsgeheimnisse oder um wettbewerbsrelevante Geheimnisse, dann darf keine Information gegeben werden.
Am Ende des Vermittlungsausschusses, dem Frau Künast zugestimmt hätte, wäre noch eine weitere Kette von Ausnahmen hinzugekommen.
Herr Dürr, je lauter Sie rufen, umso deutlicher merke ich, dass ich den entscheidenden Nerv bei Ihnen treffe.
Ich sage Ihnen, wie es gelaufen wäre, wenn Sie dieses Gesetz durchgedrückt hätten. Tausende von Bürgerinnen und Bürgern schreiben an die Verbraucherschutzbehörden und wollen eine Information. Sie hätten dann aber von der zuständigen Verbraucherschutzbehörde keine Information bekommen, weil entweder administrative Verfahren oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungen laufen oder weil Betriebsgeheimnisse betroffen sind. Damit hätte der Bürger für 40 Euro Verwaltungskosten eine Nachricht bekommen, dass in diesem Fall leider keine Auskunft gegeben werden kann. Das wollen wir vermeiden. Wir wollen, dass den Bürgerinnen und Bürgern tatsächlich Informationen gegeben werden.
Deshalb ist auch der Vorschlag der SPD in Artikel 2 Absatz 4 ein echter Schwachpunkt. Frau Rütting hat es zu Recht angesprochen. Sie sagen, die Information der Verbraucher soll unterbleiben, wenn Hersteller oder Händler rechtzeitig informieren; sie kann unterbleiben, wenn er die betroffene Partie zurückruft. Genau das wollen wir künftig vermeiden. Wir wollen keine solchen Ausschlussgründe.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich deshalb zusammenfassen: Wir brauchen eine Verbraucherinformation, die bundesweit greift, die den Bürgern ein praktikables Informationsrecht gibt und die auch die Behörden zur aktiven Information verpfl ichtet. Ich persönlich bin sehr dafür, dass wir auch die neuen Medien wie zum Beispiel das Internet nutzen, um Informationen der Lebensmittelbehörden den Verbraucherinnen und Verbrauchern schnell, unbürokratisch und kostengünstig zugänglich zu machen. In diesem Sinne werden wir mit dem Kollegen Horst Seehofer in die Gespräche eintreten, um schnellstmöglich zu Beginn des Jahres 2006 einen Gesetzentwurf des Bundes auf den Tisch zu legen, der, wenn es irgendwie möglich ist, noch im ersten Halbjahr verabschiedet werden kann.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist es so beschlossen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung Zweites Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung (Drs. 15/4401) – Erste Lesung –
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Ich darf dazu Herrn Staatssekretär Schmid das Wort erteilen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Strukturwandel in der Landwirtschaft wirft gerade auch in einem Flächenstaat wie Bayern vielfältige Fragen und Probleme auf. Eine dieser Fragen ist, ob und welche Nachfolgenutzungen für die oft umfangreichen ehemaligen landwirtschaftlichen Bauten im Außenbereich in Betracht kommen. Auf dem innerörtlichen Feld ist das kein Problem, aber im Außenbereich stellt sich eine ganz wichtige Frage. Hier ist der Bundesgesetzgeber gefordert. Der Bundesgesetzgeber hat diese Frage auch entschieden. Dieses Thema ist in den letzten 15 Jahren übrigens immer wieder behandelt worden, um Nutzungsalternativen über die landwirtschaftliche Nutzung hinaus zu erhalten. Wir haben jetzt mit § 35 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 des Baugesetzbuches eine klare Regelung. Unter den dort genannten Voraussetzungen ist es leichter möglich, diese Gebäude über die landwirtschaftliche Nutzung hinaus anderen Nutzungen zuzuführen.
Allerdings darf diese landwirtschaftliche Nutzung nicht länger als sieben Jahre zurückliegen. Am 3. März dieses Jahres hat der Bayerische Landtag beschlossen und uns den Auftrag gegeben, dieses Thema aufzugreifen und von der Ermächtigung des Baugesetzbuches Gebrauch zu machen, dass diese Frist bis Ende des Jahres 2008 ausgesetzt werden kann. Mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf haben wir diese Möglichkeit geschaffen. Wenn der Bayerische Landtag hierfür seine Zustimmung gibt, wird diese Siebenjahresfrist bis zum Jahr 2008 keine Gültigkeit haben.