Protocol of the Session on July 20, 2005

Die Aussprache ist damit geschlossen. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/3277, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/3566 und 15/3567 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 15/ 3828 zugrunde.

Ich lasse zunächst über die vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/3566 und 15/3567 abstimmen. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag auf Drucksache 15/3566 – das betrifft Artikel 12 – Änderung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/

DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Der Änderungsantrag ist abgelehnt.

Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Änderungsantrag auf Drucksache 15/3567 – betrifft Artikel 13 – Änderung des Gesetzes über die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspfl ege in Bayern – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dasselbe Abstimmungsverhältnis wie eben. Der Änderungsantrag ist ebenfalls abgelehnt.

Zum Gesetzentwurf empfi ehlt der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen Zustimmung mit der Maßgabe, dass in Artikel 7 eine neue Nummer 2 eingefügt wird. Die bisherigen Nummern 2 bis 4 würden dann die Nummern 3 bis 5. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmte bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses zu, allerdings mit der Maßgabe einer weiteren Änderung in Artikel 15. Ich verweise insoweit auf Drucksache 15/3828.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag bei einer Enthaltung – aus dem Raume Hof, glaube ich, kommt die Enthaltung –

(Heiterkeit)

so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Diese soll in namentlicher Form erfolgen. Der Abstimmung wird der Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zugrunde gelegt. Die Urnen sind an den Ihnen bekannten drei Orten aufgestellt. Wir beginnen mit der Abstimmung. Vier Minuten.

(Namentliche Abstimmung von 16.09 bis 16.13 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird wie immer außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Ich werde das Ergebnis später bekannt geben. Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Naturschutzgesetzes und anderer Vorschriften (Drs. 15/3477) – Zweite Lesung –

hierzu:

Änderungsantrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drs. 15/3601)

Änderungsanträge der Abg. Herbert Müller, Ludwig Wörner, Susann Biedefeld u. a. u. Frakt. (SPD) (Drsn. 15/3677 bis 15/3694)

Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat Herr Kollege Kaul das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Sitzungssaal, an den Lautsprechern außerhalb des Saales oder wo immer Sie sich aufhalten! Zur rechten Zeit hat sich die Sonne durchgesetzt. Ich hoffe, dies hat auch Auswirkungen auf unsere Diskussion.

Es geht jetzt um das Bayerische Naturschutzgesetz. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz haben wir seit 1973. Es ist das erste reine Natur- und Umweltschutzgesetz. Wir haben es letztmalig 1998 novelliert. Jetzt gilt es, dieses Gesetz dem Bundesnaturschutzgesetz und den europäischen Richtlinien anzupassen.

Seit 1998 hat sich durch dieses Gesetz vieles in der bayerischen Natur zum Positiven verändert. Boden, Wasser und Luft sind messbar besser geworden.

(Ludwig Wörner (SPD): Vor allem in Unterfranken!)

Auch in Unterfranken. Vielen Dank für den Hinweis. Seit 1999 werden auf Antrag der CSU-Fraktion 25 % aus den Erträgen der Glücksspirale dem Naturschutzfonds zum Vorteil der bayerischen Natur übertragen. Aus Privatisierungserlösen haben wir dem Naturschutzfonds im Rahmen der „Offensive Zukunft Bayern“ 100 Millionen DM zukommen lassen. Damit haben wir den Stellenwert einer intakten Natur als Grundlage allen Wirtschaftens klar gemacht und dokumentiert.

Der Nationalpark Bayerischer Wald ist wie der Nationalpark Berchtesgaden dem Umweltministerium zugeordnet worden. Der Ausschuss war letzte Woche in diesem Nationalpark. Dabei war es großartig zu sehen, wie das Haus der Wildnis künftig zur Sensibilisierung von Geist und Sinnen beitragen wird. Das wird mir Herr Kollege Wörner sicher bestätigen.

Trotz der im Jahre 1997 eingestellten fi nanziellen Hilfen für die kommunale Landschaftspfl ege haben bis heute immerhin über zwei Drittel aller bayerischen Kommunen dieses Instrument zur Grünordnung ihrer Siedlungsstrukturen genutzt.

In der Darstellung dieser Kommunen lesen wir heute an erster Stelle meist ihren Hinweis auf die bewusste Pfl ege der natürlichen Vielfalt, und dies als Prädikatsangabe. Viele Städte, viele Ihrer Kommunen, präsentieren sich mit dem Prädikat „Stadt im Grünen“.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wildnis- und artenreiche Naturräume sind mittlerweile zum Wirtschaftsfaktor für die Fremdenverkehrswerbung ganzer Landstriche geworden.

(Ruth Paulig (GRÜNE): Das ist richtig! Da haben Sie Recht!)

Dies ist nicht nur in den Nationalparks der Fall. Kein anderes Gewerbe ist mehr von sauberer Luft, sauberem Wasser und intakter Natur abhängig wie das Fremdenverkehrsgewerbe. Damit ist der Tourismus als Selbstzweck zum Schutzschild gegen zerstörerische Naturschutzformen geworden. Herr Kollege Wörner, Sie heben in München immer die Alpenregion auf Ihren Schutzschild. Sie sollten langsam aufhören, den Gemeinden im Alpenraum naturzerstörerische Eingriffe vorzuwerfen.

(Ludwig Wörner (SPD): Meinen Sie die Schneekanonen?)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bei meiner Mitarbeit im Stiftungsrat des Naturschutzfonds bin ich immer wieder beeindruckt und begeistert davon, wie Städte, Gemeinden, aber auch Landkreise, Vereine, Verbände und einzelne Aktivisten durch eine Vielzahl von Ideen zur Steigerung unseres natürlichen Lebensumfeldes beitragen und entsprechende Anträge an den Naturschutzfonds stellen. Sie verdienen unser Lob und, im Zusammenhang mit diesem Gesetz, unsere weitere Unterstützung. Dabei ist der Maßstab all ihres Tuns unser bisheriges Bayerisches Naturschutzgesetz, über das Frau Kollegin Biedefeld im Jahre 1998 gesagt hat, ich zitiere, dass es völlig unzureichend sei.

Lassen Sie mich abschließend zu dem bestehenden Gesetz einen Blick auf Entwicklungen werfen, die wir bereits registrieren, die sich abzeichnen und die unter das noch heute zu beschließende Naturschutzgesetz fallen. Herr Kollege Dr. Marcel Huber, dieses Naturschutzgesetz soll diese Entwicklung nicht nur einfordern, sondern auch fördern. Unsere bayerischen Landschaften unterliegen seit Jahrhunderten der Beeinfl ussung durch uns Menschen. Dabei hat sich eine große Vielfalt von Kulturlandschaften entwickelt. Diese Kulturlandschaften haben immer wieder geholfen, bedeutende Reste der einstigen Vielfalt von Flora und Fauna zu erhalten.

Allein in den Streuobstwiesen, die gerade im Spessart, wo ich herkomme, sehr verbreitet sind, lassen sich heute noch Hunderte von Obstsorten und Tausende Tier- und Pfl anzenarten nachweisen. Bei uns gibt es jedes Jahr große Obstmärkte. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das Problem ist jedoch die nachhaltige Sicherung dieser vielfältigen Kulturlandschaften. Dies ist ein Schwerpunkt des neuen Bayerischen Naturschutzgesetzes. Wer es gelesen hat, wird das feststellen.

Eine solche Sicherung – das muss uns klar sein – kann heute immer weniger durch eine wirtschaftlich tragfähige Nutzung sichergestellt werden. Unsere Landwirtschaft und unsere Forstwirtschaft haben 85,4 % unserer Landesfl äche in eine Kulturlandschaft umgewandelt. Sie haben diese Kulturlandschaften nicht zerstört, wie das die

SPD immer behauptet, sondern dafür gesorgt, dass wir diese Kulturlandschaften auch als solche bezeichnen dürfen.

(Beifall bei der CSU)

Nun kommt es darauf an, den Fortbestand dieser vielfältigen Kulturlandschaften als Lebensraum einer größtmöglichen Artenvielfalt von Flora und Fauna zu erhalten und auszubauen. Werte Kolleginnen und Kollegen, dies können nicht, wie ich vorhin schon angedeutet habe und wie die SPD und die GRÜNEN immer anprangern, die in Bayern gut ausgebildeten Landwirte und Forstwirte allein umsetzen. Wir müssen ihnen dabei auch mit diesem Gesetz Hilfestellung leisten. Dort, wo eine selbst tragende wirtschaftliche Nutzung – lassen Sie mich diesen Gedanken von vorhin nochmals aufgreifen – eine Sicherung nicht möglich macht, müssen wir bereit sein, entsprechende Leistungen auszugleichen. Dabei spielen Förderprogramme eine wichtige Rolle. Dies richte ich besonders an die Mitglieder des Umweltausschusses, die jetzt im Saal sind. Wir dürfen auf den Bericht einer Arbeitsgruppe im Umweltministerium gespannt sein, die sich „Erfolgskontrollen der Naturschutzförderprogramme“ nennt. Diese Erfolgskontrollen werden uns bis Ende dieses Jahres vorliegen. Wir sind auf das Ergebnis gespannt und werden darüber im Umweltausschuss diskutieren.

In diesem Zusammenhang werden uns hier im Parlament sicher auch die Auswirkungen der von allen Fraktionen dieses Hauses gewollten stärkeren Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen beschäftigen. Uns muss nämlich klar sein, dass wir mit der größeren Wertschöpfung aus Energiepfl anzen, mit diesen neuen Nutzpfl anzen zur Energieerzeugung, in die seit Jahrhunderten angepassten Lebensräume von Tieren und Pfl anzen, aber auch deren Lebensgemeinschaften eingreifen.

Lassen Sie mich noch einen Gedanken vortragen. Wir haben uns bereits in der Diskussion der letzten Monate an den Handel mit Emissionsrechten für Klima beeinfl ussende Schadstoffe gewöhnt. Kaum einer hat registriert, dass wir damit angefangen haben, geldwerte Serviceleistungen der Natur in Form von Luft, Wasser und Boden in unser ökonomisches Denken aufzunehmen. Diese Naturgeschenke, die wir bisher kostenlos erhalten haben, werden also in Zukunft nicht mehr zum Nulltarif zu haben sein. Sie werden damit aber auch für uns alle wertvoll und sicher auch mehr geachtet werden.

Werte Kolleginnen und Kollegen, die CSU-Fraktion will mit diesem Gesetz eines klar zum Ausdruck bringen: Nicht die verwaltete Natur ist unser Bestreben, sondern die von allen Mitbürgern als Grundlage menschlichen Wohlbefi ndens geachtete Umwelt. Das haben auch alle mitberatenden Ausschüsse so gesehen und die Gesetzesvorlage ohne grundlegende Änderungen akzeptiert. Dafür danke ich als Vorsitzender des Umweltausschusses ausdrücklich allen Kolleginnen und Kollegen. Wenn ich die Änderungswünsche der Opposition bewerte – sie sind in den Ausschüssen auch ausführlich bewertet worden –, so kann ich nur feststellen: Wir haben auch deren prinzipielle Zustimmung zu diesem Gesetz. Herr Kollege Dr. Hünner

kopf wird sich noch im Detail damit auseinandersetzen. Ich bin sicher, dass er meine Feststellung, die ich eben getroffen habe, zum Schluss seiner Ausführungen bestätigen kann.

Ich möchte schließen, werte Kolleginnen und Kollegen, mit einem Kompliment des Präsidenten des LBV, Herrn Sothmann. Er hat dies erst vor zwei Tagen anlässlich der Beringung von Wiesenweihen niedergeschrieben – ich bitte besonders die Opposition zuzuhören; das haben Sie alle auf die Schreibtische bekommen. Ich darf ihn zitieren: „Wir haben hier einen der spektakulärsten Erfolge im deutschen Arten- und Biotopschutz.“ Weiter heißt es in der Presseerklärung des LBV selbst – ich zitiere –:

Sothmann drückte daher die Hoffnung aus, dass sich der Freistaat auch in fi nanziell schwierigen Zeiten langfristig für die Artenhilfsprogramme wie den Wiesenweihenschutz einsetzt und damit Bayerns angesehene Rolle im klassischen Naturschutz ausbaut und stärkt.

Liebe Opposition, Sie sollten – wie die CSU – diesem Gesetz zustimmen und der Novelle des Bayerischen Naturschutzgesetzes damit Gesetzescharakter geben.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächster hat Herr Kollege Wörner das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident! Lassen Sie mich eine grundsätzliche Vorbemerkung zu einem Gesetz machen, das in erster Linie eine Schnittstelle zwischen Mensch und Natur beschreiben und regeln soll. Ich gehe davon aus, dass dies kein Gesetz ist, das in erster Linie für Juristen geschaffen wurde, sondern für Anwender. Wenn man sich darauf verständigen kann, dann kann es doch nicht so sein, dass man wesentliche Dinge in Querverweise kleidet und sie im Gesetz nicht wieder fi ndet, weil – ich darf den Kollegen aus dem Umweltausschuss zitieren – wir ein schlankes Gesetz wollen. Kolleginnen und Kollegen, wenn ein Gesetz so schlank ist, besteht die Gefahr der Bulimie. Was das für die Natur bedeuten würde, will ich jetzt nicht beschreiben.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Gesetz ist so verschlankt worden, dass es für die Normalanwender nicht verständlich ist. Sie haben sich mit Ihrer Zweidrittelmehrheit mit Erfolg dagegen gewehrt, dass sich die gute fachliche Praxis, wie sie im Bundesgesetz beschrieben ist, im bayerischen Gesetz wieder fi ndet und haben als Begründung genannt: Da braucht man nur das Bundesgesetz zu lesen. Wenn ich aber davon ausgehe, dass dieses Gesetz die Schnittstelle zwischen Mensch und Natur berührt und auch für den normalen Menschen, nicht nur für den Juristen gedacht ist, dann muss ich das Gesetz so schreiben, dass ich in dem Gesetz all das habe, was ich benötige. Wenn man dabei auf Verbände Rücksichten nehmen muss, für die es Teufelswerk ist, dass Retentionsfl ächen umgebrochen werden sollen, muss man sich nicht wundern, dass dieses Gesetz schlank werden musste. Man soll eben ehrlich

sein, man soll es sagen, dann kann man darüber debattieren. Man soll das aber nicht mit dem groben Unfug „schlank“ verkleistern. Kolleginnen und Kollegen, das ist das Erste.

Ein Zweites. Ein solcher Sparwahn führt mit Sicherheit nicht dazu, dass das Gesetz, wenn es von Anwendern gelesen werden soll, verstanden und dann auch akzeptiert wird, weil diese nach den vielen Verweisen am Schluss nicht mehr wissen, was sie damit anfangen sollen.

Herr Kaul, lassen Sie mich eine Bemerkung zu Ihrer Rede machen. Herr Kaul, Sie sagen, der LBV ist voll des Lobes. Da haben wir unterschiedliche Wahrnehmungen. Sie haben offensichtlich die Stellungnahme des LBV zum Naturschutzgesetz und die Kritik nicht gelesen.