Protocol of the Session on July 20, 2005

Gibt es Berechnungen Ihres Hauses, Herr Minister, aus denen hervorgeht, wie durch die Privatisierung im Bereich der Wasserwirtschaft Personalkosten eingespart werden und in welcher Größenordnung dafür Sachkosten beim Freistaat Bayern entstehen, der dann künftig Leistungen bei den Privaten teuer einkaufen muss, weil er selber das Personal nicht mehr vorhalten kann?

Frau Kollegin, bei Ihnen verbirgt sich dahinter das Denken, am besten sei es, wenn der Staat das alles selber mache.

(Ludwig Wörner (SPD): Das ist ein Totschlagargument! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wären Sie vielleicht so freundlich, einmal zuzuhören, wenn die gestellte Frage beantwortet wird.

Wird eine weitere Zwischenfrage gestattet?

(Christa Naaß (SPD): Ich habe die Frage nach Berechnungen gestellt!)

Jetzt habe ich die erste Frage noch nicht einmal vollständig beantwortet. Da soll ich schon eine nächste Frage entgegennehmen. Wo sind wir denn überhaupt!

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin, wollen Sie eine Diskussion mit mir führen oder mehr oder weniger Klamauk machen?

(Zurufe von der SPD)

Hören Sie doch bitte einmal zu.

Sie gehen also davon aus, am besten und am billigsten sei es, wenn der Staat die Dinge selber mache. Ich sage Ihnen: Dann müssen Sie Kapazitäten einschließlich Personalkapazitäten vorhalten, egal, ob Sie sie auslasten können oder nicht. Das verursacht immer hohe Kosten. Es ist aber sehr viel sinnvoller, wenn wir die Kapazitäten, auch die Planungskapazitäten – zum Beispiel bei Straßenbau und Wasserwirtschaft – auf etwa 20 % dessen zurückfahren, was wir bauen. Diesen Umfang brauchen wir in jedem Fall. Darüber hinaus geben wir aber Aufträge an die private Wirtschaft. Auch die Wirtschaft macht das so.

(Beifall bei der CSU)

Sie müssen einmal von Ihren bisherigen Denkmustern loslassen. Aber das können Sie nicht, weil diese Denkmuster zu Ihrer Identität gehören. Sie müssen von der Staatsgläubigkeit loslassen.

Dem Herrn Kollegen Wörner muss ich hier wirklich einmal bestätigen: Jawohl, Herr Wörner, ich habe ein anderes Staatsbild als Sie.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe ein Staatsbild der freiheitlichen Gesellschaft, das von der Eigenverantwortung des Einzelnen ausgeht. Sie haben dagegen ein sozialistisches Staatsbild, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der CSU – Ludwig Wörner (SPD): Sie haben keine Einzelheiten, keine Zahlen genannt!)

Was die Auswirkungen auf das Personal und die Veränderungen der Standorte angeht, so gibt es natürlich Anforderungen an die Mobilität.

(Ludwig Wörner (SPD): Nun, wo haben Sie denn die Zahlen?)

Ich habe Ihnen doch gesagt, wenn wir damit 6000 Stellen abschaffen, sind das 300 Millionen, und es ist müßig, danach zu fragen, ob es gewisse Mehrkosten bei den Umzügen gibt; denn es kommt darauf an, was unter dem Strich als Dauerentlastung herauskommt.

(Ludwig Wörner (SPD): Haben Sie nun die Zahlen? Sagen Sie sie halt!)

Das haben wir hier schon fünf- oder zehn Mal gesagt und tausend Mal geschrieben. Sie wollen weder lesen, noch hören, noch akzeptieren. Mit Ihnen ist jede Diskussion vergeblich, Herr Wörner.

(Beifall bei der CSU – Ludwig Wörner (SPD): Aber die Zahlen haben Sie immer noch nicht gesagt! Wo sind die Zahlen?)

Herr Minister, gestatten Sie jetzt eine weitere Frage der Kollegin Naaß?

Ja, die letzte Frage!

Ich stelle keine weitere Frage, sondern ich bitte nach wie vor um die Beantwortung meiner ersten Frage, ob nämlich Berechnungen vorliegen, Herr Staatsminister, unabhängig davon, wie man die Privatisierung bewertet. Darum geht es mir nicht. Liegen der Staatsregierung Berechnungen vor, was auf der einen Seite eingespart wird, wenn Personal abgebaut wird durch die Privatisierung und welche Mehrkosten entstehen auf der anderen Seite durch die Sachleistungen. Das ist eine ganz einfache Frage, zu der ich um eine einfache Antwort bitte.

Frau Kollegin, das ist nicht generell beantwortbar.

(Lachen bei der SPD)

Wenn Sie insgesamt die Planungskapazitäten des Staates zurückfahren, haben Sie selbstverständlich eine deutliche Einsparung und Sie haben den Vorteil, praktisch nie Überkapazitäten zu haben. Das ist der Sinn des Ganzen. Im Zweifel sind wir der Meinung, dass es besser ist, private Architekten zu beschäftigen als staatliche Kapazitäten vorzuhalten.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Also: Ihre Antwort lautet nein? – Susann Biedefeld (SPD): Es gibt gar keine Antwort! – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Sie haben also keine Zahlen! – Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Lieber Herr Dürr, auch wenn ich noch zwei weitere Stunden hier reden würde, würden Sie es immer noch nicht kapieren, um das deutlich zu sagen.

(Beifall und Bravo-Rufe bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Sie haben keine Zahlen!)

Ich möchte für unsere Bediensteten nur noch Folgendes sagen: Es gibt im ganzen Bereich der Wirtschaft keine Strukturveränderung, die so sozialverträglich durchgeführt würde wie die „Verwaltung 21“ beim Staat. Leider ist auch die Wirtschaft verpfl ichtet, Kündigungen auszusprechen und ganz andere Versetzungen vorzunehmen, als es hier geplant ist. In welcher Welt leben Sie eigentlich, wenn Sie hier bejammern, dass jemand 20 oder 30 Kilometer mehr fahren muss. Bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst verpfl ichten sich die Leute für ganz Bayern versetzungsbereit zu sein, und wenn sie dann einmal 30 Kilometer weiter fahren müssen, ist das der Weltuntergang.

(Beifall bei der CSU – Lebhafte Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN – Christine Kamm (GRÜNE): 90 Kilometer)

Wir versetzen die Leute nicht so herum wie die Bundesverwaltung. Schauen Sie doch einmal die Bundeswehr an. Da werden die Leute alle drei Jahre versetzt, sei es von Mecklenburg nach Baden-Württemberg oder von Bayern nach Niedersachsen. Das verlangen wir nicht.

(Anhaltende Zurufe von den GRÜNEN und von der SPD)

Wenn nun die Leute ein- oder zweimal im Leben versetzt werden, weil das notwendig ist, um den Service für den Bürger erbringen zu können, trete ich vor jede Gewerkschaftsveranstaltung und sage denen, dass wir für die Bürger da sind und nicht die Bürger für den Staat.

(Beifall bei der CSU)

Noch zu zwei Bereichen will ich kurz etwas sagen. Erstens geht es um die Zusammenfassung der Landesämter beim Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbrau

cherschutz. Hier werden vier Landesämter zu einem Landesamt zusammengefasst. Es liegt völlig auf der Hand, dass damit eine Menge von Overhead-Kosten gespart wird. Dass wir zwei Standorte haben, hat strukturpolitische Gründe.

Zweitens. Die Zusammenfassung der Beamtenfachhochschule in Hof ist eine Idee, die eigentlich mit Verwaltungsreform und Verwaltungsorganisation nichts zu tun hat.

(Zuruf des Abgeordneten Alexander König (CSU))

Das wäre vielleicht für Hof interessant, lieber Kollege König, aber Standorte wie Herrsching oder Wasserburg in Hof zusammenzuführen, würde viel Geld kosten und nur wenig Nutzen bringen. Im Grunde glaube ich nicht, dass Sie das einwerfen, um einen sachlichen Beitrag zu leisten, sondern eher darum, um vom Fehlen von Alternativen in diesem Zusammenhang abzulenken.

Ich möchte mich herzlich bei der CSU-Fraktion bedanken, die von Anfang an sehr intensiv und kompetent am Diskussionsprozess mitgewirkt hat.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Aber ohne Zahlen! – Ludwig Wörner (SPD): Draußen haben sie geschimpft, und drinnen haben sie zugestimmt!)

Wir haben gemeinsam ein Werk geschaffen, das sich sehen lassen kann. Wir haben nicht den Ehrgeiz, dass es eine Konstruktion für Jahrhunderte sein soll, aber für die nächsten Jahrzehnte ist die bayerische Verwaltung in dem Sinne gerüstet, dass wir einen Beitrag dazu leisten, dass Bayern weiterhin das Land Nummer eins in Deutschland ist.

(Anhaltender Beifall bei der CSU – Christine Kamm (GRÜNE): Zugabe! – Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seien Sie vorsichtig mit den Zugaben, sonst sind wir am Freitagvormittag auch noch hier.

(Heiterkeit)

Die Aussprache ist damit geschlossen. Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/3277, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/3566 und 15/3567 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 15/ 3828 zugrunde.