Protocol of the Session on June 29, 2005

Frau Abgeordnete, im Schuljahr 2004 – ich habe mir die Zahlen extra geben lassen – wurden genau 2027 Vollzeitplanstellen für Vertretungen im Bereich der Volksschulen, Grundschullehrer und Hauptschullehrer, als Fachkräfte zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wurden 918 Vollzeitstellen für die Vertretung von Lehrkräften eingeplant, die sich im nicht ganzjährigen Erziehungsurlaub befi nden. Das heißt, der Freistaat Bayern hat weit über 3000 Ersatzlehrkräfte zur Verfügung. Das ist eine außerordentlich hohe Zahl, die sich so in keinem anderen Land Deutschlands fi ndet. Es ist von daher in sehr vielen Fällen gewährleistet, dass Vertretung vorhanden ist.

Allerdings muss man wissen, wenn über einen längeren Zeitraum Lehrkräfte überraschend ausfallen oder sich Krankheiten in einer Woche an einer Schule häufen – vielleicht grippebedingt –, dann wird es unvermeidbar sein, dass Klassen vielleicht auch gemeinsam geführt werden müssen. Ich habe gesehen, dass die fragliche Zeit offensichtlich der Februar war. Das ist natürlich immer eine kritische Zeit, was die Gesundheit angeht. Das trifft aber nicht nur den Lehrerstand, sondern auch viele Betriebe. Wenn in einer Zeitungsredaktion von vier Leuten drei erkrankt sind, dann wird niemand in der Lage sein, die drei unverzüglich zu ersetzen. Wir tun aber alles, damit der Unterricht weitgehend gesichert wird, nach Möglichkeit durch eine eigene oder durch eine der Schule zugewiesene Lehrkraft.

Weitere Zusatzfrage: Frau Kollegin Steiger.

Herr Staatssekretär, es tut mir Leid. Ich muss Ihnen weitere Zusatzfragen stellen; denn Ihre Antwort war mir zu allgemein. – Ist Ihnen bekannt, dass sich der Stadtrat aufgrund der aktuellen Situation einstimmig dafür ausgesprochen hat, eine Petition einzureichen? Sie verweisen immer auf den Februar. Welche Antwort geben Sie den Eltern und der Stadt konkret jetzt?

Herr Staatssekretär!

Das Schreiben an die Klassenelternsprecherin der Grundschule Weismain liegt mir vor. Darin ist die derzeitige Situation ja von unserem Hause sehr ausführlich beschrieben worden. Selbstverständlich sind wir bemüht, dass in ganz Bayern kein Unterricht ausfällt. Der Unterricht ist von den Zahlen her mit Sicherheit gesichert, wenn es nicht überdi

mensionierte Ausfälle in der Lehrerschaft gibt. Aber niemand kann garantieren, dass ständig alles vertreten werden könnte, auch wenn noch so viele Lehrer erkranken. Ich bitte um Nachsicht: Das ist einfach nicht von vornherein hundertprozentig zu gewährleisten, dass jeder Lehrer, der ausfällt, sofort hundertprozentig ersetzt wird bzw. vertreten werden kann. Wir haben im vergangenen Jahr zweimal stichprobenartig die Zahl der ausgefallenen Stunden abgefragt; wir haben festgestellt, dass sich die Zahl in einem verantwortbaren Rahmen gehalten hat. Sie ist im Übrigen erheblich niedriger als in anderen Bundesländern. Wir strengen uns an, mit dem vorhandenen Personal die Stunden verlässlich zu vertreten, damit für die Kinder inhaltlich keine Probleme entstehen. Aber eine hundertprozentige Garantie, dass jede Unterrichtsstunde, die an einer Schule ausfällt, vertreten wird, hat es in der Geschichte noch nie gegeben und die wird es auch nicht geben.

Letzte Zusatzfrage: Frau Kollegin Steiger.

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass der Verweis auf andere Bundesländer den Eltern in der konkreten Situation in Weismain sicherlich wenig hilft? – Wie gestaltet sich grundsätzlich die Situation des Einsatzes der Mobilen Reserve in diesem Schuljahr, speziell zurzeit im Bereich des Schulamtes Lichtenfels?

Herr Staatssekretär.

Das Schulamt Lichtenfels hat analog zu den anderen Schulämtern in Bayern entsprechende Mobile Reserven im Einsatz. Hier ist keine Benachteiligung eines Schulamtsbezirkes festzustellen, sondern hier hat vielleicht die zufallsbedingte Situation ausfallender Lehrkräfte die Situation etwas verschärft. Sie wissen, dass eine Schwangerschaft und andere, sehr überraschende Ereignisse die Personalplanung an einem Schulamt oder an einer Schule verändern können.

(Simone Tolle (GRÜNE): Eine Schwangerschaft ist aber nichts Überraschendes!)

Man kann auch nicht ohne weiteres Personal von einer anderen Schule oder einem anderen Schulamt abziehen. Das heißt: Auch hier, im Landkreis Lichtenfels, ist analog zu den anderen Landkreisen in Bayern die Vertretungssituation gesichert, soweit die Ausfälle nicht ein hohes Maß übersteigen. Dies wird auch in besonderer Weise abgefragt, logischerweise auch im Landkreis Lichtenfels und erst recht für das neue Schuljahr.

Frau Kollegin Tolle, bitte die nächste Frage.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Staatssekretär! Nachdem im Zuge der Beratungen für den Doppelhaushalt 2005/2006 die Staatsregierung die Einstellung zusätzlicher Lehrer und Lehrerinnen angekündigt hat, frage ich die Staatsregierung, wie

viele Verträge an Lehrer und Lehrerinnen wurden bzw. werden zum Schulhalbjahr 2004/05 bzw. zum Schuljahresbeginn 2005/06 zusätzlich vergeben? Ich bitte um getrennte Angabe nach Schulart, Regierungsbezirk und Höhe der Unterrichtsverpfl ichtung.

Herr Staatssekretär.

Verehrte Frau Abgeordnete Tolle, zum Schulhalbjahr 2004/05 wurden zusätzliche Verträge im Umfang von 100 Vollzeiteinheiten für die restliche Dauer des Schuljahres wie folgt vergeben: Volksschulen 40 Vollzeiteinheiten, Realschulen 25 Vollzeiteinheiten, Gymnasien 10 Vollzeiteinheiten, berufl iche Schulen 25 Vollzeiteinheiten. Zum Schuljahresbeginn 2005/06 stehen Mittel im Umfang von 500 Vollzeiteinheiten für die Einstellung zusätzlicher Lehrer und Lehrerinnen zur Verfügung. Die Verteilung auf die einzelnen Schularten und die Vergabe der Verträge wird nach Auswertung der vorläufi gen Unterrichtsübersichten erfolgen.

Zusatzfrage: Frau Kollegin Tolle.

Wann ist denn dann dieser Termin genau?

Herr Staatssekretär.

Ich darf vielleicht noch ergänzen, dass der Ministerrat gestern in seiner letzten Sitzung beschlossen hat, im Rahmen einer überplanmäßigen Ausgabe zusätzlich ein Paket von 50 Vollzeiteinheiten für die Fachoberschulen und Berufsoberschulen zur Verfügung zu stellen. Vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments werden diese Stellen über den Nachtragshaushalt eingestellt. Damit setzt die Staatsregierung ganz bewusst auch auf den berufl ichen Schulbereich, um in einem Flächenstaat wie Bayern einen Ausgleich für soziale Disparitäten zu schaffen und um auch eine größtmögliche Chancengleichheit für höhere Bildungsabschlüsse zu gewährleisten.

Wir werden über die berufl ichen Schulen hinaus natürlich auch den anderen Schulen Einheiten zuweisen müssen, aber wir brauchen noch die genauen Unterrichtsübersichten; denn es macht ja keinen Sinn, Zuweisungen ohne Kenntnis der exakten Schülerzahlen vorzunehmen.

Weitere Zusatzfrage: die Fragestellerin.

Ich frage Sie – das ist immer noch meine erste Zusatzfrage; denn sie wurde nicht beantwortet - : Wann ist der Termin, Herr Staatssekretär?

Herr Staatssekretär.

Sobald wir die konkreten Zahlen haben. Sie wissen ja selber aus

Ihrer Praxis und aus Ihrer Arbeit im Ausschuss, dass dies in den nächsten Wochen geschieht und dass wir in diesen Wochen den Rücklauf der Zahlen ausgewertet haben. Dann können wir die notwendigen Stellen zuweisen.

Weitere Zusatzfrage: Herr Kollege Sprinkart.

Herr Staatssekretär, im Rahmen der Frage nach der Lehrerzuteilung frage ich Sie: Verändert sich für die Hauptschulen und die Grundschulen der Schlüssel für die Lehrerzuweisung im Vergleich zum letzten Jahr, oder bleibt er gleich?

Herr Staatssekretär.

Ich betone noch einmal: Es wird natürlich auf die exakten Schülerzahlen ankommen. Soweit ich bislang informiert bin, dürfte der Schlüssel in etwa gleich bleiben.

Eine Zusatzfrage kann noch gestellt werden. Herr Kollege Sprinkart, bitte.

Wir sind jetzt zweieinhalb Monate vor Beginn des neuen Schuljahres. Wenn man normal plant, müsste man doch jetzt wissen, wie der Schlüssel für die Lehrerzuteilung ausschaut. Die Schulen bzw. die Schulämter sollen doch schon zu Beginn der Ferien erfahren, wie viele Lehrer sie bekommen.

Herr Staatssekretär.

Herr Sprinkart, Sie wissen aber auch, dass die Verteilung der Schülerzahlen sich erst immer im Mai, Juni ermitteln lässt bzw. dann erst feststeht, wer welche Schule besucht. Wir möchten dies natürlich berücksichtigen.

(Susann Biedefeld (SPD): Unglaublich, das ist doch unverschämt!)

Nächste Frage: Kollege Dupper. Bitte.

Guten Morgen, Frau Präsidentin.

Herr Staatssekretär, weshalb wurden alle Anträge auf Genehmigung von Ganztagsklassen an niederbayerischen Schulen abgelehnt, welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit eine Ganztagsklasse genehmigt wird, und ist es denkbar, dass auch andere Modelle als das des Kultusministeriums gebildet werden, zum Beispiel mit Befristung auf ein Jahr?

Herr Staatssekretär.

Herr Abgeordneter Dupper, für das Schuljahr 2005/06 wurden mehr Anträge auf Einrichtung von Ganztagsklassen

gestellt, als aufgrund der schwierigen Haushaltslage zu realisieren sind. Die Auswahl der Standorte wird nicht nach einem fest vorgegebenen Proporz, sondern nach der pädagogischen Notwendigkeit und den Voraussetzungen vor Ort vorgenommen. Ausschlaggebend sind dabei folgende Kriterien: Das pädagogische Konzept der Schule, das die individuelle pädagogische Zielsetzung, das spezifi sche Bildungsangebot bezogen auf die unterrichtlichen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler, die sozialen Gegebenheiten, die Zusammensetzung der Schülerschaft sowie die örtlichen Gegebenheiten in besonderem Maß berücksichtigt; die personelle und räumliche Situation an der Schule, die die langfristige Einrichtung eines Ganztagszugs – je eine Klasse der Jahrgangsstufen 5 mit 9 – gewährleistet; die Entwicklung der Schülerzahlen über mehrere Jahre, die Aussagen liefert zum nachhaltigen Bestand der Ganztagsklassen und der Regelklassen; die Stellungnahme des Schulaufwandsträgers, die Einrichtung von Ganztagsklassen insgesamt mitzutragen, und dessen Bereitschaft, die entstehenden Mehrkosten – Energie, Reinigung etc. – zu übernehmen, und schließlich die Stellungnahme des Staatlichen Schulamts und der Regierung zur Einbindung der Ganztagsklassen im Landkreis bzw. Regierungsbezirk.

Anhand dieser Kriterien wird ermittelt, an welchen Schulen der Bedarf zur Einrichtung von Ganztagsklassen am größten ist. Im Regierungsbezirk Niederbayern wurden für drei Hauptschulen Anträge auf Einrichtung von Ganztagsklassen ab dem Schuljahr 2005/06 eingereicht. Die Ablehnung der Anträge durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus basierte auf folgenden Begründungen: Erster Fall: Die Einführung einer „versuchsweisen Einführung einer Ganztagsklasse“ mit der Option der Aufl ösung der Ganztagsklasse nach einem Schuljahr – wie von der Stadtspitze gefordert – würde der bildungspolitischen Zielsetzung, eine nachhaltige und auf Jahre hinaus verlässliche Einrichtung für Schüler, Eltern und Lehrer zu schaffen, entgegenstehen.

Zweiter Fall: Eine fachlich einseitige Schwerpunktsetzung des pädagogischen Konzepts würde dem bildungspolitischen Anspruch einer fundierten Allgemeinbildung von Schülerinnen und Schülern in weiterführenden Schulen nicht gerecht werden. Damit würde das Ziel des Unterrichts in der Ganztagsklasse, die unterrichtliche Förderung der Schülerinnen und Schüler, nur dem Zweck dienen, durch sportliche Aktivitäten aufgetretene unterrichtliche Leistungsdefi zite auszugleichen. Hierfür können Klassen im Rahmen der „Partnerschulen des Leistungssports“ eingerichtet werden.

Dritter Fall: Die organisatorische Einbindung der Ganztagesklassen in den allgemeinen Schulbetrieb ist nur mit äußerst großem Planungsaufwand zu bewerkstelligen. Bei – vorgeschlagenen - jahrgangsübergreifenden Ganztagsklassen mit gleichzeitig einseitiger Ausrichtung auf sozial schwierige Schüler ist sowohl der organisatorische Erfolg als auch das Erreichen des pädagogischen Ziels, also die unterrichtliche Förderung, nach den bisherigen Erfahrungen höchst fraglich. Des Weiteren wurde in keiner Weise der Nachweis erbracht, dass eine jahrgangsübergreifende Förderung in Ganztagsklassen erfolgreicher ist als eine jahrgangsbezogene. Die individuelle Förderung

muss weiterhin Hauptanliegen jeder Ganztagsklasse sein.

Die Förderung in Ganztagsklassen muss im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der erzielten Erfolge, die Verlässlichkeit den Schülern und Eltern gegenüber über mehrere Jahre, im Allgemeinen von der 5. bis 9. Jahrgangsstufe, erfolgen. Eine Befristung würde den Zweck der Ganztagsschule nicht erfüllen. Ein Ganztagsklassenzug muss für alle am Bildungsprozess beteiligten Gruppen, zum Beispiel für Eltern, Ausbildungsbetriebe, in der Region eine zuverlässige und bildungspolitisch fundierte Einrichtung darstellen.

Mit der Einrichtung von Ganztagsklassen ist auch immer ein erhöhter Bedarf an Lehrerstunden, zusätzlich 0,7 Lehrerstellen pro Ganztagsklasse, verbunden. Die Finanzierung diees Personaleinsatzes muss letztlich langfristig, ohne Gefahr der Unterbrechung, gesichert sein.

Haben Sie eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dupper? – Bitte sehr. Die erste Zusatzfrage gehört immer dem Fragesteller.

Zunächst danke schön, Herr Staatssekretär, für die erschöpfende Auskunft. Meine Frage zielt auf die weiteren Planungen, insbesondere darauf, welche Schularten in der Zukunft in Niederbayern in den Genuss der Ganztagsklassen kommen, inwieweit es eine sozialpädagogische Betreuung gibt und welche inhaltlichen Schwerpunkte gefördert werden.