Protocol of the Session on May 11, 2005

Wieder eine schöne Aussicht!

In § 6, Planungssicherheit, heißt es:

Kommt es zur Festlegung neuer Haushaltssperren oder globaler Minderausgaben

das kommt ja gar nicht so selten vor, wie wir alle wissen –

im Staatshaushalt, wird das Finanzministerium zugunsten der Hochschulen und der Universitätsklinika einen besonders strengen Maßstab beachten.

(Dr. Ludwig Spaenle (CSU): 15 Millionen netto in Zeiten der Haushaltssperre!)

Was mag das heißen, dass ein besonders strenger Maßstab angelegt wird? Das ist überhaupt nicht defi niert.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Dann folgt am Ende eine Öffnungsklausel, dass selbst das Niveau von 2004 – selbst das Niveau des Kürzungshaushalts! – unterschritten werden darf. Ich zitiere weiter:

Weitere Haushaltsmittel sollen

sollen! –

den Hochschulen als leistungsbezogene Zuwachsoption bereitgestellt werden …

Das sind drei Wenn in einem Satz: „sollen“, „Zuwachsoption“ und „werden“. Wenn das Sicherheit sein soll, dann frage ich mich, wie Sie deutsch interpretieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Würden Sie jemandem eine Waschmaschine verkaufen, der Ihnen sagt, er plane, sie dereinst zu bezahlen, wenn sein Kontostand es zulasse?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich fasse zusammen: Von der zentralen Säule dieses Paktes, der viel gerühmten Planungssicherheit, bleibt nicht viel übrig. Übrigens müssen die Hochschulen die Waschmaschine liefern; das ist ja wohl klar.

Im Text des Innovationsbündnisses ist davon die Rede, dass Sie zusichern, sich verpfl ichten, jährlich berichten, und dann folgt ein ganzer Katalog an Leistungen. Über den Inhalt der Leistungen, die da gefordert sind, müssen wir gar nicht streiten. Wie sie aber erbracht werden und für welche Gegenleistung, ist eine sehr fragwürdige Geschichte in diesem Bündnis.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur Waschmaschine: Die Hochschulen müssen die Waschmaschine in den nächsten Jahren nachrüsten, die Schleuderdrehzahl erhöhen, den Knitterschutz verbes

sern und einen Trockner einbauen. Ein Vertrag, auf den sich die Vertragspartner verlassen können, sieht wahrlich anders aus. Wie steht es um die Vertragspartner? – Das Gegeneinander soll zum Miteinander werden. Die Rede ist von Partnerschaftlichkeit und einem Vertrag auf gleicher Augenhöhe. Ist es das? – Natürlich ist es das nicht. Das kann es auch niemals sein. Zwischen einem fi nanziell abhängigen Partner und einem Partner, der das Geld hat, kann es niemals einen partnerschaftlichen Vertrag auf gleicher Augenhöhe geben. Das ist gar nicht möglich. Ein solcher Vertrag kann nur funktionieren, wenn ein gegenseitiges Vertrauen besteht. Dieses Vertrauen haben Sie aber spätestens im Jahre 2004 verspielt.

Sehen wir uns noch einmal die Einnahmenseite der Hochschulen an. Grundsätzlich gibt es die Restmittelübertragung. Wie das läuft, wissen wir bereits. Das Wort „grundsätzlich“ ist nämlich sehr praktisch. Das bedeutet, dass man es sich auch einmal anders überlegen kann. Das war zum Beispiel im Jahr 2004 der Fall. Grundsätzlich hatten wir nämlich die Mittelübertragung bereits beschlossen. Dann gab es sie jedoch grundsätzlich im Jahre 2004 wieder nicht. Am Ende gab es sie dann grundsätzlich wieder doch. Das ist eine wunderbare Formulierung, die von Jahr zu Jahr wieder auf den Prüfstand gestellt werden kann.

Damit komme ich zu der Ankündigung der so genannten Studienbeiträge, den Studiengebühren. Diese sollen jetzt im Jahre 2007 kommen. Für alle, die diese Gebühren wollen, sei noch einmal bemerkt: Zu diesem Zeitpunkt ist bereits die erste Hälfte der Laufzeit dieses Vertrages abgelaufen. Erst dann wird diese Einnahmequelle greifen, die ein wesentlicher Bestandteil dieses Vertrages ist. Sie kennen unsere Position zu den Studiengebühren. Wir werden in diesem Hause sicher noch häufi g einen heftigen Streit über dieses Thema führen. Wir lehnen Studiengebühren in jeder Form ab. Es gibt keine sozialverträglichen Studiengebühren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Kollege Dr. Spaenle, Sie haben angekündigt, Studiengebühren nur sozialverträglich einzuführen. In diesem Fall können Sie sicher sein, dass die Studiengebühren nie kommen werden. Wenn Sie Studiengebühren einführen, würden Sie das Problem verschärfen, an dem unser Bildungssystem am meisten leidet: Sie würden die Chancenungerechtigkeit vergrößern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine der interessanteren Festlegungen des Innovationsbündnisses fi ndet sich auf der Seite 3 in Klammern. Das ist wie in der großen Literatur, wo ebenfalls die wichtigen Sachen in Klammern stehen. Hier geht es um die Studiengebühren: Zum Beispiel Kosten für hochschulinterne Stipendien und für sozial verträgliche Darlehen, gegebenenfalls Erhebungskosten. Diese Lasten sollen die Hochschulen tragen, und zwar von den Gebühren, die angeblich ganz bei ihnen verbleiben sollen. Wer soll nun für die Sozialverträglichkeit sorgen? – Machen Sie das oder sollen das die Hochschulen tun? – Müssen die Hochschulen das leisten, was Sie – zusammen mit den Banken

nicht zustande bringen werden, nämlich die Schaffung sozialverträglicher Gebühren? – Sie sind bisher mit allem gescheitert, was Sie im Zusammenhang mit den Studiengebühren öffentlich geäußert haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Bislang gibt es kein Bankenkonzept – auch nicht das Konzept der KfW –, mit dem die Studiengebühren hinreichend fi nanziert werden könnten. Es gibt auch niemanden, der bereit wäre, das Ausfallrisiko zu übernehmen. Sie machen es sich hier einfach. Die Länder führen Studiengebühren ein, das Risiko dafür soll jedoch der Bund tragen. So wird das nicht gehen. Das werden Sie erleben. Da ich ein optimistischer Mensch bin, kann ich in dieser Regelung auch etwas Positives sehen: In dieser Regelung liegt die Chance, dass es in Bayern in absehbarer Zeit keine Studiengebühren geben wird. Das wäre gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun zur zweiten, angeblich tragenden Säule dieses Kartenhauses, das Sie sich zusammengezimmert haben. Sowohl Herr Staatsminister Dr. Goppel als auch Herr Kollege Dr. Spaenle haben dazu schon einiges gesagt. Ich spreche von der Stärkung der Hochschulstrukturen und von dem neuen Hochschulgesetz. Wir haben darüber ansatzweise schon gestern diskutiert. Ziel ist es, dass die Hochschulen mehr Autonomie erhalten. Sie haben hier ganz klar den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht. Dieses Bündnis könnte – wenn überhaupt – nur funktionieren, wenn dafür die rechtlichen Grundlagen im Rahmen eines neuen Hochschulgesetzes schon geschaffen wären. Davon kann überhaupt keine Rede sein. Auch hier gilt: Bis das neue Hochschulgesetz in Kraft getreten und umgesetzt worden ist, ist dieser Vertrag längst abgelaufen. Dann wird schon längst wieder über einen neuen Vertrag mit einer neuen rechtlichen Grundlage verhandelt.

Ich empfehle Ihnen, sich diesen Vertrag einmal durchzulesen. In § 7 wird spiegelstrichweise vielem aus dem Hochschulgesetz vorgegriffen, was eigentlich der Landesgesetzgeber regeln müsste, also wir in diesem Parlament. Sie regeln das vorab in einem Vertrag mit den Hochschulen. Diesem Vertrag fehlt die Rechtsgrundlage.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aufgrund dieser Analyse lehnen wir das Innovationsbündnis ab. Schaffen Sie über den Haushalt und über die Gesetzgebung in diesem Landtag sinnvolle Rahmenbedingungen, in denen sich unsere Hochschulen entfalten und entwickeln können. Dann könnten Sie sich das Paktieren sparen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich darauf hinweisen, dass vonseiten der SPD namentliche Abstimmung beantragt wurde. Der nächste Redner ist Herr Kollege Nadler. Im Hinblick auf den weiteren Ablauf stelle ich fest, dass ansonsten keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. Bitte, Herr Kollege Nadler.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Vogel, ich möchte mich nicht mit Ihrer ganzen Rede befassen, zumal viel von dem, was bisher gesagt worden ist, die hohe Hochschulpolitik insgesamt betrifft. Ich möchte mich wieder in die Niederungen unseres Innovationsbündnisses begeben. Ein Satz, den Sie vorhin sagten, ist bei mir jedoch hängen geblieben. Herr Kollege Vogel, Sie sagten: Jeder Tag ohne Studiengebühren sei ein Segen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich bin da ganz anderer Meinung: Jeder Tag, an dem unsere Hochschule keine Studiengebühren für bessere Lehre, Forschung und Betreuung der Studierenden bekommen, ist vertan. Jeder Tag, an dem die Studiengebühren früher eingeführt werden könnten, wäre ein Segen.

Herr Kollege Vogel, Sie sind in Ihrer Rede immer wieder auf die Finanzsituation eingegangen und haben dem Freistaat vorgeworfen, er würde zu wenig tun. Da kocht es in mir. Ich frage mich dann immer, wann Herr Vogel endlich nach Berlin geht und seinen Parteifreunden sagt, sie sollten 600 Millionen Euro nach Bayern schicken, wo der Freistaat beim Hochschulbau in Vorleistung getreten ist. Dieses Geld haben wir bis heute nicht bekommen. Unseren Hochschulen würde es besser gehen, wenn diese Gelder aus Berlin in Bayern angekommen wären.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie hacken immer wieder auf der Planungssicherheit herum. Dabei lassen Sie unter anderem außer Acht, dass wir die Haushaltssperre für die Hochschulen nicht wirksam werden ließen und allein dadurch 15 Millionen Euro den Hochschulen zur Verfügung gestellt werden konnten. Meine Damen und Herren, die bayerischen Hochschulen haben eine Schlüsselfunktion bei der Sicherung der Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Diese Schlüsselfunktion wollen wir erfüllen. In diesem Zusammenhang wollen wir die Hochschullandschaft umstrukturieren. Das wird in Zusammenarbeit mit dem Universität Bayern e. V., der Staatsregierung, dem Landtag und der Mittelstraß-Kommission geschehen. Außerdem werden wir das bayerische Hochschulrecht novellieren. Entgegen der Äußerungen der Opposition möchte ich betonen: Wir werden den Hochschulen in Bezug auf eine nachhaltige Haushaltspolitik Planungssicherheit geben.

Der im Januar 2004 von unserer Fraktion in Wildbad Kreuth verabschiedete Qualitätspakt beruht auf drei Säulen: Das Bündnis dient der Leistungsfähigkeit der bayerischen Hochschullandschaft. Die Rahmenbedingungen für die Hochschulen werden verbessert. Wir stellen das Verhältnis zwischen Staat und Hochschulen auf eine neue und partnerschaftliche Grundlage. Wir wollen, dass die Hochschulen aktiv an der Modernisierung der Hochschullandschaft mitwirken. Dafür werden Planungssicherheit und eine ausreichende Finanzausstattung sowie eine weitere Stärkung der Autonomie in Aussicht gestellt.

Bayerische Universitäten müssen sich Freiräume und mehr Haushaltsfl exibilität nicht über Einsparungen

erkaufen. Aus dem Innovationsprogramm Zukunft Bayern steht zum Beispiel ein erheblicher Anteil aus Privatisierungserlösen zur Verfügung – der Minister ist heute Morgen darauf eingegangen.

Wenn die Finanzausstattung stimmt – Wünsche werden natürlich immer offen bleiben – und wenn vor allem Planungssicherheit – das unterstreiche ich – gegeben wird, sind Zielvereinbarungen mit den Hochschulen nur recht und billig. Zur Erreichung der Ziele gibt es Anreize. Wer die Ziele nicht erreicht, muss mit Konsequenzen rechnen.

Das Optimierungskonzept hat ein bayernweit ausgewogenes Fächerkonzept zum Ziel. Wir wollen optimale Strukturen für Lehre und Forschung. Die vorgesehenen Stellenumschichtungen in Innovationsfonds werden in einer gesonderten Vereinbarung festgelegt und in den Zielvereinbarungen konkretisiert. In den Zielvereinbarungen werden unter anderem die Studiendauer und die Absenkung der Abbrecherquote festgelegt. Wir brauchen eine verstärkte Eignungsfeststellung und eine bessere Betreuung der Studierenden, ein qualitätsgesichertes Studienangebot. Der Ausweitung der wissenschaftlichen Weiterbildung, einer besseren Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen selbst, aber auch zwischen Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft kommt ebenso hohe Bedeutung zu wie dem Ausbau der Eliteförderung, der Internationalisierung – ich denke dabei an mehr Praktika im Ausland – oder der Verstärkung der Frauenförderung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insbesondere meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Landtagsfraktion, ich bin davon überzeugt – ich glaube, Sie mit mir –, dass wir mit dem Innovationsbündnis Hochschule 2008, über das wir jetzt abzustimmen haben, eines der bedeutendsten Projekte in der Hochschulpolitik auf den Weg bringen.

(Beifall bei der CSU – Karin Radermacher (SPD): Jetzt wollen wir nicht gleich übertreiben!)

Zum Schlusswort für die Staatsregierung: Herr Kollege Staatsminister Dr. Goppel. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich auch der knappen Zeit wegen auf wenige Bemerkungen beschränken. Zwei, drei Dinge will ich aber festhalten.