Meine Damen und Herren, guten Morgen. Sehr geehrter Herr Minister, Herr Staatssekretär und Herr Ströbel, ich darf Sie herzlich begrüßen. Noch nie habe ich eine Sitzung eröffnet, an der nur ein einziger – in Anführungszeichen – „einfacher“ Abgeordneter teilgenommen hat. Die Minister müssen hier sein; denn sie sind verpfl ichtet, ihren Dienst zu tun.
Herr Ströbel, ich begrüße Sie besonders herzlich ebenso wie den Herrn Minister, den ich gleich ans Rednerpult bitte. Herr Kollege Ströbel, Sie stellen die erste Frage.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister, wie ich der Presse entnehmen konnte, hat sich der bayerische Agrarexport in die neuen EU-Beitrittsländer positiv entwickelt. Wie stellt sich diese Entwicklung bezogen auf die drei wichtigsten Länder aus bayerischer Sicht dar?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ströbel, bei der EU-Osterweiterung bestanden große Befürchtungen, dass vor allem billige Produkte aus den Beitrittsländern in unser Land strömen. Inzwischen ist die Erweiterung ein Jahr vollzogen. Wir verfügen über Daten, wonach sich die Folge der EUOsterweiterung für die bayerische Land- und Ernährungswirtschaft insgesamt positiv darstellt.
Im vergangenen Jahr konnte die Ausfuhr bayerischer Agrarerzeugnisse um circa 34 % gesteigert werden. Der Import von Agrarerzeugnissen aus den Beitrittsländern ist um 10 % zurückgegangen. Das ist vor allem auf die hohen Wachstumsraten in den Beitrittsländern zurückzuführen. Die Einkommen dort sind gestiegen, und die Nachfrage nach hochwertigen Nahrungsmitteln hat zugenommen.
Von den insgesamt zehn mittel- und osteuropäischen Staaten, die im letzten Jahr in die EU aufgenommen wurden, stellen Polen, Tschechien und Ungarn für Bayern die drei wichtigsten Handelspartner dar. Der bayerische Agrarexport nach Polen konnte um 46 %, der Agrarexport nach Tschechien um 33 % und der Agrarexport nach Ungarn um 28 % gesteigert werden.
Herr Minister, ich habe eine Zusatzfrage. Können schon Aussagen getroffen werden, welche bayerischen Produkte in diesen Staaten besonders gefragt sind?
Die Situation ist so, dass mit steigendem Einkommen vor allem die Nachfrage nach hochwertigen Nahrungsmitteln zunimmt. In erster Linie ist tierisches Eiweiß gefragt, auf der einen Seite Fleisch und auf der anderen Seite Milch sowie Milchprodukte.
Dies lässt sich auch mit Zahlen belegen. Der Export von Käse in die Tschechische Republik konnte um 100 % gesteigert werden. Die Ursache für diesen Zuwachs liegt darin, dass dort der Verbrauch noch relativ niedrig ist. In Tschechien liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei 15 kg, in Ungarn bei 9 kg und in Deutschland bei 22 kg. Zu den Zahlen muss ich nämlich sagen, dass der Anstieg von einem niedrigen Niveau aus erfolgt. Die Bezugszahlen sind relativ niedrig. Eine Erhöhung um 100 % wäre sonst nicht möglich.
Herr Minister, die Markterschließung in diesen Ländern ist sicher nicht einfach. Wie unterstützt das Landwirtschaftsministerium, also Ihr Haus, die bayerischen Unternehmen hierbei?
Im Hinblick auf die zu erwartenden Einfuhren haben wir zusammen mit der Landesvereinigung der bayerischen Milchwirtschaft und mit der fi nanziellen Unterstützung der zentralen Marketingorganisation eine Exportoffensive gestartet. Wir gehen nach einem Sechs-PunkteProgramm vor und werden in den genannten Ländern aktiv.
Es gibt Verkaufsförderungsaktionen im Lebensmitteleinzelhandel. Wir haben mit bayerischen Firmen in 1000 Lebensmittelgeschäften rund 20 „Bayerische Wochen“ veranstaltet. Zudem waren wir auf Messen vertreten und haben Hotelpräsentationen durchgeführt. Wir haben Importeure und Einkäufer nach Bayern eingeladen. Außerdem gab es Informationen, Veranstaltungen und Seminare für bayerische Exporteure. Die Vorbereitung erfolgt durch Wirtschaftsdelegationen und politische Gespräche. Begleitet wird der Prozess durch Untersuchungen und Analysen, die insbesondere in Weihenstephan vom Lehrstuhl für Marktlehre durchgeführt werden.
Herr Staatsminister, nachdem die Steuerbefreiung auf biogene Kraftstoffe, also Biodiesel und Bioethanol, jetzt gesetzlich geregelt ist, frage ich die Staatsregierung, wie sie die Chancen von Bioethanol auf diesem großen Markt bewertet.
Herr Kollege Kustner, der Einsatz von biogenen Kraftstoffen ist bereits seit 1993 steuerfrei, allerdings nur in Reinform. Das, was sich geändert hat, ist, dass auch Mischungen steuerfrei gestellt werden können.
Ich möchte das anhand eines Beispiels darstellen. Wir haben in Deutschland einen jährlichen Verbrauch von 26 Millionen Tonnen Ottokraftstoff. Das entspricht etwa 35 Millionen Kubikmeter. Wenn nur, wie von der Europäischen Union angestrebt, 5 % dieses Verbrauchs durch Ethanol ersetzt würden, würde dies 1,75 Millionen Kubikmeter reines Ethanol erfordern. Zum Vergleich: Alle baye
rischen landwirtschaftlichen Brennereien hatten ein regelmäßiges Brennrecht von 30 000 Kubikmetern. Dieses Recht darf derzeit nur zu 50 % genutzt werden. Wir könnten das aber sofort erhöhen.
Sobald die technischen und gesetzgeberischen Rahmenbedingungen bestehen, sehe ich im Kraftstoffmarkt ein beträchtliches Absatzpotenzial. Allerdings herrschen dort harte Wettbewerbsbedingungen. Mit anderen Worten: Wenn das Ethanol auf dem Weltmarkt frei gehandelt wird, ist die Gefahr groß, dass es aus Brasilien eingeführt wird. Es rechnet sich sehr gut durch die Steuerfreiheit bei uns, was aber bedeutet, dass Herr Eichel keine Steuern einnimmt. Zum Bezug aus Brasilien hat die EU zusätzliche Regelungen zu treffen.
Wir reden zurzeit viel über die Umwelt. Wie kann Ethanol zum Beispiel für Benzin oder als Ersatz für Benzol eingesetzt werden, und welche Vorteile für die Umwelt ergeben sich daraus?
Der Vorteil für die Umwelt ergibt sich daraus, dass durch das Verbrennen nur soviel CO2 entsteht, wie vorher der Atmosphäre durch das Wachstum der Pfl anzen unmittelbar entzogen wurde. Die Herstellung ist also CO2neutral.
Es gibt grundsätzlich drei Wege. Der erste Weg ist der Ersatz des Anti-Klopf-Mittels im Superbenzin. Das kann man durch Ethanol ersetzen. Die zweite Möglichkeit ist die Zumischung von 5 % reinem Alkohol zum Benzin. Der Einsatz ist grundsätzlich in allen Ottomotoren möglich. Die dritte Möglichkeit ist die Herstellung eines so genannten E-85-Treibstoffes. Das heißt, es werden 85 % Ethanol und 15 % Benzin gemischt. Das erfordert allerdings den Einsatz von speziell dafür ausgestatteten Motoren.
Ich sehe gerade für den letzten Bereich eine vergleichsweise schnelle Absatzmöglichkeit. Wir werden am 10. und 11. August 2005 auf der BUGA solche Fahrzeuge der Öffentlichkeit vorstellen.
Herr Minister, was wurde im Staatsministerium bisher veranlasst, um bayerischen Landwirten die Teilnahme an diesem Markt zu ermöglichen, und unter welchen Voraussetzungen können bäuerliche Brennereien an der Herstellung von Bioethanol teilnehmen?
Wir haben in Zusammenarbeit mit dem Brennereiverband und der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein sowie mit wissenschaftlichen Einrichtungen bei mehreren Fachtagungen die betriebswirtschaftlichen Erfordernisse erkundet und Modelle für eine dezentrale Rohalkohol-Erzeugung mit anschließender Aufbereitung erarbeitet. Diese Gespräche werden fortgesetzt, weil nur bei der Nutzung des bestehenden Tankstellennetzes die Einführung möglich ist. Außerdem haben auch Gespräche stattgefunden, wie man sehr schnell die Motoren auf E 85 umrüsten kann. Wir wollen auch erreichen, dass auch Modellbrennereien außerhalb des Brennrechts Alkohol für Treibstoffe herstellen dürfen. Das ist bisher nicht zulässig.
Herr Minister, meine letzte Frage: Welche Hemmnisse stehen einer schnellen Einführung ethanolhaltiger Kraftstoffe entgegen?
Ich habe schon angesprochen, dass für das Branntweinmonopolgesetz Regelungen getroffen werden müssen. Das Mineralölrecht muss angepasst werden, was relativ schnell passieren muss, weil sonst der Kraftstoff E 85 nicht hergestellt werden wird, da die Firmen Rechtssicherheit haben wollen.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag. Als nächstes rufe ich den Bereich des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus auf. Herr Staatssekretär, bitte.
Die erste Fragestellerin ist Frau Biedefeld. Sie ist nicht da. Ich sehe auch niemanden, der die Frage übernehmen könnte. Nächster Fragesteller: Herr Mütze.
Herr Staatssekretär, wie gedenkt die Staatsregierung mit der beschlossenen Aufl ösung der Teilhauptschulen in Bessenbach und Kahl, Landkreis Aschaffenburg, umzugehen, obwohl bei beiden Schulen die Schülerzahlen für die nächsten Jahre gesichert sind, die Räumlichkeiten erst ausgebaut wurden, sowie die Schülerbeförderung und die zu zahlenden Gastschulbeiträge für die betroffenen Kommunen zu erheblichen Mehrausgaben führen würden?
Herr Präsident, Kollege Mütze! Die Gemeinden sind nach der verfassungsmäßigen Aufgabenverteilung für die Erbringung des Schulaufwandes der Hauptschulen zuständig. Zum Schulaufwand zählen unter anderem der Schulbau und der Bauunterhalt, ebenso die Schülerbeförderungskosten. Soweit mehrere Gemeinden für den Schulaufwand einer Gemeinde zusammenwirken, wird der Schulaufwand nach den Grundsätzen des Artikels 8 des Bayerischen Schulfi nanzierungsgesetzes von den beteiligten Gemeinden fi nanziert. Im Regelfall werden die Gesamtausgaben in Form von Verbandsumlagen – nicht Gastschulbeiträgen – auf die einzelnen Gemeinden umgelegt.
Im Landtagsbeschluss vom 22.07.2004 auf Drucksache 15/1562 ist ausdrücklich enthalten, dass Organisationsänderungen im Hauptschulbereich im Rahmen des vorhandenen Raumbestandes gelöst werden sollen. Neubaumaßnahmen an zentralen Schulen, die unter dem Gesichtspunkt der Konnexität zu würdigen wären, werden gerade nicht veranlasst.
Kostenverschiebungen zwischen den Gemeinden sind nicht konnexitätsrelevant. Inwieweit solche überhaupt eintreten, lässt sich generell nicht beantworten; denn dies hängt davon ab, welche Lösungen vor Ort im Rahmen der Regionalkonzepte gefunden werden – zum Beispiel Eingliederung in die aufzunehmende Schule bei gegebener Aufnahmekapazität oder Außenstellenlösung.
Bezüglich der Teilhauptschulen I in Kahl und Bessenbach bestehen zwar Vorstellungen zur künftigen Zuordnung zu Hauptschulen, die dem Landtagsbeschluss vom 22.07.2004 entsprechen. In dieser Angelegenheit hat Herr Abgeordneter Peter Winter bereits mit mir und dem Staatsminister für Unterricht und Kultus Kontakt aufgenommen. Jedoch sind noch keine konkreten intensiven Gespräche mit den betroffenen Kommunen zur künftigen Hauptschulorganisation im Raum Bessenbach/Haibach bzw. Kahl/Karlstein aufgenommen, die derzeit eine fi nanzielle Beurteilung im Detail überhaupt ermöglichen.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, dass es in den kommenden Wochen Gespräche mit den beiden betroffenen Gemeinden bezüglich der Schulen und des eventuellen Weiterbetriebs der dortigen Teilhauptschulen geben wird?
Herr Staatssekretär, die Fragestellerin, Frau Biedefeld, ist doch noch gekommen. In Anbetracht der frühen Stunde kann der gute Wille für die Tat genommen werden. Bitte, Frau Kollegin, Sie können die nächste Frage stellen.
Herr Staatssekretär, ich frage Sie: Übernimmt der Freistaat Bayern künftig die anfallenden Kosten jeglicher Art gemäß dem Konnexitätsprinzip nach der Aufl ösung der Teilhauptschulen ebenso wie bei eventuell notwendigen Schließungen von kommunalen Kindergärten und Kindertagesstätten für den Schülertransport, den Bauunterhalt, die laufenden Betriebskosten etc., und wenn nein, mit welcher Begründung?
Frau Abgeordnete Biedefeld, ich beantworte gerne Ihre Frage, wobei der erste Teil der Antwort identisch mit der Antwort für die Anfrage des Abgeordneten Mütze. Sie zielt in die gleiche Richtung. Ich lese Ihnen diesen Text gerne noch einmal vor. Ich bitte aber die anderen anwesenden Zuhörer nicht verwundert zu sein, wenn Sie das Gleiche noch einmal hören.
Die Gemeinden sind nach der verfassungsmäßigen Aufgabenverteilung für die Erbringung des Schulaufwandes der Hauptschulen zuständig. Zum Schulaufwand zählen unter anderem der Schulbau und der Bauunterhalt, ebenso die Schülerbeförderungskosten. Soweit mehrere Gemeinden für den Schulaufwand einer Gemeinde zusammenwirken, wird der Schulaufwand nach den Grundsätzen des Artikels 8 des Bayerischen Schulfi nanzierungsgesetzes von den beteiligten Gemeinden fi nanziert. Im Regelfall werden die Gesamtausgaben in Form von Verbandsumlagen – nicht Gastschulbeiträgen – auf die einzelnen Gemeinden umgelegt.
Organisationsänderungen im Hauptschulbereich im Rahmen des vorhandenen Raumbestandes gelöst werden sollen. Neubaumaßnahmen an zentralen Schulen, die unter dem Gesichtspunkt der Konnexität zu würdigen wären, werden gerade nicht veranlasst.
Kostenverschiebungen zwischen den Gemeinden sind nicht konnexitätsrelevant. Inwieweit solche überhaupt eintreten, lässt sich generell nicht beantworten; denn dies hängt davon ab, welche Lösungen vor Ort im Rahmen der Regionalkonzepte gefunden werden – zum Beispiel Eingliederung in die aufzunehmende Schule bei gegebener Aufnahmekapazität oder Außenstellenlösung.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage antworte ich folgendermaßen: Kommunale Kindergärten oder sonstige Kindertageseinrichtungen wären nur dann zu schließen, wenn für sie etwa infolge des Geburtenrückgangs kein Bedarf mehr bestünde. In diesem Fall fallen keine nach dem Konnexitätsprinzip ausgleichspfl ichtigen Kosten an: Der Wegfall eines kommunalen Kindergartens führt zu Entlastungen für die Kommunen von Betriebskosten und Bauinstandhaltung. Sollten einzelne Kinder aufgrund einer Schließung eine andere Kindertageseinrichtung besuchen, so fallen diese Kosten nicht den Kommunen zur Last, weil sie nicht für den Transport zu einer Kindertageseinrichtung verantwortlich sind.
Herr Staatssekretär, wann greift denn dann das Konnexitätsprinzip überhaupt, wenn nicht jetzt, nachdem Teilhauptschulen aufgelöst und den Kommunen mehr Kosten entstehen, da der Bayerische Landtag im Juli 2004 die Aufl ösung der Teilhauptschulen beschlossen hat?
Frau Abgeordnete, die Sache stellt sich folgendermaßen dar: Bei veranlassten Neubauten durch die Reform müsste nach Auffassung vieler das Konnexitätsprinzip greifen. Wir selbst wollen nicht, dass es Aufwendungen für Neubauten gibt. Das ist auch im Antrag des Bayerischen Landtags vom 22.07. des letzten Jahres zum Ausdruck gebracht. Wir werden uns daran halten.