Vielen Dank, Herr Kollege Schuster. Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Heckner. Bitte schön, Frau Kollegin Heckner.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir können tagtäglich in den Schlagzeilen lesen, dass der Bund dem größten Haushaltsloch der Geschichte gegenübersteht. Meine sehr verehrten Damen und Herren der Opposition, ich frage Sie wirklich, wann Sie einmal verstehen werden, dass wir in den öffentlichen Haushalten endlich die Ausgaben den Einnahmen anpassen müssen und dass es nicht damit getan ist, kleine kosmetische Operationen vorzunehmen, sondern dass wir die Haushalte strukturell sanieren müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Bewusstsein der Menschen, dass sie sich in unserem Land wieder den Gründerjahren unserer Republik nähern müssen, dass sie mehr leisten müssen, dass sie mehr Arbeitszeit einbringen müssen, ist bei den Arbeitnehmern in der freien Wirtschaft deutlich geschärfter, als wir das bei den Gewerkschaften und bei denen feststellen können, die den öffentlichen Dienst vertreten. Gewerkschaften, die die Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft vertreten, haben sehr wohl betriebsbedingte Öffnungsklauseln vorgesehen. Im öffentlichen Dienst verstellt die Arbeitsplatzsicherheit offensichtlich manchmal den Blick auf die Notwendigkeit von mehr Engagement der Beschäftigten.
Viel drängender, als sich jetzt wegen der Arbeitszeitfrage in Arbeitskämpfen zu verzetteln, ist es doch, dass wir für unsere Beschäftigten unsere Haushalte so fi t machen, dass wir ihre Leistungen angemessen vergüten können. Viel mehr Sorge müsste uns bereiten, wie wir ihre zukünftige Versorgung entwickeln und sichern wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, hier sind wir alle, Opposition und Regierungspartei, gefordert, eine Gesamtverantwortung zu übernehmen und endlich zu begreifen, dass der Staat keine Beschäftigungsagentur ist.
Zum Dringlichkeitsantrag der SPD, in dem gefordert wird, dass wir den neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, den Bund und Kommunen am 9. Februar 2005 mit den Gewerkschaften abgeschlossen haben, voll übernehmen sollen und in dem dies als richtungsweisendes Tarifergebnis dargestellt wird, kann ich feststellen, dass Bestandteile in diesem Tarifvertrag deutliche Charmeelemente aufweisen. Das sind alle leistungsorientierten Besoldungselemente.
Die Geister scheiden sich natürlich – das wissen wir alle – an der Arbeitszeitfrage. Die Wochenarbeitszeit bleibt bei den Kommunen unverändert bei 38,5 Stunden. Es besteht nur eine Öffnungsklausel für landesbezirkliche Tarifverhandlungen auf bis zu 40 Stunden. Beim Bund beträgt die Arbeitszeit einheitlich in Ost und West 39 Stunden. Der Bund senkt also im Osten sogar die Arbeitszeit um eine Stunde. Wenn Sie das als richtungsweisend bezeichnen, dann meine ich, dass es in die falsche Richtung geht.
Die Jahressonderzahlungen, vormals Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld genannt, werden in dem neuen Tarifabschluss bis 2006 unverändert gelassen und ab 2007 gestaffelt.
Bei den Beamten haben Bund und Länder dagegen echte Einschnitte zulasten der Betroffenen vorgenommen und ich weiß nicht, was an einem Tarifabschluss so richtungsweisend sein soll, der weiterhin die Beamten und die Angestellten ungleich behandelt und dies auch in Zukunft so festschreiben soll.
Wenn Sie von Gleichklang reden, dann reden Sie vom Gleichklang zwischen Bund und Ländern. Wir wollen Gleichklang zwischen Beamten und Angestellten. Wir wollen keine unterschiedlichen Arbeitnehmer in ein und demselben Büro. Richtungsweisend sind, wie gesagt, leistungsorientierte Besoldungselemente, Aufstiegsstufen statt Dienstaltersstufen. In diesem Punkt stehen wir den Verhandlungen durchaus offen gegenüber.
Das Übelste an diesem neuen Tarifvertrag, der zwischen Bund und Kommunen ausgehandelt wurde, ist dagegen die Aufnahme einer Meistbegünstigungsklausel. Hier haben sich die Gewerkschaften für die Verhandlungen mit den Ländern absolut selbst geknebelt. Wenn nämlich Verdi mit der TDL oder einem einzelnen Land einen vom Potsdamer Tarifergebnis abweichenden Tarifvertrag abschließt, gilt diese Vertragsunterzeichnung seitens der
Gewerkschaft gleichzeitig als unwiderrufl iches Angebot für Bund und Kommunen, diese Vereinbarung auch zu übernehmen. Das heißt, wenn Verdi mit der TDL oder einem Land eine geringere Sonderzahlung oder eine längere Arbeitszeit, wie wir das anstreben, vereinbart, gilt dies automatisch für Bund und Kommunen. Dass sich Verdi damit in eine belastende Situation gebracht hat, können wir verstehen, aber nicht akzeptieren.
Weshalb können wir das nicht akzeptieren? Ich sprach eingangs von der Notwendigkeit der Sanierung unserer Haushalte. Diese Notwendigkeit ist aus den Zahlen ablesbar. In Bayern würde eine 1 : 1-Übertragung des Tarifabschlusses Mehrkosten von 26,4 Millionen Euro im Jahr 2005, von 36 Millionen im Jahr 2006 und von 57,6 Millionen Euro im Jahr 2007 bedeuten. Dazu kämen noch rund 20 Millionen Euro jährlich für Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld.
Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Wir wollen diese Diskussion über Tarifabschlüsse nicht zu einem ideologischen Streit verkommen lassen. Wir stellen fest, dass unsere Beamten, wenn auch nicht freudig, aber doch die Mehrarbeit auf sich genommen haben.
Wir stellen auch fest, dass unsere Angestellten, die wir neu eingestellt haben und die jederzeit die Möglichkeit gehabt hätten, die Verträge nicht zu unterschreiben, die Verträge gern unterschrieben haben, weil sie wissen, dass der Staat ein verlässlicher Arbeitgeber ist und dass sie nicht tagtäglich um ihren Arbeitsplatz bangen müssen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, gaukeln Sie nicht tagtäglich den Menschen in unserem Lande vor, dass sämtliche Reformbemühungen zur Vermeidung neuer Schulden und zur Sicherung zukünftiger Leistungen nicht notwendig wären, dass wir alles so lassen könnten, wie es bisher war. Hängen Sie sich nicht ständig an die Verbände und versichern Sie nicht ständig allen Verbänden, dass Sie voll hinter ihnen stehen. Rechnen Sie einmal alle diese Forderungen zusammen und sagen Sie uns dann, wie viel Geld Sie im nächsten Doppelhaushalt dafür einstellen müssen.
Im Übrigen möchte ich Sie dazu auffordern, sich zu entscheiden, was Sie haben wollen. Wollen Sie eine ständige Steigerung unserer Personalkosten hinnehmen oder wollen Sie sich an der Forderung Ihres Fraktionsvorsitzenden Maget orientieren, der die Investitionsquote in Bayern steigern will. Dies wollen wir auch.
Ja klar, alle. Wir haben aber leider keine Geldpresse im Keller, Frau Biedefeld. Die CSU-Fraktion wird einer Übernahme des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes in der Arbeitszeitfrage auf keinen Fall zustimmen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Heckner, ich habe das Gefühl, Sie leiden an leichtem Gedächtnisschwund.
Erinnern Sie sich doch einmal: Wer hat denn diese Prozessvereinbarung mit auf den Weg gebracht – das war Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser, der Anfang 2003 diese Prozessvereinbarung mitunterschrieben hat. Aber anscheinend erinnert man sich nicht gern daran. Kaum von Potsdam zurückgekehrt, weiß er auf einmal nichts mehr davon und verabschiedet sich von all dem, was er zuvor federführend als Verhandlungsführer der Länder auf den Weg gebracht hat.
Es ist eine Frechheit, von einem Gleichklang zu sprechen, insofern als Herr Faltlhauser in Potsdam verhandelt und dieses Tarifergebnis abschließt, dann nach Bayern zurückkommt und uns vorjammert, wie hoch die Tarifabschlüsse sind; unbezahlbar für den Freistaat Bayern. Und er hebt dann die Arbeitszeit für die Beamtinnen und Beamten an und sagt, wir müssen den Gleichklang herstellen; die Angestellten müssen nachziehen.
Frau Kollegin Heckner, in Ihrer früheren Funktion vor zwei Jahren haben Sie noch ganz anders gesprochen. Ihre Haltung heute fi nde ich den Beschäftigten gegenüber unmöglich.
Ich fordere die Staatsregierung auf, endlich ihre Blockadehaltung aufzugeben, und ich fordere vor allem die CSU auf, diese Hardliner-Position nicht weiter zu unterstützen.
Herr Staatssekretär Meyer, so geht das einfach nicht, dass sich der Minister hinstellt und so etwas verhandelt und dann nichts mehr davon wissen will. Das ist wirklich unmöglich, wie man da mit den Beschäftigten umgeht, insbesondere hinsichtlich der unterschiedlichen Arbeitszeiten, die wir hier im Freistaat Bayern haben.
Die Bundesbeamten arbeiten nun nach den jüngsten Beschlüssen 40 Stunden, die Beamten des Freistaates Bayern und der bayerischen Kommunen arbeiten
42 Stunden in der Woche mit Altersabstufung bis zu 40 Stunden und für Beamte anderer Bundesländer gelten unterschiedliche Wochenarbeitszeiten von 38,5 bis 42 Stunden. Die Tarifbeschäftigten des Freistaates Bayern arbeiten in weit überwiegender Zahl nach wie vor 38,5 Stunden. Tarifbeschäftigte des Freistaates Bayern mit Verträgen, die nach dem 01.09. abgeschlossen wurden, müssen 42 Stunden arbeiten und Tarifbeschäftigte des Bundes arbeiten nach dem Tarifabschluss 39 Stunden und so weiter. Das ist weit entfernt von dem, was beispielsweise Franz Josef Strauß vor über 30 Jahren gefordert hat, nämlich eine Vereinheitlichung und Zusammenführung der Arbeitszeiten. Was wir heute haben, ist ein Fleckerlteppich. In jedem Bundesland wird es anders gehandhabt. Das führt – wie es der Kollege Schuster bereits gesagt hat – zu einem Abwerben. Wir waren bisher stolz, in Bayern hervorragendes Personal gehabt zu haben. Es kann uns nun passieren, dass uns diese Menschen verloren gehen, weil sie sich in andern Bundesländern neu orientieren.
Ich erinnere noch einmal daran, was die Staatsregierung in diesem Punkt bisher betreibt. Bis 1994 war es eine Selbstverständlichkeit, dass für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes eine einheitliche Arbeitszeit gegolten hat. Bis 1994! Als dann Ministerpräsident Stoiber gleich in einer seiner ersten Amtshandlungen die Arbeitszeit für die Beamten auf 40 Stunden angehoben hat, ging der Unterschied los. Diese einheitliche Arbeitszeit aber hatte sich doch bewährt. Und sie hätte auch Bestand gehabt, wenn Herr Stoiber nicht wieder der erste hätte sein wollen – wie er es immer gern wäre – und damit ein Signal an die freie Wirtschaft gegeben hat, eine ebensolche Arbeitszeitverlängerung herbeizuführen. Jetzt ist er wieder Vorreiter auf Bundesebene mit den 42 Stunden Arbeitszeit für die Beamtinnen und Beamten. Das ist jetzt wirklich eine Frechheit, hier von einem Gleichklang zu sprechen.
Und jetzt wollen Sie auch noch für die Angestellten die 42-Stunden-Woche. Frau Kollegin Heckner, ich verstehe nicht, wie Sie das ignorieren können. Dieses Tarifergebnis wurde für den Bund und die Kommunen ausgehandelt; die Kommunen sind am Verhandlungstisch geblieben, aber die Länder sind ausgestiegen, obwohl die Kommunen eigentlich mehr jammern müssten als die Länder. Denn seit Jahrzehnten beispielsweise entschuldet sich der Freistaat Bayern zulasten der Kommunen und belastet die Kommunen gleichzeitig immer mehr.
Die Kommunen hätten allen Grund dazu gehabt, auszusteigen, da sie das nicht mehr leisten können. Aber sie sind dabei geblieben, weil sie wissen, dass ein gewisser Frieden zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern dadurch gegeben ist, wenn man am Verhandlungstisch bleibt.
Ich fordere die Staatsregierung deshalb auf, endlich wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Sie
müssen begreifen, dass es sinnvoll ist, sich an den Verhandlungstisch zu setzen und für eine Vereinheitlichung zu sorgen, damit auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene gleiche Regelungen herrschen.
Wie gesagt: Die Kommunen könnten diejenigen sein, die jammern, nicht aber der Freistaat Bayern, der sich jahrelang auf Kosten und zulasten der Kommunen gesund saniert hat.
Ein Weiteres möchte ich noch ansprechen. Die Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst kostet 5000 Arbeitsplätze in Bayern. Wenn nun die Arbeitszeitverlängerung auch noch für die Angestellten hinzukommt, ist das eine weitere Arbeitsplatzvernichtung von weiteren 9000 Arbeitsplätzen.
Aber freilich, allein im Geltungsbereich des Freistaates Bayern. Der Freistaat Bayern wird damit der größte Arbeitsplatzvernichter, und da stellen Sie sich hin und beschimpfen Bundeskanzler Gerhard Schröder, dass der für die Arbeitslosigkeit verantwortlich sei. Sie schimpfen auf die freie Wirtschaft, auf die großen Dax-Unternehmen, die gleichzeitig 35 000 Arbeitsplätze vernichten und hier im eigenen Geltungsbereich des Freistaates Bayern tun Sie nichts anderes. Mir tut es Leid, dass Sie sich so weit von dem entfernt haben, was Ihr früherer Parteivorsitzender vor 30 Jahren auf den Weg gebracht hat. Sie sollten sich daran öfter einmal erinnern.
Werte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Naaß, die Gewerkschaften müssen zurück an den Verhandlungstisch. Ihre Rede hat gezeigt, dass Ihre Fraktion kein Verhältnis zum Geld hat und immer den Weg in die Verschuldung gehen möchte. Berlin ist der beste Beweis dafür.