Dass in letzter Zeit Träger von Kindertageseinrichtungen ihre Elternbeiträge erhöht haben, ist nicht auf das neue Gesetz, sondern auf die allgemeine Kostenentwicklung und die zunehmend schwierigere fi nanzielle Situation von Kommunen und Trägern zurückzuführen.
Ich möchte abschließend noch betonen, dass bereits bisher in Bayern die fi nanzielle Unterstützung an oberster Stelle steht.
(Lachen bei der SPD – Karin Radermacher (SPD): Wer glaubt denn das? – Susann Biedefeld (SPD): Die Eltern glauben Ihnen das nicht! – Christa Steiger (SPD): Die gesamten Expertenanhörungen haben etwas anderes ergeben! Haben Sie nicht zugehört oder nicht verstanden oder was?)
So gewährt Bayern als eines von wenigen Bundesländern im dritten Lebensjahr ein Landeserziehungsgeld.
Außerdem unternehmen wir vielfältige Maßnahmen, um den Eltern eine qualifi zierte Eltern- und Familienbildung anzubieten.
Ich denke an den Bereich der Jugendhilfe, Jugendsozialarbeit, Hilfen für Mutter und Kind, Förderung der Ehe- und Familienberatung, Förderung der Erziehungsberatung, Förderung der Schwangerschaftsberatung oder kommunale Familientische.
Insgesamt gibt der Freistaat Bayern an Familienleistungen für die Familien aus: im Jahre 1998 1,5 Milliarden Euro, und im Jahr 2004 waren es 1,7 Milliarden Euro.
Wenn ich mir den Bund anschaue, der ein Kindertagesbetreuungsgesetz im Jahr 2005 auf den Weg bringt und hierfür 1,5 Milliarden Euro aus Hartz IV für die Kommunen zur Verfügung stehen sollen, dann weiß ich nicht, wie das fi nanziert wird. In unserer Kommune haben wir bei Hartz IV ein Defi zit von 2 Millionen Euro. Ich frage Sie: Wer soll das bezahlen?
(Christa Steiger (SPD): Und deshalb führt die CSU das Büchergeld ein! Das fördert die Glaubwürdigkeit ungemein!)
Deshalb bin ich dafür, dass wir weiterhin ein leistungsfähiges, bedarfsgerechtes und qualifi ziertes System der Kinderbetreuung fördern, das unsere Kinder unabhängig vom Geldbeutel der Eltern fördert.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht vom Geldbeutel der Eltern, sondern vom Können der Kinder soll der Schulerfolg abhängen.
Es ist schon bezeichnend, dass Sie, meine Damen und Herren von der CSU, in dieser Debatte der Aktuellen Stunde zuerst einen Finanzpolitiker ans Podium schicken und dann eine Sozialpolitikerin folgen lassen, die das Kindergartengesetz verteidigt, zu dem Sie in der Anhörung ein vernichtendes Urteil erlebt haben, und darüber hinaus ist noch nicht einmal jemand vom Kultusministerium bei diesem Thema anwesend. Das ist eine Premiere in diesem Landtag.
Ich unterstelle Ihnen eigentlich das gesellschaftspolitische Ziel, den gesellschaftspolitischen Konsens, dass es nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein kann, welchen Schulerfolg die Kinder erreichen. Diesen gesellschaftspolitischen Konsens aber haben Sie in Bayern nie erreicht.
Woran liegt das? Sie propagieren einen ausgeglichenen Haushalt und stellen diese Forderung eines ausgeglichenen Haushalts über die Bildungspolitik und damit über Ihre bildungspolitischen Entscheidungen. Erst jüngst haben Sie das wieder getan. Sie schicken die Kinder per Gesetz früher in die Schule, die Kosten für den dann dort notwendigen Unterricht aber wollen Sie nicht tragen. Mehr als die Hälfte der dafür von Ihnen selbst errechneten Lehrerinnen und Lehrer werden in der Schule einfach nicht eingestellt. Das meinen wir, wenn wir sagen: Sie stellen Ihre Haushaltspolitik über die Bildungspolitik in Bayern.
Diese Ihre Sparpolitik hat natürlich Auswirkungen, und eine dieser Auswirkungen fi nde ich in diesem – wie Sie es immer betonen – wirtschaftsstarken Bayern besonders beschämend, nämlich die Tatsache, dass der Schulerfolg der Kinder immer stärker vom Geldbeutel der Eltern abhängt.
Entweder zahlen die Eltern inzwischen immer teurer werdende Nachhilfestunden oder – darauf möchte ich Sie heute auch noch einmal besonders hinweisen – sie schicken ihre Kinder inzwischen auf Privatschulen. Das ist kein Witz. Die privaten Waldorfschulen haben einen Zulauf wie nie zuvor, nicht weil die Eltern die Weltsicht des Schulgründers, Rudolf Steiner, besonders schätzen, nein, sie schicken ihre Kinder dorthin, weil sie das alternative Lernmodell dieser Schulen für ihre Kinder wünschen. Sie wollen, dass ihre Kinder Erfolge in der Schule haben. Das wollen alle Eltern. Sie wollen, dass die Kinder individueller gefördert werden. Das wollen auch alle Eltern. Und sie wollen natürlich einen höchstmöglichen Bildungsabschluss für ihre Kinder. Auch das wollen selbstverständ
lich alle Eltern. Aber nicht alle Eltern können sich diese Privatschulen leisten. Hier fängt die Chancenungerechtigkeit an.
Der Verband der deutschen Privatschulen stellte erst im letzten Monat fest, dass die Privatschulen einen anhaltenden Boom verzeichnen und sich die Schülerzahlen seit Mitte der Neunzigerjahre um 120 000 erhöht haben.
Jetzt werden Sie wieder sagen: Aber nicht bei uns in Bayern! Damit Sie erkennen, dass das auch in Bayern so ist, müssen Sie nur die Statistiken lesen. Obwohl die Schülerzahlen im Volkschulbereich im Allgemeinen sinken, haben die Privatschulen in Bayern in den letzten Jahren immer mehr Schüler und auch mehr Schulen. So wurden in den letzten zwei Schuljahren in Bayern 14 private Volksschulen neu gegründet und dort 2000 Schüler mehr aufgenommen.
Diesen Zusammenhang muss man zur Kenntnis nehmen, dass die staatlichen Schulen einen Schülerrückgang haben, während die Schülerzahlen in den Privatschulen steigen. Das, meine Damen und Herren, ist die bittere Wahrheit in Bayern,
und das ist schon heute die Bilanz Ihrer Haushaltspolitik, meine Damen und Herren von der CSU. Der Geldbeutel der Eltern entscheidet über den Schulerfolg der Kinder.
Da die Kollegin Pranghofer eben gerügt hat, dass niemand von der Staatsregierung anwesend ist, möchte ich klarstellen, dass es eine Absprache der drei Fraktionen zusammen mit dem Präsidium gibt, in Anbetracht der Amtsübergabe den Vertretern des Kultusministeriums die Möglichkeit zu geben, diesem Akt beizuwohnen. Es muss neben der Aushändigung der Entlassungsurkunde auch eine Bestellungsurkunde ausgehändigt werden. Ich glaube, jeder von Ihnen hat Verständnis dafür, dass der Staatssekretär dabei sein möchte, wenn sein neuer Chef bestellt wird. Das nur zur Klarstellung, damit kein falscher Eindruck entsteht. – Im Übrigen ist der Herr Staatssekretär inzwischen eingetroffen.
Herr Präsident, Hohes Haus! Eine sozial gerechte Bildungspolitik ist eine Bildungspolitik, die Chancengerechtigkeit eröffnet. Das heißt nicht, jedem die gleiche Chance, sondern jedem seine Chance zu geben. Der Bewährungsaufstieg von jedem Punkt des Bildungssystems aus, soweit die intellektuellen Füße tragen, ist das Motto eines differenzierten Schulwesens, und
Teil dieser Überlegungen ist die Frage, wie wir im tertiären Sektor die Finanzierung der Hochschulausbildung wissenschaftspolitisch strategisch und sozialpolitisch vertretbar gestalten. Ein ganz wesentlicher Aspekt dabei wird die Einführung von Eigenbeiträgen der Studierenden darstellen.
Eigenbeiträge der Studierenden sind wissenschaftspolitisch geboten und sozialpolitisch vertretbar, wenn Sie dem strategischen Ansatz gerecht werden.
Was den wissenschaftspolitisch strategischen Ansatz der Eigenbeiträge der Studierenden geradezu zwingend erforderlich macht, ist die Tatsache, dass der Komplex der Lehre an unseren hohen Schulen und die Rolle der Studierenden einen deutlichen Platz in der Mitte der Hochschulen erfahren. Mit Eigenbeiträgen der Studierenden kann die Komponente der Lehre einen noch besseren Stellenwert im Alltag unserer hohen Schulen erhalten, als es bisher der Fall ist.
Genau wenn dieser Evaluationskreislauf in Gang gesetzt wird, nämlich dass der einzelne Hochschullehrer, die einzelne Hochschullehrerin, unmittelbar davon profi tiert, wenn die Lehre akzeptiert wird, und wenn in einem abgestimmten System leistungsorientierter Zuweisung von Mitteln die Studierenden durch ihre Eigenbeiträge, durch ihre Studienortentscheidung und ihre Studienfachentscheidung sowie durch ihre individuelle Entscheidung für einen bestimmten Hochschullehrer, die materielle Ausstattung dieses wissenschaftlichen Instituts, dieser Einrichtung, verbessern oder verschlechtern können, dann ist die Steuerungs- und Lenkungswirkung von Eigenbeiträgen der Studierenden genau an dem Ort, in den sie einem vernünftigen Bewertungs- und Evaluationsgefüge Platz greifen muss, und dann ist sie, wenn sie entsprechend sozialpolitisch ausgestaltet ist – dass es eben den von Ihnen immer wieder angeführten sozialpolitischen Verdrängungseffekt nicht gibt –, auch sozialpolitisch vertretbar.
Der entscheidende Punkt, der die Eigenbeiträge der Studierenden in einer modernen, sozial verantworteten Wissenschaftspolitik geradezu zwingend erforderlich macht, ist, dass wir im tertiären Sektor die entsprechende Rolle der Studierenden als selbstbestimmt im akademischen Prozess voll verantwortlichen Mitwirkenden auf dem Weg zu einer optimalen Ausbildung und zu optimalen Berufschancen in unserer Gesellschaft strategisch mitbegleiten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Dr. Spaenle, Ihr pseudowissenschaftliches Gequatsche interessiert die Eltern überhaupt nicht, weil sie sich die Schule nicht mehr leisten können. Da können Sie noch so gescheit daherreden.