Protocol of the Session on March 3, 2005

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wenn die nicht Ihrer Meinung sind, haben sie keine Qualifi kation!)

Ich denke zum Beispiel an das Jahresgutachten 2004/ 2005 des Sachverständigenrates. Ich zitiere dies ausdrücklich, weil dies ein zentraler Punkt ist, in dem deutlich gemacht wird, dass durch mehr Schulden kein Wachstum erzeugt werden kann, sondern dass mehr Schulden wachstumsschädlich sind. Es heißt auf Seite 746:

Umgekehrt ist eine dauerhaft niedrige Nettokreditaufnahme für sich genommen wachstumsförderlich.

Darüber besteht in der theoretischen Literatur weitgehende Einigkeit. Aber auch empirisch ist dieser Wachstumszusammenhang recht gut abgesichert.

Im Gutachten des Jahres zuvor ist in gleicher Weise deutlich gemacht, dass eine Wachstumspolitik natürlich nicht durch eine höhere Verschuldung durchgesetzt werden kann. Ich zitiere hier wiederum den zentralen Satz:

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Schließlich ist darauf hingewiesen,

dass solide öffentliche Finanzen und ein hohes Wirtschaftswachstum keine Gegensätze sind. Vielmehr ist die zutreffende Philosophie des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, dass mittel- bis langfristig solide Finanzen die Voraussetzung für einen höheren Wachstumspfad schaffen.

Das ist der Kernpunkt dessen, was wir machen. Wir wollen Wachstum durch Solidität und nachhaltige Haushaltspolitik. Ich weise alle Versuche der Bundesregierung nachdrücklich zurück, den Stabilitätspakt aufzulösen und im Grunde irrelevant zu machen.

(Beifall bei der CSU)

Warum stelle ich das so in den Mittelpunkt? – Am 8. März tritt der Ecofi n-Rat zusammen. Das ist der erste Anschlag auf diesen Stabilitätspakt. Am 22. und 23. treten die Regierungschefs beim EU-Gipfel zusammen. Dort soll die Änderung verabschiedet werden. Ich sage Ihnen: Wenn der Stabilitätspakt im Sinne von Herrn Eichel geändert wird, ist er am Ende; dann werden wir in Europa nie wieder auf einen soliden Haushaltskurs zurückkommen. Die Nachkommen, die Kinder und Kindeskinder werden es büßen. Und genau das will der Freistaat Bayern nicht.

(Beifall bei der CSU)

Wenn wir in Bezug auf länderspezifi sche Gegebenheiten Sonderregelungen berücksichtigen, wie Herr Eichel meint, ist der Pakt, der für alle gleich gelten soll, aufgelöst. Wenn er sagt, die mechanische Verbindlichkeit solle aufgehoben werden, dann stellt er den Pakt insgesamt in seiner Wirkungsfähigkeit infrage. Wer alle möglichen Dinge anführt, zum Beispiel Aufwendungen für die deutsche Einheit oder für die EU, kann nach unseren Berechnungen nicht eine Nettoneuverschuldung von 3 % – 3 % ist ohnehin schon eine Obergrenze –, sondern bis zu 8 % machen. Wohin will denn dieser Mann in der Bundesregierung Deutschland? Wohin will Eichel in der Bundesrepublik Deutschland die Finanzpolitik eigentlich noch treiben? Wehret den Anfängen, sage ich immer. In diesem Punkt müssen wir hart und konsequent bleiben.

(Beifall bei der CSU)

Wir meinen deshalb – dies hat das Kabinett am Dienstag beschlossen –, dass man den Stabilitätspakt festigen muss.

Erstens. Primäres Ziel des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist der ausgeglichene Haushalt. Das steht in der Entschließung des Europäischen Rates vom 17. Juni 1997 ausdrücklich als erster Punkt.

Zweitens. Die Kommission wird als Hüterin der Verträge gestärkt. Kein politisches „Gekungel“ in Hinterzimmern: Tust du mir nichts, tu ich dir auch nichts. Das ist keine Stabilitätspolitik.

Drittens. Auch ein Verstoß gegen das Ziel des nahezu ausgeglichenen Haushaltes

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

in wirtschaftlich normalen Zeiten bei gleichzeitiger Gesamtverschuldung von über 60 % löst ein Defi zitverfahren aus.

Viertens. Das Defi zitverfahren wird zu einer volljustiziablen Regelung umgestaltet und damit der politischen Einfl ussnahme entzogen. Das ist nach unserer Überzeugung der richtige Weg. Nicht Aufweichung, sondern Festigung des Regelwerks ist die Aufgabenstellung gerade der Bundesrepublik Deutschland, die ihre D-Mark schweren Herzens aufgegeben hat.

Der Freistaat Bayern steht mit diesem Doppelhaushalt sehr solide da. Die wichtigsten Kennzeichen sind diese 3,2 % Zinszahlungen und eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1709 Euro. Der Blick etwa nach Bremen zeigt mehr als 17 000 Euro Pro-Kopf-Verschuldung; ich könnte sie für alle Länder aufzählen. Nur: Das kann uns nicht ruhig lassen. Ich habe aufgrund der Tatsache, dass wir haushaltsmäßig Spitzenreiter sind, überhaupt nicht die Vorstellung, dass wir uns zurücklehnen. Mir haben Kollegen aus anderen Ländern, insbesondere Herr Schleusser, immer wieder gesagt, dass der stabile Rahmen eines Haushalts innerhalb weniger Jahre durch Fehlentscheidungen kaputtgemacht werden könne. Ich will diese stabilen Rahmenbedingungen, die auch meine Vorgänger mitgestaltet haben, nicht kaputtmachen. Dass dies, was wir machen, die objektivsten Beurteiler, die nicht von politischen Opportunismen beeinfl usst sind, positiv sehen, zeigt, was uns die Rating-Agenturen zugestanden haben. Standard & Poor’s hat uns erstmalig als einzigem Land in der Bundesrepublik Deutschland das AAA mit Stable Outlook verliehen. Sie sagen, das sei nur zur Girlande – ich muss sagen: eine schöne Girlande, ich nehme sie gerne an. Das bringt uns, wie wir bewiesen haben, das Geld. Kaum haben wir dieses AAA Stable Outlook gehabt, haben wir eine Milliarde Euro umfi nanziert und einen Rekordzins von 3,375 % erreicht, den in der Bundesrepublik Deutschland kein anderes Land erzielt hat. Allein diese Maßnahme bringt für unseren Haushalt 10 Millionen Euro pro Jahr. Sie sehen also: Es rentiert sich, sparsam zu sein.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe – mit strengem Blick auf die Uhr – noch einige Anmerkungen zu den Kommunalfi nanzen zu machen. Ich bedanke mich für die präzisen Ausführungen von Frau Görlitz sehr.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin Görlitz hat darauf hingewiesen, dass eines mit Sicherheit das Falscheste ist: die Aussage, dass sich der Freistaat Bayern auf Kosten der Kommunen auf einen ausgeglichenen Haushalt hinbewegt. Das würde nur stimmen, wenn die Kommunen eine geringere Wachstumsrate als der Freistaat Bayern in seinem Haushalt hätten.

(Anhaltende Unruhe)

Herr Staatsminister, ich darf Sie unterbrechen, damit es wieder ein bisschen ruhiger wird; dann ist es für alle einfacher.

Ich bedanke mich für diese Fürsorge. – Die Kommunen haben an reinen Landesleistungen 7,6 % Wachstum, das ist fünfmal so viel, wie das Wachstum im Gesamthaushalt beträgt. Das heißt, wir sparen mit Sicherheit nicht zulasten der Kommunen. Das, was in den letzten Verhandlungen geschehen ist, sollte man nicht bagatellisieren – das sind Verhandlungen –, und am Schluss sagen diese nicht gerade Leichtgewichte an Präsidenten Ja, weil sie überzeugt sind, dass wir fair gehandelt haben. Sie haben Ihre Ziele in der Regel nie erreicht, aber sie sagen, das sei ein faires Abkommen.

Ich will darauf hinweisen, dass das, was Frau Görlitz vorgetragen hat, nicht nur die Gesamtsumme, etwa für die Bezirke in Höhe von 673 Millionen Euro ist, sondern dass in diesen 673 Millionen Euro strukturelle Veränderungen stecken, die dauerhaft gelten. Es wird also nicht einmalig ein Betrag über den Tisch geschoben, sondern die Kommunen haben nunmehr das Anrecht, dass dies der Freistaat Bayern bezahlt. Es handelt sich auf Dauer um eine Grenzverschiebung zwischen Freistaat und Kommunen bei der Solidarumlage, bei den Veränderungen des Kommunalanteils am Steuerverbund auf 11,6 Prozent bei der Übernahme der Lasten des Asylbewerberleistungsgesetzes von immerhin rund 70 Millionen Euro und bei den jüdischen Emigranten von etwa 60 Millionen Euro. Alle kommunalen Spitzenverbände haben nach den Vereinbarungen dieses Ergebnis ausdrücklich gelobt. Ich kenne keinen Kommunalpolitiker, der nicht anerkennt, dass die Gesamtsumme – Herr Zeller, das gilt auch für den Landrat Kaiser – stimmt.

Ein Problem gibt es bei der Verteilung innerhalb der Bezirke. Dieses Problem schwelt schon sehr lange; da gibt es lange Diskussionen. Schließlich gab es eine 6 : 1-Abstimmung, die in besonderer Weise den Bezirk Schwaben trifft. Deshalb gibt es dort entsprechende Konfl ikte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus Schwaben, ich halte diesen Verteilungsmodus, der stufenweise eingeführt wird, im Prinzip für sehr vernünftig, weil dadurch nicht nur Kosten berücksichtigt werden, sondern von Jahr zu Jahr und von Stufe zu Stufe die Sparanreize verstärkt werden. Es mag sein, dass Bezirke, wie etwa Schwaben, aus der Vergangenheit hohe Lasten zu tragen haben und sich deshalb besonders belastet fühlen. Ich habe deshalb in der Sitzung des Haushaltsausschusses ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir ihn, sofern die Bezirke im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen 2006 einen anderen, einvernehmlich gefundenen Verteilungsschlüssel vorlegen, selbstverständlich in den Haushalt übernehmen und diesen Doppelhaushalt dementsprechend abändern werden.

Ich kann nur nicht, gewissermaßen par ordre du mufti, den Bezirken das, was sie gleichsam „in Selbstverwaltungshoheit“ beschlossen haben, vorgeben oder ihnen aufzwingen wollen. Natürlich aber sind wir für Veränderungen offen, um nicht unbillige Situationen dauerhaft zu zemen

tieren. Insofern haben wir auch schon im Haushaltsausschuss ein gutes Gespräch geführt.

Ich will, bevor ich zum Schluss komme, noch kurz auf zwei Dinge hinweisen. Das eine ist Folgendes: Wenn man einen Sparhaushalt fährt, muss man sich kritisch fragen lassen: Wird durch das Sparen der Schwerpunkt innerhalb des Haushalts verwässert? Gibt es dann keine Akzentsetzungen mehr? Gibt es keine Prioritäten mehr?

In diesem Haushalt ist trotz intensiver Sparbemühungen eindeutig eine Prioritätensetzung für Bildung und Hochschulen gegeben.

(Christine Stahl (GRÜNE): Ha, ha!)

Die Steigerungsrate des Kultusministeriums – ich wiederhole das – beläuft sich im Doppelhaushalt auf 4,6 %; das ist mehr als doppelt soviel wie im übrigen Haushalt. Das heißt für die Schulen insgesamt, dass wir im nächsten Schuljahr – das haben wir mit der CSU-Fraktion nach langem Hin und Her und hartem Ringen beschlossen – ein Mehr an Unterricht im Umfang von beinahe 1400 Lehrern zur Verfügung stellen. Ich betone zusätzlich: im nächsten Schuljahr! Das ist wirklich eine Akzentsetzung in einer Zeit, in der in anderen Ressorts keine Stellenmehrungen festzustellen sind, sondern Reduzierungen.

Das Zweite ist Folgendes: Wir haben einen deutlichen Akzent bei den Hochschulen gesetzt. Von den 300 Millionen Investitionsvolumen, die wir in diesen Haushalt aus privaten Finanzierungserlösen eingebaut haben, sind 180 Millionen – das ist mehr als die Hälfte – ausschließlich für die Hochschulen vorgesehen. Wir werden diesen Weg der Akzentsetzung aus Privatisierungserlösen für die Hochschulen mit Sicherheit fortsetzen. Das ist notwendig, um das zu beleben und zu stärken, was einzig und allein für die Zukunft und die Wettbewerbsfähigkeit dieses Landes notwendig ist, nämlich Wissen, Wissenschaft und Innovation. Nur wenn wir besser sind als alle anderen, werden wir Wachstum erzeugen, nur wenn wir besser und intelligenter sind und die Wissenschaft vorantreiben, werden wir uns gegen die Billiglohnländer und gegen die globalen Wettbewerber behaupten können.

Unsere Verantwortlichkeit gilt dem Wissenschaftsetat. Diese Verantwortung werden wir weiter in den Vordergrund stellen. 6,9 % Zuwachs an Landesleistungen im Doppelhaushalt für den Einzelplan 15 sind ein typischer Schwerpunkt in einem Haushalt, der unter Sparbedingungen aufgestellt werden musste. Mein Fazit lautet also: Ein Sparhaushalt, der gleichwohl seine politischen Akzente setzt, das ist unsere Antwort für die Zukunft.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Doppelhaushalt hat herausragende Bedeutung, weil er getragen ist durch Nachhaltigkeit, durch Mut zum Sparen und Mut zur Schwerpunktsetzung und schließlich durch den Umstand, dass wir im Jahre 2006 keine neuen Schulden aufnehmen, um unsere nachfolgenden Generationen zu schützen.

Ich bedanke mich bei diesem Hohen Haus für die Unterstützung auf diesem Weg.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben nun ein umfangreiches Abstimmungsverfahren vor uns. Es sind drei Abstimmungen durchzuführen, und zwar zum Finanzausgleichsgesetz, zum Einzelplan 13 und zum Haushaltsgesetz. Anschließend – darauf darf ich auch noch gleich hinweisen – rufe ich die Zweite Lesung zum Arbeitsschutzgesetz auf.

Ich lasse zunächst über den Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften abstimmen. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/1736, der Änderungsantrag auf Drucksache 15/2810 und die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 15/2890 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfi ehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass in § 5 Absatz 10 die Zahl „34,85 v. H.“ durch die Zahl „34,97 v. H.“ ersetzt wird. Wer dem Gesetzentwurf mit der vorgeschlagenen Änderung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU. Gegenprobe! – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der CSU so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer diesem Gesetzentwurf mit der vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vorgeschlagenen Änderung seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die CSUFraktion. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Das sind die Fraktion der SPD und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Niemand. Damit so beschlossen. Das Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften (Finanzausgleichsänderungs- gesetz 2005)“.

Der Änderungsantrag auf Drucksache 15/2810 hat seine Erledigung gefunden. Ich verweise insoweit auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 15/2890. Das Hohe Haus nimmt davon zustimmend Kenntnis.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Einzelplan 13. Der Abstimmung liegen der Entwurf des Haushaltsplans 2005/2006, Einzelplan 13, die dazu mit aufgerufenen Änderungsanträge sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 15/2840 zugrunde. Der Einzelplan 13 wird vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen mit den in den Nummern 1 bis 3 der Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/2840 aufgeführten Änderungen zur An

nahme empfohlen. Wer gemäß dieser Beschlussempfehlung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Niemand. Damit ist der Einzelplan 13 in der vorgenannten Fassung angenommen.

Die vom federführenden Ausschuss zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge haben gemäß § 126 Absatz 6 der Geschäftsordnung ihre Erledigung gefunden. Insoweit verweise ich auf den Teil I der Ihnen vorliegenden Liste.