Protocol of the Session on March 3, 2005

(Staatsminister Erwin Huber: Was?)

Seit 1974 ist diese Staatsquote nahezu konstant. Sie bewegt sich zwischen 40 und 50 %, Herr Minister. Diese Zahlen kennen Sie auch.

Höhere Staatsquoten fi nden Sie in Schweden oder in Österreich – wie Sie wissen –, und sagen Sie mir nicht, dass diese Länder schlecht dastünden oder keinen wirtschaftlichen Erfolg hätten. An der Staatsquote kann es also sicher nicht liegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die nachhaltige Finanzpolitik ordnet alles unter das eine große Ziel. Dieses große Ziel heißt: ausgeglichener Haushalt. Also gibt es keine Nettoneuverschuldung im Jahr 2006; das hat Kollege Ach oft genug vorgetragen. Herr Minister Faltlhauser, Sie erinnern mich an einen Politiker, der lange Jahre im Bund gewirkt hat. Herr Minister, für mich sind Sie der Norbert Blüm der bayerischen Finanzpolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So, wie dieser gebetsmühlenartig verkündet hat: „Die Renten sind sicher“, so erklären auch Sie uns bei jeder sich bietenden Gelegenheit: „Wir werden einen ausgeglichenen Haushalt in 2006 erreichen.“ So wie damals Herr Blüm müssen auch Sie heute Ihrem Herrn den Rücken freihalten. Genauso wie wir heute wissen, dass die Aussage des Ministers Blüm falsch war, dass sie nicht gestimmt hat, so wissen wir heute auch, dass Ihre Aussage nicht stimmt.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Das weiß er selbst! – Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CSU)

Für den Kollegen Eichel bin ich nicht zuständig.

(Lachen bei der CSU – Zuruf von der CSU: So einfach können Sie es sich nicht machen! – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Der Eichel ist sicher!)

Nein, Kolleginnen und Kollegen, wir wollen nicht ablenken. Die übertragbaren Kreditermächtigungen, die Herr Kollege Kaiser schon aufgeführt hat, will ich jetzt weglassen.

(Unruhe bei der CSU)

Kolleginnen und Kollegen, konzentrieren Sie sich jetzt noch ein bisschen auf meine Rede, dann können wir nachher noch lachen. Ich will mich auf den Grundstock beschränken. Der Freistaat nimmt nämlich im Jahr 2006 sehr wohl einen Kredit auf, und zwar am Grundstock, in Höhe von fast 600 Millionen Euro. Da Sie diese Mittel nicht grundstockskonform einsetzen wollen, Herr Minister, müssen Sie diese bis zum Jahr 2012 zurückzahlen. Damit belasten Sie wissentlich die kommenden drei Doppelhaushalte und reduzieren somit die fi nanziellen Spielräume Ihrer und unserer Nachfolger. In der Einbringungsrede haben Sie zu mir gesagt, das würde so nicht stimmen. Widerlegt haben Sie diese Zahlen bisher aber nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Grundstockskonform entnehmen Sie im Jahr 2005 346 Millionen Euro und im Jahr 2006 485 Millionen Euro. Das alles wird möglich durch die Verkäufe von Eon-Anteilen und von Immobilien. Das ist grundsätzlich richtig – ein

Lob –, aber die Deckung der Ausgaben durch Privatisierungserlöse gehört auch nicht in das Kapitel „dauerhafte Konsolidierung von Staatsfi nanzen“.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt also keinen fi nanzpolitischen Grund, so zu tun, als könnten Sie im Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren. Es ist keiner. Es gibt aber sehr wohl einen politischen Grund, so zu tun. Den kennen wir; Kollege Kaiser hat schon darauf hingewiesen.

Bayern könnte es sich mit seiner Leistungsfähigkeit sehr wohl leisten, das hat Herr Vorsitzender Ach uns vorhin wieder einmal deutlich gemacht, das Ziel des ausgeglichenen Haushalts in spätere Jahre zu verschieben und heute, in der Krise, stärker zu investieren. Im Grundgesetz heißt es schließlich nicht, meine Damen und Herren, Bund und Länder haben bei Ihrer Haushaltswirtschaft allein die Erfordernisse der Konsolidierung zu beachten. Nein, es heißt: Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht muss beachtet werden. Das ist in Bayern gegeben. Auf dieser Grundlage muss es möglich sein, zu investieren und zu sparen, und dazu stehen wir auch. Das ist die Nationalkategorie, die für Bund und Länder gilt.

(Zuruf des Staatsministers Prof. Dr. Kurt Faltlhau- ser)

So steht es auch im Grundgesetz, Herr Staatsminister.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE): Keine Zurufe von der Regierungsbank!)

Investieren und sparen muss möglich sein. Kollege Kaiser, Sie haben vorhin das Beispiel der Finanzpolitik in den USA gebracht. Hier möchte ich Ihnen nicht beipfl ichten; denn Präsident Bush mit seiner Finanzpolitik kann für uns nicht Vorbild sein, eher Präsident Clinton: Er hat das Defi zit abgebaut und trotzdem positive Bilanzen erreicht.

Kommen wir zu den Schwerpunkten. Die Schwerpunkte sind, nach Ihren Worten, angeblich Forschung und Bildung. Wenn wir aber genauer hinschauen, bleibt davon nicht viel übrig. Es bleibt dabei, dass die Universitäten und Fachhochschulen chronisch unterfi nanziert sind. Ein Bau- und Sanierungsrückstand von allein 2 Milliarden Euro hängt uns im Genick. Auch das sind Schulden, die Sie irgendwann abtragen müssen, die im Haushalt aber nicht auftauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dabei haben wir noch nicht über neue Studiengänge gesprochen. In Würzburg beispielsweise wartet man schon lange. Auch die Internationalisierung der Hochschule, von der Sie gesprochen haben, gibt es noch nicht. Die Hochschulen führen Sie dann im Munde, wenn es um die Elite geht. Was aber mit der Masse, mit den – ich sage dies in Anführungszeichen – „normalen Studenten“ geschieht, das ist Ihnen anscheinend egal.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

Herr Finanzminister, ich gehe jede Wette ein: Im Wintersemester 2006 werden in Bayern Studiengebühren eingeführt, und drei Jahre später werden Sie Ihre Hand darauf legen und Begehrlichkeiten anmelden. Ganz egal, was Sie uns jetzt erzählen, ich gehe diese Wette mit Ihnen ein, und ich werde Sie daran erinnern. Vielleicht erinnern auch Sie mich daran.

(Zuruf des Staatsministers Prof. Dr. Kurt Faltlhau- ser)

Beim Stichwort Forschung fällt uns die Forschungsstiftung ein. Was ist von einer Stiftung zu halten, die jedes Jahr mit 11,5 Millionen Euro unterstützt werden muss, weil sie aus ihrem Stiftungsvermögen keine ausreichenden Erträge erwirtschaftet? Hier gehen Steuergelder in der gleichen Höhe wie für den vorher erwähnten Regionalfl ughafen verloren. Das Geld geht verloren, weil sich die Stiftung an der Börse verzockt hat und jetzt darauf wartet, dass die Aktie der Hypo-Vereinsbank wieder auf 30 Euro steigt.

(Zurufe von der CSU)

Das stand so in der Zeitung. Das ist kein Quatsch. Die Stiftung hat sich verzockt, jetzt braucht sie unser Geld. So sieht das aus.

(Zurufe von der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wer ist dafür verantwortlich? Der soll sich melden!)

Sehr geehrte Damen und Herren, was den nächsten Schwerpunkt angeht, die Bildung, so haben wir die Diskussion um mehr Lehrerstellen in den letzten Wochen alle live verfolgen können. Ich will jetzt nicht wieder mit den verwirrenden Zahlen anfangen. Kollege Waschler -, er ist jetzt nicht da -, hat in der vorletzten Woche hier eine wunderschöne Vorlesung dazu gehalten. Mit der Arbeitszeiterhöhung werden viele Lehrerstellen eingespart. Das ist Fakt, ebenso wie die Schließung von vielen Teilhauptschulen. Darüber werden wir heute noch sprechen. Dadurch werden 500 Lehrerstellen eingespart. Diese sollen unter anderem über Mitarbeiter in abzuschmelzenden Verwaltungen wie beim Bayerischen Landesamt für Umweltschutz oder bei der Direktion für ländliche Entwicklung gewonnen werden. In der gesamten Verwaltung sollen etwa 300 gewonnen werden. Interne Verschiebungen auf Kosten von Volks-, Förder- und Berufsschulen kommen hinzu. Zusätzlich sollen 500 Aushilfslehrkräfte eingestellt werden. Das nennt sich dann bei Ihnen: Schwerpunkt Bildung. Wir nennen das: Löcher stopfen, sonst nichts, Herr Finanzminister.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In Bildung zu investieren, und zwar konzeptionell, das ist Schwerpunkt unserer Fraktion. In der momentanen Misere muss Geld in die Schulen fl ießen, nur so kann mehr Personal gewonnen werden. Nur mit mehr Personal kann die Misere bezwungen werden, ob Sie nun Lehrer und Lehrerinnen, Psychologen und Psychologinnen oder Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen in die Schulen bringen. Sie wissen das, aber Sie scheuen sich davor, in

Humankapital zu investieren. Sie, Herr Ach, haben dazu vorhin etwas abfällig gesagt, Lehrer wären keine Investitionen, sondern rein konsumtive Maßnahmen. Das fand ich nicht so schön. Ich fi nde schon, dass Lehrerinnen und Lehrer, Psychologinnen und Psychologen und Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen Investitionen in bessere Bildung und in die Zukunft unseres Landes sind.

(Beifall bei den GRÜNEN – Manfred Ach (CSU): Das sind konsumtive Kosten!)

Ja, das sind Kosten. Wir müssen uns bewusst sein, dass diese Leute Geld kosten. Wir müssen uns aber auch dessen bewusst sein, dass diese Leute uns nach vorne bringen. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im bayerischen Schulsystem müssen grundlegende Änderungen vorgenommen werden. Das steht aber auf einem anderen Blatt. Von uns wird das konzeptionell und längerfristig im Austausch mit den relevanten Gruppen vorbereitet. Die Diskussionen laufen in vielen Bundesländern. Der Diskussion um eine neun- oder zehnjährige Schulzeit wird sich auch Bayern nicht verschließen können.

(Simone Tolle (GRÜNE): Österreich als Vorbild!)

Das ist aber nicht die einzige Baustelle in diesem Haushalt, die auf mehr Geld wartet, aber nicht mehr Geld erhalten hat. Wir kennen in Bayern 16 000 Altlast-Verdachtfl ächen. Ich weiß, das heißt nicht, dass diese Flächen alle saniert werden müssen. Wie viel Geld ist für die Sanierung von Altlasten in Bayern aber vorgesehen? – Die Mittel der Haushalte 12 und 13, zusammen mit dem Sanierungsfonds, den es auch gibt, betragen höchstens 14 Millionen Euro pro Jahr. Wie viele Jahrzehnte wollen Sie denn sanieren? Herr Staatsminister, Sie sagen, Sie wollen unseren Kindern keine Schuldenberge hinterlassen. Altlastenberge fi nden Sie aber in Ordnung? - Das kann doch nicht sein. Ist das nachhaltig?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ist es nachhaltig, den Staatsstraßenerhalt immer weiter in die Ferne zu strecken? Der Bayerische Oberste Rechnungshof – darauf kommen wir übernächste Woche noch zu sprechen – hat in seinem neuesten Bericht 2004 explizit darauf hingewiesen, dass die Erhaltung der Staatsstraßen und der Brücken nach wie vor vernachlässigt wird. Sie haben in den letzten Jahren jeweils nur ein Drittel der Haushaltsmittel für den Bestandserhalt ausgegeben. Da ändert dann auch das 300-Millionen-Programm, dieses Sonderprogramm, nichts Grundlegendes. Gegen eine Zweckbindung aber wehren Sie sich mit Händen und Füßen.

Eine runderneuerte Straße könnte man vor Ort eben nicht einweihen!

(Zuruf von der CSU)

Wir haben dann etwas für Straßen übrig, wenn diese staatliche Infrastruktur kaputtgeht.

(Zuruf von der CSU)

Wir wollen mit unseren Anträgen – das haben wir auch deutlich gemacht – den Erhalt der Staatsstraßen vorantreiben. Wir wollen nicht den Neubau. Wir haben genügend Staatsstraßen, liebe Kolleginnen und Kollegen; das wissen Sie auch. Wir haben genug Probleme, diese Staatsstraßen zu erhalten. Das wollen wir vonseiten der GRÜNEN auch mittragen – nicht mehr und nicht weniger.

Zur Gegenfi nanzierung unserer Vorschläge hatten wir Ihnen mehr als einen Vorschlag gemacht. Sie haben sich allen Vorschlägen zu einer Verbesserung der Einnahmensituation nicht anschließen können – oder soll ich besser sagen: noch nicht? Die Abschaffung der Eigenheimzulage wollen Sie sich für eigene Steuergeschenke – so war es jedenfalls nachzulesen – an Besserverdienende für die Zeit nach Ihrem eventuellen Wahlsieg 2006 aufheben oder, wie Herr Koch vorgeschlagen hat, für Steuerrabatte an ausländische Manager. Dafür kann man das Geld sicher auch gut gebrauchen. Der bayerische Staatshaushalt könnte diese Mittel in den nächsten beiden Jahren sehr gut gebrauchen.