Das ist die höchste Ausgabe, die in Bayern für den Bundesfernstraßenbau jemals getätigt worden ist. Gleichzeitig haben Sie die Mittel für den Staatsstraßenbau auf 94 Millionen Euro, also ein Zehntel, davon, reduziert. Trotzdem stellen Sie Anträge in diesem Hause und fassen Beschlüsse, wobei Herr Dr. Beckstein erklärt, er habe sich immer für eine bedarfsgerechte Finanzierung des Bundesfernstraßenbaus eingesetzt und stets eine deutlich höhere Mittelausstattung gefordert. Was wollen Sie denn noch mehr als den höchsten Mitteleinsatz in der Geschichte der Bundesrepublik?
Gleichzeitig fordern Sie höhere Mittel für Schienenverkehrsprojekte. Das ist klar. Nachdem Sie Studiengebühren einführen wollen, fordern Sie auch noch, dass sich der Bund am BAföG beteiligt. Das ist ein besonders dreister Vorschlag: Das Land kassiert Studiengebühren, und der Bund bezahlt das BAföG. So kann man auch Finanzpolitik betreiben.
Außerdem wollen Sie, dass die Bundeswehr Inlandsaufgaben übernimmt. Wer bezahlt die Bundeswehr? – Der Bund. Dann will Frau Stewens ein allgemeines Behindertengeld einführen, an dessen Finanzierung sich auch der Bund beteiligen soll. Ich meine, die Chuzpe der Sozialministerin ist unübertreffl ich: Erst im eigenen Haushalt kürzen auf Teufel komm raus und dann den Bund zur Kasse bitten. Das ist eine Unverschämtheit.
Wenn die SPD im Landtag Anträge stellt, kommt als Echo immer die Frage: Deckungsvorschlag? – Ich frage: Wo bleiben denn die Deckungsvorschläge der Frau Stewens, die ein Behindertengeld fordert, das auch der Bund bezahlen soll?
Die Bundeskasse ist für Sie eine Melkkuh. Fast täglich erheben Sie Forderungen nach mehr Bundesmitteln in der Regionalförderung für Ostbayern und nach Hilfen für die Standortgemeinden von Bundeswehr und US-Streitkräften. Die Wunschliste ließe sich beliebig fortsetzen.
Gleichzeitig fordert der Ministerpräsident als Sprecher des Bundesrates im Deutschen Bundestag, dass die Bundesregierung die Ausgaben im Bundeshaushalt um 5 % kürzen soll, ohne ein Sterbenswörtchen darüber zu verlieren, wo dies geschehen solle. Dann behauptet der Ministerpräsident, er habe auch in Bayern 8 % gekürzt. In Wirklichkeit waren es aber nur 2,6 %. So wird hier mit falschen Zahlen Propaganda gemacht.
Hinzu kommt, dass sich die Staatsregierung im Bundesrat jeglichem Abbau von Subventionen wie etwa bei der Eigenheimzulage oder dem Agrardiesel systematisch verweigert. Wenn der Bund bei seinen Behörden Verwaltungsreformen durchführt – man denke an die Bundesbank oder den Umzug des Bundesnachrichtendienstes –, dann gibt es natürlich große Proteste der CSU und der Bayerischen Staatsregierung. Im eigenen Land macht man es zwar genauso, aber beim Bund ist es schlecht.
Herr Staatsminister der Finanzen, ich komme nun zu den Fantastereien in der Steuerpolitik, was die Einnahmensituation anbelangt. Das „Konzept 21“ ist nach den Worten seines Schöpfers, Prof. Dr. Faltlhauser, ein Fünf-PunkteProgramm für die größte Steuerreform in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Nettoentlastung beträgt rund 15 Milliarden Euro. Dies würde in den bayerischen Staatshaushalt eine Lücke von rund einer Milliarde Euro reißen. Wir hätten eine Milliarde Euro weniger, wenn die Steuervorschläge des Finanzministers durchgehen würden. Die vorgeschlagene Abschaffung der Gewerbesteuer bedeutet einen Ausfall von 28 Milliarden Euro bundesweit und von über 4 Milliarden Euro für die bayerischen Kommunen. Von der Finanzierung der Kopfpauschale in der Gesundheitspolitik redet ohnehin niemand mehr. Forderungen nach Senkung der Erbschaftsteuer für Unternehmer sind wohlfeil, die Finanzierung bleibt stets offen.
Kurz gesagt: In einem Atemzug werden Ausgabensteigerungen, Haushaltskürzungen, Steuersenkungen, Subventionserhalt und Schuldenabbau verlangt. Meine Damen und Herren, das ist der dokumentierte fi nanzpolitische Irrsinn!
Wir sind der Auffassung, dass der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt richtig und notwendig, aber in seiner derzeitigen starren Form reformbedürftig ist.
„Nach den Jahren der ideologischen Blockade hat Bundeskanzler Gerhard Schröder nun den Weg zu einer vernünftigen Wirtschaftspolitik im Euroland geöffnet und eine Reform des Stabilitätspakts vorgeschlagen, die Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum ins Zentrum stellt.“ – Das ist keine Aussage von mir, sondern von Prof. Stefan Collignon von der London School of Economics in der „Financial Times Deutschland“. Meine Damen und Herren, Sie sehen, im Ausland kommen unsere Vorschläge besser an als im Inland, wo sie insbesondere von der CDU/CSU-Opposition im Deutschen Bundestag kritisiert werden.
Herr Kollege Ach, wenn Sie uns wie vorhin vorhalten, dass die Staatsverschuldung in den letzten sechs Jahren um 180 Milliarden Euro gestiegen sei, dann sage ich, die Staatsverschuldung ist in Ihrer Regierungszeit unter Finanzminister Waigel um 160 Milliarden Euro auf 710 Milliarden Euro gestiegen. Das war der Schuldenmacher der Nation im Jahr 1996.
Ich komme zu den Steuereinnahmen und Steuerschätzungen und sage nur: der trickreiche Finanzminister Prof. Dr. Faltlhauser. Die wirtschaftliche Erholung im Jahr 2004 spiegelt sich in steigenden Steuereinnahmen wider. Gegenüber dem Jahr 2003 erhöhten sie sich um 858 Millionen Euro. Sie lagen damit auch um 244 Millionen Euro über dem Nachtragshaushaltsplan 2004 – so wie wir von der SPD-Fraktion es immer vorausgesehen hatten. Zur Wahrhaftigkeit der Informationspolitik des Finanzministers zitiere ich das „Main-Echo“ vom 24. Juli 2004:
Der Freistaat kann nach Angaben der SPD heuer mit einer Milliarde mehr an Steuern rechnen als 2003. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres
seien die Steuereinnahmen um 6,5 % gestiegen, sagte der SPD-Haushaltsexperte Heinz Kaiser aus Erlenbach. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr ergäben sich Mehreinnahmen von 986 Millionen Euro. Finanzminister Faltlhauser (CSU) entgegnete: „Kaisers Prognose ist das Ergebnis von Gesundbeterei und Hellseherei.“
Was kam dabei heraus? – Ziemlich genau die von mir genannte Summe waren die Steuermehreinnahmen des Jahres 2004 im Vergleich zu 2003. Ich denke, die Öffentlichkeit tut gut daran, die fi nanzpolitische Deutungshoheit des Amtsträgers Faltlhauser stärker als bisher in Zweifel zu ziehen.
Herr Prof. Dr. Faltlhauser, ich bewundere manchmal, mit welcher Unschuldsmiene, mit welch charmantem Lächeln und mit welch treuherzigem Augenaufschlag Sie Zahlen verkünden, die überhaupt nicht stimmen, aber deren Wahrheitsgehalt aufgrund Ihres Auftretens von der Öffentlichkeit erst einmal nicht in Frage gestellt wird. Jetzt führen der Vorsitzende Ach und der Finanzminister plötzlich einen mysteriösen Erbschaftsteuerfall mit Einnahmen von 322 Millionen Euro ins Feld. Soll ich das voraussehen, dass ein mysteriöser Erbschaftsteuerfall auf einmal Geld in die Kasse spült? – Da müssen Sie mir schon sagen, was das ist. Das kann man glauben oder nicht glauben.
Die Novembersteuerschätzung brachte für die Länder insgesamt für das Jahr 2005 einen geringen Abschlag von 974 Millionen Euro. Von „gering“ spreche ich deshalb, weil die Gesamtsumme der Steuereinnahmen der Länder bei 181 Milliarden Euro lag. Trotzdem waren wir überrascht, als der Finanzminister seine eigene optimistische, aus unserer Sicht aber durchaus realistische Veranschlagung der Steuereinnahmen für die Jahre 2005 und 2006 kräftig nach unten korrigierte. So sollen im Jahr 2005 Steuermindereinnahmen in Höhe von 380 Millionen Euro anfallen, obwohl das Wirtschaftswachstum in Bayern über dem Länderdurchschnitt liegt. Für das Jahr 2006 rechnet der Finanzminister mit Mindereinnahmen von 300 Millionen Euro.
Völlig unverständlich erscheint uns, dass trotz niedrigerer Steuereinnahmen im Jahr 2005 die Zahlungen in den Länderfi nanzausgleich um 120 Millionen Euro ansteigen sollen, und dies vor dem Hintergrund der ab 01.01.2005 geltenden Neuregelung, deren Vorteile in Bayern vom Ministerpräsidenten und vom Finanzminister immer gerühmt wurden.
Herr Faltlhauser behauptete 2001, 400 Millionen Euro weniger im Länderfi nanzausgleich für Bayern sei die Folge der Neuregelung, die er selbst ausgehandelt hat. In den Ausschussberatungen behaupteten Sie, Nordrhein-Westfalen falle als Zahlerland völlig aus. Das ist nachweislich falsch. Nordrhein-Westfalen wird im Jahr 2005 150 Millionen Euro zahlen. Die CDU-Opposition in Nordrhein-Westfalen wirft der Regierung vor, sie habe einen zu niedrigen Ansatz gewählt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zu dem Ergebnis, dass Finanzminister Faltlhauser bei den Zahlen kräftig trickst. Wir sind der Auffassung, dass das pseudoreligiöse Dogma vom ausgeglichenen Haushalt eine Schimäre darstellt. Sie mussten bereits zugeben, dass Sie auch im Jahr 2006 aufgrund von Kreditermächtigungen der vergangenen Jahre Kreditaufnahmen tätigen müssen. Der Schuldenstand des Freistaates Bayern wird sich auch im Jahr 2006 erhöhen. Der ausgeglichene Haushalt ohne Schulden ist reine Politpropaganda, die zulasten der Bürger und Bürgerinnen in Bayern geht.
Ich kann an Sie, meine Damen und Herren von der CSU, nur appellieren: Ändern Sie Ihren verhängnisvollen Kurs und wehren Sie sich gegen die falschen Vorgaben der Staatskanzlei! Machen Sie gemeinsam mit uns eine verantwortungsvolle und zukunftsfähige Finanzpolitik, die Wachstum und Beschäftigung mit einer längerfristigen Konsolidierung des Haushaltes verknüpft. Wir setzen unsere Hoffnungen auf den Nachtragshaushalt im Herbst 2005. Den vorliegenden Haushaltsentwurf lehnen wir entschieden ab.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte einen anderen Einstieg in meine Haushaltsrede wählen, weil das die Ereignisse der letzten Tage geradezu herausgefordert haben. Sie werden gleich merken, was ich meine. Ich rede vom Umgang mit Steuergeldern in Bayern. Ich rede von der Förderung einer wirtschaftspolitisch schwachsinnigen Maßnahme, die gegen jedwede wirtschaftliche Vernunft, gegen die Aussagen von Fachleuten, die es wissen müssen, und gegen den Willen der meisten Kolleginnen und Kollegen – mit Ausnahme der Kollegen Wolfrum und König – durchgesetzt wird.
32 Millionen Euro haben Wirtschafts- und Finanzminister übrig, um sie in das bekannte Projekt zu stecken, obwohl wir uns nach Aussagen des Finanzministers und nach
Aussagen des Abgeordneten Ach in der schwierigsten Phase des öffentlichen Haushalts befi nden. Die Staatsregierung hat in den letzten Monaten die Opposition für ihre Vorschläge zur Aktivierung von Wirtschaft und Finanzen in Bayern kritisiert. Auch unsere Vorschläge wurden vorhin vom Kollegen Ach kritisiert, weil sie angeblich nicht fi nanzierbar seien. Darauf komme ich später noch zu sprechen, Herr Kollege Ach.
Es ist also noch Geld da, wenn man nur will. Es ist eben abhängig, wofür. Solche Beispiele gibt es in dem Haushaltsentwurf 2005/2006 einige. Ob es sich um die 40 Millionen Euro für die Neugründung der Anstalt des öffentlichen Rechts „Bayerische Staatsforsten“ handelt oder um die Übernahme von Entsorgungsverpfl ichtungen und die Aufnahme einer Bürgschaft für die GSB Sonderabfall-Entsorgung Bayern mbH in einer Gesamthöhe von 65 Millionen Euro. Das geht. Das ist möglich.
Sie, der Sie uns Bayerns scheinbar positive Eckwerte bei jeder sich bietenden Gelegenheit – auch heute wieder, Herr Kollege Ach – unter die Nase reiben, zeigen nun das wahre Gesicht. Sie, der Sie sich der Nachhaltigkeit Ihrer Finanzpolitik rühmen, zeigen uns mit den drei Beispielen – denen mehrere hinzugefügt werden könnten – das Gegenteil.
„Bayern vorn“, so scheint es, Kolleginnen und Kollegen der CSU, und trotzdem kann man – das zeigt der Haushaltsentwurf 2005/2006 – alles falsch machen. Nachhaltige Finanzpolitik heißt in Bayern anscheinend, erst über die Maßen Schulden zu machen, wie jetzt für 2005 geplant, um dann angeblich keine mehr machen zu müssen.
Betrachten wir uns die Finanzlage des Freistaates Bayern in den letzten fünf Jahren auf der Einnahmenseite: Geplant war, dass ab 2001 die Nettoneuverschuldung kontinuierlich sinkt, um im Jahr 2006 auf Null zu sein. Hätte das geklappt, Herr Finanzminister, wäre das nachvollziehbar und korrekt gewesen. Unter normalen Umständen – so sage ich – wäre es machbar gewesen. Nun hat sich die gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland so dramatisch verändert, dass die Planung nicht mehr haltbar ist.
Die Milliarde Neuverschuldung wurde in den Jahren 2002, 2003 und auch in diesem Jahr wieder gerissen. Was blieb, ist die Null im Jahr 2006 – wider jedes besseres Wissen. Die Nettoneuverschuldung wird von Ihnen unter anderem mit der dritten Stufe der Steuerreform begründet. Sie verschweigen dabei allerdings, dass das teilweise Vorziehen der Steuerreform 2004 mit dem Kürzen von Steuersubventionen, wie bei der Entfernungspauschale, einherging, die auch im Jahr 2005 für Mehreinnahmen sorgen wird. Das wissen Sie aber verschweigen es. Sie erwarten trotz der schlechten Januarzahlen 2005 erhöhte Steuereinnah
Ein kurzer Schwenk zu den Ausgaben: Die Haushalte wachsen, sinken aber nicht. Im Jahr 2005 sind es 1,9 % und 2006 0,9 % ohne die Privatisierungserlöse. Das geht nach dem Motto: Wir haben sinkende Haushaltsvolumina. Das stimmt so nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, schauen wir uns den Weg des aktuellen Haushaltsentwurfs bis zum heutigen Tage noch einmal an – Kollege Dr. Kaiser hat es vorhin schon gemacht –, damit das Hü und Hott Ihrer Finanzplanung deutlich wird. Schon im März letzten Jahres forderten Sie, Herr Finanzminister, Ihre Kollegen prophylaktisch zu weiteren Sparanstrengungen auf. Sie nannten damals die Zahl von 1,13 Milliarden Euro, die im Doppelhaushalt eingespart werden müssten. Ungeplante Schulden müssten allerdings nicht aufgenommen werden. Die Null-Nettoneuverschuldung für das Jahr 2006 stand. Im Juli 2004 war noch von 500 Millionen Euro die Rede, die eingespart werden müssten. Im September 2004 waren es 560 Millionen Euro. Nun redete man schon von Krediten, die das letzte Mal aufgenommen werden müssten. Es waren die ominösen 1,15 Milliarden Euro. Im selben Monat waren es noch einmal 400 Millionen Euro Einsparung und die Herausnahme von Wissenschaft und Schule, weil das Ihre Schwerpunkte sind. Diese hätten Priorität. Wieder wurde die Nettoneuverschuldung nicht in Zweifel gezogen.
Höhepunkt im Monat Februar 2005 ist die Erkenntnis, dass alle Planungen Makulatur waren, die Neuverschuldung doch um zusätzliche 243 Millionen Euro steigen müsse und weitere Kürzungen im Haushalt in Höhe von 90 Millionen Euro aufgrund von Steuerausfällen im ersten Jahresmonat nötig seien. Diese Kürzungen sollen die Ressorts aus dem laufenden Betrieb bestreiten. Offen ist und bleibt, wo abgeknapst wird. Die Aussage der Ministerin Hohlmeier ist, sie werde ein Auge darauf haben, dass es zum Beispiel die Jugendarbeit nicht trifft. Auf dieses Auge bin ich gespannt.
Im Hintergrund dieser monatelangen Diskussionen läuft die Realität der bisherigen Kürzungen in den Haushalten 2004: Schließung von sozialen Einrichtungen, das weitere Verschieben von Sanierungen, die Brüskierung von Sportvereinen, Übungsleiterinnen und Übungsleitern, von Feuerwehrleuten, Polizistinnen und Polizisten, von Lehrerinnen und Lehrern, deren Arbeit nur noch in Sonntagsreden, aber nicht mehr fi nanziell geachtet wird. Das nennen Sie nachhaltige Finanzpolitik.
Herr Ach, Sie nannten vorhin die Staatsquote. Darum geht es, wenn man über das Personal spricht. In Deutschland beträgt die Staatsquote 48 %. Damit bewegen wir uns im europäischen Mittelfeld.