Bei der Abstimmung über Nummer 2 haben 124 Abgeordnete mit Ja gestimmt, mit Nein niemand, 15 Enthaltungen. Damit ist der Antrag insgesamt angenommen worden.
Bei der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der SPD betreffend „Schutz von Kindern vor gefährlichen Sexualstraftätern“, Drucksache 15/2928, haben beim ersten Absatz mit Ja 46 gestimmt, mit Nein 92. Damit ist der erste Absatz abgelehnt worden. Damit ist der Dringlichkeitsantrag insgesamt abgelehnt worden.
Nun komme ich zum Ergebnis der Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN betreffend „Umstände des jüngsten Münchner Sexualmords klären, umfassende Konsequenzen ziehen“, Drucksache 15/2929. Mit Ja haben 44 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 91. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt worden.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ruth Paulig, Eike Hallitzky und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wirksame Aktionspläne zur Luftreinhaltung (Druck- sache 15/2921)
Die Redezeit beträgt für die CSU-Fraktion zwölf Minuten, für die SPD sieben Minuten und für die GRÜNEN dreizehn Minuten. Ich eröffne die Aussprache. Die erste Wortmeldung: Frau Kollegin Paulig, bitte.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Ihre Aufmerksamkeit zu dieser späten Stunde auf ein ökologisches Problem lenken. In dem Antrag geht es um die Umsetzung von EU-Richtlinien zur Luftreinhaltung. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit sind europäische Richtlinien in Bundesrecht umgesetzt worden, und zwar im Immissionsschutzgesetz und in der Immissionsschutzverordnung. Diese Gesetzesnovellen setzen sich mit Stoffen auseinander, welche die menschliche Gesundheit sehr stark angreifen, bis hin zu Lungenkrebs und Bronchitis. Ich spreche von Schwebstaub und Partikeln, die von Dieselfahrzeugen im Verkehr freigesetzt werden. Außerdem geht es um Schwefeldioxid, Stickoxide, Blei, Benzol und Kohlenmonoxid. Sie kennen diese Stoffe aus diversen Debatten.
Mit diesen gesetzlichen Grundlagen gelten ab 1. Januar 2005 für eine Reihe der genannten Stoffe neue und strenge Grenzwerte. Diese Grenzwerte sind nicht plötzlich über uns gekommen, sondern man hat darüber sehr lange und umfangreiche Diskussionen geführt. Die Behörden haben nun die Pfl icht, zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte Luftreinhaltepläne und Aktionspläne aufzustellen – die Luftreinhaltepläne im Vorgriff, die Aktionspläne dann, wenn die Grenzwerte in Kraft sind, und das sind sie zum Beispiel für die Partikel seit 1. Januar 2005. Die Aktionspläne sollen sicherstellen, dass diese Grenzwerte nicht überschritten bzw. bestimmte Regularien eingehalten werden.
Der Grenzwert für Schwebstaub und Partikel, der so genannte PM10-Wert, von 50 µg pro Kubikmeter Luft darf über 24 Stunden allenfalls 35-mal im Jahr überschritten werden. So ist diese Vorschrift. Bei den Messungen, die bereits stattgefunden haben, stellen wir leider fest, dass diese Grenzwerte sehr häufi g – zu oft – überschritten werden. Davon ist leider auch eine bayerische Stadt mit rotgrüner Stadtverwaltung nicht auszunehmen. Wir haben beispielsweise den Grenzwert für Feinstäube, der im Jahr 35-mal überschritten werden darf, bereits 22-mal in München überschritten, und das, obwohl wir gerade zwei volle
Monate im neuen Jahr hinter uns haben. Zwar herrscht jetzt eine stabile Inversionswetterlage, aber diese Anzahl von Überschreitungen bedeutet, dass der Grenzwert, wie ihn die Bundesimmissionsschutzverordnung vorschreibt, möglicherweise nicht einzuhalten sein wird.
Das ist aber kein Anlass, sich jetzt gegenseitig auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: natürlich, die Münchner. Die Situation ist auch in anderen Städten, zum Beispiel in Dortmund und Berlin, dramatisch. Es gibt eine Liste von weiteren Städten in Bayern, wo zu befürchten ist, dass dieser Grenzwert überschritten wird. In Messungen im Jahr 2003 wurde in 16 Städten in Bayern dieser Grenzwert deutlich öfter als 35-mal im Jahr überschritten: in Augsburg 71-mal, in Arzberg 48-mal, in Ansbach 47mal, in Nürnberg 73-mal und in Passau 64-mal. Ich könnte die Liste noch weiter fortsetzen. Es besteht also Handlungsbedarf, weil in Städten in Bayern und auch in anderen Bundesländern diese Grenzwerte nicht eingehalten werden. Es gibt ganz klar die Pfl icht der Behörden, die Kommunen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte anzuhalten. Es gibt die Pfl icht zur Aufstellung von Luftreinhalteplänen und Aktionsplänen, und es gilt, wirksame Maßnahmen gegen alle Verursacher festzulegen.
Mit den wirksamen Maßnahmen hapert’s im Moment. Es gibt insgesamt elf Luftreinhaltepläne, wobei der Plan von Lindau gerade erstellt wird. Die Pläne, die für die betroffenen Gebiete aufgestellt wurden, enthalten im letzten Kapitel äußerst vage, nichts sagende Maßnahmenpakete. Meist werden sie auf einer halben Seite, allenfalls auf zwei Seiten in einem dickeren Luftreinhalteplan dargestellt. Das sind aber keine konkreten Maßnahmen, die wirklich zur Verbesserung beitragen würden.
Es liegen uns derzeit keine Aktionspläne vor. Angesichts der Daten, die ich gerade genannt habe und angesichts der Häufi gkeit der Überschreitungen der täglichen Immissionsgrenzwerte ist festzustellen, dass wir dringend Aktionspläne brauchen,
die zu wirksamen Maßnahmen führen. Aktionspläne sind nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz aufzustellen, wenn eine Überschreitung der Grenzwerte droht oder eingetreten ist. Sie droht nun wirklich.
In den Aktionsplänen gibt es weiche Maßnahmen und wirksame härtere Maßnahmen. Wir stellen fest, dass in Bayern die verantwortlichen Behörden und auch die Kommunen vor klaren härteren Maßnahmen zurückschrecken. Es gibt durchaus Untersuchungen darüber, welche Maßnahmen als wirksam einzustufen sind. Wirksame Maßnahmen sind zum Beispiel die City-Maut oder differenzierte Fahrverbote, die für Innenstädte auszusprechen sind und möglicherweise hingehen bis zu einem Verbot von Lkws bzw. Pkws mit schlechten Abgasnormen oder bis zu generellen Fahrverboten.
Die verantwortlichen Behörden, die hier die Aufsicht führen – das bayerische Umweltministerium, das Landesamt
für Umweltschutz und auch die Regierungen und die Kommunen – tauchen ab und sind nicht bereit, die notwendigen Schritte zu veranlassen. Im Luftreinhalteplan von Nürnberg heißt es zum Beispiel:
Derartig einschneidende Maßnahmen sind - nach intensiver Prüfung und nach dem doch unsicheren heutigen Kenntnisstand über den Erfolg der ergriffenen und einzuleitenden Maßnahmen - … unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitprinzips zurzeit nicht durchführbar und nicht vertretbar.
Diese in Beamtendeutsch ausgedrückte Bestimmung heißt: Man ist nicht bereit, konkrete und wirksame Maßnahmen einzuleiten und diese in den Aktionsplänen auch festzuschreiben. Hier wird vor der Verkehrslobby und aus Angst vor Aufl agen, die man auch gegenüber Bürgerinnen und Bürgern machen muss, gekuscht.
Ich appelliere noch einmal an Sie. Es geht in der Tat darum, die Gesundheit in den Städten zu verbessern. Es reicht einfach nicht, mit bloßen Absichtserklärungen die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte zu beschwören. Es geht darum, bei den zuständigen Behörden die Einhaltung dieser für die Gesundheit notwendigen Grenzwerte einzufordern.
Ich stelle fest, dass Sie in großer Sorge um die Luft in den Städten sind, und das zu Recht. Ich frage Sie: Wir wollen in München einen Autobahnring. Sie klagen darüber, dass es zu wenige Maßnahmen gibt. In München soll der Autobahnring geschlossen werden. Ich kann nicht begreifen – vielleicht aber können Sie es mir erklären –, weshalb man gegen einen Autobahnring kämpft, der den Schwerlastverkehr und den Durchgangsverkehr aus der Stadt München herausbringen soll, wenn man gleichzeitig in Sorge um die Luft ist.
Sie wissen vielleicht nicht, dass mehr als die Hälfte dieser Belastungen in den Innenstädten produziert wird. Gleichzeitig werden Belastungen durch die Verlagerung aus dem Umfeld produziert. Wenn man Autobahnen baut und den Verkehr ins Umland von München verlagert, dann nimmt auch dort die hohe Verkehrsbelastung zu. Es hilft nichts, wir müssen die Autos sauberer machen und den Verkehr reduzieren.
Wir haben auch im Umweltausschuss eine ausführliche Debatte über die Verlagerung der Luftschadstoffe geführt. Es hilft nichts, da eine Umgehungsstraße und in zehn Jah
ren dort eine Umgehungsstraße zu bauen. Der Grenzwert ist seit 1. Januar einzuhalten. Mit Verlagerungen alleine kann der Grenzwert nicht wirksam eingehalten werden. Wir müssen ganz konkrete, auch harte Maßnahmen ergreifen.
Mit unserem Antrag fordern wir einerseits einen Bericht über die tatsächlichen Maßnahmen, die eingeleitet werden sollen. Insbesondere möchten wir einen Bericht dazu, warum dort keine Aktionspläne aufgestellt werden, wo derzeit die Grenzwerte nicht eingehalten werden. Wir wollen auch wissen, welche Konsequenzen ergriffen werden, wenn die Grenzwerte zum Beispiel 35-mal überschritten werden. Was passiert dann? Wir wollen, dass die betroffenen Kommunen von den verantwortlichen Behörden – von Umweltminister Schnappauf, vom Umweltministerium – aufgefordert werden, die Luftqualitätsrichtlinien einzuhalten. Wir wollen auch, dass das notwendige Personal und die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, damit zum Beispiel das Landesamt für Umweltschutz die notwendigen Messungen durchführen kann. Wir haben 50 stationäre Messeinrichtungen für Luftparameter. Wir haben drei oder vier mobile Messeinrichtungen. Wir wollen keinen Abbau, sondern wir wollen mit dem notwendigen Personal und den notwendigen Finanzmitteln sicherstellen, dass die Luftwerte erhoben und die Luftbelastung weiter kontrolliert werden können. Aber auch hier stellen wir leider fest, dass im Rahmen der Einsparmaßnahmen und der Verwaltungsreform ein Abbau vorgesehen ist, sodass die Einhaltung der Luftqualitätsrichtlinie weiter unterminiert wird.
Lassen Sie mich abschließend feststellen, dass es neben der Verbesserung der Luft für die menschliche Gesundheit auch den Aspekt gibt, dass wir endlich den Verkehr vermindern müssen, wie es beispielsweise in England London mit der City-Maut gemacht hat. Das ist ein sehr wirksames Instrument, welches sich absolut zum Wohle der Bewohner von London ausgewirkt hat, welches den Verkehr entspannt, dem öffentlichen Verkehr mehr Raum gegeben und die Luftqualität verbessert hat. Wenn wir endlich diese Instrumente einführen, erzielen wir sowohl Vorteile für die menschliche Gesundheit als auch über die Minderung des Pkw- und Lkw-Verkehrs eine Reduzierung der Treibhausgase, eine Reduzierung der CO2-Emissionen. Ich glaube, Sie wären gut beraten, mit wirksamen Maßnahmen die notwendigen Instrumente in die Hand zu nehmen und darauf zu achten, dass die Luft für die menschliche Gesundheit sauberer wird – gerade auch für Kinder und Jugendliche in Ballungszentren. Sie wären gut beraten, wenn Sie auch die rechtlichen Instrumentarien, die vorhanden sind, verwenden würden, um die Treibhausgase aus dem Verkehr zu minimieren und endlich Fortschritte im Klimaschutz zu erzielen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, dass ab dem 1. Januar dieses Jahres nach geltendem EURecht verschärfte Grenzwerte unter anderem auch für die
Feinstäube PM10 gelten, wie es Frau Kollegin Paulig dargestellt hat. Auch die Grenzwerte, die in der Begründung ihres Antrags genannt sind, sind richtig.
Frau Kollegin Paulig, allerdings haben Sie – und das sind wir von Ihnen leider gewohnt – in Ihrem Antrag wieder ein Szenario nach dem Motto gemalt: Die Bayerische Staatsregierung hat dieses Thema total versäumt und den Termin nicht gekannt und verschlafen; jetzt müssten Sie per Dringlichkeitsantrag die Fehlentwicklungen wieder korrigieren.
Herr Kollege Dürr, wo waren Sie oder Ihre Kollegen am 28. Oktober 2004, als im Umweltausschuss sehr eingehend über die Luftreinhalteplanung in Bayern, über die in den 12 bzw. 16 Städten und Räumen getroffenen Maßnahmen berichtet wurde? Dabei wurden über die Regierungen, in denen unter Beiziehung der verschiedenen Fachbehörden, wie Landesamt für Umweltschutz, Landratsämter, kreisfreie Städte, Straßenverkehrsbehörden, Baubehörden, Polizei und Umweltministerium in Steuerungsgruppen unter Leitung eines Hauptverantwortlichen über die Luftreinhaltungspläne ausgearbeitet und konkrete Maßnahmen dargestellt. Zum Nachlesen kopiere ich Ihnen den Bericht gerne.
Das ist lieb von Ihnen, Herr Hintersberger. Ich war bei dieser Sitzung dabei. Ist Ihnen aber auch gegenwärtig, dass diese Grenzwerte inzwischen seit über zwei Monaten in Kraft sind und dass es sich abzeichnet, dass die Maßnahmen nicht ausreichen, dass aber zum anderen die notwendigen Aktionspläne bis heute fehlen?
Frau Kollegin Paulig, wenn Sie bei der Sitzung dabei waren, dann waren Sie vielleicht körperlich anwesend, aber diesen Bericht haben Sie so anscheinend nicht mitgenommen. Die Luftreinhaltepläne liegen in Bayern den betroffenen Städten und Räumen allesamt vor. Den Luftreinhalteplänen liegen so genannte beispielhafte Maßnahmepläne bei. Die entsprechenden Aufforderungen sind bereits an die Städte ergangen, zum Beispiel ganz konkret der Bau oder die Optimierung von Umgehungsstraßen. Symptomatisch ist, Frau Kollegin Paulig, dass Sie diese Maßnahmen aus rein ideologischen Gründen schlichtweg nicht im Rahmen dieser Maßnahmen anerkennen. Ferner erging die Aufforderung zur Verbesserung bzw. zum Ausbau des U-Bahn/ Straßenbahnnetzes an die Städte Augsburg, München und Würzburg oder zum Bau von Tunnels an Verkehrsschwerpunkten, zum Beispiel in München. Danach hat Kollege Bernhard gerade hier gefragt.
Ein weiteres Beispiel sind Verkehrssperrungen: Die Stadt München prüft ja nach einem Bericht von gestern gewisse Nachtfahrverbote für mautpfl ichtige Lkws. Bei dementsprechend niedrigeren Emissionen wird die Anpassung der Bescheide überprüft, ebenso die Inspektion stationärer Anlagen, die Beseitigung von Kohlehalden oder Kohleumschlagplätzen, insbesondere in Arzberg oder Erlangen
Über all diese Aspekte wurde sehr intensiv in diesem Ausschuss berichtet. Jetzt in einem Dringlichkeitsantrag so zu tun, als hätte man etwas verschlafen, ist schlichtweg falsch und unseriös. Leider, Frau Kollegin Paulig, sind wir von Ihnen nichts anderes gewohnt, als dass Sie solche Dinge unterstellen oder suggerieren wollen.
Frau Kollegin Paulig, ich möchte einmal fragen: Sollten wir nicht viel stärker dort angreifen, wo die Feinstäube, die Sie zu Recht als sehr bedenklich eingestuft haben, und insbesondere Rußpartikel entstehen? Sie entstehen an den Diesel-Fahrzeugen. Vor der Einführung der EU-Grenzwerte für Feinstäube zu Anfang dieses Jahres hätte eine engagierte und realisierbare Filterförderung geschaffen werden können – das hätten wir uns sehr gewünscht. Hier steht der Bundesumweltminister, Ihr Herr Trittin, in der Verantwortung. Aber dazu wurde bis zu Anfang dieses Jahres überhaupt nichts gemacht. Wir haben hier überhaupt nichts gehört. Da liegt doch das eigentliche Problem. Das ist doch der entscheidende Knackpunkt!