Heute wurde bereits angesprochen, dass wir Wachstum brauchen, damit Arbeitsplätze geschaffen werden können. Herr Kollege Unterländer, als Wirtschaftlerin kann ich jedoch nicht nachvollziehen, wie Sie auf die von Ihnen genannten 4 % kommen. Ich gebe zu, dass uns die Wachstumsdelle vom letzten Vierteljahr nicht gut tut. Aus den Analysen geht klar hervor, dass dies auch mit der Schwäche der Binnenkonjunktur zusammenhängt.
Marc Beise hat heute im Wirtschaftsteil der „Süddeutschen Zeitung“ eben dies angemerkt. Er stellt dazu fest, ob sich das Jahr 2005 zufriedenstellend entwickeln werde, hänge davon ab, ob die Menschen vom Angstsparen abließen. Er fordert die Verantwortung der Politik ein, denn sie müsse Zuversicht verbreiten. Er sagt, nötig sei keine Propaganda, sondern eine standhafte Politik. Für diese standhafte Politik nennt er als Beispiel Hartz IV. Er kritisiert außerdem sehr deutlich, dass die Opposition klare Reformmodelle vorlegen müsste. Diese Modelle gibt es
Sie haben heute von einer Politik des Nichtstuns gesprochen. Ich frage Sie: Wo waren Sie in den letzten sechs Jahren? Unendlich viel ist passiert. Ich nenne nur die Steuerreform. Keine Regierung zuvor hat die Steuer so stark reduziert wie Rot-Grün.
Der Eingangssteuersatz liegt jetzt bei 15 %. Der Spitzensteuersatz liegt bei 42 %. Das gab es noch nie.
Sie nennen in Ihrem Antrag die Einkommensteuer. Aktuell findet in der Tat eine Diskussion darüber statt, weil in der EU eine für unser Land schwierige Situation besteht. Der Kanzler und Herr Clement haben deshalb angeregt, wenn einbehaltene Gewinne in Investitionen überführt werden, sollten sie günstiger behandelt werden. Das ist der Punkt. Hier muss genau hingesehen werden, weil wir keine Umgehungstatbestände schaffen wollen.
Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, nämlich den Masterplan zum Bürokratieabbau. Lesen Sie bitte, was hier gemacht wird. Wir befinden uns auf einem guten Weg. 70 000 Seiten an Vorschriften in Bayern sind ein Beweis dafür, wie Sie selbst in den letzten Jahrzehnten bei der Bürokratie draufgesattelt haben.
Ein letztes Beispiel, das auch in Ihrem Antrag steht. Sie sagen immer, wir bräuchten betriebliche Bündnisse. Wir haben sie bereits. Ich verweise zum Beispiel auf den Traktorenhersteller „Fendt“. Bezogen auf die Umsatzsituation ist dort eine betriebliche Flexibilität zwischen 32 und 48 Stunden eingeführt worden. Der Flächentarifvertrag funktioniert also. Er schafft Bewegung und gibt vielen Unternehmen genau das, was sie brauchen.
Meine Damen und Herren, Sie haben keine besseren Rezepte. Sie wollen emotionalisieren, weil Sie konkret das nicht bringen, was Sie bringen sollten. Ich verweise auf die Zeitungskritik von heute.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Beiträgen der GRÜNEN und der SPD zuhört, merkt man genau, dass noch immer nicht richtig verstanden worden ist, was eine beschäftigungsorientierte Wachstumspolitik in der Bundesrepublik tatsächlich bedeutet.
(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Wenn Ihnen nicht mehr einfällt, dann sprechen Sie uns das Wissen ab!)
Zu einer beschäftigungsorientierten Wachstumspolitik gehören Reformen im Arbeitsrecht. Frau Kollegin Kronawitter, Hartz IV ist durchaus ein guter Ansatzpunkt, keine Frage. Geben Sie aber doch mal zu, dass in der Agenda 2010 ganz andere Reformen des Arbeitsrechts enthalten waren, die mit Hartz IV nicht umgesetzt worden sind. Es wäre aber gut gewesen, wenn diese Reformen des Arbeitsrechtes realisiert worden wären. Glauben Sie denn im Ernst, dass Hartz IV neue Arbeitsplätze schafft?
Die Wirtschaft schafft neue Arbeitsplätze. Deswegen brauchen wir eine Flexibilisierung im Arbeitsrecht. Sie sagen, man könne über betriebliche Bündnisse für Arbeit oder das Günstigkeitsprinzip vielleicht reden, und es gäbe sie schon in der Wirklichkeit. Warum haben Sie dann nicht den Mut, so etwas rechtlich abzusichern? Wenn zwei Drittel einer Belegschaft sagen, sie seien bereit, auf Lohnanteile zu verzichten und länger zu arbeiten, auch wenn das tarifrechtlich nicht abgesichert sei – Sie sagen, das passiert in der Wirklichkeit –, warum haben Sie dann nicht den Mumm, das auch rechtlich abzusichern?
Wir müssen auch über den Kündigungsschutz reden. Diejenigen, die außerhalb des Arbeitsmarktes sind, die arbeitslos sind, müssen die Möglichkeit haben, in einen Betrieb zu kommen. – Nein, ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu.
Deswegen müssen wir gemeinsam über Kündigungsschutzlockerungen reden; das ist doch überhaupt keine Frage. Wir brauchen hier eine Flexibilisierung. Wir brauchen auch eine Flexibilisierung bei den befristeten Arbeitsverträgen.
Wir brauchen eine Verlängerungsmöglichkeit, zum Beispiel von zwei Jahren auf drei Jahre; wir brauchen die Möglichkeit, noch einmal einen befristeten Arbeitsvertrag anzuschließen. – Herr Kollege Wahnschaffe, wenn das so wäre, hätten wir gar nicht die nervöse Diskussion, die zurzeit in Deutschland über den Kündigungsschutz geführt wird. Mit befristeten Arbeitsverträgen kann man der Wirtschaft natürlich auch die notwendige Flexibilität verschaffen.
Ja, aber das müssen wir verlängern. Wir brauchen eine stärkere Flexibilisierung. Sagen Sie doch nicht immer, das haben wir schon, überlegen Sie doch lieber, wie man das verbessern kann! Die Probleme entstehen doch genau durch die starre Geisteshaltung, die bei Ihnen tatsächlich noch einmal zutage kommt.
Wir brauchen nicht nur Reformen im Arbeitsrecht, sondern auch die Energiekosten müssen um einiges günstiger werden. Die hohen Steueranteile bei den Energiekosten schaden unserer Wirtschaft. Das ist ein echter Wettbewerbsnachteil. Sie sind zwar stolz auf regenerative Energien, auf Windenergie usw. Was wir aber brauchen ist ein vernünftiger, belastbarer Energiemix, der der deutschen Wirtschaft Sicherheit gibt. Sie schauen einfach zu, wie die Energiekosten hochgehen. Das sind doch alles Standortnachteile; das verhindert doch Wirtschaftswachstum in Deutschland.
Wir brauchen außerdem eine Reform der Sozialversicherungen. Frau Kollegin Kronawitter, da sprechen Sie natürlich die solidarische Gesundheitsprämie an. Was aber macht die SPD? Sie verlangt die Bürgerversicherung, das Ganze dauert 40 Jahre, und dann verbreitet sie Nebelschwaden. Kein Mensch weiß, was tatsächlich gemeint ist – alles was recht ist!
Weil ich gerade beim Thema der Reform der Arbeitslosen- und Sozialversicherungen bin, frage ich Sie: Was passiert denn bei uns? Der Bundesagentur wird ein Aussteuerungsbetrag aufgebürdet. Der Aussteuerungsbetrag ist sozusagen ein Strafgeld, das gezahlt werden muss, wenn diejenigen, die Arbeitslosengeld empfangen, von der Bundesagentur – der BA – nicht rechtzeitig in den Arbeitsmarkt vermittelt werden, sodass sie Arbeitslosengeld-IIEmpfänger werden. Die BA muss doch tatsächlich 6,7 Milliarden Strafzahlungen – das ist der Aussteuerungsbetrag – an die Bundesregierung zahlen. Die BA bekommt einen Bundeszuschuss von 4 Milliarden, damit sie einen ausgeglichenen Haushalt hat. Wissen Sie, dass die BA den Bundeshaushalt mit 2,7 Milliarden subventioniert? Das sind 0,3 Prozentpunkte des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung. Ich sage Ihnen das, damit Sie einmal genau wissen, was intern so alles passiert. Im Moment liegt der Beitragssatz bei den Sozialversicherungen wieder bei 42 %. Von dieser hohen Belastung, die wir unserer Wirtschaft aufbürden, müssen wir unbedingt herunterkommen.
Wir müssen natürlich auch gemeinsam über die Arbeitszeit sprechen. Die tarifliche Jahresarbeitszeit beträgt bei uns 1557 Stunden.
Unter den 21 OECD-Staaten befinden wir uns damit an neunzehnter Stelle. In Italien wird 10 % mehr gearbeitet, in Großbritannien 17 %, in den USA 21 %. Das sind die Probleme, über die wir ernsthaft reden müssen, derer sich die Bundesregierung ernsthaft annehmen muss, wenn sie die Arbeitslosigkeit in Deutschland wirklich bekämpfen will.
Sie haben immer wieder gesagt – auch Frau Steiger hat das sehr schön gesagt –, dass Hartz IV ein guter Weg ist, mehr brauche man nicht zu machen. Das glauben Sie doch nicht ernsthaft!
Wissen Sie, dass die Vermittlungstätigkeiten bei Hartz IV in Deutschland um 25 % zurückgegangen sind? Wir haben bei der Reform der Bundesagentur immer gefordert, dass sie sich auf ihre Kernaufgaben besinnen soll. Im Moment ist es so, dass 18 % unserer Arbeitslosen – –
Frau Ministerin, ich muss Sie einen Moment unterbrechen. Ich nehme an, dass alle, die jetzt den Saal betreten haben, zur namentlichen Abstimmung herbeigekommen sind. Das sollte sich aber nicht in vermehrten Gesprächen auswirken. Ich bitte Sie also, der Ministerin zuzuhören.
Herr Präsident, deswegen ist diese Unruhe entstanden. Ich bin aber ganz froh, dass sich der Plenarsaal wieder füllt. – 18 % unserer Arbeitslosen werden über die Agenturen vermittelt, 58 % u. a. über das Internet. Das ist ein Armutszeugnis für die BA mit ihren Agenturen.
Frau Kollegin Steiger, bei den Hinzuverdienstmöglichkeiten gebe ich Ihnen durchaus Recht. Kollege Koch hat bei Hartz IV im Bereich der Vermittlungen gesagt, dass die Hinzuverdienstmöglichkeiten nach unten korrigiert werden sollen. Gleichwohl waren wir von der Bayerischen Staatsregierung immer der festen Überzeugung, dass wir bessere Hinzuverdienstmöglichkeiten schaffen müssen.
Vor diesem Hintergrund habe ich den Vorschlag gemacht, eine Familienkomponente einzuführen, die eine Erhöhung der Hinzuverdienstgrenzen, zum Beispiel um jeweils fünf Prozentpunkte pro Kind, in drei Einkommensstufen vorsieht, weil die Familien von der Arbeitslosigkeit besonders betroffen sind. Dadurch könnte man in Hartz IV die Familienfreundlichkeit etwas verbessern.
Frau Steiger, Sie haben die Arbeitslosenzahlen in Bayern angesprochen. Im Bund haben wir eine Arbeitslosenquote von 12,1 %. Die höchste Arbeitslosenquote Bayerns habe ich in Oberfranken, sie beträgt 11,4 %. Das ist zu hoch, das ist gar keine Frage. Auch für bayerische Verhältnisse ist das zu hoch. Kein Regierungsbezirk in Bayern hat aber eine annähernd so hohe Arbeitslosenquote wie der Bund insgesamt. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass Bayern für viele Menschen in Deutschland das „gelobte Land“ ist. Alleine aus den neuen Ländern kommen circa 95 000 Zuwanderer in den flexiblen, aufnahmefähigen Arbeitsmarkt.
Wir bemühen uns in Bayern gerade auch bei der beruflichen Bildung, die hier noch einmal angesprochen worden ist, intensiv darum, dass jeder ausbildungswillige und jeder ausbildungsfähige Jugendliche einen Ausbildungsplatz erhält. Das ist uns in Bayern auch gelungen.
Frau Kollegin Steiger, der Freistaat hat für Arbeitsmarkt und Ausbildungsstellenmarkt 100 Millionen Euro in die Hand genommen. Das war uns sehr viel wert. Gemeinsam mit allen Akteuren, mit der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern haben wir uns auf den Weg gemacht, Ausbildungsplätze für unsere Jugendlichen zu suchen. Ich meine schon, dass wir auch aus den Mitteln des Arbeitsmarktfonds sehr viel investiert haben.
Herr Kollege Hallitzky, Sie haben mehr Ehrlichkeit bei der Arbeitslosenstatistik angemahnt. Gleichzeitig haben Sie gesagt, dass die jetzige Statistik wesentlich ehrlicher wäre. Sie wissen schon, dass Sie noch die 1,4 Millionen Arbeitslosen dazuzählen müssen, die sich in irgendwelchen Arbeitsförderungsmaßnahmen befinden.
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das war doch bei Kohl auch schon so, aber da waren es 4,8 Millionen!)
Wenn Sie schon Ehrlichkeit fordern, sollten Sie natürlich auch die Menschen berücksichtigen, die sich in irgendwelchen Maßnahmen befinden. Ich habe Ihnen eingangs schon gesagt, dass wir eine beschäftigungsorientierte Wachstumspolitik brauchen. Wir brauchen Reformen im Arbeitsrecht. Wir brauchen Reformen bei den Sozialversicherungen und wir brauchen Reformen bei den Steuern.