Wenn ich mir jetzt noch die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Bayern anschaue – es gibt oft mehrere Wahrheiten zu einem Phänomen –, dann ist die Bezeichnung „unterdurchschnittlich im Bundesvergleich“ geradezu schönfärberisch; dann haben Sie keinen, aber wirklich keinen Grund, den Bund so maßlos zu kritisieren, wie in Ihrem Text geschehen und in rhetorisch etwas abgemilderter Form in Ihrer Rede.
Ihr erster Vorschlag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit lautet – ich habe ihn hier –: „Die Rahmenbedingungen für Unternehmen im Steuerrecht müssen erheblich verbessert werden.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben Recht. Jetzt kommt aber das große Aber. Erstens. Gleichzeitig fordern Sie vom Bund Mehrausgaben für alles Mögliche, von der Verteidigung bis zum Straßenbau. Zweitens. Gleichzeitig verhindern Sie mit Ihrer Blockadehaltung im Bundesrat nahezu jeden Subventionsabbau, den der Bund versucht hat.
Ich erinnere nur an die Eigenheimzulage. Gleichzeitig verhinderten Sie vor zwei oder eineinhalb Jahren das Steuervergünstigungsabbaugesetz. Plötzlich erzählen Sie nun: Subventionsabbau geht nicht. Herr Unterländer, das glauben Sie doch selbst nicht. Sie verhinderten das Steuervergünstigungsabbaugesetz. In der Summe haben Sie mit dieser Blockade, die ausschließlich parteitaktisch motiviert und gesellschaftlich völlig unverantwortlich ist,
einen Subventionsabbau um 23 Milliarden Euro – das entspricht zwei Dritteln des bayerischen Staatshaushaltes – verhindert.
Drittens. Sie schaffen es nicht, Ihre eigene bayerische Steuerverwaltung für einen pflichtgemäßen Einnahmevollzug auf die Höhe der Zeit zu bringen. Wir hatten das bei der Debatte des Einzelplans des Finanzministers bereits ausführlich behandelt.
Viertens. Sie blockieren auch jeden Versuch zur Verringerung der teilweise weltweit einmaligen deutschen Abschreibungsmöglichkeiten und verhindern damit, dass die Steuerbelastung auf breiter Front sinken kann. Auch Steuervereinfachung geht mit Ihnen nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie sind es, die mit unverantwortlichem Blockadepopulismus im Bundesrat die Konsolidierung des Bundeshaushaltes verhindern und den Spielraum für Steuerverringerungen nehmen.
Ausgerechnet Sie stellen sich aber heute hier hin und fordern bessere Rahmenbedingungen im Steuerrecht. Diese Chuzpe ist wirklich beeindruckend! Meine Lieben, die Wahrheit ist doch Folgende: Wer wie Sie finanzpolitisch so tut, als sei der Bund, die Bundesregierung eine eierlegende Wollmilchsau, der hat sich aus jeder ernstzunehmenden Debatte über die Steuer- und Finanzpolitik in Deutschland verabschiedet.
Kommen wir zur nächsten Ihrer Weisheiten in Ihrem Antrag. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wollen die Energiepreise senken, dem Klimaschutz Ade sagen. Dass Ihnen die Logik der ökologisch-sozialen Steuerreform möglicherweise zu kompliziert ist, dass man Energiepreise erhöht, weil Umwelt ein wertvolles knappes Gut ist und dass man Arbeit – im Moment ist ja reichlich Arbeitslosigkeit vorhanden – durch eine Subventionierung der Lohnnebenkosten billiger machen kann, dass Ihnen diese Logik etwas schwer fällt, vermag ich ja noch nachzuvollziehen. Dass aber am gleichen Tag, an dem Ihr Ministerpräsident in Berlin gegen das erneuerbare Energiengesetz wettert, dem chinesischen Ministerpräsidenten mit stolzgeschwellter Brust eine Biogasanlage als modernen deutschen Exportschlager vorführt, eine Biogasanlage, die es nur deshalb gibt, weil wir das EEG, das übrigens den Staatsanteil nicht erhöht, gegen Ihren Willen durchgesetzt haben,
zeugt schon von einer sehr schlecht getarnten Doppelzüngigkeit, lieber Kollege Kreuzer. Loben Sie uns lieber dafür, dass wir in Deutschland aufgrund unserer Energie
Dies bedeutet nicht nur mehr Klimaschutz, dies bedeutet nicht nur den mittelfristigen Ausstieg aus der menschlich nicht endgültig beherrschbaren und um ein Vielfaches höher subventionierte Atomenergie, dies bedeutet nicht nur neben der Steigerung der Energieeffizienz eine Antwort auf die Knappheit natürlicher Ressourcen wie Öl und Gas, sondern dies schafft auch Arbeitsplätze,
grüne Arbeitsplätze für die Zukunft bei der Produktion von Anlagen für erneuerbare Energien, bei verstärkten Energiesparmaßnahmen, zum Beispiel bei der Altbausanierung, und im Export. Der Weg, den wir in der Energiepolitik gehen, ist richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU; Sie sollten sich uns anschließen.
Hinzu kommt Ihr geradezu kindlicher Glaube – Sie lächeln auch so versonnen – an die ewige Weisheit der HenzlerKommission. Ich glaube, wir werden gleich noch über einen Dringlichkeitsantrag hierzu debattieren; deswegen kann ich mich kurz fassen. Die Arbeitszeitregelungen in Deutschland sind flexibel – das wissen Sie auch. Wie flexibel unser Tarifvertragssystem ist, haben wir in der letzten Woche erlebt, als es der rot-grünen Bundesregierung und den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes gelang, eine bahnbrechende Tarifreform für den Bund und für die Kommunen durchzusetzen – ein inhaltlich brillantes Ergebnis fairer Verhandlungen zwischen gleichberechtigten Partnern und damit das glatte Gegenteil zu dem, wie Sie – Kollege Kreuzer, Sie können auch zuhören, wenn Sie wollen –
Bei den Tarifpartnern und bei der rot-grünen Bundesregierung haben Sie Ihr erfolgreiches Vorbild gefunden, ein Vorbild, das Sie nur deshalb ablehnen, weil das gute und erfolgreiche Funktionieren der Sozialpartnerschaft nicht in Ihre Henzler-Ideologie passt.
Großartig ist auch Ihr Vorschlag Nummer vier, nämlich die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Bezieher von Arbeitslosengeld II zu verbessern. Ihnen ist offensichtlich völlig entgangen, dass Sie genau das im Vermittlungsausschuss blockiert hatten. Wir wollten die verbesserten Möglichkeiten; Sie haben sie verhindert.
Heute führen ausgerechnet Sie sich als Rächer der Enterbten auf. Dazu kann ich nur sagen: Ich halte es für ganz schön mutig, dass Sie die Menschen für so dumm halten, dass sie dieses schlichte Wendemanöver nicht durchschauen.
Der reine Populismus ist auch Ihr Vorschlag einer Hinzuverdienstfamilienkomponente. Herr Kollege Unterländer, Sie sagten, dass Sie damit Bürokratie abbauen wollen. Ich sage, das ist nicht nur ein Wortungeheuer, sondern gelebte Bürokratie. Das wäre teuer und würde zugleich die klassischen Arbeitsanreize verringern. Das ist wieder einmal ein untauglicher Vorschlag von Ihrer Seite.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregierung hat mit ihren arbeitsmarktpolitischen Reformen den jahrelangen Stillstand Ihrer alten und zu Recht abgewählten Regierung beendet. Der Weg, den wir dabei gegangen sind, war keineswegs einfach oder populär. Wir haben nicht nur den Mund gespitzt, sondern die Reform durchgezogen. Das war hart, aber notwendig. Auch die Modernisierung der Bundesagentur für Arbeit haben wir mit den HartzGesetzen – insbesondere mit Hartz III – vorangebracht.
Lieber Herr Kollege Unterländer, wenn Sie bereits nach drei Wochen glauben, Sie könnten die Wirkungen dieser neuen Gesetze in Bezug auf die Fallzahlen und auf die verbesserte Förderung von Arbeitslosen bereits jetzt ohne eine vernünftige Analyse erkennen und könnten schon heute draufsatteln, kann das nur einen Grund haben: Sie wollen die gesamte Situation auf dem Arbeitsmarkt chaotisieren. Dafür dürfen Sie von uns keine Zustimmung erwarten.
Erlauben Sie mir noch einen letzten Hinweis: Sie haben soeben bei der Zwischenfrage zugegeben, dass die deutsche Einheit auf dem Arbeitsmarkt nicht bewältigt worden sei. In der Analyse dieses Punktes sind wir uns einig. Allerdings war es eine von Ihnen geführte Regierung, die blühende Landschaften zum Nulltarif versprochen hat, die jedoch den Zuwachs durch die neuen Bundesländer nicht vernünftig bewältigt hat. Diese Bundesregierung hat das Land in eine gesamtgesellschaftliche Sklerose riesigen Ausmaßes und in eine hohe Arbeitslosigkeit hineingeführt. Das sollten Sie stets bedenken, bevor Sie sich hierher stellen und Bayern oder Deutschland Ihre alten, untauglichen oder unfinanzierbaren Vorschläge als neue Weisheiten unterbreiten.
Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Dr. Kronawitter. Zwischenzeitlich möchte ich bekannt geben, dass die CSU-Fraktion eine namentliche Abstimmung zu diesem Punkt beantragt hat. Die nächste Rednerin wird Frau Staatsministerin Stewens sein. Anschließend werden wir wahrscheinlich abstimmen. Bitte, Frau Kollegin Dr. Kronawitter.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner und meine Kollegin haben bereits deutlich gemacht, dass der Antrag, wie Sie
ihn betitelt haben, nämlich „Arbeitslosigkeit wirksam bekämpfen“, einen vollmundigen Anspruch signalisiert. Diesen Anspruch können Sie nie und nimmer einhalten.
Mit allen sechs Punkten dieses Antrags beweisen Sie, dass Sie keine besseren Rezepte als die rot-grüne Bundesregierung in Berlin haben.
Im Gegenteil: Sie bleiben mit diesem Antrag – genau wie gestern in Berlin – im Ungefähren und Unverbindlichen, weil Sie sich nicht mit konkreten Vorschlägen und Rezepten festlegen wollen. Ich gebe zu, Sie sind in dieser Beziehung ein gebranntes Kind. Bei der Gesundheitsreform haben Sie versucht, eine Lösung vorzuschlagen. Herausgekommen ist ein Wortungeheuer, das beweist, wie unklar und unsicher Sie bei Ihrem Vorschlag sind und dass Sie sich nicht einigen können, weil Sie alles auf einmal wollen.
Das Wort in Ihrer Gesundheitsreform heißt „gemischtlohnabhängige arbeitgeberbeitragsvorsteuerergänzungsfinanzierte Teilpauschalenprämie“.
Nach dieser Erfahrung habe ich Verständnis dafür, dass Sie es vermeiden, konkrete Vorschläge zu machen. Sie könnten wieder damit baden gehen.
Heute wurde bereits angesprochen, dass wir Wachstum brauchen, damit Arbeitsplätze geschaffen werden können. Herr Kollege Unterländer, als Wirtschaftlerin kann ich jedoch nicht nachvollziehen, wie Sie auf die von Ihnen genannten 4 % kommen. Ich gebe zu, dass uns die Wachstumsdelle vom letzten Vierteljahr nicht gut tut. Aus den Analysen geht klar hervor, dass dies auch mit der Schwäche der Binnenkonjunktur zusammenhängt.