Der Schwerpunkt unserer Aktivitäten – der Schwerpunkt des Klimaschutzkonzeptes in Bayern – ist der Gebäudebestand, der Altgebäudebestand im privaten und öffentlichen Bereich. Eine Kosten-Nutzen-Betrachtung, die wir von der Technischen Universität München haben erstellen lassen, zeigt, dass insbesondere bei älteren Gebäuden der Einsatz finanzieller Mittel die größten Beiträge zur CO2-Reduktion liefern kann.
Hier sind Handlungsbedarf und Ökoeffizienz am höchsten. Genau auf diesem Feld beabsichtigt der Bundesfinanzminister, die bisher vorgesehenen und bereitgestellten Mittel zu kürzen.
Ich darf noch einmal aus der „FAZ“ von heute zitieren – ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt. Ich zitiere noch einmal den Sprecher der GRÜNEN, Dr. Reinhard Loske, der gesagt hat, dass nicht nur die Mittel beizubehalten sind, sondern von gegenwärtig 360 Millionen auf 720 Millionen verdoppelt werden sollten. Besonders das Mittelvolumen des KfW-Programms reicht nicht aus, um eine nennenswerte Kohlendioxydminderung zu erreichen. Das sagen ihre eigenen Leute in Berlin. Deshalb will ich auch von meiner Seite noch einmal deutlich machen, dass die Bundesregierung ihren Beitrag leisten muss.
(Margarete Bause (GRÜNE): Welchen Beitrag leisten Sie denn? – Susann Biedefeld (SPD): Wie sieht es denn mit den bayerischen Liegenschaften aus?)
Man kann nicht nur irgendwelche hehren Prozentziele in die Welt setzen und sich dann vor den Maßnahmen der Umsetzung drücken. Letztendlich muss derjenige, der A sagt, auch B sagen.
Das gilt nicht nur für die CO2-Reduktion, sondern auch für die Folgenanpassung. In erster Linie müssen wir unsere Hochwasserschutzstrategie an die Klimaerwärmung anpassen. Das Konzept nach dem Aktionsprogramm 2020 hat sich bewährt. Wir wollen es deshalb trotz schwieriger Haushaltslage weiter konsequent umsetzen und halten auch für den Doppelhaushalt an den durchschnittlichen Jahresinvestitionen von 115 Millionen pro Jahr fest.
Ich will zu einem zweiten großen Schwerpunkt nach Klimaschutz und Hochwasserschutz kommen, nämlich dem Gesundheitsschutz. Auch hier zieht sich die Grundlinie der Vorsorge konsequent durch. Vorsorgen – so sagt ein altes Sprichwort – ist besser als Heilen. Nirgendwo gilt dies mehr als bei der Gesundheit. Prävention erspart den Betroffenen viel Leid und der Gesellschaft gewaltige Kosten. Der Sachverständigenrat für konzentrierte Aktion im Gesundheitswesen schätzt, dass bis zu 30 % der Gesundheitskosten durch langfristige Prävention vermieden werden können. Wir haben deshalb eine Initiative zur Prävention in Bayern mit dem Motto „Gesund.Leben.Bayern“ gestartet und konzentrieren uns dabei auf die chronischen Volkskrankheiten und Hauptrisikofaktoren wie Rauchen, Alkohol, Übergewicht sowie betriebliche Gesundheitsfragen.
Beim Rauchen wollen wir den Trend umkehren und das Einstiegsalter, das in den letzten Jahren immer weiter gesunken ist, wieder heraufsetzen und mehr junge Leute vom Rauchen wegbringen. Wir setzen dabei auf Vernunft und Eigenverantwortung und möglichst wenig staatliche Regeln. In der Schule steht allerdings der Schutz der Jugendlichen im Vordergrund. Unsere Jugend soll Rauchfreiheit als Normalfall erleben. Deshalb wollen wir noch in diesem Jahr die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass an allen Schulen Bayerns Rauchfreiheit generell eingeführt wird.
Allein in Bayern sterben Jahr für Jahr 16 500 Menschen vor dem 65. Lebensjahr an den Folgen des Rauchens. Deshalb sollte unsere Jugend Rauchfreiheit als Normalität erleben. Deswegen sollte überall dort, wo Kinder und Familien sind, nicht geraucht werden. Das gilt für Schulen, das gilt aber selbstverständlich auch für Orte, in denen Heilung praktiziert wird, nämlich die Krankenhäuser. Auch sie sollen rauchfrei werden. Als erstes Großklinikum hat Augsburg damit begonnen, innerhalb der nächsten drei Jahre die Rauchfreiheit komplett herzustellen. Auch in Gaststätten und Hotels wird Rauchfreiheit groß geschrieben und der Nichtraucherschutz ausgeweitet. Nach der Vereinbarung mit dem Hotel- und Gaststättenverband sollen mindestens 50 % aller bayerischen Hotels und Gaststätten bis zum Ende nächsten Jahres rauchfrei bzw. nichtraucherfreundlich sein. Ich denke, dass wir damit im Zusammenhang mit dem Rauchen die Vorsorge kraftvoll vorantreiben können. Auch dem verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol gilt ein Schwerpunkt der Vorsorgeinitiative. Das gleiche gilt für den Kampf gegen das Übergewicht: gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung.
Nach der leider unvermeidlichen Abschaffung der dezentralen Ernährungsberatung bauen wir ein neues Netzwerk mit Ärzten, Apothekern und vielen anderen auf. Wir wollen mit allen gesellschaftlichen Kräften zusammenwirken, um Gesundheitswissen zu vermitteln und Gesundheitsförderung zu betreiben. Auch hier liegt der Schwerpunkt insbesondere darin, auf Kinder und junge Leute zuzugehen. Ob beim Kindergartenprojekt „Tiger Kids“ oder in der Schule ist es wichtig, dass Schüler und Kinder sich eigenverantwortlich in den Pausen gesund ernähren. Wichtig sind auch Projekte zwischen Schulen und Vereinen, um mehr Bewegungsangebote zu unterbreiten.
Lassen Sie mich vor dem Hintergrund der Kürze der zur Verfügung stehenden 30 Minuten noch auf den Naturschutz kommen: Wir können heute den 100. Geburtstag des kooperativen Naturschutzes in Bayern feiern. Die Gründung des bayerischen „Landesausschusses für Naturpflege“ von 1905 ist Anlass für dieses Jubiläum. Wir wissen uns dieser Tradition verpflichtet, stellen uns der Verantwortung für die Schöpfung, für unsere herrliche bayerische Natur- und Kulturlandschaft. Bayern, sein Selbstverständnis, seine Identität und Lebensqualität leben von unserer wunderbaren heimatlichen Natur.
Mit der Meldung vom Herbst vergangenen Jahres bringt Bayern 11,3 % seiner Landesfläche in das europäische Naturerbe „Natura 2000“ ein. Der bayerische Weg, Naturschutz in Dialog und Partnerschaft mit allen Beteiligten zu betreiben – vor allem mit unserer Landwirtschaft, lieber Ausschussvorsitzender Helmut Brunner – hat sich dabei erneut bewährt. Es geht darum, Naturschutz im Miteinander mit den Grundstückseigentümern und denen, die unseren Boden, unsere Heimat und unsere Natur bewirtschaften, zu betreiben. Wir werden deshalb so unbürokratisch, so kooperativ und so flexibel wie irgendmöglich „Natura 2000“ umsetzen und die FFH-Managementpläne erstellen. Auch der Naturschutz braucht ein modernes Ökomanagement statt einer überbordenden bürokratischen Regelung.
Gefordert ist aber auch die Europäische Union – auch das will ich offen sagen; denn wer A sagt, muss auch B sagen. Europa wollte einen europaweiten Biotopverbund. Wir fordern deshalb von Seiten Bayerns auch die notwendigen Finanzmittel ein, um die europäische Kofinanzierung für „Natura 2000“ sicherzustellen.
Wir dürfen uns aber auch hier nichts vormachen. Angesichts der knappen Fördermittel müssen wir Prioritäten setzen. Dazu gehört die Konzentration der Mittel auf den Ausbau des Biotopverbundsystems, auf Erhalt und Pflege der bayerischen Landschaften – zum Beispiel in den Naturparken –, aber auch die Förderung unserer Gartenschauen. Wir werden dem Hohen Haus in der ersten Hälfte dieses Jahres eine Novelle des Bayerischen Naturschutzgesetzes vorlegen, um so das Bundesnaturschutzgesetz umzusetzen, und zwar so unbürokratisch und so flexibel wie möglich.
Wir haben – lassen Sie mich innerhalb der Redezeit diese Schlussbemerkung noch machen, Herr Präsident – nach der Flutkatastrophe in Südostasien eine Welle globaler Solidarität erlebt. Wir sollten diesen Schwung der Solidarität mitnehmen und weiter tragen. Es ist eine Welle der Solidarität mit der heutigen und noch mehr mit den künftigen Generationen. Wir wollen den kommenden Generationen hier und überall in der Welt ihre natürlichen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensgrundlagen sichern helfen.
Das ist das große Leitbild nachhaltiger Entwicklung. Dabei geht es, wie es unser Bundespräsident sagt, nicht „um Verzicht, sondern um Gewinn, nicht um Beschränkung, sondern um Verantwortung, nicht um Gängelung, sondern um Freiheit“. Dieses Leitbild der Nachhaltigkeit, der Vorsorge für Mensch und Umwelt heute und morgen ist uns Auftrag und Verpflichtung.
Ich danke allen hier im Hohen Haus und allen Partnern im ganzen Land für die Zusammenarbeit im Sinne der Erreichung dieser Ziele und bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, um Zustimmung zu dem vorgelegten Haushaltsentwurf.
Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von einer Stunde und 30 Minuten festgelegt. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 46, auf die SPDFraktion 25 und auf die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN 19 Minuten. Als Erster hat Herr Kollege Müller das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben nur eine Erde. Wir können sie weder verlassen noch austauschen. Deshalb müssen wir sie bewahren. Sie ist unsere natürliche Lebensgrundlage. Wir müssen sie in einem Zustand bewahren, in dem unser Leben möglich ist.
Globale Veränderungen sind auf das menschliche Einwirken zurückzuführen. Das Ozonloch ist zur Dauerbedrohung geworden. Die Temperaturen steigen. Der Klimawandel ist voll im Gang. Die Regenwälder werden zerstört. Viele Tier- und Pflanzenarten sterben aus. Naturkreisläufe werden zerstört. Die Anzahl und die Schwere der Naturkatastrophen nehmen zu. Die veränderten Lebensbedingungen erzeugen neue Krankheiten und Seuchen.
So wichtig es ist, sich auf diese neuen Bedingungen einzustellen und ihre menschenfeindlichen Auswirkungen zu bekämpfen, so steht doch fest, dass das nur der halbe Ansatz ist. Die Erde als Reparaturbetrieb zu verstehen, kommt zwar dem Verständnis vom technisch Machbaren entgegen, ist aber nur eine Hälfte. Wir müssen vom Reparieren zum Bewahren, zur Vorsorge kommen.
Ich denke, das sollte vor allem wieder – ich sage bewusst: wieder – die CSU lernen. Bayern hatte das erste Umweltministerium und den ersten parlamentarischen Umweltausschuss. Die Beteiligung der SPD an diesem Vorhaben habe ich vor einiger Zeit hier deutlich gewürdigt.
Es war einmal vor 30 Jahren, dass Bayern an der Spitze des Umweltschutzes stand. Heute ist Bayern in vielen Bereichen auf dem letzten Platz der Bundesländer.
Mit der Vorlage der aktuellen Roten Liste für gefährdete Tier- und Pflanzenarten hat Bayern seinen Nimbus verloren, beim Naturschutz an der Spitze zu liegen.
Da können Staatsregierung und CSU noch so laut auf die Gründung des ersten Umweltministeriums in Deutschland verweisen. Das ist Vergangenheit. Die ökologische Wirklichkeit ist so düster wie nie zuvor. Als übertriebene Schwarzmalerei abtun lässt sich da nichts mehr. Nicht die oft geschmähten Naturschützer und ihre Verbände haben die Defizite in der Natur offen gelegt, sondern das Landesamt für Umweltschutz, das dem Umweltministerium untersteht. Das verleiht der jetzt vorgelegten Bilanz ein doppeltes Gewicht. Für Umweltminister Werner Schnappauf dürften viele Festlegungen wie eine schallende Ohrfeige wirken. Getroffen fühlen darf sich auch Ministerpräsident Stoiber, der die Umweltpolitik zur Chefsache gemacht hat.
Ich habe gesagt, wer das war. Aber der Umstand, dass die Rote Liste deutlich macht, dass in Bayern mehr als die Hälfte der Arten gefährdet und am Aussterben ist, sollte deutlich machen, dass man zur Bewahrung der Natur jetzt etwas tun muss. Man darf nicht sagen: Das machen wir in 10 oder 20 Jahren. Das ist der entscheidende Punkt.
Nachhaltigkeit ist ein globales Prinzip, das wir an erster Stelle lokal und regional lösen können und müssen. Fingerzeige auf andere helfen nicht weiter, wenn wir uns damit aus unserer eigenen Verantwortung stehlen wollen. Niemand hindert uns in Bayern, voranzugehen und unseren Beitrag zu leisten. Wenn uns dies gelingt, werden andere nachziehen und mitmachen. So sollten wir uns verstehen.
Der morgige 16. Februar 2005 wird weltweit als Festtag gefeiert. Es ist fürwahr ein historischer Tag. Das KyotoProtokoll kann nun nach langen Verfahren und vielen Widerständen in Kraft treten. Die Unterzeichnung wird an
vielen Orten der Welt festlich begangen. Auch in Bonn wird ein Festakt stattfinden. Ich freue mich über den Anteil, den gerade auch meine Bundesregierung und unser Bundeskanzler daran hatten, dass das Kyoto-Protokoll nun in Kraft treten kann und dass vor allem auch Russland beigetreten ist; dies kommt ja wohl nicht von ungefähr.
Ich bedaure, dass sich die USA nach wie vor verschließen. Ich bedaure, dass die Bayerische Staatsregierung nachhaltiges Engagement vermissen lässt und sich beharrlich weigert, für Bayern ein klares, ambitioniertes Klimaschutzziel anzusteuern, nämlich eine Reduzierung der CO2Emissionen bis zum Jahr 2012 um 20 %, wie wir es lange fordern. Das wäre „Kyoto plus“, Herr Minister. Sie sollten nicht mit dem Finger nach Berlin zeigen. Die drei Finger, die auf Sie zeigen, lassen sich zum Anlass nehmen, „Kyoto plus“ in Bayern zu praktizieren, statt es von anderen zu fordern.
Seit diesen Tagen liegen erste Ergebnisse der bislang weltweit größten Studie zum Klimawandel vor. An diesem Projekt „Climate Prediction Net“, geleitet von Davis Stainford von der University of Oxford, haben sich mehr als 95 000 Menschen aus 150 Ländern beteiligt. Das Ergebnis, werte Kolleginnen und Kollegen, ist alarmierend. Durch Treibhausgase können die Temperaturen bis Mitte dieses Jahrhunderts global um bis zu 11 Grad Celsius ansteigen. Das ist mehr als das Doppelte der bisher von der vom zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimafragen angenommenen maximalen Erwärmung. Ich denke, das sind dramatische Zahlen. Die haben nichts mit SPD oder CSU zu tun, sondern sind Grundlage dafür, welche notwendigen Schritte heute zu tun sind.
Was das bedeutet, zeigen verschiedene Szenarien. Ich darf nur an die bereits sichtbaren Wetterextreme und Klimaveränderungen erinnern. Ich weise aber auch darauf hin, dass 80 % der Menschen weniger als 200 Kilometer vom nächsten Meer entfernt leben. Ich darf daran erinnern, was ein Abschmelzen der Polkappen für den Wasserspiegel der Meere und die Süßwasserreservoire bedeutet.
Zukunftssicherung bedeutet, jetzt statt später zu handeln. Damit ist der Klimaschutz vorrangige Aufgabe der Politik. Wir können es uns nicht leisten, darauf zu vertrauen, dass es schon irgendwie weitergeht. Wir müssen global umsteuern und zu diesem Zweck lokal handeln. Klimaschutz ist an erster Stelle eine neue Energiepolitik, mit der wir CO2-Emissionen drastisch mindern können.
Die moderne Energiebewirtschaftung der Bundesregierung mit den Eckpfeilern Energieeinsparung, höhere Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien ist eine Erfolgsgeschichte. Marktanreizprogramme und garantierte Einspeisevergütungen, aber auch höhere Standards in den gesetzlichen Vorgaben wie in der Energieeinsparungsverordnung haben die entscheidenden Weichen gestellt und werden mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz konsequent weiterentwickelt.
Wir freuen uns über den gigantischen Erfolg dieser Programme besonders in Bayern. Mehr als 50 % der Förderanträge zu Biomasse und Biogas und mehr als 40 % in Photovoltaik- und Solaranlagen kommen aus Bayern, sind aber vom Bund initiiert. Das ist der entscheidende Punkt.