Protocol of the Session on February 15, 2005

(Beifall bei der SPD)

Dieser Erfolg kommt für die CSU sicher unerwartet. Sie versucht, die Entwicklung aufzuhalten. Es häufen sich die Diffamierungen der erneuerbaren Energien. Zum Beispiel erheben Sie den Vorwurf, dass mit Windenergie Geld verdient werden kann. Why not?

Einzelne erneuerbare Energieträger werden gegeneinander ausgespielt. Das jüngste Beispiel dazu liefert aus diesem Haus der neue energiepolitische Sprecher der CSULandtagsfraktion mit seinen wütenden Attacken. Im Grunde genommen lohnt es sich nicht, näher darauf einzugehen. Als Antwort möchte ich dem umweltpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Peter Paziorek, zitieren, der eindeutig feststellt: Insgesamt sind damit – mit dem Ausbau der Windenergie – Kosten bis zum Jahr 2015 von rund 1,15 Milliarden Euro verbunden. Damit ist klar, dass mit dem Ausbau der Windenergie hohe Investitionskosten für die Netzinfrastruktur verbunden sind.

Katastrophenszenarien, wie sie im Vorfeld oft verbreitet wurden, waren jedoch übertrieben. Sie sind und waren übertrieben. Es ist jetzt vier oder fünf Wochen her, seitdem diese ersten Nachrichten kamen. Das Bayerische Fernsehen hat vor zwei Tagen in den Nachrichten als aktuelle Position noch die Ihres energiepolitischen Sprechers gebracht. Ich frage mich, wie langsam eigentlich der Bayerische Rundfunk ist, bis er begreift, dass sich selbst in der Union diese Position bereits geändert hat.

(Beifall bei der SPD)

Letztlich zeigt die Studie, dass der Ausbau erneuerbarer Energien kostengünstiger ist als erwartet. Der Anteil erneuerbarer Energien nimmt stetig zu; das muss er auch.

Die Shell-Studie kommt zum Beispiel zu dem Ergebnis, dass bereits im Jahr 2025 der Anteil an erneuerbaren Energien so hoch sein muss wie im Jahre 2000 der Anteil an fossilen Energieträgern.

Man muss sich einmal vorstellen, was das für gewaltige Dimensionen sind bei der Prognose der Energie, die wir in der Zukunft brauchen. Im Übrigen kommt die Shell-Studie auch zu dem Ergebnis, dass dies bei der Akzeptanz der Kernenergie nicht im Ansatz zu erreichen ist. Das heißt, es gibt gar keine andere Alternative als auf alternative Energien zu setzen und sie nicht zu verteufeln. Das ist der entscheidende Punkt, um den es geht.

Die Herren Stoiber, Wiesheu und Schnappauf sind die letzten Paladine der veralteten Technologie Atomkraft. Sie wollen das Rad zurückdrehen und propagieren die Renaissance der Atomkraft. Sie halten die Option eines weiteren Atommeilers in Bayern, wie sie der beim bayerischen

Wirtschaftsministerium angesiedelte Energiedialog gefordert hat, aufrecht.

Die CSU wägt die Frage, ob Atomkraft oder fossile Energien das Klima mehr belasten, gegeneinander ab. Diese Frage ist nach meiner Auffassung falsch gestellt, weil sie die Potenziale von Energieeinsparung, höherer Energieeffizienz und erneuerbarer Energien nicht bewertet.

Wir stellen die Frage: Wie können wir auf die Nutzung der Kernenergie verzichten und die Nutzung fossiler Energieträger, die uns zudem in Abhängigkeit halten und durch die Endlichkeit der Reserven auch immer mehr Kosten verursachen, zurückschrauben?

(Zuruf des Abgeordneten Henning Kaul (CSU))

Ich komme gleich darauf, lassen Sie mich

weiterreden. – Die Antwort darauf ist der Dreiklang aus Energiesparen, höherer Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien. Übrigens zeigt eine Umfrage ganz deutlich, dass es in der Bundesrepublik Deutschland eine Akzeptanz für die Atomenergie nicht gibt. Ich will das nicht weiter aufdröseln.

(Zuruf des Abgeordneten Henning Kaul (CSU))

Hören Sie zu, ich komme gleich zu dem Thema.

Die IEA, die Internationale Energieagentur, bestätigt Deutschland die richtigen Weichenstellungen bei den erneuerbaren Energien und seine Vorreiterrolle. Deutschland ist Weltmeister bei der Windnutzung und bei der Nutzung der Sonnenenergie. Deutschland ist Marktführer bei Windkraftanlagen und liegt hinter Japan auf Platz 2 beim Bau von Sonnenkollektoren und in den Umwelttechnologien insgesamt. Die erneuerbaren Energien sichern Arbeitsplätze und sind ein Exportboom sondergleichen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auch das Modell Deutschland ist ein Exportschlager.

(Lachen bei der CSU)

China hat im letzten Jahr das deutsche Modell bei den erneuerbaren Energien übernommen mit dem Ziel, dass die Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2010 auf 12 % ansteigt und damit einen größeren Umfang annimmt, als die Energiegewinnung aus Kernkraft hat. Ich setze dem entgegen das so genannte bayerische Klimaschutzbündnis. Es war von Anfang an nach meiner Auffassung eine Seifenblase, und die ist es auch weiterhin. Hier arbeitet die Staatsregierung damit, dass der Bund die Lasten schultern soll.

Nachdem sich die Stoiber-Regierung bereits beim Bau von Blockheizkraftwerken auf die Bundesförderung verlässt, soll nun der Bund auch die Gebäudesanierung alleine schultern. Das halte ich für schamlos, meine Damen und Herren. Ich möchte ganz gerne bayerisches Engagement, und zwar verstärktes.

(Beifall bei der SPD)

Dass die CSU-Umweltstaatssekretärin Müller die Wärmedämmung, die energetische Sanierung bei kommunalen Gebäuden als vordringlich bezeichnet, ist richtig. Dass die Staatsregierung die Kommunen damit alleine lässt und sich darauf beschränkt eine Bundesförderung anzumahnen, ist unverschämt und zeigt offenbar die katastrophale Untätigkeit der Staatsregierung im Klimaschutz. So ist die Realität.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen – jetzt passen Sie bitte auf, Herr Dr. Bernhard und Herr Kreuzer – zusätzlich mindestens 5 Millionen Euro pro Haushaltsjahr zur Errichtung eines Programms für einen bayerischen Ökokredit zur Zinsverbilligung und Darlehen für energetische Sanierung von Altbauten in privater Hand. Altbauten bieten anerkanntermaßen ein riesiges CO2-Einsparpotenzial. Die Kolleginnen und Kollegen, die vor kurzem in Berlin bei der Ausstellung im ICC für erneuerbare Energien dabei waren, haben sich vor Ort kundig machen können, mit wie wenig Aufwand man, wenn man denn nur wollte, ein Maximum an CO2-Einsparung durch die Ausweitung von Wärmedämmmaßnahmen im Altbaubereich erreichen könnte, wenn man nur wollte. Da steckt ein so großes Potenzial drin, noch mit dem Ergebnis, dass es für unsere Handwerker im Mittelstand ein hervorragendes Arbeitsplatzprogramm wäre. Da würden sich Synergien ergeben, die für die Zukunft absolut sinnvoll sind.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Weichen in Bayern müssen in Richtung einer Energiewende gestellt werden. Dafür bietet Bayern die besten Vorraussetzungen. Die von der SPD-Landtagsfraktion in Auftrag gegebene Studie „Energiewende ist möglich“ des „Institute for Sustainable Solutions and Innovations“ – ISUSI – in Aachen, sieht folgende Potenziale. Jetzt komme ich zu dem Ergebnis, vielleicht schreiben Sie mit, Herr Kreuzer. Sie werden dann zu erstaunlichen Ergebnissen kommen, die zeigen, was wir erreichen könnten, wenn wir das wollten.

(Joachim Herrmann (CSU): Das ist ja grauenhaft!)

Windenergie: 6,2 % des Strombedarfs können aus Windkraft gewonnen werden.

Erdwärme: Das geothermische Potenzial Bayerns entspricht bis zu 65 % dem primären Bedarf.

Biomasse: Biomasse und Biogas können bis zu 16 % des primären Energieverbrauchs decken.

Solarthermie – ich hoffe, Sie schreiben mit –: 13 % der verfügbaren Dachflächen würden ausreichen, um 60 % des Warmwasserbedarfs durch solarthermische Anlagen zu decken.

Wärmedämmung: Der Heizwärmebedarf von Altbauten könnte durch energetische Sanierung um 70 % reduziert werden.

Folgt man diesem Weg zur Energieeinsparung, zu höherer Energieeffizienz und dem Einsatz erneuerbarer Energien, so ergibt sich ein gewaltiges Verminderungspotenzial bei den Treibhausgasen in Bayern von mehr als 37 Millionen Tonnen CO2, eine Verminderung um mehr als 40 %, mehr als 90 Millionen Tonnen CO2.

Schritte dazu sind die Nutzung der Windkraft, der Einsatz von Biomasse, – –

(Joachim Herrmann (CSU): Wo denn?)

Altbautensanierung, Stromeinsparung und Warmwasserbereitung durch Solaranlagen. Aus diesem Maßnahmenmix sowie anderen Maßnahmen aus Erdwärmenutzung, Photovoltaik etc. errechnet das ISUSI eine Verminderung um 40 % der derzeitigen CO2-Emissionen in Bayern. Das ist ein Ziel, das bis zum Jahre 2020 erreicht werden könnte.

Ich will Ihnen eines sagen: Es ist nicht entscheidend, ob Sie heute einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Wenn jemand davon spricht, man dürfe Hypotheken nicht in die Zukunft verschieben, dann kann ich nur sagen: Wichtiger als alles andere ist, dass wir Lebensgrundlagen sichern, nicht erst in vier Jahren, sondern heute.

(Zuruf von der CSU)

Ja, da habe ich gar nichts dagegen, fangen Sie nur einmal kräftig an. – Das zeigt, der beste Klimaschutz für Bayern ist ein Mix aus Energiesparen, höherer Energieeffizienz und dem Einsatz erneuerbarer Energien. Gleichzeitig verringert sich damit die Abhängigkeit Deutschlands und Bayerns von importierten Energieträgern.

(Anzeige der Redezeit)

Nur noch drei Minuten, um Gottes Willen, wie schade. – Eine der großen aktuellen Herausforderungen ist die Einhaltung der neuen EU-Richtlinie für Feinstäube. Das ist vor allen Dingen für die Ballungsräume Bayerns eine große Herausforderung, die man damit nicht allein lassen kann. Kollege Wörner ist in diesem Bereich sehr aktiv. Konkrete Hilfsangebote der Staatsregierung gibt es nicht, sondern nur Hilflosigkeit, Untätigkeit und Uneinigkeit. Ich will Ihnen ganz gerne etwas sagen: An dem Tag, an dem Umweltminister Schnappauf die geplanten Steuererleichterungen der Bundesregierung als „zu spät und zu zaghaft“ einschätzte, hat der Finanzminister gesagt, die Steuergeschenke können wir uns in dieser Form gar nicht leisten.

Entweder will man das eine oder das andere. Sprecht euch lieber ab und einigt euch darauf, was vernünftig ist.

Meine Damen und Herren, aus Zeitgründen kann ich nun den Bereich Gen-Technik nicht mehr ansprechen, aber ich denke, das können wir zu einem anderen Zeitpunkt noch ausführlich tun.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Ich will Ihnen noch eine Frage für die Diskussion in der Zukunft mitgeben. Ich stelle mir die Frage: Wie sieht das Weltbild der CSU aus. Ich habe den Eindruck, Sie sind sehr nahe an

einem Weltbild, das versucht, den Menschen in den Mittelpunkt als Maß aller Dinge zu stellen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass alles, was machbar ist, auch gemacht wird. Mir kommt das Weltbild so vor – ich denke nur an die läppische Diskussion über die Schneekanonen –, wie ich es bei meinen Besuchen in den Siebziger- und Achtzigerjahren in der ehemaligen DDR erfuhr. Da konnte man auf großen Plakaten lesen: Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein.

Ich fordere Sie auf, Ihr Weltbild zu überprüfen. Wenn Sie es überprüfen, kommen Sie vielleicht zu einem Weltbild, das bedeutet, dass wir heute in Partnerschaft mit der Umwelt und in Respekt gegenüber der Schöpfung zu handeln haben und nicht mehr all das tun sollen, was machbar ist. Die Atomenergieszenarien und andere machen deutlich, wovon ich hier rede. Ihre Gedanken sollten diesen Weg nehmen. Ich weiß, dass Sie im Kern eine andere Politik vertreten als wir. Die unsere will in die Zukunft schauend den Kindern eine Chance geben und in Partnerschaft mit einer lebenswerten Umwelt leben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir lehnen diesen Haushalt ab.