Mit diesem Gesetz wird es Verlierereinrichtungen geben. Das ist keine Erfindung von mir, sondern das Staatsministerium gesteht das offen ein. Verlierereinrichtungen werden Kindergärten sein, die nur eine Gruppe haben, die klein sind. Es werden aber auch Kindergärten mit einem anderen Konzept sein. Die Staatsregierung ist sich dessen wohl bewusst. Sie hat im „Newsletter 9“ an alle Kindergärten geschrieben, dass es Verlierereinrichtungen geben werde. Damit nicht genug: Man weiß jetzt schon, dass die Erzieherinnen nicht genügend bezahlte Zeit zur Verfügung haben werden, um die Kinder ausreichend betreuen zu können. Deshalb macht die Staatsregierung den Vorschlag, dass die Erzieherinnen am Nachmittag in selbstständiger Nebentätigkeit – das ist die wörtliche Formulierung – die Kinder betreuen. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass es sich um eine Scheinselbstständigkeit handeln soll.
Das Eingeständnis des Scheiterns liegt schon im Vorfeld auf der Hand. Dieser „Newsletter“ ist der Versuch der Korrektur mit halblegalen Mitteln. Es ist der Versuch einer Korrektur eines Gesetzes, das es noch gar nicht gibt und das schon solche Schwächen hat, dass man die Schwächen mit diesen Mitteln auszugleichen versucht. Das ist „hanebüchen“. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wenn man ein Gesetz macht, muss es zumindest in dem Moment, wo man es verabschiedet, so gut sein, dass man davon überzeugt ist. Es darf nicht heißen, die Mängel werden schon irgendwie ausgebügelt. Beseitigen Sie doch die Mängel, dann haben Sie diese Sorgen nicht mehr.
Weil Sie diese ganzen Kritikpunkte nicht nur von mir, sondern schon von ganz vielen kompetenten Menschen, auch solchen, die in diesem Beruf arbeiten, gehört haben, möchten Sie genau deswegen keine weitere Anhörung mehr. Diese Anhörung würde nämlich den Experten wieder die Möglichkeit geben, Sie auf die Mängel dieses Gesetzes hinzuweisen, und das möchten Sie jetzt doch lieber nicht mehr.
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist die Frau Ackermann! – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): 5 plus 2 gleich 7!)
Ich habe nur noch einen dringenden Rat zum Schluss: Überarbeiten Sie dieses Gesetz komplett! Es ist unzulänglich, es ist nicht praktikabel, und es geht an den Interessen der Kinder vorbei.
Die Aussprache als solche ist geschlossen. Zu Wort hat sich noch einmal Frau Ministerin Stewens gemeldet.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur noch auf ein paar Fachfragen eingehen, zum einen natürlich auf das Problem, Frau Kollegin Ackermann, mit den Verlierern. Ich möchte durchaus sagen, dass nicht alle mehr Geld bekommen, gar keine Frage. Ich sage das auch ganz offen. Ich habe kürzlich mit einem Träger von 40 Einrichtungen geredet. Dieser Träger hat mir gesagt, er wird die Förderung und die Betreuungseinrichtungen nicht für die unter Dreijährigen öffnen. Wenn einer nicht flexibel auf die Bedürfnisse der Familien reagiert, dann wird er weniger finanzielle Förderung bekommen, überhaupt keine Frage.
Damit komme ich gleichzeitig auf die Kinderkrippen zu sprechen. Frau Kollegin Strohmayr, Sie haben von 7500 Krippenplätzen gesprochen. Für Sie zählt nur die Betreuung in einer Krippe. Für mich zählt die Betreuung in der Tagespflege, für mich zählt der Platz im Netz der Kinder, für mich zählt der Platz im Haus für Kinder, und für mich zählen auch die altersgemischten Gruppen. Gerade diese Flexibilisierung möchte ich und halte sie für ungeheuer notwendig.
Ich halte es für familienfreundlicher, wenn die Einrichtungen zusammenwachsen, wenn wir mehr Häuser für Kinder bekommen. Schlicht und einfach immer nur die Krippeneinrichtungen zu zählen und zu sagen, wir haben eine niedrige Deckung, nur 7500 Plätze, das halte ich persönlich für falsch.
Frau Kollegin Strohmayr, ich darf ein Zweites aufgreifen: pädagogische Ausrichtung. Sie sollten Artikel 7 des Kin
derbildungs- und -betreuungsgesetzes lesen. Dort steht in Absatz 3 – Sie informieren nämlich auch die Öffentlichkeit falsch –:
Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann bestehende Plätze, beispielsweise mit besonderen pädagogischen Ansätzen oder integrative Plätze, in seinem Zuständigkeitsbereich als bedarfsnotwendig anerkennen, die von keiner Gemeinde als bedarfsnotwendig anerkannt wurden.
wenn die Gemeinde das nicht macht. Das ist ein Stück weit Besitzstandswahrung der Montessori-, Waldorfkindergärten und Waldkindergärten.
Verschweigen Sie das doch nicht immer! Ganz bunt wird es, wenn ich Ihre Pressemitteilungen lese oder die Berichterstattung.
Die Kosten werden aus einem Topf bestritten, dessen Höhe nicht festgelegt ist. 550 Millionen Euro sollen es 2005 sein, aber, so die Landtagsabgeordnete, die Staatsregierung könnte diese Summe beliebig ändern, ohne ein neues Gesetz einbringen zu müssen. – Das ist ein Haushaltsgesetz, das können wir nicht beliebig ändern. Das sollten Sie eigentlich zur Kenntnis nehmen. Das ist ein Haushaltsgesetz, was wir einbringen.
Deshalb meine ich: Schauen Sie sich das Gesetz, auch das Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz, und die rechtliche Qualität des Haushaltsgesetzes noch einmal sehr genau an,
bevor Sie über Bildung zum Nulltarif reden. Denn in der Tat ist das keine Bildung zum Nulltarif, und wir geben jedes Jahr mehr aus. Wir geben mehr aus für den Ausbau der Kinderbildung, 313-Millionen-Euro-Programm.
Natürlich stimmt das. Entschuldigen Sie mal, Sie sind nicht einmal in der Lage, den Haushalt zu lesen.
Dann sollten Sie auch nicht so darüber reden. Wir geben mehr aus für die Qualität, übrigens auch mit einem Mindestanstellungsschlüssel, auch das sollten Sie sagen,
um die pädagogische und die Bildungsqualität in unseren Kindertageseinrichtungen nachhaltig zu verbessern.
Wir werden flexibilisieren zugunsten der Kinder und ihrer Familien, und wir werden die Inhalte nachhaltig verbessern.
Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik als federführendem Ausschuss zu verweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist so. Dann ist so beschlossen.
Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Dann ist das so beschlossen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bayerisches Gesetz zur Errichtung einer Härtefallkommission (Bayerisches Härtefallkommissionsge- setz – BayHFKG) (Drucksache 15/2502) – Erste Lesung –
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Die Begründung wird von Frau Scharfenberg vorgenommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem neuen Zuwanderungsgesetz ab 1. Januar 2005 wurde uns in Bayern eine große Chance eröffnet, nämlich auf Landesebene eine Härtefallkommission einzurichten. Dass wir so eine Härtefallkommission brauchen, sehen wir in jeder Sitzung des Petitionsausschusses also des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden.
Bayern hat dem Kompromiss des § 23 a des Aufenthaltsgesetzes zugestimmt. Wir fordern Sie auf, unserem Gesetzentwurf heute auf Länderebene zuzustimmen; denn unser Vorschlag zur Zusammensetzung dieser Kommission ist genau das, was Herr Beckstein in der Vergangenheit immer gefordert hat. Er wollte zum Beispiel eine Quote für das Kirchenasyl. Dies wollen wir durch die Beteiligung der Kirchen in der Kommission verankert wissen. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir dem Einzelfall mit dringenden humanitären oder persönlichen Gründen gerecht werden.