Protocol of the Session on December 16, 2004

Gewirkt, liebe Frau Kollegin Tolle, haben aber die Konsequenzen, die wir aus der Timm-Studie vor einigen Jahren gezogen haben. Mit dem Sinus-Projekt wurde der Mathematikunterricht überarbeitet, es wurde vor allem eine andere Aufgabenkultur zugrunde gelegt. Wenn Sie die Pisa II Ergebnisse im Bereich Mathematik anschauen, sehen Sie, dass vor allem in den Gymnasien und in den Realschulen eine ganz große Entwicklung im positiven Sinne festzustellen ist.

(Simone Tolle (GRÜNE): Und die Hauptschulen sind hinten runter gefallen!)

Ich habe gesagt: Gerade an den Realschulen und am Gymnasium: Hier wurden die Sinus-Projekte in Bayern in besonderem Maße gestartet. Aus meiner Sicht, aber auch aus der Sicht der Bildungsforscher ist es geradezu grober Unsinn, heute und jetzt wieder eine Strukturdebatte zu führen.

(Beifall bei der CSU – Simone Tolle (GRÜNE): Wer hat sie denn jetzt angekurbelt mit seinem Antrag?)

Ich zitiere Prof. Bos, den Chef der Iglu-Studie aus Hamburg:

Wenn die internationalen Vergleichsuntersuchungen und der Vergleich der Bundesländer untereinander eines deutlich gezeigt haben, dann, dass der deutsche Streit um die Schulstruktur obsolet ist. Diese Debatte, die verhindert, die eigentlichen Problemzonen zu lokalisieren und effektiv zu verbessern, sollte zu den Akten gelegt werden.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Den Streit haben Sie doch nie geführt und eben auch nichts getan!)

Soweit das Zitat von Prof. Bos. Kollege Dürr, wir müssen unsere Energie und letzten Endes auch unsere Ressourcen und unser Geld dafür einsetzen, dass wir unseren beschrittenen Weg konsequent weitergehen.

(Zuruf von der SPD: Was für Geld?)

Das heißt: Qualitätsentwicklung, Qualitätssicherung, anspruchsvolle Bildungsstandards, transparente Evaluation, frühe Förderung vor allem im Bereich der Sprache und individuelle, begabungsgerechte Förderung und Ausbau der Ganztagsangebote.

Schauen Sie in den Haushalt hinein: Eine Menge Geld wird zur Verfügung gestellt, um das zu gewährleisten.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Kolleginnen und Kollegen, in der „FAZ“ vom 9. Dezember dieses Jahres wird sehr sarkastisch formuliert: „Es ist Vorweihnachtszeit, und säkularisierte Heilsbringer bringen die Frohe Botschaft. Die eine Schule für alle Kinder bringt

die Erlösung aus dem bildungspolitischen Jammertal des gegliederten Schulwesens.“

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Sie verspielen gerade Ihr bisschen Renommee, Herr Kollege Schneider!)

Auch die bayerischen GRÜNEN und die SPD reihen sich hier ein, mal offen – Respekt – bei den GRÜNEN, die auch ein klares Konzept vorlegen, mal versteckt wie bei der SPD, zum Beispiel mit der Forderung, diese Anhörung durchzuführen.

Wir werden diesen Antrag ablehnen, weil er aus unserer Sicht nicht notwendig ist.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ah, da schau her! Sie wollten dies doch diskutieren! – Simone Tolle (GRÜNE): Jetzt bin ich aber überrascht!)

Wir brauchen keine bildungspolitische Maget-Show in Bayern. Das können wir auch auf einem anderen Weg diskutieren.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Also haben Sie Angst, dass das dreigliedrige Schulsystem dem Vergleich nicht standhält!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich zitiere nochmals aus dem „FAZ“-Artikel – hören Sie gut zu –:

(Johanna Werner-Muggendorf (SPD): Die FAZ ist nicht der Nabel der Welt!)

„Dass die deutsche Gesamtschule mit ihren Leistungsergebnissen und mit ihrem gescheiterten Versuch, den Zusammenhang von sozialer Herkunft und Kompetenz zu verringern, nicht gerade ein attraktives Gegenmodell zum gegliederten Schulsystem ist, wird verschwiegen, eine Analyse ihrer Schwächen geradezu verweigert.“

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dann wäre es doch ideal, wenn man das in einer Anhörung auf den Prüfstand stellte!)

Frau Kollegin Werner-Muggendorfer, Sie haben gesagt, die „FAZ“ sei nicht der Nabel der Welt. Darin stimme ich Ihnen zu. Geschrieben hat diesen Artikel nicht, wie Sie vielleicht glauben, Herr Kraus oder ein anderer konservativer Bildungspolitiker,

(Peter Hufe (SPD): Nein, der Schneider hat das geschrieben!)

auch der hat ihn nicht geschrieben, obwohl der Artikel gut zu mir passen würde. Diesen Artikel hat eine gewisse Frau Behler geschrieben. Gabriele Behler, vor einigen Jahren Kultusministerin in Nordrhein-Westfalen, die damals für die Gesamtschulen gekämpft hat, ist zu der Erkenntnis gelangt, dass das alles Humbug ist, und sagt: Das brau

chen wir nicht. Das ist vergeudete Zeit. Da hat sie Recht, wir stimmen ihr völlig zu.

(Beifall bei der CSU)

In unserem Dringlichkeitsantrag, meine verehrten Damen und Herren, wird die Staatsregierung aufgefordert, das Konzept der bayerischen Hauptschule weiterzuentwickeln, mit M-Klassen, mit Regelklassen, mit Praxisklassen. Wir brauchen leistungsfähige Hauptschulen mit einem guten Förderangebot, einem guten Angebot für die starken Schüler, aber auch einem guten Angebot für die schwächeren. Wir müssen die Schülerinnen und Schüler in ihrer Leistungsfähigkeit und in ihrer Leistungsbereitschaft stärken. Dazu brauchen sie unsere Unterstützung und nicht verbale Prügel wie den von Frau Bulmahn. Sie brauchen unsere Unterstützung, auch unsere Ermutigung. Sie brauchen die Unterstützung der Eltern, der Lehrkräfte, auch der Politik. Das heißt auch, wie wir unsere Ressourcen einsetzen, wie wir die Förderangebote an allen Schulen ausbauen. Wir stellen uns dieser Verantwortung, und wir werden unser Bildungswesen konsequent weiterentwickeln.

Ich bitte deshalb um Zustimmung zum Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CSU – Simone Tolle (GRÜNE): Niemals!)

Vielen Dank, Herr Kollege Schneider. Als Nächster hat Herr Kollege Pfaffmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schneider, man könnte meinen, Sie hätten hier Ihre Bewerbungsrede abgegeben, nicht schlecht, aber nicht ausreichend.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Wenn Sie gesagt haben, Frau Bulmahn hätte immensen Schaden angerichtet, dann empfehle ich Ihnen einen Blick in die bayerische Presse in den letzten Monaten. Dort können Sie nachlesen, wer immensen Schaden in der bayerischen Bildungspolitik angerichtet hat.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD) und des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Schlagen Sie heute die „Abendzeitung“ auf. Dort steht: „Chaos in der bayerischen Bildungspolitik“. Das ist der Schaden, den Sie in den letzten Jahren angerichtet haben. Das nur dazu.

Dann versuchen Sie wie immer die Tatsachen zu verdrehen und falsch darzustellen. Ich will Ihnen drei Länder nennen, wo es integrierende Schulsysteme gibt, längere gemeinsame Schulzeit, die seit Jahren an der Spitze der Untersuchungen stehen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Schleswig-Holstein beispielsweise oder? Nordrhein-Westfalen? Mecklenburg-Vorpommern?)

Ich nenne Ihnen Liechtenstein, Primarstufe und Sekundarstufe. Ich nenne Finnland – neun Jahre gemeinsame Schulzeit.

(Siegfried Schneider (CSU): Gehört nicht zu Deutschland!)

Ich nenne Belgien – längere gemeinsame Schulzeit. Zum Vergleich der deutschen Bundesländer sage ich Ihnen auch noch etwas.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Ihrem Antrag schreiben Sie in der Überschrift, Sie wollen die Spitzenstellung des dreigliedrigen Schulsystems ausbauen. Wollen wir uns doch einmal anschauen, was Spitzenstellung bedeutet. Was heißt denn das: Spitzenstellung? Bedeutet Spitzenstellung, dass wir die größten Klassen aller Länder hier in Bayern haben? Heißt Spitzenstellung, dass wir immer noch zu wenig Lehrer haben, dass der Unterrichtsausfall explodiert? Heißt Spitzenstellung, dass die Eltern mittlerweile auf die Straße gehen und gegen Ihre Politik protestieren? Heißt Spitzenstellung, dass man nahezu täglich in der Zeitung lesen kann, wie dramatisch schlecht es in bayerischen Schulen ausschaut? Oder heißt Spitzenstellung, dass Bayern in der Versorgung mit Ganztagsschulen Schlusslicht ist? Ist das Ihre Spitzenstellung, dass die individuelle Förderung zu kurz kommt, weil dafür keine Zeit mehr ist? Ist das Ihre Spitzenstellung, die Sie ausbauen wollen? Dann muss ich sagen, darauf können wir gerne verzichten. Ein explodierender Nachhilfemarkt in Bayern, das ist Ihre Spitzenstellung.

Die gnadenlose Bildungsungerechtigkeit gerade im bayerischen Schulwesen, die Sie unterstützen und zementieren, wollen Sie mit diesem Antrag noch weiterfahren. Ist das Ihre Spitzenstellung, Herr Schneider? Dann muss ich sagen, auf diese Spitzenstellung können wir gern verzichten.

Ich sage Ihnen noch ein paar Wahrheiten über das dreigliedrige Schulsystem, weil Sie das gerne zitieren. Ich habe ein paar Stellungnahmen zusammengestellt. Ich will nicht sagen, Herr Schneider, dass wir ideologisch zu einem Schulsystem oder zu einem anderen raten. Ich würde mir nur wünschen, dass wir darüber diskutieren könnten, so wie ganz Europa diskutiert, nur sie nicht in Bayern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dann ziehen Sie irgendeinen Artikel von vor ein paar Jahren aus der Zeitung heraus.

(Siegfried Schneider (CSU): 09.12.2004!)

Ich habe Ihnen eine Liste zusammengestellt. Sie sagen doch immer wieder, wir würden den ideologischen Klassenkampf führen. Wenn wir anfangen, zu diskutieren und Schulsysteme zu hinterfragen, dann sind wir ideologische Klassenkämpfer. Nun will ich Ihnen einmal die Liste der

„sozialistischen ideologischen Klassenkämpfer und