Protocol of the Session on December 15, 2004

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heinz Kaiser (SPD))

Die petrochemische Industrie in Südostbayern mit ihren 20 000 Arbeitsplätzen kann sich bei der Verwirklichung dieses Projekts auf die Staatsregierung verlassen: Im Doppelhaushalt sind 16 Millionen Euro für dieses Projekt eingestellt.

Der achte Punkt lautet: Für eine Energiepolitik der Vernunft. - Anders als die Bundesregierung, die das vor vier Jahren bereits angekündigt, aber nicht realisiert hat, haben wir mit unserem „Energiepolitischen Gesamtkonzept“ den Weg zu einer sicheren, preiswerten und umweltverträglichen Energieversorgung klar vorgezeichnet. Wir waren und sind führend bei Einsatz und Förderung neuer sowie regenerativer Energietechnologien. Damit das auch in Zukunft so bleibt, haben wir für den Bereich rationelle Energiegewinnung und -verwendung im neuen Doppelhaushalt insgesamt 18,4 Millionen Euro eingestellt. Wir fördern damit Forschungs-, Entwicklungs-, Pilot- und Demonstrationsvorhaben unter anderem auch bei der Wasserstofftechnologie und der Geothermie sowie bei kommunalen Konzepten zur Energieeinsparung. Für uns gehört ein möglichst breiter Energie-Mix einschließlich der Kernenergie zu einer gesicherten Energieversorgung. Das gilt auch und gerade, wenn man das Ziel des Klimaschutzes einbezieht.

Bayerns Zukunft heißt: innovativ und leistungsstark. Sie können Statistiken und Gutachten verfolgen, die in der letzten Zeit veröffentlicht worden sind: Bei Betrachtung und Wertung der Wachstumspotenziale ist Bayern heute wirtschaftlich besser aufgestellt als alle anderen deutschen Länder. Das bestätigen auch eine Reihe von Gut

achten, in der letzten Zeit veröffentlicht worden sind. Bayern ist innovativ. Wir geben 3 % des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aus. Die Zahlen in anderen Ländern sind niedriger, beim Bund sind es insgesamt nur 2,5 %. 27,2 % der deutschen Patentanmeldungen kommen aus Bayern. Wir sind damit ein Forschungs- und Entwicklungsland mit internationalem Rang.

Bayern ist ein Unternehmerland: Der Gründungssaldo im ersten Halbjahr 2004 ist mit über 12 200 höher als in jedem anderen Land. Wir haben die bundesweit höchste Handwerksdichte von 13,1 Betrieben auf 1000 Einwohner. Wir haben die höchste Selbstständigenquote mit 11,6 %. Wir sind international wettbewerbsfähig. Die Exportquote der Industrie ist von 30,6 % im Jahr 1993 auf mittlerweile 45,0 % angestiegen. Kein anderes westdeutsches Land außer Hamburg hat seit Anfang der Neunzigerjahre im Export so stark zugelegt wie der Freistaat.

Wir gehören zu den führenden Dienstleistungsstandorten. Wir sind das Urlaubsland Nummer 1 in Deutschland bei Ankünften und bei Übernachtungen. Versicherungen, Banken, Börse, Venture Capital, Private Equity und Vermögensverwaltung zusammengenommen zeigen, dass Bayern der Finanzstandort Nummer 1 in Deutschland ist, und zwar mit Abstand. Auch bei den Medien haben wir starke Karten, wohl die stärksten in ganz Deutschland.

Bayern ist wachstums- und einkommensstark. Mit einem Plus von 21,1 % seit 1991 – beim Bund sind es 16,2 % und bei den alten Ländern 12,7 % – ist Bayern unangefochtener Wachstumsspitzenreiter, und der Abstand zu den anderen Ländern nimmt zu und nicht ab. Mit dem Bruttoinlandsprodukt von 29 946 Euro, also knapp 30 000 Euro, verzeichnen wir mittlerweile das zweithöchste Wohlstandsniveau der deutschen Flächenstaaten hinter Hessen und liegen 16 % über dem Bundesdurchschnitt.

Wir haben mit 47,2 % die höchste Erwerbstätigenquote in Deutschland. Beim Bund liegt sie bei 43,8 %. Meine Damen, wir haben im Freistaat die höchste Erwerbstätigenquote der Frauen. Mit 41,2 % ist sie höher als in allen anderen deutschen Ländern.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Hildegard Kronawit- ter (SPD))

Ja, ja, Frau Kronawitter. Wir haben die höchsten Erwerbstätigenquote aller Länder. Da lassen wir uns auch von anderen nichts erzählen.

Die langfristige Beschäftigungsentwicklung ist in keinem Land besser als bei uns. Die Bilanz zeigt: Die bayerische Wirtschaftspolitik sorgt für Arbeitsplätze, Wachstum und Wohlstand. Mit einer unter den westdeutschen Flächenländern nach wie vor unerreichten Investitionsquote von 12,1 % – mit der OZB sind es 12,4 % – stehen wir für eine große Nachhaltigkeit. Das mag Ihnen von der Opposition nicht gefallen, aber die Fakten sprechen eine eindeutige Sprache.

Diesen Kurs wollen wir fortsetzen, und wir werden diesen Kurs mit dem Doppelhaushalt 2005/2006 fortsetzen. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung zum Einzelplan 07.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Redezeit von einer Stunde dreißig Minuten festgesetzt. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 46 Minuten, auf die SPD-Fraktion 25 Minuten und auf die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN 19 Minuten. - Erste Wortmeldung: Frau Kollegin Dr. Kronawitter.

Herr Präsident, Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt die Redewendung, das Glas sei halbvoll oder halbleer. An eben diese Wendung denke ich immer wieder, wenn ich höre, wie Minister Wiesheu die Konjunkturlage beurteilt. Herr Oberlehrer, Sie haben wieder Ihrem Namen Ehre gemacht. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben Aussagen zur Konjunktur und zum Reformprozess der Bundesregierung gemacht. Beides war höchst pessimistisch, so nach dem Motto, das Glas ist halb leer. Bitte denken Sie daran, dass der Sachverständigenrat – anders als Sie es dargestellt haben – die arbeitstägliche Konjunkturvoraussage für das Wachstum auf 1,8 % gerechnet hat, also positiver, als Sie es darstellen, und positiver, als es kommuniziert wird.

(Beifall bei der SPD)

Außerdem – da Sie auch die Bundesbank angesprochen haben, will ich gerne zitieren – sagt Präsident Weber Folgendes: Wir stehen in der Phase des Überschwappens, auch der Investitionen. Also lassen Sie uns doch die Dinge positiv sehen. Ich führe das auch aus, weil wir nicht erst seit Ludwig Erhards Zeiten wissen, dass es eine so genannte Self-Fulfilling-Prophecy in der Wirtschaft gibt. Das heißt, man kann die Entwicklung auch schlecht reden.

Herr Kollege, ich betone das und ergänze: Ihre Partei hat die Patriotismusdebatte vom Zaun gebrochen. Lassen Sie sich sagen: Patriotismus ist es auch, wenn ich das eigene Land und den eigenen Wirtschaftsstandort nicht schlecht rede.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Wiesheu, Sie haben angesprochen, dass Bayern das „AAA“ bekommen hat. Zugegeben: Das ist eine schöne Sache für Bayern, und ich werte das auch als Lob. Ich freue mich ebenso darüber, dass auch Spanien – ein sozialistisch regiertes Land – das „AAA“ bekommen hat.

(Thomas Kreuzer (CSU): Seit wann ist es denn sozialistisch regiert?)

Herr Kollege, regen Sie sich nicht auf. Das „AAA“ wird auch für Zukunftspolitik und Zukunftschancen verteilt. Insofern haben es die Spanier schon zu Recht bekommen. Lassen Sie mich anfügen: Dieses „AAA“ kann nicht vergessen machen, dass im Nachtragshaushalt 2004 – es ist wenige Monate her – auf Betreiben der Staatsregierung

eine halbe Milliarde an Investitionsmitteln gestrichen wurde.

(Manfred Ach (CSU): Sind Sie gegen das „AAA“ für Bayern?)

Herr Kollege, Sie haben gehört, ich habe gesagt, es sei ein schönes Lob. Merken Sie sich das.

(Manfred Ach (CSU): Das wollte ich nur einmal hören!)

Es kann aber nicht vergessen machen, dass Bayern für Bildung und Erziehung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, 2 % ausgibt, während der bundesweite Durchschnitt bei 2,3 % liegt. Wenn Sie eine Angleichung auf 2,3 % vornehmen, heißt das, dass für bayerische Schulen und Erziehungsstätten eine runde Milliarde Euro mehr zur Verfügung steht. Lassen Sie mich als Letztes anmerken: Dieses „AAA“ macht auch nicht vergessen, dass eben der Oberste Rechnungshof – wieder einmal, muss man sagen – angemahnt hat, dass Bayerns Staatsstraßen dabei sind zu verrotten.

Wir reden jetzt über den Haushalt des Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie. Schauen Sie sich ihn an, dann werden Sie feststellen, dass er vergleichsweise bescheiden ist. 1,6 Milliarden Euro beträgt das Volumen. Ich habe ausgerechnet: Gemessen am Gesamthaushalt sind es 4,7 %. Diese 4,7 % täuschen letztlich auch noch; denn das eigentliche Landesmittelvolumen, das in diesem Einzelplan steckt, macht nur 457 Millionen Euro aus. Das ist der Betrag, auf den die Kürzungen im Umfang von 15 % im Nachtragshaushalt bezogen wurden, und damit als Betrag bestätigt. Wenn Sie die 457 Millionen Euro auf den Gesamthaushalt beziehen, dann sind das 1,3 %, ist also ein vergleichsweise kleiner Betrag. Ich nenne diese Zahlen, weil sie zeigen, dass Herr Dr. Wiesheu sich mit fremden Bundes- und EUFedern wahrlich schmücken kann und dies höchst profimäßig betreibt.

(Beifall bei der SPD)

Nehmen wir die Regionalisierungsmittel des Bundes – dazu wird selten etwas gesagt, höchstens wenn eine Kürzung droht –: Sie machen sage und schreibe auch im Jahr 2005 wieder eine Milliarde Euro aus. Erinnern Sie sich: 1,6 Milliarden Euro Gesamthaushalt und über eine Milliarde Euro nur Regionalisierungsmittel des Bundes. Das ist ein großes Pfund, mit dem der bayerische Verkehrsminister wuchern kann. Ehrlich gesagt: Wir haben schon gar nicht mehr mitgezählt, wie viele Pressekonferenzen, Ortstermine usw. allein Minister Wiesheu bei dem neuen Verkehrsdurchführungsvertrag abgehalten hat. Ohne diese Bundesmittel hätte er keinen Euro, um die Leistungen aus diesem Vertrag zu bezahlen. Auch das soll einmal festgehalten sein.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Wiesheu, Sie haben vorhin über die Vorfinanzierung des Abschnitts München – Mühldorf – Chemiedreieck – Freilassing gesprochen. Im Ausschuss

konnten wir sachlich darüber diskutieren. Jetzt haben Sie diesen Stil aufgegeben und sind wieder der Devise verfallen: Vom Bund muss man Maximales fordern, und wenn Bayern Kürzungen vornimmt, nimmt der Fachminister für Wirtschaft, die unter diesen Kürzungen leidet, gar nicht Stellung. So geht es natürlich auch nicht.

(Beifall bei der SPD)

Ähnlich wie bei den Durchleitungen der Mittel vom Bund ist es auch mit den EU-Geldern.

In Kleinstportionen wurden diese Gelder 2004 verteilt. Ich habe das verfolgt. Es handelt sich hier um einen Betrag von rund 55 Millionen Euro aus verschiedenen EU-Töpfen. Dieser Betrag wurde im Wirtschaftsministerium in Kleinstportionen aufgeteilt und mit viel Weihrauch für Herrn Minister Dr. Wiesheu der Presse verkauft: keine noch so kleine Fördermaßnahme, ohne dass es nicht eine begleitende PR-Aktion des Ministeriums gegeben hätte. Beispiele könnte ich viele anführen. Ich nenne nur zwei Vorhaben aus jüngster Zeit, nämlich das kommunale Existenzgründerzentrum in Nürnberg und das neue Programm Inn-Salzach-Regio III. Für Letzteres gab es 170 000 Euro. Dabei tut man so, als würde hier ein riesengroßes Projekt anlaufen.

(Werner Schieder (SPD): Viel Schaum und wenig Bier!)

Herr Kollege, Sie haben es gesagt. Ich sage es mit anderen Worten: Bund und EU zahlen, Minister Wiesheu feiert sich.

(Beifall bei der SPD)

Ich kann mir vorstellen, dass das bequemer ist, als sich mit Sanierungsfällen wie Schneider, Grundig und der Maxhütte herumzuschlagen, bei denen am Schluss doch die Pleite steht.

(Gertraud Goderbauer (CSU): Siehe Holzmann!)

Ich habe Zweifel, ob der zu beschließende Einzelplan 07 wirklich die beabsichtigte und haushaltswirksame Wirtschafts- und Verkehrspolitik der Staatsregierung für die Jahre 2005 und 2006 wiedergibt.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Kaiser?

Frau Kollegin Dr. Kronawitter, Sie haben den Sanierungsfall Schneider angesprochen. Wie beurteilen Sie denn die Tatsache, dass das Wirtschaftsministerium mir auf die Frage nach dem Kapitalanteil des Staates bzw. der LfA an Schneider geantwortet hat, der Kapitalanteil betrage 0 DM, während sich jetzt auf der Grundlage des Teilnehmerverzeichnisses der Hauptversammlung herausstellt, dass der staatliche Anteil 15,75 Millionen DM beträgt. Wie beurteilen Sie diese

wahrheitswidrigen Angaben in der Antwort auf eine schriftliche Anfrage?

(Zurufe von der SPD)

Frau Kollegin Dr. Kronawitter, bitte.