Herr Kollege Dr. Kaiser hat im Zusammenhang mit Schneider Technologies eine Frage gestellt. Ich bin froh, dass Herr Präsident zugehört hat, weil ich glaube, dass eine falsche Auskunft gegenüber einem Abgeordneten Sache des Ältestenrats sein muss. So einfach kann man das nicht durchgehen lassen.
Frau Kollegin, lassen Sie mich feststellen, dass erst geklärt werden muss, ob es eine falsche Auskunft war. Ich gehe im Übrigen davon aus, dass zunächst Herr Staatsminister dazu Stellung nehmen wird. Gegebenenfalls steht es Ihnen und Ihrer Fraktion frei, eine Initiative im Ältestenrat zu starten.
Herr Präsident, ich verstehe das so, dass Sie dem Fall nachgehen werden, wenn sich die Sachlage so darstellt, wie es hier skizziert worden ist. Danke schön.
Kolleginnen und Kollegen, ich habe bereits darauf hingewiesen, dass wir von der Opposition erwarten, dass der Haushalt des Wirtschaftsressorts die Politik wiedergibt, die in den nächsten zwei Jahren beabsichtigt ist. Ich greife hier nur das Beispiel der Clusterpolitik heraus. Es gab eine Regierungserklärung und zwei Kabinettssitzungen. Im Anschluss an diese Sitzungen wurde erklärt, was Sache sein würde. Im aktuellen Haushaltsentwurf kommt das Wort „Cluster“ allerdings nur in einem Nebensatz vor. Es existiert kein eigener Haushaltstitel – da ist Fehlanzeige. Auch der Minister ist in seiner Rede mit keinem Wort auf irgendwelche Zahlen eingegangen.
Wenn aber die Vernetzung von Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung gestärkt werden soll – ich habe nichts gegen eine solche Strategie –, wenn in einzelnen Branchen mithilfe des Staates Produkt- und Prozessinnovationen angeschoben werden sollen, wenn also diese Art von Wirtschaftsförderung erfolgt, dann brauchen wir dafür Geld. Daran gibt es keinen Zweifel. Flapsig formuliert: ohne Zaster kein Cluster.
An dieser Stelle fordere ich das Prinzip der Haushaltsklarheit ein. Wir haben, nachdem kein Titel und kein Betrag in den Haushalt eingestellt war, eine mündliche Anfrage gestellt, was denn nun sei mit dem Geld. Daraufhin haben wir von Herrn Staatssekretär Spitzner eine Antwort erhalten, die ich referieren muss, weil sie wirklich interessant ist. Er meinte, man wolle sich bei der Förderung von Clustern eine gewisse Flexibilität erhalten. Es gebe keinen Titel und keine zusätzlichen Mittel. Wenn die Zweckbestim
mung zutreffend sei, würden Maßnahmen im Rahmen der Clusterbildung aus den vorhandenen Programmen, zum Beispiel dem Technologieprogramm, gefördert.
Sie haben heute Beispiele genannt, und Sie haben darauf hingewiesen, dass dann Mittel zur Verfügung stünden. Ich sage Ihnen: Die fehlende Haushaltsklarheit war für uns der Grund, warum wir den Antrag gestellt haben und warum wir jährlich 5 Millionen Euro für diesen Zweck gefordert haben. Wir haben dabei an jene Branchen gedacht, die in der Tat über eine intensivere Vernetzung von Unternehmen und Hochschulen Produkt- und Prozessinnovationen brauchen. Ich nenne nur die Branchen Keramik, Textil und Glas. Ich könnte noch viele andere so genannte traditionelle Branchen nennen.
Ein besonderer Anstoß für den Antrag war auch, dass 24 von 27 Industriebranchen in Bayern laut Industriebericht 2004 – dieser Bericht ist zwei oder drei Wochen alt – zum Teil einen erheblichen Rückgang an Beschäftigten aufweisen. Hier ist Handlungsbedarf gegeben. Herr Minister, in diesen Fällen müssen Sie zeigen, dass die Clusterpolitik eine vernünftige Strategie ist, und zwar nicht nur für die Branchen, in denen es sowieso läuft.
Sie haben bereits im Haushaltsausschuss angedeutet, dass etwas Neues kommen soll. In diesem Zusammenhang habe ich realisiert – ich sage: wieder einmal –, wie schnell das Verfallsdatum von Aussagen der Staatsregierung erreicht ist. Staatsminister Dr. Wiesheu hat nämlich im Ausschuss davon gesprochen, dass man für die Clusterbildung Geld brauche und dass es einen Nachtragshaushalt geben werde, in dessen Rahmen das Geld bereitgestellt werde. Man würde entweder Mittel aus den Privatisierungserlösen oder aus der Hightech-Offensive einsetzen. Im März liege das Konzept vor.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte das für unglaublich. Wir führen Haushaltsberatungen für zwei Jahre durch. Für ein bestimmtes Gebiet wird kein Geld bereitgestellt. Gleichzeitig sagt man, das gibt es im Rahmen des Nachtragshaushalts. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Höhe der erforderlichen Mittel bereits abschätzbar ist. Für diesen Tatbestand existiert das Instrument der Verpflichtungsermächtigung. Dafür muss der Betrag nur ausgewiesen werden. Ich denke, er wird absichtlich nicht genannt, weil es der Staatsregierung hier um Propaganda und nicht um konkrete Politik geht.
Gerade haben wir ein besonderes Drehbuch vorgelegt bekommen. Ich verweise auf den Betrag von 300 Millionen Euro aus dem Investitionsprogramm „Zukunft Bayern“. Das Geld wurde uns fünfmal „verkauft“. Ich habe mit Dankbarkeit registriert, dass die Presse gesagt hat, so geht es nicht weiter. Ich denke, dieses Rezept ist endgültig ausgereizt. Ich bin froh darüber, und wir sind froh darüber.
Ich komme zu einem weiteren Punkt. Hier geht es um die Infrastruktur und um ein Gebiet, das Staatsminister Dr. Wiesheu nur mit einem Satz angesprochen hat. Auf diesem Gebiet vermissen wir von der SPD Haushaltsklarheit, die ein ehernes Prinzip der Haushaltsgestaltung ist. Ich spreche von der Errichtung der Ethylen-Pipeline von Münchsmünster nach Ludwigshafen. In den Haushalt sind 4 Millionen Euro für 2005 und 8 Millionen Euro für 2006 zuzüglich 12 Millionen Euro Verpflichtungsermächtigungen eingestellt.
Habe ich richtig gelesen und zusammengezählt, so stimmen wir über eine Bindungswirkung von 24 Millionen Euro ab. Ich betone für meine Fraktion: Wir befürworten diesen Betrag und die notwendige Infrastruktur zur Sicherung des Chemiestandorts Bayern, kritisieren aber scharf, dass Sie, Herr Minister Wiesheu, es bis zum heutigen Tag nicht für notwendig gehalten haben – auch heute haben Sie dazu nur einen Satz gesagt –, den Landtag über das Pipelineprojekt zu informieren und es mit ihm abzustimmen; denn das halte ich bei solch einer Infrastrukturmaßnahme für notwendig, bei der es um insgesamt 140 Millionen Euro geht und für die Bayern, gemessen am Gesamthaushalt des Ministeriums, einen großen Batzen bezahlen soll.
Ich möchte festhalten: Es kann nicht sein, dass der zuständige Minister Pressekonferenzen abhält, aber weder im Landtag dazu eine Diskussion erfolgt noch das Plazet dafür gegeben wird. So kann es nicht gehen.
Mein nächster Punkt betrifft die Landes- und Regionalentwicklung. Wir konnten in den letzten Tagen lesen, dass Bayern eine große demographische Verschiebung erwartet. Es werde in großen Teilen Bayerns weitere Bevölkerungsverluste und in den Ballungsräumen eine weitere Aufblähung, also großen Zuzug, geben.
Die wirtschaftlichen Disparitäten in Bayern – das wissen Sie und merken Sie sich – sind jetzt schon gravierend. Durch diese Veränderungen bekommen die Disparitäten einen weiteren negativen Schub. Deshalb steht – auch mit Blick auf diese Situation – die Landes- und Regionalentwicklung, und damit auch die Regionalpolitik, vor gewaltigen Herausforderungen. Das Ziel ist immer noch, in Bayern gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schalten, und dieses Ziel muss ernst genommen werden.
Wir stellen fest, dass die Mittel für die Regionalpolitik wieder drastisch gekürzt werden. Sie haben irgendwelche Beträge genannt; da müssen viele Jahre zusammengezählt werden. Tatsache ist, dass derzeit der Stand der Mittel für Regionalpolitik nur halb so hoch ist wie vor zwei, drei Jahren. Da wurde rapide gekürzt – nichts anderes –, und das ist ausschlaggebend.
Auch das Personal für die Aufgaben der Raumordnung und die Landes- und Regionalplanung wird drastisch reduziert; ab 2006 sollen noch einmal 30 % weggenommen werden. Diese radikale Ausdünnung des Fachpersonals bedeutet letztlich auch, dass die Raumordnung und die Landesentwicklung zum Schaden des Menschen und der Natur an die Wand gefahren werden. Anders kann man sich dies angesichts der zugrunde liegenden Zahlen nicht vorstellen.
Es wundert mich nicht mehr, dass im Haushalt beim Titel „Landesplanung“ gekürzt ist. Besonders ärgerlich finde ich es, dass der Betrag in Höhe von 1,2 Millionen Euro für „Spezielle Aufgaben der Landesplanung“ auf nicht einmal 10 %, also auf 120 000 Euro, zurückgeführt wird. Das halte ich für wirklich erklärungsbedürftig. Diese Kürzung betrifft vor allem die so genannten weichen Elemente der Landesentwicklung. Diesen Elementen wird eine hohe Wirksamkeit zugesprochen, weil sie vorhandene Potenziale in der Region aktivieren und so von unten her die Entwicklung stimulieren; ich nenne nur das Teilraumgutachten, weil für weitere Erläuterungen die Zeit fehlt.
Für mich schließt sich in diesem Punkt der Kreis einer wirksamen Clusterbildung. Man muss erst von den Potenzialen einer Region Kenntnis haben, um gezielt und effizient ansetzen zu können.
Herr Minister, all dies erspart Ihnen nicht den Vorwurf, dass die Landesplanung offensichtlich ihr neues Stiefkind ist. Sie konnten es zwar für Ihren Geschäftsbereich vereinnahmen, aber ich bezweifle, ob Sie es wirklich lieben.
Der letzte Punkt betrifft die Forschung und Entwicklung. Natürlich haben Sie wieder voller Stolz gesagt, Bayern habe diesbezüglich einen Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 3 %. Die Höhe dieses Anteils wird durch alle Ausgaben für Forschung und Entwicklung festgelegt; ob sie staatlich oder privat sind, ist gleich. Das ist, wie Sie hervorgehoben haben, eine gute Zahl. Wahr ist aber auch, dass von diesen 3 % vier Fünftel von der Wirtschaft, also von Privaten finanziert sind. Bedenkt man, dass in Bayern große Firmen ansässig sind, wird klar, warum auf diesem Gebiet die Wirtschaft so anschiebt. Ein Beispiel dafür ist Wacker-Chemie in Burghausen mit 7 % für Forschungsausgaben. Nimmt man noch ein paar solcher Unternehmen dazu, wird deutlich, dass für Forschung und Entwicklung schon etwas zusammenkommt.
Wahr ist auch – darüber konnte auch Ihre Aussage nicht hinwegtäuschen –, dass der Bund die Forschung in Bayern mit jährlich einer Milliarde Euro fördert. Allein der Anteil der institutionellen Förderung betrug im Jahr 2003 422 Millionen Euro. Davon bekommen die elf in Bayern ansässigen Max-Planck-Institute und die Fraunhofer-Institute gutes Geld. Bayern hingegen braucht im Haushalt – es ist schon spannend, da genau reinzuschauen – für die Fraunhofer-Institute lediglich 7 bzw. im nächsten Jahr 8 Millionen Landesmittel einzusetzen, obwohl Bayern wegen des Hauptsitzes der Fraunhofer-Gesellschaft in Mün
chen und vieler anderer hier angesiedelter Institute der Fraunhofer-Gesellschaft mit einem Gesamtetat in Höhe von 1 Milliarde Euro einen wirklich großen Nutzen hat.
Ein weiteres Beispiel, da Sie es auch angeführt haben, ist der so genannte Cluster „Luft- und Raumfahrt“. In diesem Cluster ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen eine sehr wichtige Größe. Für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat Bayern 6,5 Millionen Euro bereitgestellt – das sind gerade einmal 1,5 % –, während der Bund 229 Millionen Euro zahlt.
Leider ist meine Zeit um. Ich hätte gerne noch weitere Punkte aufgezählt, bei denen ein Dank an den Bund, aber zugleich ein Mea culpa notwendig ist, weil Bayern auf diesem Gebiet mehr tun könnte.
Ich hoffe, wir haben demnächst Zeit, über die Mittelstandsförderung und das entsprechende Gesetz zu diskutieren, das erneuert werden soll. Wir haben in unseren Anträgen deutlich gemacht, wo wir Förderschwerpunkte und mehr Haushaltsklarheit haben wollen. Ich glaube, es ist gut nachvollziehbar, dass wir dem Haushalt nicht zustimmen werden.
Herr Präsident, Hohes Haus! Frau Kollegin Dr. Kronawitter, Ihre Schlussbemerkung, Sie könnten dem Haushalt nicht zustimmen, haben wir sehr wohl zur Kenntnis genommen. Wir haben nichts anderes erwartet. Dabei hat Ihr Redebeitrag meines Erachtens sehr deutlich gemacht, dass es Ihnen außerordentlich schwer fällt, diesem Haushalt nicht zuzustimmen.
Das, was Sie an Punkten gebracht haben – ich werde darauf noch zu sprechen kommen –, möchte ich durch Beispiele verdeutlichen. Sie haben zum Beispiel das Thema Clusterbildung und Nicht-Einstellen in den Haushalt angesprochen.
Ich glaube, dass ganz klar gesagt werden muss: Die Aussage des Herrn Staatsekretärs widerspricht dem nicht, was wir im Haushaltsausschuss diskutiert und beschlossen haben, aus dem ganz einfachen Grund, weil es eine Reihe von Förderprogrammen und Haushaltstiteln gibt, wo man Clusterbildung sehr wohl unterstützen kann. Das, was heute vom Minister gesagt wurde – und was übrigens von ihm auch schon im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen im Haushaltsausschuss deutlich gemacht wurde –, ist einzig und allein die Tatsache, dass die Staatsregierung an einem separaten Programm, das im
März vorliegen soll, arbeitet. Wenn Sie schon den Begriff der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit strapazieren, Frau Kollegin, dann muss ich Ihnen sagen, dass gerade bei Einhaltung der Haushaltsklarheit dann kein Titel notwendig ist, wenn man heute noch nicht weiß, ob ein Titel notwendig ist, und wenn ja, wie er dotiert werden muss.
Das ist dann letztlich ein Thema der Vorlage des Programms und des Nachtragshaushaltes, und damit gibt es eigentlich keinen Dissens.