Herr Kollege Dr. Kaiser, Sie sollten künftig den Redner nicht durch einen unmittelbaren Angriff erschrecken.
Vielen Dank. Es wäre das erste Mal, dass Kollege Dr. Kaiser mich erschreckt. Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Dafür kenne ich Ihn viel zu lange. Es gibt viele, die mich erschrecken können, nicht aber Kollege Dr. Kaiser. – Zurück zum Thema.
Gleichzeitig nahmen die Wachstumsraten von rund 3,8 % in der zweiten Hälfte der Achtzigerjahre auf knapp 10 % in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre zu. Dieses Beispiel sollte man nennen, wenn man schon der bayerischen Finanzpolitik nicht so viel Glauben schenkt, wie ihr zusteht. Wer also in dieser Situation ein Ende des Konsolidierungskurses ausruft und immer nur zusätzliche Ausgabenprogramme fordert, der zeigt, dass er zu einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Finanzpolitik nicht in der Lage ist oder nicht sein will.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einige Forderungen aufgreifen, die Sie in den letzten Wochen aufgestellt haben. Herr Kollege Maget – er kann leider nicht anwesend sein, was ich respektiere – hat unseren Konsolidierungskurs heftig kritisiert, weil die Einsparungen seiner Ansicht nach zulasten des „sozialen Bayerns“ gingen. Wie Kollege Dr. Kaiser hat sich auch Kollege Maget auf die angeblichen Steuermehreinnahmen in Bayern gestützt, die dem Haushalt vermeintlich Spielräume eröffneten. Nun, ich hoffe, Sie haben meinen Ausführungen vorhin zu diesen Mehreinnahmen-Märchen aufmerksam zugehört.
Was den Sozialbereich betrifft, lieber Kollege Dr. Kaiser, so scheinen Sie den Haushaltsentwurf nicht genau genug gelesen zu haben. Wir haben hier erhebliche Aufwüchse bei gesetzlichen Leistungen in Höhe von über 70 Millionen Euro zu verzeichnen. Dies liegt vor allem an den Zwangsläufigkeiten, die sich in diesem Bereich ergeben, zum Beispiel aufgrund des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, der steigenden Empfängerzahlen bei Unterhaltsvorschüssen, des Anstiegs der Zahl der im Maßregelvollzug unterzubringenden Personen usw. Nachdrücklich verweisen möchte ich auch auf das Kinderbetreuungskonzept der Staatsregierung. So sind für die Jahre 2005 und 2006 insgesamt 57 Millionen Euro für die Förderung der Kinderbetreuung
zusätzlich veranschlagt. Hier von einer Konsolidierung zulasten des „sozialen Bayerns“ zu sprechen, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht eindeutig an der Realität vorbei. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.
Herr Kollege Hoderlein – ich weiß nicht, ob er noch da ist –, auch auf Ihre Forderung möchte ich eingehen. Sollten Sie nicht da sein, müssten Sie das Protokoll nachlesen. Sie haben eine stärkere Förderung des bayerischen Grenzlandes durch ein weiteres Ertüchtigungsprogramm für Ostbayern mit einem Volumen von 200 Millionen Euro gefordert.
Es tut mir Leid, wenn ich es ständig wiederholen muss, aber es ist nun einmal Fakt. An dieser Forderung sieht man wieder einmal, wie kurzsichtig und oberflächlich die Sozialdemokraten handeln und einfach nach dem Salzstreuerprinzip 200 Millionen Euro verteilen würden. Lieber Herr Kollege Hoderlein, der Grundsatz „viel hilft viel“ gilt, aber er gilt nicht immer. Deshalb begrüßen wir den Vorschlag der Staatsregierung, den gesamten Erlös aus der Veräußerung der Regentalbahn in Höhe von rund 59,4 Millionen Euro im Rahmen eines Investitions- und Wirtschaftsförderprogramms für Ostbayern einzusetzen. Die Mittel werden nach diesem Vorschlag zielgenau dort eingesetzt, wo sie benötigt werden. Der Erlös kommt damit zum größten Teil der Wirtschaftsförderung zugute. Herr Kollege Dr. Kaiser, als ehemaliger wirtschaftspolitischer Sprecher müssten Sie das eigentlich begrüßen.
So sind für das von der Staatsregierung bereits am 25. Mai 2004 beschlossene 100-Millionen-Euro-Darlehenspro
gramm allein 20 Millionen Euro für Ostbayern vorgesehen. Weitere 20 Millionen Euro – je 10 Millionen im Jahr 2005 und im Jahr 2006 – sind für Zuschüsse zur Unterstützung von Betriebsansiedlungen und Betriebserweiterungen im ostbayerischen Raum eingeplant. Ferner wird vorgeschlagen, den restlichen Erlös für den Ausbau des Flughafens Hof-Plauen – das wird besonders den Kollegen Wolfrum und weniger den Kollegen Hallitzky freuen – sowie für staatliche Baumaßnahmen in Ostbayern zu verwenden. Ich glaube, wir haben das Geld ganz zielgerichtet dorthin gegeben, wo wir es auch dringend brauchen, um damit den Forderungen aus Ostbayern Rechnung tragen zu können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch ein paar Worte zu den Schwerpunkten im Entwurf des Doppelhaushalts 2005/2006: Äußerst positiv bewerten wir die mit mehr als 4 % bzw. fast 7 % weit überdurchschnittlichen Steigerungen bei Bildung und Wissenschaft. Der Staatsminister hat sehr dezidiert aufgeführt, um welche Leistungen es sich hier handelt. Im Übrigen liegt der Anteil der Landesleistungen bei 8,9 %. Damit wird deutlich, wie wichtig uns die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder sowie die Investitionen in den Forschungsstandort Bayern sind. Ich lasse es deshalb nicht zu, dass die Bildungspolitik immer schlechter geredet wird, als sie es tatsächlich ist. Sie haben in Ihren Beiträgen nur die Finanz- und Wirtschaftspolitik des Freistaats Bayern schlecht geredet. Herr Kaiser, ich finde das sehr bedauerlich. Nachdem Sie heute auch schon zu allen Einzelplänen gesprochen haben, können wir den Haushalt bei den Beratungen im Haushaltsausschuss sehr schnell
durchziehen, da Sie nur mehr das zu Protokoll zu geben brauchen, was Sie heute bereits gesagt haben. Dann wissen es alle.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in gewohnter Weise werden wir seitens der CSU-Fraktion den Doppelhaushalt wie auch schon in der Vergangenheit sehr intensiv beraten.
Das ist dem Kaiser überlassen. Wenn Sie so frech fragen, müssen Sie eine freche Antwort bekommen. Da muss ich schon einen draufgeben, sonst funktioniert das Ganze nicht.
Weitere Prioritätensetzungen werden wir im Rahmen der Ansätze, also durch Umschichtungen innerhalb des Gesamthaushalts, vornehmen. Alle meine Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsauschuss möchte ich zu fairer Beratung aufrufen. Ich freue mich deshalb auf eine fruchtbare und sachliche Auseinandersetzung und hoffe, dass wir im März 2005 – vielleicht mit mehr Gemeinsamkeit als heute erkennbar – einen Doppelhaushalt verabschieden können, der einer Signalwirkung weit über Bayern hinaus entfaltet und dafür sorgt, dass Bayern nach wie vor das Spitzenland in der Bundesrepublik Deutschland bleibt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ich habe doch noch gar nichts gesagt, aber trotzdem ein Dankeschön für den freundlichen Applaus. Ich weiß doch, dass er nicht für mich gedacht war. Haben Sie noch Kondition? Geht es noch? – Nachdem die CSU jetzt über eineinhalb Stunden hinweg Eigenlob verbreitet und Herr Kollege Kaiser die Tour de Force gemacht hat, möchte ich jetzt zur Haushaltspolitik zurückkommen. Wir teilen uns das, das darf ich gleich ankündigen. Die Kommunen sind uns so wichtig, dass wir mit der Kollegin Kamm eine zweite Rednerin ans Pult schicken wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich allerdings über diesen Haushaltsentwurf rede, möchte ich zuerst über das meiner Meinung nach unwürdige Verfahren einige Worte verlieren, welches sich in Erwartung dieses Entwurfs abgespielt hat. Dieser Haushalt ist mein erster Doppelhaushalt, deswegen erlauben Sie mir diese Vorworte. Vielleicht bin ich auch etwas zu verwöhnt. Aschaffenburg wird schließlich nicht von der CSU regiert, und trotzdem wohnen bei uns am Untermain die glücklichsten Menschen in Bayern.
(Beifall bei den GRÜNEN – Manfred Ach (CSU): Und wählen mit Mehrheit die CSU! Das ist das Frappierende!)
In Aschaffenburg jedenfalls werden alle in gleicher Weise und zur gleichen Zeit informiert, während das hier in diesem Gremium anscheinend nicht der Fall ist.
Was sollen wir denn davon halten, wenn der CSU-Arbeitskreis Haushalt zuallererst mit dem Finanzminister über den Haushaltsentwurf debattieren darf, zwei Wochen bevor irgendjemand anderer ihn auch nur zu Gesicht bekommen hat? Was sollen wir davon halten, dass die CSU auf ihrer Klausur in Banz über den Entwurf debattieren kann, während die Oppositionsfraktionen noch nicht einmal den Hauch eines Entwurfs zu sehen bekommen? Als die Klausuren dann beendet waren, durfte auch die Opposition als Vorbereitung für die eigene Haushaltsarbeit wenigstens eine Kurzfassung sehen. Da war die Öffentlichkeitswirksamkeit natürlich weg.
Schließlich erhielten wir am 6. Oktober dankenswerterweise den Haushaltsentwurf auf CD-ROM. Immerhin – möchte man sagen – hatten wir eineinhalb Wochen Vorbereitungszeit für einen Haushaltsentwurf, der über 4316 Seiten verfügt. Für diese großzügige Beratungszeit, die uns von der Staatsregierung zur Verfügung gestellt wird, kann man sich nur bedanken.
Ganz zu schweigen ist davon, dass sich der Finanzminister vielleicht persönlich die Ehre gegeben und uns den Haushaltsentwurf vorgestellt hätte. Nach den Verlautbarungen, die wir aber heute wieder gehört haben, verzichten wir dankend darauf.
In seiner unnachahmlichen Art hat uns der Finanzminister wieder wissen lassen, wie wir den Entwurf zu lesen und natürlich auch zu akzeptieren haben. Ich zitiere: „Ich bin sehr zufrieden.“ Herr Minister, das glaube ich gern. Sie haben alle hinters Licht geführt. Aber nicht alle – einige interessierte Haushaltspolitiker gibt es auch in der Fraktion der GRÜNEN – glauben Ihnen, wenn Sie uns erzählen, wie es 1999 und 2000 war, als wir noch Haushaltsüberschüsse hatten. Wir reden über den momentanen Stand, und da sieht es doch ganz anders aus.
Wie sehen denn die Rahmendaten aus? – Beginnen wir mit der Nettoneuverschuldung. Sie haben in der mittelfristigen Finanzplanung vom Jahr 2001 Ihr Vorhaben präsentiert, die Neuverschuldung bis 2006 auf Null abzusenken. Das sollte in kleinen Schritten geschehen. Was ist davon übrig geblieben? Die Null im Jahr 2006. Nur im Jahr 2001 blieben Sie unter der veranschlagten Kreditaufnahme. In den folgenden beiden Jahren übertrafen Sie die Milliardengrenze. Das war so nicht vorgesehen. 2004 – das wissen wir aus dem Nachtragshaushalt – wurden aus den veranschlagten 250 Millionen Euro schließlich 750 Millionen Euro. Nächstes Jahr wollen Sie wieder die Milliarde reißen, um damit ihre eigene Planung um das Zehnfache übertreffen und dann die schwarze Null präsentieren zu können.
Wer soll Ihnen das glauben, Herr Finanzminister? Noch 2002 sagten Sie – ich zitiere aus Ihrer Einbringungsrede –:
Sie haben uns auch dieses Mal viele Gründe für die hohe Verschuldung präsentiert. Sie werden auch durch Wiederholung nicht wahrer. Ihre Behauptung, Sie müssten im nächsten Jahr wegen der dritten Stufe der Steuerreform 550 Millionen Euro mehr Schulden machen, ist nicht wahr. Diese Behauptung ist falsch, Herr Minister.
Sie wussten doch seit dem Jahr 2000, was auf Sie zukommt. Jetzt tun Sie so, als wäre diese dritte Stufe aus heiterem Himmel über Sie gekommen und Sie hätten bis zur letzten Steuerschätzung nichts über die wahre Höhe gewusst. Das ist doch unglaubwürdig. Herr Finanzminister, das beleidigt Ihren und unseren Intellekt. Wo bleiben zum Beispiel in Ihrer Rede die höheren Einnahmen aus den Kürzungen von Eigenheimzulage und Entfernungspauschale? Die erwähnen sie mit keinem Wort.
Verraten haben Sie uns allerdings die höheren Steuereinnahmen mit etwa 1,4 Milliarden in den beiden kommenden Haushaltsjahren, die nominell die Mehrausgaben wettmachen. Das zeigt doch nur, dass Ihre Horrorszenarien von sinkenden Steuereinnahmen ins Leere laufen. Zu den Schulden am Kreditmarkt kommt noch das Darlehen, das Sie in Höhe von 450 Millionen Euro aus dem Grundstock nehmen. Dieses müssen Sie wieder zurückzahlen, weil Sie das Geld in den normalen Haushalt einstellen und nicht grundstockskonform verwenden wollen. Natürlich verschwinden diese Mittel entgegen Ihren Aussagen im Konsum, sonst müssten Sie sie doch nicht zurückzahlen.
Zurückzahlen müssen wir dann bis 2012. Kollege Dr. Kaiser hat schon darauf hingewiesen. Was bringt uns das dann für die drei kommenden Doppelhaushalte? Jeweils eine Hypothek – ich teile den Betrag einmal durch drei – von 150 Millionen Euro. Dieses Geld wird uns in den nächsten Jahren definitiv fehlen.
Die 450 Millionen Euro sind aber nicht die ganze Summe. Insgesamt wollen Sie 1,3 Milliarden Euro aus Verkäufen von Immobilien und der Eon-Anteile erlösen. Über die Eon-Anteile müssen wir heute nicht mehr diskutieren. Ich denke, wir waren uns alle einig, diese abzustoßen. Die Verwendung der Gelder ist wieder etwas anderes. Doch dazu komme ich später.
Zum Verkauf der Immobilien möchte ich eine Anmerkung machen. Die Formulierung stand schon in der Zeitung. Ich fand sie so treffend, dass ich sie wiederholen möchte. Ich selbst wäre niemals auf diese Formulierung gekommen, und ich weiß auch nicht, ob es sich um einen parlamentarisch angemessenen Begriff handelt. Ein Journalist nannte Ihre Art, Haushaltspolitik über diesen Immobilienverkauf zu machen, eine „bayerisch hinterfotzige Lösung“. Ich fand diesen Begriff sehr passend.
Ich würde das nicht sagen, aber der Journalist hat es so geschrieben. Was bedeutet „hinterfotzig“? Ich würde es als „link“ übersetzen.
Wer so handelt, bedient sich einer Lösung, die eigentlich keine ist. Er verkauft Staatsvermögen, um seine Schulden künstlich auf null zu rechnen. Das ist eben keine Problemlösung im besten wörtlichen Sinne, da – das hat der Journalist erkannt – dies nur einmal geschehen kann. Herr Faltlhauser, Sie wissen das ganz genau. Sie selbst geben ja sogar zu, dass Sie Ihren ach so schuldenfreien Haushalt nur aufstellen können, und das sogar bis 2008, wenn Sie die Privatisierungserlöse dafür einsetzen. Das bedeutet: Der nächste Doppelhaushalt wird wieder genauso sein. Ich dachte aber, diese Gelder sollten in Investitionsprogrammen eingesetzt werden. Ein energetisches Modernisierungsprogramm für staatliche Liegenschaften hat Ihnen zum Beispiel meine Kollegin Emma Kellner seit Jahren bei jeder Haushaltsberatung immer wieder ans Herz gelegt; das hat auch der Oberste Rechnungshof seit 1997 immer wieder angemahnt. Seit sieben Jahren hören Sie dasselbe, aber passiert ist bisher wenig.