Protocol of the Session on October 19, 2004

(Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU): Stimmt doch gar nicht! Das ist eine Lüge!)

Es stimmt. Ich glaube schon, dass Sie unruhig werden. Wenn ich Waldbesitzer wäre, Herr Kollege, würde ich auch unruhig werden, wenn ich den Artikel 18 genau anschauen würde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es heißt dort:

Hierzu soll eine auf einen artenreichen, gesunden Wildbestand ausgerichtete Bejagung die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglichen.

Da heißt es also nur noch „im Wesentlichen“ und nur die „standortgemäßen“ und nicht die „standortheimischen“ Baumarten. Herr Vocke geht in der Presse noch weiter und möchte noch weitere Einschränkungen. Hier haben wir eine klare Aushöhlung des Grundsatzes „Wald vor Wild“. Kollegin Lück hat auch schon gesagt, dass die sonstigen Belange der Jagd jetzt plötzlich einen ganz neuen Status erhalten, nämlich als Gemeinwohlfunktion. Das war bislang nicht der Fall. Das ist neu. Damit wird die Jagd eine ganz spezielle Nutzung, die einige wenige betreiben, wird enorm aufgewertet und tritt bei den Gemeinwohlfunktionen in Konkurrenz zu Fragen des Naturschutzes und zu Fragen der Erholung. Hier sehen wir eine ganz deutliche Verschlechterung in diesem Waldgesetz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine deutliche Verschlechterung gibt es auch, was die kommunalen und die Körperschaftswälder anbelangt. Der Halbsatz „besondere Gemeinwohlleistungen zu erbringen“ gilt künftig nicht mehr für den Körperschaftswald. Das ist dem Gesetzentwurf klar zu entnehmen. Damit haben wir bei diesen wichtigen Waldteilen in Bayern eine Entlassung aus der Verpflichtung, die Gemeinwohlfunktionen zu erbringen. Gleichzeitig müssen die Kommunen finanziell für ihre Wälder aufkommen. Sie sind gezwungen,

dem Prinzip Gewinnmaximierung zu huldigen. Hier wird es ganz klare und deutliche Verschlechterungen geben.

Uns stört auch, dass Sie in einem enormen Umfang wertvolle Arbeitsplätze abbauen, die dringend in unseren Wäldern benötigt werden. Der Waldschadensbericht, den Herr Staatsminister Miller letzte Woche im Landtag vorgestellt hat, hat klar und deutlich gezeigt: Die Waldschäden sind auf einem Allzeithoch. Wir hatten noch nie so starke Schädigungen unseres Waldes seit Beginn der Waldschadenskartierungen. Dies ist eine Folge des nach wie vor enorm hohen Schadstoffausstoßes. Dafür ist jemand anderer stärker verantwortlich – Herr Spitzner sitzt da. Da sind die Verantwortlichen eher im Verkehrsbereich zu suchen als bei Herrn Miller. Ursache sind sicherlich die Veränderungen in unserem Klima, und da muss ich auch sagen, dass in Bayern ein enormer Handlungsbedarf besteht. In der Vergangenheit gab es immer wieder das totale Versagen dieser Staatsregierung.

Der Wald ist ein kranker Patient. Er bedarf dringend der Betreuung und der Hilfe. Wenn ich aber gewaltigen Personalabbau betreibe, dann kann die Betreuung nachher nicht mehr so gut sein. Wenn ich eine gut funktionierende Verwaltung in einer solch dramatischen Situation völlig umbaue und zerschlage, dann kann die Betreuung des Patienten Wald nicht mehr funktionieren. In meinen Augen gibt es da nur eine ganz klare Forderung: Diese so genannte Forstreform muss gestoppt werden. Ersparen Sie uns die Beratung in den Ausschüssen! Ziehen Sie die Gesetzentwürfe zurück!

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Als Nächster hat Herr Kollege Brunner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Lück, Ihre Rede war geprägt von unrichtigen Unterstellungen,

(Heidi Lück (SPD): Nein!)

von Wiederholungen, Mutmaßungen und unbegründeten Ängsten.

(Christa Naaß (SPD): Stimmt doch gar nicht!)

Sie haben den Waldzustandsbericht völlig unzulässig in Zusammenhang mit der Forstreform gebracht.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Das haben wir auch schon mal gehört, Herr Kollege Brunner!)

Zum Ersten werden wir die Reform erst umzusetzen haben, und zum Zweiten muss doch jeder wissen, welche ungünstigen Witterungsverhältnisse voriges Jahr herrschten mit der Folge der Zunahme der Holzschädlinge. Das hat mit der Reform überhaupt nichts zu tun.

Außerdem könnte man Ihnen auch die Bundeswaldinventur entgegenhalten, die wir zwei Wochen vorher diskutiert

haben. Da kam deutlich zum Ausdruck, dass seit 1970 der Anteil der Laubwälder von 22 % auf 32 % zugenommen hat, dass wir in Bayern noch nie so große Holzvorräte hatten wie zurzeit,

(Heidi Lück (SPD): Das habe ich Ihnen schon erklärt! Sie müssen zuhören!)

dass allein in Bayern, obwohl nur 22 % der Fläche, 30 % des Holzanteils vorhanden sind. Über längere Zeitabschnitte gerechnet und analysiert, denke ich, wir haben hervorragende Fortschritte gemacht in unserem Bemühen, widerstandsfähige Mischwälder für die Zukunft zu begründen.

Herr Dr. Magerl, Sie sprechen ständig von Gewinnmaximierung. Wir machen keine AG und keine GmbH, wir haben uns zur Anstalt des öffentlichen Rechts entschlossen, um das Mitspracherecht des Parlaments zu sichern. Im Übrigen sollten Sie vorsichtig sein, wenn Sie die österreichischen Bundesforsten zitieren. Die Österreicher haben sich in Briefen bitter darüber beschwert, dass sie in Bayern als negatives Beispiel herhalten müssen.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Im österreichischen Naturschutz haben wir das auch immer!)

Bei unserem Besuch in Österreich haben Sie sich eines Besseren belehren lassen können. Ihr Parteikollege Herr Sprinkart hat darauf bestanden, dass Herr Professor Donaubauer als Gesprächspartner geladen wird. Das haben wir getan. Auf meine wiederholte Nachfrage, was er denn den Bundesforsten vorwirft, hat er nur auf die Wurzelkrankheiten hingewiesen. Das war schon eine ärmliche Argumentation, um nicht zu sagen peinlich. Sie selbst, denke ich, sind geläutert von dieser Veranstaltung zurückgefahren.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Heidi Lück (SPD): Wer?)

Die vielen Details, die Sie angesprochen haben, werden uns zweifellos bei der parlamentarischen Beratung in den Fachausschüssen beschäftigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir reformieren die Staatsforstverwaltung nicht wegen fehlerhafter und unbefriedigender Verwaltungsarbeit, sondern um in Zukunft eine kostengünstige, effiziente und leistungsstarke Verwaltung sicherzustellen. Wir übertragen die Bewirtschaftung des Staatswaldes einem wirtschaftlich und rechtlich selbstständigen Unternehmen, um Steuergelder zu sparen, um die Gemeinwohlleistungen finanzieren zu können, um die Berg- und Schutzwaldsanierungen voranzutreiben, um den Waldumbau zu widerstandsfähigen Mischwäldern finanzieren zu können, um die ökologischen Schutzfunktionen, wie Trinkwasserqualität, abzusichern.

Kurzum: Mit den Einsparungen in der Verwaltung und den Effizienzgewinnen bei der Bewirtschaftung des Staatswaldes werden wir auch in Zukunft eine naturnahe und nachhaltige Waldbewirtschaftung garantieren können. Mit der Einstellung „alles muss so bleiben wie es ist“ beweist die

Opposition einmal mehr ihre Reformunfähigkeit. Mit Ihrer Verweigerungshaltung provozieren Sie kontraproduktive Entwicklungen. Glauben Sie denn ernsthaft, dass unserer Bevölkerung zu vermitteln ist, dass wir dauerhaft Steuergelder für die Bewirtschaftung des Staatswaldes aufwenden?

(Heidi Lück (SPD): Ja!)

Glauben Sie wirklich, dass aufwendige Verwaltungsstrukturen, die in der Vergangenheit richtig gewesen sein mögen, im Zeitalter des Bürokratieabbaus und der Verwaltungsvereinfachung noch auf Akzeptanz unserer Bürger stoßen?

Vor wenigen Monaten wurde in meiner Heimat ein Forstdirektor verabschiedet. Am anderen Tag stand in der Zeitung: Der König vom Arber geht in den Ruhestand. Ich bewerte diesen Artikel nicht; ich meine aber, dass wir schon gefordert sind, zeitgemäße Verwaltungsstrukturen aufzubauen.

(Beifall bei der CSU)

Sie fordern zum Reformstau auf, obwohl täglich neue Hiobsbotschaften in Deutschland für Zukunftsängste sorgen – ob Karstadt, ob Opel oder Haushaltsdefizite -,

(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Ach du liebe Zeit!)

ausgelöst durch die miserable Finanz- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Wer baut mehr Arbeitsplätze ab? Die Staatsregierung oder Opel?)

Glauben Sie wirklich, unsere Mitbürger sträuben sich gegen zumutbare Einsparungen in der Verwaltung und eine deutlich wirtschaftlich ausgerichtete Staatswaldbewirtschaftung, wenn gleichzeitig bei Leistungen und Förderungen gespart werden muss?

Meine Damen und Herren, es ist bemerkenswert, dass jetzt ausgerechnet diejenigen eine Fortführung der Forstreform von 1995 einfordern und diese quasi glorifizieren, die diese Forstreform 1995 verteufelt haben.

(Beifall bei der CSU – Heidi Lück (SPD): Das kann nicht sein!)

Im Übrigen empfinde ich Ihre unsachlichen Unterstellungen bezüglich der künftigen Bewirtschaftung des Staatswaldes geradezu als Affront gegenüber den Privatwaldbesitzern.

(Beifall bei der CSU – Heidi Lück (SPD): So ein Schmarrn!)

Gerade die Privatwaldbesitzer haben den heute in aller Munde befindlichen Begriff der Nachhaltigkeit geprägt. Die Privatwaldbesitzer haben eigenverantwortlich Mischwälder erhalten und die Plenternutzung bevorzugt, ob

wohl beim Staatswald damals eine andere Philosophie galt. Die Privatwaldbesitzer bewirtschaften ihre Wälder nicht nur sachgerecht und oftmals auch vorbildlich ohne Kahlschläge, meine Damen und Herren;

(Christa Naaß (SPD): Sie werden gut beraten!)

die Privatwaldbesitzer erbringen auch Gemeinwohlleistungen und leisten praktisch zum Nulltarif Beiträge zum Ökosystem Wald.

Geradezu töricht waren die ursprünglich von Volksbegehrensbefürwortern angestellten Mutmaßungen, künftig müsse Eintritt bezahlt werden, wenn man spazieren geht, wenn man Schwammerl sucht oder sich erholen will. Haben jemals Privatwaldbesitzer in diese Richtung spekuliert? – Nein. Eigentum verpflichtet, und dazu stehen sie auch. Als Eigentümer darf man aber nicht nur Verpflichtungen aufgebürdet bekommen. Ich bekenne mich auch eindeutig zur ökonomischen Nutzung des Waldes.

(Beifall bei der CSU)