Protocol of the Session on October 19, 2004

(Beifall bei der CSU)

Als Nächste hat Frau Kollegin Lück das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, werte Kolleginnen, werte Kollegen! „Wir reformieren die Verwaltung, nicht den Wald.“ Wir haben es gerade wieder gehört. Mit diesen Schlagworten reisen Sie durchs Land und versuchen, mit schönen Worten die bösen Taten zu verschleiern. Das ist okay. Nicht okay ist aber die Tatsache, dass Sie durch direkte oder indirekte Erpressung versuchen, Befürworter des Volksbegehrens aus dem Bündnis zu brechen und den Angestellten Maulkörbe zu verpassen. Dieser Umgang ist unwürdig, insbesondere weil sich diese Vorgänge in allen Bereichen bei Gegenwind häufen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wenn Sie von Ihren Reformen so überzeugt sind, dann benötigen Sie keine derartigen Machenschaften. Ein Sieg mit unlauteren Mitteln wäre ein Pyrrhussieg, eine herbe Niederlage, nicht nur für ganz Bayern, sondern insgesamt für die Demokratie.

Jetzt zum Waldgesetz, das semantisch und oberflächlich betrachtet wirklich nicht ganz schlecht ist. Aber Semantik hilft dem Wald herzlich wenig.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der gerade vorgelegte Waldzustandsbericht bestätigt schwerste Schäden infolge des trockenen Sommers, Zustände wie zuzeiten des Waldsterbens 1982.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))

Heute ist die Situation aufgrund der fortschreitenden Klimaveränderung wesentlich brisanter. Ihre Reaktion darauf ist die Zerschlagung einer schlagkräftigen Verwaltung. Wegen der unbestrittenen Erfolge der letzten zehn Jahre, die wir dank des motivierten Forstpersonals, dessen Einsatz, dessen Beratung und Hilfe, natürlich gemeinsam mit den vielen überaus engagierten privaten Waldbesitzern, erreicht haben durch ein vernünftiges Wald-Wild-Verhältnis in 51 % – in 51 %, nicht in 100 % – der Reviere, ist immer mehr Naturverjüngung möglich. Der gestufte Mischwald ist auf dem Vormarsch. Auch der Waldumbau weg von den Monokulturen ging voran. Insbesondere aber ist das hervorragende Krisenmanagement der Staatsforstverwaltung bei Kalamitäten und Schädlingsbefall hervorzuheben. Das wollen Sie zerschlagen. Das wollen Sie ohne Not zerschlagen.

Selbst der Reformminister Huber hat bis April 2003 die Arbeit der Staatsforstverwaltung als effizient hoch gelobt und die so genannte One-Stop-Agency als Vorbild herausgestellt. Warum ist das ein halbes Jahr später nur noch Makulatur nach dem Motto: Was schert mich mein Geschwätz von gestern? Warum wurde der Versuch, die Saalforsten in Österreich und Filetstücke in Oberbayern

zu verkaufen, klammheimlich vorbereitet, wenn der Verkauf doch tabu sein soll?

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Warum ist denn die Staatsforstverwaltung gerade in diesem Zusammenhang plötzlich vom Musterknaben zum Prügelknaben geworden? Wenn Sie sagen, Herr Minister, wir reformieren die Verwaltung, damit sie schlagkräftig den Herausforderungen gewachsen ist, dann unterstellen Sie, dass das bisher nicht geschah. Das ist eine schallende Ohrfeige für alle Forstleute, denen es zu verdanken ist, dass der Wald auch im kleinen Privatwald, insbesondere bei den so genannten urbanen Waldbesitzern, trotz der massiven Probleme noch so gut dasteht, dass die Privatwaldbesitzer trotz der massiven Probleme beim Verkauf von „Sturm- und Käferholz“ durch das umsichtige Agieren, durch intensive Beratung und Zurückhaltung beim Holzverkauf der Staatsforstverwaltung im Schnitt erträglich abschnitten. Dafür hatte der Staatsforst natürlich weniger Einnahmen, als Sie künftig bei dem auferlegten Wirtschaftlichkeitszwang vielleicht haben werden.

Ein weiterer Grund war sicher auch das Gutachten des ORH, das Fachleute allerdings genüsslich in der Luft zerrissen haben, da es offensichtlich nicht nur mit falschen Zahlen, sondern auch mit wenig Kenntnis gemacht wurde. Sie sagen, Sie reformieren die Verwaltung, der Wald wird Gewinner sein. Ja wie denn? Sie schreiben schöne Gesetze, und diejenigen, die das umsetzen sollen, werden wegrationalisiert. Sie sagen, Sie sichern durch effiziente und zeitgemäße Strukturen die Finanzierung der Gemeinwohlleistungen. Ja wie denn?

(Zuruf des Abgeordneten Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU))

Wo kommt das Geld her? Vom Personalabbau oder vom Finanzminister. Minister Faltlhauser hat gesagt und war stolz darauf: „Dem Minister Miller habe ich keinen Penny gegeben.“

Im Klartext: Sie sagen, besondere Gemeinwohlleistungen sollten auch aus allgemeinen Förderprogrammen gespeist werden. In einem Interview in der „Augsburger Zeitung“ kann man lesen, dass die bestehenden forstlichen Förderprogramme einzig und allein dem Privat- und Körperschaftswald vorbehalten bleiben. Genauso prekär ist die Lage bei den allgemeinen Gemeinwohlleistungen, die aus den Holzpreisen finanziert werden sollen – aber wie denn angesichts sinkender Holzpreise? Was nützt das schönste Haus ohne Dach? Was nützt das schönste Gesetz, wenn weder Personal noch Geld ausreichen? Der Personalabbau soll weiter betrieben werden, obgleich wir in der Forstverwaltung mit 1,7 Personen pro 1000 Hektar mit Abstand die wenigsten Beschäftigten aller Länder haben; der Bundesdurchschnitt liegt bei 2,6 Personen pro 1000 Hektar. Dieser Wert liegt nahe, teilweise sogar unter dem Bestand der österreichischen Forsten.

(Zuruf des Abgeordneten Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU))

Herr Kollege Rotenhan, es ist klar, dass es wohl ein frommer Wunsch ist, dass diese Rechnung aufgeht mit noch weniger Personal, mit noch besseren Leistungen und mehr Einnahmen trotz fallender Holzpreise. Dass diese Rechnung, wenn man 2 plus 2 addiert, nicht aufgeht, ist klar.

(Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU): Wir schaffen es mit der Hälfte!)

Geradezu aberwitzig finde ich die Verlagerung der unteren Jagdbehörde für die Staatsjagdreviere an die Landratsämter. Allein durch das Beispiel der Bejagung im Staatsforst und nur mit deren intensiver Unterstützung und Beratung ist es gelungen, den Dialog zwischen Wald- und Jagdbesitzern zu beginnen und vielerorts gute Ergebnisse zu erzielen.

Herr Minister, Sie haben es gesagt: Wald vor Wild. Das galt bisher. Künftig sollen auch die „sonstigen Belange der Jagd“ berücksichtigt werden. Auch hierin liegt ein Widerspruch, der wirklich schwer wiegt. Balbiert werden die Kommunen, denen unter Umgehung des Konnexitätsprinzips die kostenneutrale Betreuung und Beratung bis zu 50 Hektar gestrichen wurde. Auch die Personalkostenzuschüsse stehen infrage. Gleiches gilt für Kirchen- und Stiftungswälder sowie für altrechtliche Genossenschaften.

Bei der Privatwaldberatung ist Ihnen – das muss ich zugeben – der größte Schwabenstreich gelungen. Anstatt die Beratung im Gesetz festzuschreiben, haben Sie große Versprechungen gemacht. Die bisher unabhängige und kostenlose Beratung durch die Förster soll auf die FBGs übergehen. Dafür wurde den Forstzusammenschlüssen ein gutes Angebot gemacht. Ich kann nur hoffen, dass am Ende tatsächlich Milch im Häfele ist und nicht nur die Sonne hineinscheint. Unabhängig davon, dass in diesen Zusammenschlüssen lediglich rund 18 % der Waldbesitzer vertreten sind, wage ich schon wegen des EU-Rechts nicht zu glauben, dass diese Zuschüsse ein langes Leben haben werden.

Das Errichtungsgesetz der Anstalt des öffentlichen Rechts ist vorsorglich sehr schlank und wenig konkret gehalten. Das ist wohl gewollt, um wenig Angriffsfläche zu bieten und später für unpopuläre Entscheidungen viel Spielraum zu haben.

Die Erschließung weiterer Geschäftsfelder ist in diesem Zusammenhang natürlich zu Recht Grundlage vieler Horrorvisionen; denn die im Errichtungsgesetz aufgezählten Beispiele werden allesamt schon von privaten Unternehmern abgedeckt. Was bleibt, ist das Fischen im Trüben.

Wenn man sich schließlich anschaut – meine Redezeit geht zu Ende –, wie der Aufsichtsrat besetzt wird, sieht man, dass Ökonomie vor Ökologie kommt. Es steht nirgendwo, dass die Anstalt des öffentlichen Rechts auf Dauer in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft bleiben soll. Auch eine Veräußerung mit 51 % Beteiligung entspräche dem Gesetz noch.

In Artikel 19 ist zu lesen: Falls die bayerischen Staatsforsten aufgelöst würden oder ihre Rechtsform geändert werde, hätten Beamte und Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht zum Freistaat Bayern. Ein Schelm ist, wer da Böses denkt. In der Begründung heißt es, dass Arbeitnehmer durch einen etwaigen Betriebsübergang nicht zu einem dritten Arbeitgeber wechseln müssen. Alles klar? – Für uns ja. Heben Sie deshalb Ihren Maulkorberlass auf, stampfen Sie das Errichtungsgesetz ein und lassen Sie uns gemeinsam wieder von Ihrem Holzweg weg und auf den richtigen und vernünftigen Weg kommen. Wald, Umwelt und Bevölkerung werden es Ihnen danken. Das tut uns zwar weh, aber wir setzen hier das Gemeinwohl vor das Parteiwohl und eigene Wohl.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Als Nächster hat Herr Kollege Dr. Magerl das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bayerische Staatsregierung hat zwei Gesetzentwürfe vorgelegt, die auf die Bewirtschaftung der bayerischen Wälder entscheidenden Einfluss haben werden. Das bayerische Waldgesetz soll umfassend geändert werden, nicht nur in einigen Details. Der zweite Gesetzentwurf, der Entwurf des Errichtungsgesetzes ist ein völlig neues Gesetz. Wer sich die Gesetze anschaut, stellt fest: Erklärtes Ziel der Bayerischen Staatsregierung und der CSU ist es, den bayerischen Wald gemäß betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkte zu bewirtschaften und damit in unserem Wald Gewinnmaximierung zu betreiben. Die Behauptung der Bayerischen Staatsregierung, nicht den Wald, sondern nur die Staatsforstverwaltung zu reformieren, ist in unseren Augen ein untauglicher Versuch, die Bevölkerung zu täuschen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der CSU)

Wir machen keine Täuschung. Sie werden sehen, Ende November bekommen Sie nach Abschluss des Volksbegehrens und der Auszählung nach 14 Tagen Ihre Quittung; dessen bin ich mir sicher.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist abzusehen, dass die Gemeinwohlfunktion des Waldes, der Erosionsschutz, der Hoch- und Trinkwasserschutz, der Immissionsschutz, die Erholungsfunktion und der Natur- und Artenschutz erheblich leiden werden, wenn die vorgelegten Gesetzentwürfe durchgehen.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))

Herr Kollege, ich komme auf die Formulierung im Gesetzentwurf noch klar und deutlich zu sprechen. Ich werde das belegen. Wohin die Entwicklung geht, sehen wir bei den Bundesforsten in Österreich. Bei deren Betrieb sind die Folgen genau absehbar. Wer den Gesetzentwurf aus dem Jahre 1996 in Österreich mit dem von Ihnen vorgelegten Entwurf zum Errichtungsgesetz vergleicht, merkt, dass in Österreich und Bayern erhebliche Parallelen vor

handen sind. Man sieht, wohin Sie marschieren wollen. Wer das Errichtungsgesetz liest und anschaut, was die Anstalt zukünftig machen und welche Aufgaben sie erfüllen soll, stellt klar und deutlich fest, dass Sie in eine andere Forstwirtschaft einsteigen wollen, als bislang in unseren Wäldern vorhanden ist, und dass ganz neue Aufgaben und Ziele hinzukommen. Beispielsweise heißt es in Artikel 15, Nutzung des Forstvermögens:

Der Freistaat Bayern räumt der Bayerischen Staatsforsten an dem von ihr gemäß Artikel 3 zu bewirtschaftenden Forstvermögen ein umfassendes, unentgeltliches Nutzungsrecht ein. Dieses Recht umfasst insbesondere die Befugnis, den zu bewirtschaftenden Staatswald für Zwecke der Forstwirtschaft, einschließlich der Aneignung und Verwertung seiner Erzeugnisse, der Gewinnung von Bodenschätzen und der Vermietung oder Verpachtung oder in ähnlicher Weise zu nutzen.

Wenn Sie also nicht etwas völlig anderes als nur die Bewirtschaftung des Waldes vorhätten, wären solche Dinge wie der Abbau von Bodenschätzen im Wald nicht im Errichtungsgesetz enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Des Weiteren heißt es in Artikel 3:

Die Bayerische Staatsforsten kann weitere Geschäfte betreiben, die im Zusammenhang mit den Aufgaben gemäß Absatz 2 bis 5 sowie Artikel 4 stehen. Sie soll sie betreiben, soweit dies dem effizienten Einsatz ihrer personellen und sachlichen Kapazitäten dient. Zu den weiteren Geschäften können zum Beispiel gehören die Durchführung von Waldpflegemaßnahmen auf der Grundlage von Waldpflegeverträgen, der Holzhandel, die Durchführung von Planungen und Inventuren, Tourismus und die Nutzung regenerativer Energien.

Hier soll klar und deutlich in Konkurrenz zu privaten Unternehmen gegangen werden. Wenn man sich das Ganze anschaut, stellt man fest: Der Staatsforst wird einen Personalüberhang haben, den er erst langsam abbaut. „Sie soll sie betreiben, soweit dies dem effizienten Einsatz ihrer personellen Kapazitäten dient“. Das heißt, die bayerische Staatsforstverwaltung wird in einen massiven Konkurrenzkampf mit privaten Unternehmen eintreten.

Es geht weiter: „… im Rahmen ihrer Aufgaben oder weiteren Geschäfte auch außerhalb des Freistaates Bayern tätig werden“. Soll es dann so werden wie bei den Österreichern, Forstwirtschaft ohne Grenzen, 179 000 Hektar Wald in Russland gepachtet?

(Thomas Kreuzer (CSU): Saalforsten!)

Es ist nicht eingegrenzt auf Saalforsten oder dieses Coburger Domänenvermögen, sondern „ohne Einschränkung außerhalb des Freistaates Bayern tätig werden, sich Dritter bedienen, unmittelbar oder mittelbar Unternehmen gründen, erwerben, sich an diesen beteiligen“. Das heißt,

Sie wollen einen umfassenden, großen Wirtschaftsbetrieb aufziehen, so wie es bei den österreichischen Bundesforsten bereits der Fall ist. Dies ist in unseren Augen der falsche Weg. Wenn Herr Miller sagt, die Gesetzentwürfe seien die Lösung, können wir nur feststellen: Die Gesetzentwürfe, die Sie vorlegen, lösen keine Probleme, sondern Sie schaffen neue.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich in der kurzen Redezeit, die ich habe, noch einige Worte zum Entwurf des Waldgesetzes sagen. Auch hier sehen wir, wenn man es genau betrachtet und die Prosa, die Frau Kollegin Lück schon kritisiert hat, ein bisschen aufdröselt, dass es in Teilen um eine ganz deutliche Verschlechterung geht. Der Grundsatz „Wald vor Wild“ wird ganz klar und deutlich ausgehöhlt.

(Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU): Stimmt doch gar nicht! Das ist eine Lüge!)