Protocol of the Session on September 30, 2004

das gehört zur Ehrlichkeit dazu.

Die CSU-Fraktion, so ist es richtig, hat sich in einem Tendenzbeschluss für den ersten Weg entschieden.

(Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜNEN – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist gut!)

Hören Sie ein bisschen zu.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wir hören zu, darum lachen wir ja!)

Sie können nachher noch sprechen, Sie haben noch ein paar Minuten.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Dann können wir später lachen!)

Also, die Fraktion hat sich in einem Tendenzbeschluss in Banz für den Weg entschieden, den auch Rheinland-Pfalz gewählt hat.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Tendenz Abschaffung der Lernmittelfreiheit!)

Letztendlich hat die Reaktion gezeigt, dass eine Akzeptanz bei den Betroffenen, vor allem bei den Eltern, für diesen Weg nicht besteht. Die Konsequenz daraus ist, wenn wir Eltern bei der Beteiligung mitnehmen wollen, wenn sie etwas finanzieren sollen, dann soll das möglichst im Konsens mit den Eltern geschehen. Deshalb soll jetzt der Weg des Büchergelds beschritten werden. In Übereinstimmung mit den Elternverbänden soll ein Weg gefunden werden, um die gemeinsame Verantwortung von Staat, Kommunen und Elternhaus zu stärken.

Sie haben sicher der Presse entnommen, dass die Elternverbände zwar nicht jubeln – das ist selbstverständlich –, aber dass sie einverstanden sind, 20 Euro für die Grundschulkinder und 40 Euro für Schüler und Schülerinnen ab der 5. Jahrgangsstufe zu zahlen.

(Franz Maget (SPD): Diesen Konsens gab es doch schon früher!)

Es ist ganz entscheidend, dass damit auch die Mitspracherechte der Eltern gestärkt werden. Das werden wir gemeinsam mit Lehrerverbänden und den Elternverbänden noch regeln.

Ganz entscheidend ist, dass wir in dem Beschluss auch eine soziale Komponente haben, nämlich dass für einkommensschwache und für kinderreiche Familien weiterhin eine staatliche Finanzierung erhalten bleibt.

(Marianne Schieder (SPD): Wie sieht die denn aus?)

Angedacht sind 4 Euro, wie es auch in der Presse steht. Wir wollen, dass auch die Kommunen bei ihrer Verantwortung bleiben.

(Franz Maget (SPD): Was machen Sie, wenn einer nicht zahlt?)

Das Ziel, Herr Kollege Maget, ist, dass wir eine Aktualisierung und Verbesserung des Buchbestandes bekommen. Die Detailfragen werden wir intensiv diskutieren müssen. Das würde auch für Ihren Vorschlag Herr Maget, eine Kaution zu erheben, gelten, also für den bürokratischen Aufwand. Und was ist, wenn jemand nicht zahlt? Diese Probleme hätten Sie mit Ihrem Vorschlag genauso. Sie müssten das auch noch im Detail direkt mit den vor Ort Verantwortlichen diskutieren. Da sind wir auf derselben Stufe, Herr Maget.

Wichtig ist für uns, dass die einzelne Schule dieses Geld bekommt, sowohl das Geld der Eltern als auch das Geld des Staates und der Kommunen. Damit hat die Schule endlich einen eigenen Budgetbereich, mit dem sie eigenverantwortlich umgehen kann, den sie auch über ein Haushaltsjahr hinausnehmen kann, um selbstverantwortlich gemeinsam mit den Eltern zu entscheiden, was an der einzelnen Schule notwendig ist.

Diese Neuregelung, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird aus meiner Sicht auch dazu führen, dass der gesamte pädagogische Bereich der Verantwortung im Umgang mit den Büchern gestärkt wird. Ich denke, gemeinsam mit Lehrerverbänden, Elternverbänden und den kommunalen Spitzenverbänden werden wir eine gute Lösung finden.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat Frau Kollegin Schieder.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte zunächst einmal meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass es gelungen ist, den Druck auf CSU und Staatsregierung so zu erhöhen, dass man sich dort zumindest gezwungen sieht, einen Rückzieher von der totalen Abschaffung der Lernmittelfreiheit zu machen. Deshalb möchte ich allen voran allen Organisationen, allen Verbänden, allen Bürgerinnen und Bürgern und auch den Medien dafür danken, dass man sofort und mit ganz klaren Worten Stellung bezogen und deutlich gemacht hat, dass man sogar den Weg über ein Volksbegehren in Kauf nehmen würde, um für den Erhalt der Lernmittelfreiheit zu kämpfen.

Dieser Rückzieher ist, so kann man, glaube ich, schon sagen, in gewisser Weise auch ein Sieg für die Demokratie und zeigt, so hoffe ich, gerade jungen Menschen – denn Schülerinnen und Schüler sind davon betroffen –, dass man doch etwas machen kann, auch wenn man sich solchen Mehrheiten gegenüber sieht, wie sie im Bayerischen Landtag bestehen.

(Beifall bei der SPD)

Ich wäre aber noch viel froher, wenn ich sagen könnte: Es war ein Sieg der Vernunft, weil Sie eingesehen haben, dass Sie auf dem Holzweg waren, dass dieser Angriff auf die Lernmittelfreiheit der falsche Weg war. Das haben Sie aber nicht. Alle Ihre Äußerungen machen nämlich deutlich, dass Sie zwar einen Rückzieher gemacht haben, aber doch nur, um den politischen Flurschaden für sich selbst möglichst gering zu halten

(Beifall bei der SPD)

und nicht etwa, weil Sie erkannt haben, dass Sie falsch gehandelt haben.

Grund zur Entwarnung gibt es nämlich keineswegs. Denn im gleichen Atemzug, in dem Sie von Ihren Plänen Abstand genommen haben, die Lernmittelfreiheit total abzuschaffen, haben Sie einen ganz bemerkenswerten Angriff auf diese Lernmittelfreiheit angekündigt. Das Büchergeld ist der Einstieg in den Ausstieg, da beißt die Maus keinen Faden ab. Wir kennen Ihre Salamitaktik schon. Wir haben es doch in den letzten Monaten erlebt: Die Frau Ministerin selbst hat sich im Landtag mehrmals hingestellt und gesagt: „Sagen Sie nicht, wir planten, die Lernmittelfreiheit abzuschaffen. Das ist nicht wahr. Wir planen lediglich ein Büchergeld.“ Ein paar Wochen später war es schon die Abschaffung der Lernmittelfreiheit. Ich muss Ihnen sagen,

ich glaube Ihnen kein Wort mehr. In zwei Wochen stellen Sie sich wieder hin und sagen: „Wir haben es uns anders überlegt. Jetzt schaffen wir die Lernmittelfreiheit doch ab.“

Das Büchergeld, das wissen Sie auch, ist der Versuch, sich finanziell schadlos zu halten, die Arbeit loszuwerden und den Ärger und die Arbeit vor Ort abzuladen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Ge- nau!)

Denn Sie werden doch nicht leugnen, dass mit der Verwaltung dieses Büchergeldes an den Schulen ein enormer Verwaltungsaufwand verbunden ist. Herr Maget hat zu Recht eingeworfen: Was sollen denn die Schulen tun, wenn die Eltern nicht bezahlen wollen? Wie soll das Ganze denn verwaltungstechnisch ablaufen? Wir diskutieren seit Jahren in diesem Landtag darüber, dass – und das geben Sie zu, aber Sie tun nichts dagegen – an unseren Schulen der Verwaltungsaufwand sowieso schon viel zu hoch ist und dass das Personal, das den Schulen für all diese Aufgaben zur Verfügung steht, viel zu gering ist, sodass man jetzt schon nicht weiß, wohin mit dem ganzen Zeug. Da wird noch einmal etwas draufgeladen nach dem Motto: Hauptsache, wir haben auf Landesebene das Problem los.

Herr Kollege Schneider, wie sieht denn Ihre soziale Komponente aus? Das konnte ich bis jetzt von niemanden erfahren.

Ich meine schon, wer einen solchen Angriff auf das hohe Gut der Lernmittelfreiheit startet und ein weit reichendes Konzept ankündigt, täte gut daran, das Konzept endlich vorzulegen und nicht nur schöne Worte darüber zu verlieren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Auch wenn es um den Ländervergleich geht, Herr Kollege Schneider, bitte ich um Redlichkeit. Sie wissen so gut wie ich aus den Unterlagen und den Realitäten in den deutschen Bundesländern, dass es einen „bunten Garten Eden“ gibt. Im Land Baden-Württemberg, dessen Ministerin für Kultur, Jugend und Sport, Frau Dr. Schavan, doch oft das Maß Ihrer Dinge ist, hat die Lernmittelfreiheit Verfassungsrang. Die CDU denkt nicht daran, die Lernmittelfreiheit einzuschränken oder gar abzuschaffen. Es gibt auch sozialdemokratisch regierte Bundesländer, die das Büchergeld eingeführt haben. In Rheinland-Pfalz aber, Herr Kollege Schneider, hat es Lernmittelfreiheit noch nie gegeben. Dort wurde sie von der sozial-liberalen Landesregierung nicht abgeschafft, sondern der alte Zustand wurde beibehalten. Diese Vergleiche könnte ich fortsetzen. Ich bitte also um Redlichkeit und um Unterlassung der Unterstellungen, die jeglicher Wahrheit entbehren.

Gleiches gilt für Ihre Aussagen, in Bayern würde für Bildung am meisten Geld ausgegeben. Auch das ist nicht wahr. Machen Sie sich doch die Mühe und errechnen Sie den Durchschnitt der Ausgaben aller Bundesländer für die Bildung. Sie werden feststellen, dass wir in Bayern unge

fähr 0,3 % unter dem Durchschnitt liegen. Sie haben keinen Grund – –

(Zuruf des Abgeordneten Siegfried Schneider (CSU))

das sind die Zahlen, Herr Schneider.

Sie erzählen Märchen, an die Sie gerne glauben. Die Zahlen entsprechen aber nicht der Realität.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe heute zu meiner Freude in der „Abendzeitung“ gelesen, dass Herr Dr. Spaenle verkündet habe, seine Frau habe ihn ganz fürchterlich wegen dieser Entscheidung geschimpft. Ich sage Ihnen: Orientieren Sie sich an der Vernunft der Frau Spaenle und stimmen Sie unserem Dringlichkeitsantrag zu. Erhalten Sie die Lernmittelfreiheit im jetzigen Zustand.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zu Wort hat sich Herr Kollege Prof. Dr. Waschler gemeldet. Bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich kann und muss an das anknüpfen, was meine Vorrednerin behauptet hat. Es stimmt – wie so vieles andere auch – nicht, was von der Opposition behauptet wurde. In Bayern gibt es den Vorrang für Bildung. Der Ministerpräsident hat Wort gehalten, und wir geben in Bayern pro Schüler am meisten aus. Das ist gut so, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich möchte das auch belegen. Wir haben insgesamt 5400 Planstellen von 1993 bis 2004 geschaffen. Im Doppelhaushalt 2005/2006 sind es 887 zusätzliche Unterrichtskapazitäten – davon 241 neue Stellen – und

(Zuruf der Abgeordneten Marianne Schieder (SPD))

da haben Sie Recht mit Ihrem Zwischenruf –