Ich darf nun kurz schildern, wie sich der Vorgang aus unserer Sicht darstellt: Am Dienstag, dem 22.06.2004, gegen 10.15 Uhr spielten zehn neun- bis elfjährige Schüler der Grund- und Hauptschule an der Simmernstraße in München während der großen Pause im Schulhof Fußball. Dabei wurde ein neunjähriger Schüler von einem elfjährigen Jungen und seinen Mitspielern wegen seiner Spielweise so lange geärgert und verspottet, bis er sich durch Schläge körperlich gegenüber dem Elfjährigen zur Wehr setzte. Daraufhin schlug dieser zurück. Die Pausenaufsicht schlichtete die Auseinandersetzung.
Nachdem sich die Lehrerin wieder entfernt hatte, provozierte der elfjährige Junge den Neunjährigen erneut, der nunmehr mit Handgreiflichkeiten reagierte. Obwohl mehrere Mitschüler zunächst für den neunjährigen Schüler Partei ergriffen, wurden auch sie von ihm angegriffen. Schließlich wurde er von seinen Mitschülern geschlagen und getreten. Nachdem die aufsichtshabende Lehrkraft auf eine erneute Schlägerei aufmerksam gemacht wurde und die Auseinandersetzung beendete, fand sie den Neunjährigen schwer atmend und weinend am Boden liegend vor. Da er über starke Rücken- und Bauchschmerzen klagte, rief sie umgehend den Rettungsdienst und die Polizei an. Auch ein anderer beteiligter zehnjähriger Schüler teilte seiner Lehrerin mit, dass er durch einen Schlag gegen den Kopf Schmerzen verspüre.
Um 10.48 Uhr trafen die Polizeibeamten an der Schule ein. Der neunjährige Schüler saß weinend auf einer Bank und gab an, Bauchschmerzen zu haben. Da tatbestandsmäßig von einer gefährlichen Körperverletzung auszugehen war, wurden die acht strafunmündigen Kinder, die an der Auseinandersetzung offensichtlich beteiligt waren, gegen 11.30 Uhr zur Polizeiinspektion 13 in Schwabing verbracht, wo auch verständigte Beamte des Kommissariats 124, einer kriminalpolizeilichen Fachdienststelle für Kinder- und Jugenddelikte, eintrafen. Eine Begleitung der Schüler durch einen Lehrer war aufgrund der gegebenen Situation nicht erforderlich. Keines der beteiligten Kinder zeigte Anhaltspunkte für eine psychisch labile Verfassung.
Auf der Dienststelle wurden die Personalien festgestellt und überprüft. Die Personensorgeberechtigten wurden gemäß den einschlägigen Polizeirichtlinien verständigt und holten die Kinder schließlich gegen 13.30 Uhr und
13.53 Uhr ab. Ein Elternteil, der möglicherweise durch die Schule informiert wurde, kam bereits vor der Verständigung durch die Polizei zur Dienststelle. Zwei zehnjährige Schüler, deren Eltern nicht erreicht werden konnten, wurden zu ihrem Nachmittagshort gebracht bzw. aufgrund der Abwesenheit eines Elternpaares einer einundzwanzigjährigen Erziehungsbeauftragten übergeben. Diese Eltern befanden sich zur Tatzeit nach späteren eigenen Angaben im Ausland.
Polizei und Schulleitung verständigten sich im Übrigen vor Ort hinsichtlich der Unterrichtung der Personensorgeberechtigten dahin gehend, dass die Eltern der beiden verletzten Schüler durch die Schule, die der anderen Kinder durch die Polizei erfolge.
Die Verletzten wurden durch den Rettungsdienst in das Krankenhaus Schwabing verbracht und dort von den Eltern abgeholt. Die behandelnde Ärztin diagnostizierte nur leichte Verletzungen.
Die Kinder wurden informativ zur Feststellung des Sachverhalts befragt, nicht jedoch zu den einzelnen Beteiligungen. Eine schriftliche Anhörung fand nicht statt. Diese wird durch das Kommissariat unter Einbeziehung der Eltern, wie in der einschlägigen Polizeidienstvorschrift geregelt, vorgenommen.
Der Vater des betroffenen Kindes, das aufgrund seiner Abwesenheit einer Erziehungsbeauftragten übergeben werden musste, hat sich bereits Ende Juni 2004 bei uns über den Vorfall beschwert. Er teilte mit, dass er gegen die beteiligten Polizeibeamten Strafanzeige wegen möglicher Freiheitsberaubung stelle und Dienstaufsichtsbeschwerde einlege. Beim Polizeipräsidium München liegt derzeit noch keine Anzeige vor, sodass der Sachverhalt dienstaufsichtsrechtlich der Staatsanwaltschaft München I zur weiteren Prüfung vorgelegt werden wird.
Unabhängig davon wird die sachbearbeitende Dienststelle nach Abschluss der Ermittlungen den Sachverhalt der Staatsanwaltschaft als Herrin des Verfahrens vorlegen und einen Bericht an das Jugendamt verfassen.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass es sich bei den Betroffenen um strafunmündige Kinder gehandelt hat und dass sich deshalb die Frage nach dem Zweck der Mitnahme zur Polizeiinspektion stellt? Was war der Zweck der Mitnahme, wenn es nicht darum gegangen ist, ein Ermittlungsverfahren gegen Strafmündige vorzubereiten?
Nach den polizeilichen Vorschriften wurde völlig korrekt gehandelt. Das sage ich ganz ausdrücklich. Ich habe mich mit der Frage intensiv beschäftigt. Es ging darum, den Sachverhalt zu ermitteln; denn zu diesem Zeitpunkt war es noch nicht ausgeschlossen, dass das Kind schwerer ver
letzt war. In dieser Situation war es richtig, die Befragungen auf der Polizeiinspektion vorzunehmen. Ich bin der Meinung: Die Polizei hat richtig gehandelt. Die Dinge wurden dort in einer ruhigeren Atmosphäre miteinander besprochen.
Ich verstehe nicht, dass sich jemand, der an dem Tag nicht anwesend war, sich offensichtlich im Ausland befunden hat, anschließend auf diese Art und Weise reagiert. Ich habe dafür wenig Verständnis, denn ich bin der Überzeugung, das Verhalten der Polizei war korrekt und entsprach den Kindern in ihrer Situation. Es wurde versucht, die Gesamtlage zu beruhigen. Außerdem kann ich bestätigen, dass sich bereits während der Fahrt zur Polizeidienststelle eine wesentlich bessere Stimmung unter den Kindern einstellte, die zunächst sehr gereizt waren. Die Aktion hat also zur Deeskalation beigetragen.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, dass es auch möglich gewesen wäre, den Sachverhalt nachmittags, im Beisein der Erziehungsberechtigten und der Kinder aufzuklären, und dass es unverhältnismäßig war, die Kinder, nachdem sie sich nach der Pause bereits wieder in den Klassenräumen befanden, herauszuholen und sie mit Polizeifahrzeugen zur Polizeiinspektion zu fahren?
Ich stimme Ihnen in dieser Frage nicht zu. Ich bin vielmehr der Meinung, dass die Polizei sich richtig verhalten hat. Es war vernünftig, in dieser angespannten Situation die Befragung nicht in der Schule vorzunehmen, sondern außerhalb.
Herr Staatssekretär, Sie haben eine Dienstanweisung oder gewisse Richtlinien angesprochen, wie die Polizei in solchen Fällen vorgehen soll. Ich frage Sie, ob Eltern und strafunmündige Kinder künftig damit rechnen müssen, dass dann, wenn in der Pause eine Rangelei auf dem Schulhof stattfindet, die Kinder anschließend zur Polizei verbracht und die Eltern nicht verständigt werden?
Ihre Behauptung ist falsch, dass die Eltern nicht verständigt worden seien. Ich habe vorhin versucht, das darzustellen und zu dokumentieren. Auf die Minute genau wurde festgestellt, wer wann informiert wurde. In solchen Situationen wird man immer unterschiedlich reagieren.
Ich sage noch einmal: Das, was gemacht wurde, war korrekt. Ich halte es auch für richtig, dass die Eltern so verständigt wurden und die Maßnahme so abgelaufen ist. Wie das zukünftig sein wird, wird von der Situation abhängen.
Ich rufe die nächste Frage auf, und zwar darf ich Herrn Kollegen Werner Schieder an das Mikrofon bitten.
Herr Staatssekretär, meine Frage ist folgende: Ist bei der Ortsumfahrung Neustadt an der Waldnaab der zügige Fortgang der Bauarbeiten und deren Finanzierung plangemäß gewährleistet, und ist die Staatsregierung bereit, die Mittel für die „Störnsteiner Spange“ als wesentlichen Teil dieser Ortsumfahrungsmaßnahme aktuell zur Verfügung zu stellen, oder will die Staatsregierung die Unterbrechung bzw. den Stillstand der Bauarbeiten verantworten?
Herr Kollege Schieder, die angesprochene Ortsumfahrung Neustadt an der Waldnaab besteht aus zwei für sich verkehrswirksamen Abschnitten. Im Zuge der Staatsstraße 2172 baut die Stadt den mit 16,9 Millionen Euro größten Teil in gemeindlicher Sonderbaulast. Der Freistaat Bayern bezuschusst dieses Projekt, das bereits seit Juli 2002 in Bau ist und bis zum Jahre 2005 – also bis zum nächsten Jahr – fertig gestellt wird, mit 80 %, einem sehr hohen Zuschuss zu den zuwendungsfähigen Kosten aus dem FAG-Sonderbaulastprogramm. Nachdem die Finanzierung und die Durchführung dieses Abschnitts gesichert sind, wird es hier zu keiner Zeit zu einem Stillstand der Bauarbeiten kommen, sondern die Bauarbeiten werden im kommenden Jahr abgeschlossen werden können.
Der Bau der so genannten „Störnsteiner Spange“, die der Freistaat Bayern aus dem regulären Staatsstraßenhaushalt realisieren möchte, wird erst beginnen, wenn die staatliche Finanzierung gewährleistet werden kann.
Herr Staatssekretär, meine Frage bezieht sich darauf, wann – wie Sie sich ausdrücken – für diesen zweiten Teil, also die „Störnsteiner Spange“, die Mittel zur Verfügung gestellt werden. Ich glaube, Sie wissen, dass Baureife hergestellt ist. Dann stellt sich die Frage: Wann kommen die Mittel?
Herr Kollege Schieder, der Planfeststellungsbeschluss für das Projekt – ich habe gerade nach dem Datum geschaut – wurde am 13. Februar 2004 bestandskräftig; damit liegt Baurecht vor. Insoweit kann ich Ihnen zustimmen. Wir konnten dieses Projekt nicht mehr in den Haushalt 2004 einplanen, nachdem die Mittel nicht mehr so stark wie in
den vergangenen Jahren zur Verfügung stehen. Selbst bei gleich bleibender Mittelausstattung wird dieses Projekt aus meiner Sicht auch im nächsten Jahr nicht eingeplant werden können. Im Übrigen wird sich in den Haushaltsverhandlungen zeigen, welche Mittel uns für den Staatsstraßenbau zur Verfügung stehen. Wir müssen wegen der Kofinanzierung darauf achten, dass Maßnahmen Priorität haben, die von der EU gefördert werden. Es wird von den Haushaltsverhandlungen abhängen, wie viele Maßnahmen wir in ein neues Bauprogramm aufnehmen können.
Herr Staatssekretär, sind Sie sich darüber im Klaren, dass diese gesamte Maßnahme von der Staatsregierung immer als eine Gesamtmaßnahme dargestellt worden ist, und wissen Sie, dass bei dieser Ortsumfahrung, die einen Bogen um die Stadt macht, dieser Bogen sozusagen halbiert in der Landschaft steht und der zweite Teil dieses Bogens nicht existiert? Das bedeutet, dass es sich hier um einen Torso handelt. Ich frage mich, ob die Staatsregierung allen Ernstes einen solchen Torso in die Landschaft stellen will bei völliger Offenheit, wann der zweite Teil finanziert und gebaut werden soll.
Herr Kollege Schieder, natürlich ist uns bekannt, dass der Bogen aus zwei Teilen besteht, wie Sie es beschrieben haben. In den Überlegungen des Freistaates Bayern wurde dieser Zusammenhang gesehen. Das ist völlig unbestritten; das möchte ich an dieser Stelle dokumentieren. Sonst hätte man nicht in Absprache den einen Teil der Maßnahme in kommunaler Sonderbaulast gebaut und den anderen Teil in den normalen Staatsstraßenhaushalt einstellen wollen.
Dass die finanziellen Mittel aufgrund der Gesamthaushaltssituation nicht zur Verfügung stehen, ändert nichts an der Beurteilung der Notwendigkeit. Diese Situation haben wir im Übrigen nicht nur hier, sondern auch in vielen anderen Städten. Ich darf hier hinzufügen, dass beide Teile für sich verkehrswirksam sind. Wir haben auch andere Situationen, wo eine Verkehrswirksamkeit eines Teiles nicht gegeben ist. Das trifft in dieser Situation nicht zu. Dennoch sage ich noch einmal an dieser Stelle: Es wird nicht über die Frage der Notwendigkeit dieses zweiten Abschnittes diskutiert, sondern wir müssen uns die Frage stellen, wann wir die notwendigen finanziellen Mittel für diesen zweiten Bauabschnitt zur Verfügung stellen können.
Vielen herzlichen Dank, Frau Präsidentin, für Ihre Nachsicht. Herr Staatssekretär, können Sie an diesem Beispiel nachvollziehen, zu welch dramatischen Folgen das Spardiktat Ihres Ministerpräsiden
ten in diesem Bereich führt? Sie sollten sich vor Augen halten, dass das Straßenbauamt Weiden - eine nicht gerade kleine Behörde - in diesem Jahr nichts zu tun hätte, nichts zu bauen hätte, wenn es nicht die Mittel des Bundes gäbe, die durchaus reichlich fließen. Vom Freistaat Bayern kommt null, nichts kann gebaut werden. Das kann nicht richtig sein, dass Sie auf diese Weise das Land voranbringen wollen.
Bei großzügiger Auslegung der gestellten Frage, Herr Kollege, will ich auch darauf antworten. Ich will jetzt keine Debatte darüber eröffnen, die wir in diesem Hause schon wiederholt geführt haben, woher diese Finanzsituation, auch des Staates, kommt.
Die finanziellen Mittel stehen dafür nicht zur Verfügung, und nur laufende Projekte können abgewickelt werden, was momentan auch geschieht. Ich will darauf verweisen, lieber Kollege Schieder, dass gerade das erste Projekt durch die Sonderbaulast ermöglicht werden konnte.
Nein. Durch die Ausführung der Projekte in kommunaler Sonderbaulast und entsprechende Ausstattung im Haushalt konnten wir diesen ersten Bauabschnitt mit hoher Förderung begleiten. Es wäre fair gewesen, wenn Sie gesagt hätten, dass die Förderung zu 80 % keine schlechte war.
(Werner Schieder (SPD): Das waren kommunale Mittel aus der Schlüsselmasse, Herr Staatssekretär, das wissen Sie!)