Protocol of the Session on June 17, 2004

Das ist das eine. Das andere ist die Abschiebung und die Ausreise. Da sage ich, in diesem Fall sollte man auf der einen Seite zwar bestrafen, aber auf der anderen Seite nicht abschieben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Warum, meine Damen und Herren, diese Unterstützung in Bayreuth? Ich habe gesagt: eine friedliche Stadt mit an ständigen Bürgern. Ich habe bei den Unterschriftenlisten gesehen, dass auch sehr viele CSU-Mitglieder dabei sind. Viele haben extra in Klammern „CSU-Mitglied“ dazuge schrieben. Warum sie das machen, kann sich jeder den ken.

Meine Damen und Herren, die Menschen sehen nicht ein, dass wir Zigtausende Menschen in unserem Land haben, die sich nicht integrieren wollen und nicht abgeschoben werden können aus den verschiedensten Gründen. Die Menschen in Bayreuth sehen nicht ein, dass immer nur gejammert wird, dass unsere Sozialsysteme zusammen brechen, und hier zahlt jemand über Jahre hinweg pünkt lich seine Abgaben und wird ausgewiesen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Menschen sehen auch nicht ein, dass gerade in Oberfranken verzweifelt versucht wird, die Arbeitslosigkeit zu drücken, und hier ist jemand, der nicht nur selber Arbeit hat, sondern Arbeitsplätze ge schaffen hat, und den weisen wir aus.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Menschen sehen auch nicht ein, dass jemand ausge wiesen wird, der hier nicht – in Anführungszeichen – „be quem“ Asyl beantragt hat, sondern den anderen Weg ge wählt hat, der 14 Stunden am Tag in einer 6-Tage-Woche gearbeitet hat und sich nicht in die soziale Hängematte gelegt hat. Er hat eben – das möchte ich nicht verschwei gen – hier eine Gaststätte aufgebaut, wo sich sehr viele Menschen wohl gefühlt haben. Die setzen sich auch aus dem Grund ein. Aber kann das verkehrt sein, wenn einer freundlich und zuvorkommend ist und sich hier so etwas aufbaut?

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Viele Menschen – das sage ich zum Schluss auch noch, auch wenn es etwas polemisch ist – sehen nicht ein, dass wir einen Kaplan, der nachgewiesenermaßen hier zu Ge

walt aufruft und Gewalt erzeugen möchte, hier bleiben kann, aber einen, der über Jahre hinweg hier friedlich ge lebt hat, abschieben.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Gabsteiger (CSU))

Auf der einen Seite müssen wir die Straftat sehen, und dafür soll er bestraft werden. Auf der anderen Seite sollten wir die mustergültige Integration sehen, wie Tausende Bürger in Bayreuth das sehen. Deswegen sollten wir trotz des Passvergehens, für das er bestraft werden soll, sa gen: Gnade vor Recht. Es gibt auch Fälle, die durch das geltende Recht nicht zufrieden stellend gelöst werden können. So ein Fall liegt meiner Auffassung nach hier vor. Hier kann nicht die Ausländerbehörde in Bayreuth oder der Bürgermeister, wie es immer geheißen hat, etwas ma chen. Aber wir als Abgeordneten könnten ein Regulativ sein. Wir sind Volksvertreter. Der klare Menschenverstand sagt uns, dass wir diese Familie, die sich zu wertvollen Mitgliedern in unserer Gesellschaft entwickelt hat, nicht einfach ausweisen oder abschieben sollten, bestrafen ja, aber nicht abschieben.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Kollege Dr. Rabenstein, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Weiden busch?

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Nein, ja nicht! – Karin Radermacher (SPD): Das geht dir von der Zeit ab!)

Die Entscheidung trifft der Redner, sonst niemand.

Herr Rabenstein, können Sie mir erklären, warum Herr Bruci 1997 aus Albanien fliehen und sich einen Pass beschaffen musste, wenn er aus weislich der Unterstützungsschrift des Polizeihauptkom missars a.D. Popp bereits seit 1995 in Griechenland ge lebt hat?

Das kann ich Ihnen sehr gerne erklären. Ich kann es Ihnen auch schriftlich zuleiten. Der Fall füllt bei mir inzwischen einen Aktenordner. Ich habe die Situation 1995/1996/1997 ausführlichst erörtert und mir Informationen geben lassen. Herr Bruci war 15 Monate lang Soldat in einer Spezialeinheit zum Schutz des Staatspräsidenten Berisha. Wir wissen, dass in dieser Bürgerkriegssituation Nordalbanien gegen Südalbanien gekämpft hat. Staatspräsident Berisha stammt aus dem Norden und wurde abgelöst. In dieser Bürgerkriegssituati on sind sehr viele Albaner zwischen Albanien und Grie chenland hin- und hergewechselt.

Aber da er in dieser Spezialeinheit war und da abzusehen war, dass das System Berisha unterlegen sein würde und damit die ihn schützenden Kräfte unmittelbar in Lebens gefahr gerieten, ging er dann nach Griechenland. Er hat in dieser Situation versucht, einen falschen Pass zu bekom men, und das ist ihm gelungen. Wäre er nicht aus Albani en herausgekommen, hätte er nur eine Möglichkeit ge habt, nämlich zu töten, oder er wäre getötet worden. In der damaligen Situation blieb keine andere Möglichkeit. Er

hat zunächst einmal in Albanien diesen „bequemen“ Weg gewählt, sich aber in Deutschland nicht für den bequemen Weg entschieden, den er als Asylant hätte wählen können. Er hat versucht, hier etwas aufzubauen – das ist ihm ge lungen, und das stellen wir in den Mittelpunkt. Bruci soll bestraft, aber nicht abgeschoben werden, denn er hat sich zu einem wertvollen Mitglied unserer Gesellschaft entwickelt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Staats sekretär Schmid. Anschließend erfolgt die namentliche Abstimmung.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Eine Entscheidung, wie wir sie heute zu treffen haben, ist nicht leicht. Wir ma chen uns diese Entscheidung auch nicht leicht, das gilt für das Innenministerium ebenso wie für den Innenminister und für uns alle. Ich darf für wenige Minuten Ihre Aufmerk samkeit in Anspruch nehmen und die Fakten nochmals darstellen.

Herr Bruci ist mit einem gefälschten griechischen Reise pass illegal eingereist. Er hat uns über seine Identität und Staatsangehörigkeit getäuscht und lebte jahrelang für die Behörden als Grieche Dimitrios Michov, der als angebli cher EU-Angehöriger Freizügigkeit genießt, und nur des halb wurde ihm eine Aufenthaltserlaubnis EU erteilt. Auch seine Ehefrau erhielt nur aufgrund dieser Irreführung als vermeintliche Familienangehörige eines EU-Bürgers eine Aufenthaltserlaubnis EU. Nachdem im September 2001 das erste Kind von Frau Selaj und Herrn Bruci geboren wurde, legte er auch für dieses einen gefälschten Pass vor. Doch damit nicht genug: Er legte sogar bei der Füh rerscheinbehörde einen gefälschten griechischen Führer schein vor und täuschte auch das Standesamt durch die Vorlage weiterer gefälschter Papiere anlässlich der Ehe schließung; auch eine falsche Geburtsurkunde wurde vorgelegt. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Ich will nur noch einmal die Fakten darstellen.

(Zurufe von der SPD)

Auch sonst nahm es Herr Bruci während seines Aufenthalts mit den Gesetzen nicht so genau. Ich darf einige weitere Fakten schildern. Er beschäftigte bis in den Sommer 2002 hinein über eineinhalb Jahre lang seinen Bruder, obwohl er wusste, dass sich dieser ebenfalls mit einem gefälschten griechischen Pass im Bundesgebiet unerlaubt aufhielt und dass sein Bruder als Albaner – wie er selbst – eine Aufent halts- und Arbeitsgenehmigung benötigt hätte.

Im Oktober 2002 verloren die Aufenthaltserlaubnisse ihre Gültigkeit. Er beantragte als angeblicher Grieche nicht nur deren Verlängerung, sondern legte für sich einen neuen gefälschten griechischen Pass vor, da das Gültigkeitsda tum des ersten gefälschten Passes inzwischen über schritten war. Im November 2002 entdeckte schließlich die Polizei, dass der griechische Führerschein gefälscht war. Auch wurde ihm anlässlich einer Grenzkontrolle sein gefälschter Pass abgenommen. Außerdem trat die Aus länderbehörde an Herrn Bruci heran und forderte für das

im Mai 2002 geborene zweite Kind die Vorlage eines Per sonaldokuments.

Es spricht vieles dafür, dass es nicht die Geburt des zwei ten Kindes war, die Herrn Bruci dazu veranlasste, im Au gust 2003 bei der Ausländerbehörde reinen Tisch zu ma chen. Vielmehr zog sich das Netz des behördlichen Vorge hens immer enger zu und er erkannte, dass er nicht mehr herauskommt. Es wurde eine überaus großzügig bemes sene Ausreisefrist gewährt. Bruci hat sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt. Diese Zusage hat er allerdings nicht eingehalten.

Vor diesem Hintergrund kann Herrn Bruci und seiner Fa milie in Deutschland kein weiterer Aufenthalt gewährt werden. Herr Bruci ist kein EU-Angehöriger. Sein Aufent halt war vom ersten Tag an unerlaubt. Durch die Täu schung – und nur dadurch – erlangte er eine Aufenthalts erlaubnis. Somit konnte er auch keinerlei gesicherte Rechtsposition erlangen. Alle Familienangehörigen sind damit vollziehbar zur Ausreise verpflichtet.

Die geltende Rechtslage bietet keine Möglichkeit, einem albanischen Staatsangehörigen eine Aufenthaltsgenehmi gung zu dem Zweck zu erteilen, sich hier als Gastwirt zu betätigen. Im Übrigen wäre die Durchführung eines Vi sumverfahrens vom Ausland aus zwingend notwendig. Die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung ist auch aus geschlossen, da ein Ausweisungsgrund vorliegt. Herr Bruci hat durch vorsätzliches Handeln diverse Straftatbe stände erfüllt. Wie das Verfahren ausgeht, wissen wir nicht, weil über das Rechtsmittel gegen den Strafbefehl noch nicht entschieden ist. Im Strafbefehl wurde unter anderem wegen Urkundenfälschung eine Geldstrafe in Höhe von 160 Tagessätzen verhängt. Es ist also nach der Rechtslage kein kleines Delikt.

Das heute auch vorgetragene Argument, dass sich ange sichts der trostlosen wirtschaftlichen Lage in Albanien je der wie Herr Bruci verhalten hätte, können wir nicht gelten lassen. Wäre Herr Bruci wirklich aus Angst vor Verfolgung nach Deutschland geflohen, hätte er spätestens nach sei ner illegalen Einreise einen Asylantrag stellen können, doch das tat er nicht. Aber dann hätte er ein Jahr lang nicht arbeiten, geschweige denn vor seiner Ausreise eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben können.

Richtig ist, dass Herr Bruci Steuern zahlte und Arbeits plätze schuf. Trotzdem hat er die Behörden über Jahre hinweg vorsätzlich getäuscht. Daher können wir nicht ein fach zur Tagesordnung übergehen. Deswegen wäre es ein völlig falsches Signal, wenn er jetzt mit seiner Familie hier bleiben könnte. Dies kann sich unser Rechtsstaat nicht erlauben.

Ich darf deswegen noch einmal festhalten: Herr Bruci hat die Behörden vorsätzlich getäuscht und als albanischer Staatsangehöriger die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis weder in der Ver gangenheit noch heute erfüllt. Jahrelanger Rechtsbruch darf nicht belohnt werden.

(Beifall bei der CSU)

Damit ist die Aussprache ge schlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich darf um Aufmerksamkeit bitten, Zwischengespräche sind kein Ersatz für die Abstimmung.

Der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden hat be schlossen, die Eingabe gemäß § 80 Nummer 4 der Ge schäftsordnung durch den Bayerischen Landtag aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu er klären. Das ist die Ausgangsbasis für die Abstimmung. Wer dem Votum des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich, die blaue Ja-Karte zu verwenden. Für Gegen stimmen bitte ich, die rote Nein-Karte, für Stimmenthal tungen die weiße Karte zu benutzen. Zur Stimmabgabe steht die Ja-Urne auf der CSU-Seite, die Nein-Urne auf der Seite der Opposition. Die Urne für Stimmenthaltungen steht in der Mitte. Die Abstimmung beginnt.

(Namentliche Abstimmung von 17.58 Uhr bis 18.03 Uhr)

Meine Damen und Herren, fünf Minuten sind vorbei. Die Abstimmung ist geschlossen. Die Stimmkarten werden außerhalb des Saales ausgezählt.

Zunächst möchte ich Folgendes abklären: Wir haben noch einen Antrag zu behandeln. Vorher plädiere ich aber für die Teilnahme aller an der Sitzung. Die diversen „Randsitzun gen“ auch bei der CSU, die „Bamberger Konferenzen“ usw. sollten eingestellt werden. Wir haben noch den An trag „Stärkung der energetischen Nutzung der Biomasse“ zu behandeln. Gemäß der Geschäftsordnung steht jeder Fraktion 15 Minuten Redezeit zur Verfügung. Wird diese ausgeschöpft, sollte auf die Aufrufung verzichtet werden, denn ab 18.30 Uhr findet keine Abstimmung mehr statt. – Ich entnehme den diversen Reaktionen der Fraktionsver treter, dass die Antragsberatung zu schaffen ist.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 10 Antrag der Abgeordneten Ruth Paulig, Dr. Christian Magerl, Dr. Martin Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Stärkung der energetischen Nutzung der Biomasse (Drucksache 15/149)

Ich eröffne die Aussprache. Erste Wortmeldung: Frau Kol legin Paulig.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es passt gut, dass wir diesen Antrag, der vom Dezember 2003 datiert, hier behandeln, denn heute tagt seit 17.00 Uhr der Vermittlungsausschuss zu dieser Ange legenheit. Wenn wir Glück haben, geht das EEG in Überein stimmung in den Bundesrat, und die Verabschiedung im Bundestag kann noch im Juli 2004 stattfinden. Dann kann dieses Gesetz – das die Wirtschaft schon lange erwartet – endlich trotz Verzögerung der CSU in Kraft treten.

Lassen Sie mich aus diesem Anlass noch einmal aufzei gen, wie verrückt „herumeiernd“ und nicht nachvollzieh bar die CSU abgestimmt hat. Der Antrag ist ganz einfach.

Er fordert die Staatsregierung auf, sich im Rahmen der auf Bundesebene anstehenden Beratungen für höhere Vergü tungssätze im EEG für Biomasse einzusetzen. Man möch te doch meinen, dass Bayern mit seinem hohen Biomas se-Potenzial – Herr von und zu Lerchenfeld und andere der CSU werden mir zustimmen – Interesse daran haben muss, für kleinere Biomasseanlagen bessere Vergütungs sätze zu finden; denn in diesem Punkt war das alte EEG für Bayern nicht sehr brauchbar, wie wir alle feststellen konnten.

Dieser Antrag wurde – man versteht es nicht – im Januar 2004 im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz abgelehnt. Ich konnte das inhaltlich nicht nachvollziehen. Im Wirtschaftsausschuss wurde der Antrag ebenfalls ab gelehnt. Erfreulich war, dass im Februar 2004 die CSU im Ausschuss für Landwirtschaft und Forsten einen Umfor mulierungsvorschlag vorgelegt hat, der – ich gestehe es offen – besser als mein Antrag war, weil er nicht nur höhe re Vergütungssätze forderte, sondern auch die Laufzeit der Vergütung von 15 auf 20 Jahre erhöhte und dies ein gefordert hat. Die Umformulierung der CSU war gut. Der Landwirtschaftsausschuss hat den Antrag einstimmig angenommen, was sehr vernünftig war.

Zwischendurch gab es eine leichte Verwirrung. Der Antrag wurde im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen für erledigt erklärt. Ich gehe von einem Missverständnis aus, weil das EEG bis heute nicht erledigt ist. Man hat sich auf das Vorschaltgesetz für die Vergütung von Solarzellen strom bezogen. Das war ein Irrtum. Erledigung war falsch.