Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen, daran, dass die SPD nach zehn Jahren nunmehr vielleicht zur Einsicht kommt, während sie in der Vergangenheit – ent schieden im Ton, aber sachlich grundfalsch – Privatisie rungen meist als Verscherbelung von Tafelsilber kritisiert hat, nun aber gerade dies fordert, sieht man, wie die Ent wicklung auch bei ihr im guten Sinne vorangeht.
Auch in anderen Bereichen scheint die SPD keine Proble me mit einer Kehrtwende zu haben. Während sie bis vor wenigen Wochen hier im Plenum, aber auch im Ausschuss
die Vorgabe eines ausgeglichenen Haushalts in Bayern bis 2006 als unrealistisch und unerreichbar abtat, sind wir nach jetziger Einschätzung sehr nahe daran, dieses Ziel zu erreichen. Allerdings interessiert die SPD dabei nicht, dass dieses sehr wichtige Ziel nach wie vor nur mit großer Disziplin und weiteren Konsolidierungsanstrengungen er reicht werden kann. Deshalb bestätigt sich auch uns ein mal mehr, wie richtig es war, Ihre ungedeckten Milliarden forderungen im Nachtragshaushalt 2004 abzulehnen. Wir wussten aus gutem Grunde, warum wir dies tun.
Lieber Herr Kollege Dr. Kaiser, meine sehr geehrten Kolle ginnen und Kollegen der SPD! Mit Ihrer hier vorgetragenen Forderung nach dem Verkauf von Staatsbeteiligungen und der Investition der Erlöse in den nächsten Jahren ge steht die bayerische SPD eindrucksvoll ein, dass von der Politik der rot-grünen Bundesregierung im nächsten Jahr nichts Positives zu erwarten ist. Das bitte ich zur Kenntnis zu nehmen.
Denn offensichtlich gehen Sie davon aus – daher kam jetzt diese Initiative -, dass es unter Rot-Grün zu keinerlei wirtschaftlichem Aufschwung kommen wird und dass damit kein Einnahmezuwachs zu erwarten ist, der die
Grundlage für weitere Entwicklungen wäre. Ich gebe zu, wir befinden uns bundesweit in einer schwierigen Phase, der sich auch Bayern nicht entziehen kann. Allerdings möchte ich betonen, dass sich bereits jetzt bezahlt und bemerkbar macht, welch einzigartigen Erfolg wir mit unse rem Nachtragshaushalt 2004 und dem darin verankerten Konsolidierungspaket im Vergleich zu Bund und Ländern erreicht haben.
Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, konsolidieren nicht um der Konsolidierung willen, sondern gerade deshalb, um in Zukunft handlungsfähig zu bleiben und Impulse für die Weiterentwicklung Bayerns geben zu können. Dies entspricht einer Politik, die wir im positiven Sinne seit Jahrzehnten verfolgen und für die Bevölkerung umsetzen. Damit Sie mir das auch abnehmen, will ich zwei Belege für diese erfolgreiche Politik vortragen.
Gehen wir in die Vergangenheit: Während im Jahr 1960 die Pro-Kopf-Verschuldung Bayerns im Durchschnitt aller Bundesländer bei 101 % lag, erreichen wir heute nur noch 36 % des Länderdurchschnitts. Bekannt ist auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Bayern seit Anfang der 90er Jahre den Wechsel vom Nehmerland zum Geberland geschafft und in dieser Zeit deutlich mehr eingezahlt hat als es zuvor erhalten hat. Auch dies sollten Sie gelegent lich zur Kenntnis nehmen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, nach dem Vortrag des Kollegen Dr. Kaiser, den ich ansonsten sehr schätze, habe ich den Eindruck gewonnen, dass die SPD wieder einmal den Weihnachtsmann spielen will, wobei es ihr egal ist, dass der Weihnachtsmann im Sommer ins Schwitzen kommt.
Außerdem sind die Ideen, die den Medien übergeben wur den, unausgegoren. Die SPD – kein Vorwurf sondern eine Feststellung – hat erst einmal einen Wunschzettel ge schrieben ohne, wie es sich gehören würde, die Finanzie rung seriös sicherzustellen.
- Das ist so, Herr Kollege. Wir können die Eon-Aktien, die momentan bei unter 60 Euro liegen, nicht ohne weiteres verkaufen, da wir früher 64 Euro bekommen hätten.
Ich sage in aller Deutlichkeit: Ihr Vorstoß zu diesem Zeit punkt, die Staatsbeteiligung zu verkaufen, ist ein Beleg, dass Sie immer nur Geld obendrauf legen wollen, ohne zu konsolidieren. Allerdings sind Sie zumindest kurzfristig – wie lange das dauert, wissen wir nicht – davon abgekom men, Ihre Wunschlisten immer nur mit neuen Schulden zu Lasten unserer Kinder und Enkelkinder zu finanzieren. Das war bisher Ihr Kredo.
Ihre jetzige Haltung ändert aber nichts daran, dass die SPD nach wie vor unfähig ist, in wirtschaftlich schlechten Zeiten Maß zu halten. Denken Sie an den berühmten Wirt schaftsminister Erhard. Maß halten – das sollten Sie sich stets vor Augen halten, wenn Sie Forderungen stellen.
Fazit bleibt: Ihre Pläne, liebe Kolleginnen und Kollegen, zur weiteren Privatisierung der Staatsbeteiligungen ent halten nichts Neues. Im Gegenteil, sie entsprechen dem langjährigen Kurs der Staatsregierung und der CSU-Frak tion. Insofern bedanken wir uns, dass Sie diesen Weg mit uns gehen.
Dass wir uns in Bayern über die Standortpolitik, um Inno vationsfähigkeit und über eine zukunftsfähige Infrastruktur nicht nur Gedanken machen, sondern auch danach han deln, haben wir – das haben Sie, Herr Kollege Dr. Kaiser, indirekt bestätigt – in der Vergangenheit eindrucksvoll un ter Beweis gestellt. Ich garantiere Ihnen, wir werden auch in Zukunft entsprechend seriös verfahren.
Ich erteile für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Herrn Kolle gen Mütze das Wort. Es wurden zehn Minuten Redezeit beantragt. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! „Zukunft gestalten statt streichen – Fitnessprogramm für Bayern“. Als ich heute Morgen die ses Motto gelesen habe, dachte ich, ich müsste im Jog ginganzug kommen. Ich habe jedoch keinen. Von diesem Programm würde ich also nicht profitieren.
Nun zur Sache, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die SPD – das wurde schon gesagt – will mit den Erlösen aus dem Verkauf unter anderem von Eon-Anteilen eine Summe von circa zwei Milliarden Euro generieren. Und diese – wie gehört – über vier Jahre verteilt für Bildung, Wissenschaft und Staatsstraßenbau ausgeben. Ich will im Bild bleiben: Sie wollen den dicken – oder wie auch immer – Staat ver schlanken; Fett in Muskelmasse umwandeln, wo staatli che Aufgaben nicht notwendig sind.
Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich das Programm als Bauprogramm für den Bau und die Sanierung von Hochschulen, für kommunale Bauinvestitionen, den sozi alen Wohnungsbau, die Staatsstraßen und für ein Ertüch tigungsprogramm Ostbayern, das zum großen Teil auf ein Staatsstraßenprojekt hinauslaufen würde. Das soll alles passieren, ohne neue Schulden aufnehmen zu müssen. Das ist die Abkehr von dem, was ich von der SPD in mei ner kurzen Zeit als Abgeordneter gehört habe.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie sind die Maßnah men, die die SPD mit dem Geld finanzieren will, zu bewer ten? Unumstritten ist, dass die Sparpolitik der Staatsre gierung zu einer niedrigeren Investitionsquote geführt hat. Zum Beispiel können öffentliche Einrichtungen nicht mehr in dem Maße renoviert werden, wie das nötig wäre, weil es kein Geld für Modernisierung gibt; ein Beispiel ist die Hochschule in Regensburg. Sie hat dazu geführt, dass Städte und Kommunen den öffentlichen Nahverkehr ein
schränken müssen. Sie hat auch dazu geführt, dass viele soziale Initiativen am Stock gehen, dass die Jugendarbeit in ihrer Substanz gefährdet ist und die Volkshochschulen und Musikschulen in Bayern schlecht dastehen.
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, bei aller Achtung vor Ih nen, ist es – gelinde gesagt – etwas unverschämt, dass Sie sich hämisch über den Antrag der SPD auslassen.
(Manfred Ach (CSU): Die gute Politik, meinen Sie wohl? – Henning Kaul (CSU): Sie liefern aus Ber lin keine Steuern, deshalb können wir nur das Wenige verteilen! - Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)
Es ist schön, die CSU-Fraktion aus der Defensive, in der sie sich momentan in Bayern befindet, herauszulocken.
(Henning Kaul (CU): Denken Sie an das Ergebnis der Europawahl! – Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)
Im Zusammenhang mit der Stärkung Bayerns hört man von der SPD nichts. Dafür könnte man Geld ausgeben, wenn man unbedingt investieren will. Sicherlich ist es rich tig – dazu weiß ich nicht, Herr Kollege Dr. Kaiser, woher Sie Ihre Informationen haben – die Anteile an Eon zu ver silbern. Unsere Fraktion hat keinen Einwand. Die Anteile kann man verkaufen. Es gibt keine Einflussmöglichkeiten. Aus diesem Grunde sind sie zu veräußern.
Wir würden auch ohne zu zögern die Anteile am Flughafen veräußern. Wäre der Franz-Josef-Strauß-Flughafen ein Erfolgsmodell, wie das Minister Dr. Wiesheu in der gestri gen Pressemitteilung behauptet hat, bräuchte er keine staatliche Krücke.
Sie wollen in Bauten investieren, die wieder Folgekosten bringen. Sie wollen in Staatsstraßen investieren. Ich habe den Verlauf des Themas der Aktuellen Stunde verfolgt. Schlussendlich wollen Sie nur noch für die Renovierung der Staatsstraßen investieren. Das könnten wir ohne Zö gern unterschreiben. Da die Staatsregierung nur an den Neubau von Staatsstraßen denkt, ist das notwendig.
Ein Ertüchtigungsprogramm für Ostbayern könnten wir unterschreiben, denn das von der Staatsregierung vorge
Aber, meine Damen und Herren, wiederholt die SPD damit nicht die Fehler, die die Staatsregierung über Jahre hinweg begangen hat? Erinnern Sie sich noch? – Mit vollen Ta schen übers Land gehen und fröhlich das Geld verpulvern.
Eine echte Bilanz der Offensive Zukunft, Herr Vorsitzender Ach, hat Minister Huber nicht betrieben. Eine echte Bilanz hat nicht stattgefunden. Wie sähe die denn aus? Kann man eine echte Bilanz an der Höhe der Arbeitslosenzahlen ablesen? Kann man sie ablesen an der Höhe der Staats verschuldung? Oder, dass Oberfranken – so groß wie die Unterschiede sind – im Vergleich zu Oberbayern fast in einem anderen Land liegen muss? - Nachhaltige Finanz politik sieht unserer Meinung nach, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, anders aus. Eigentlich haben Sie das auch so gesehen.
Wenn Sie die letzten Privatisierungen realisiert, das Geld verpulvert und investiert haben, was bleibt Ihnen dann noch? Welche Konzepte haben Sie dann? Nebenbei möchte ich nur anmerken, dass von einer richtigen Priva tisierung keine Rede sein kann. Denn Sie wollen den Erlös aus dem Verkauf der Anteile an Eon bei der LfA parken, also ein Platzhaltergeschäft durchführen, und dasselbe machen wie es der Bund mit der Kreditanstalt für Wieder aufbau getan hat. Der Gedanke ist eigentlich gut, wenn man nicht wüsste, dass der Bund später die Eigenkapital decke bei der KfW erhöhen musste.