Protocol of the Session on May 11, 2004

Wir sind der Meinung, dass diese Stellen durchaus notwendig sind. Das hat sich heute auch in der konstituierenden Sitzung des Landesgesundheitsrates herausgestellt. Es ist das Thema Nummer eins: die zunehmende schlechte Gesundheit der Schulkinder. Jeder vierte Deutsche ist angeblich sowieso zu dick, aber leider auch schon die Schulkinder. Es geht nicht nur darum, dass sie zu dick sind, sondern die Adipositas nimmt zu. Ein 5-jähriger Junge wurde mit Altersdiabetes eingeliefert. Das ist eine katastrophale Entwicklung. Dieses Thema nahm heute bei der konstituierenden Sitzung auch besonders großen Raum ein.

Die Begründung der SPD unterstützen wir. Ich glaube nicht, dass es unbedingt am Geld liegen muss, zumal ja keine neuen Stellen gefordert werden. Sie sind da. Trachtenvereine wurden mit 400 000 Euro gefördert. Dafür war Geld vorhanden. Der Ansatz Orden und Ehrenzeichen wurde sogar im Nachtragshaushalt um 70 000 Euro auf 282 000 erhöht. Für die Subventionierung von Regionalflughäfen stehen 3 Millionen Euro zur Verfügung. Ich meine, dass ist angesichts der Tatsache, dass die Ernährungsberatung gestrichen werden soll, unvertretbar.

(Beifall der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Die Begründung der SPD, mit der Abschaffung der Ernährungsberatung würde ein wesentlicher Teil des vorsorgenden Verbraucherschutzes wegfallen, obgleich Prävention nicht nur persönlichen, sondern auch finanziellen Schaden verhindern kann, unterstützen wir,. Es werden im Jahr 75 Milliarden Euro für die Behandlung ernährungsbedingter Krankheiten ausgegeben, also Krankheiten, die durch falsche Ernährung und Mangel an Information entstehen. 75 Milliarden Euro!

Der zweite Punkt der Begründung der SPD, die Ernährungsberatung soll zur Kostensenkung im Gesundheitswesen beitragen. Das stimmt mit der Zahl überein, die ich gerade genannt habe. 75 Milliarden Euro wären zu sparen!

Drittens. Sie soll dem Trend zu Fast-food und food-design entgegenwirken. Es kann doch nicht sein, dass unsere Kinder gerade vor dem Hintergrund von G 8, wie es zu lesen war, auf die Straße und auf den Markt geschickt werden, um sich was zu essen zu holen oder in benachbarte Firmenkantinen gehen müssen.

Der nächste Punkt ist, die Ernährungsberatung soll einen Beitrag zur gesunden Ernährung der Familien und Kinder, vor allem übergewichtiger Kinder, leisten. Sie bietet wertvolle Frauenarbeitsplätze. 160 Stellen werden ja jetzt abgeschafft oder sollen abgeschafft werden und sie soll auf gesunde, frische regional erzeugte Lebensmittel aufmerksam machen. Sie würde also auch den Bauern helfen, dass wir mehr regional und saisonal hergestellte Lebensmittel bekommen.

Ich bin der Meinung, dass die Bauern mehr Geld bekommen sollen für ihre Lebensmittel. Sie kriegen zu wenig. 1960 haben wir 30 % der Haushaltsmittel ausgegeben für Lebensmittel. Heute sind es noch 12,3 %. Das ist viel zu wenig und führt zu diesen Missständen in der Ernährung, im Tierschutz und im Umweltschutz.

Wir unterstreichen die Begründung der SPD. Wir haben nur das Gefühl, dass die Ernährungsberatung bei Gesundheit und Verbraucherschutz besser aufgehoben ist als im Landwirtschaftsministerium. Darum wird vorgeschlagen, sich zu enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Sonnenholzer.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Schade, dass der Wissenschaftsminister schon gegangen ist, der uns gerade vorgeworfen hat, wir würden alles abschaffen, was nicht von uns kommt. Ich kann ihm hier das erste Beispiel liefern, dass dem nicht so ist, sondern dass wir im Gegenteil was erhalten wollen, was von Ihnen kommt und was Sie widersinnigerweise abschaffen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Zum Kollegen Weiß muss ich sagen, also von uns zu verlangen, dass wir die Verunsicherung beseitigen, die die Staatsregierung und Sie als Mehrheitsfraktion mit Ihrer Politik bei der Bevölkerung anrichten, das ist nun wahrlich zu viel Appell an unser sozialdemokratisches Herz. Das werden wir nicht zu unserer Aufgabe machen.

(Zuruf bei den GRÜNEN: Das müssen sie selber machen!)

Genau, das müssen sie selber machen.

Kolleginnen und Kollegen, BSE ging, der Wahnsinn ist geblieben und hat zugeschlagen. Das steht in einem Brief, den wir gekriegt haben im Zusammenhang mit der völligen widersinnigen Abschaffung der staatlichen Ernährungsberatung. Ich denke das ist als Motto und Überschrift für eine Rede zur Erhaltung der Ernährungsberatung gerade richtig.

Die WHO fordert von den Industrienationen, dass sie fiskalische Maßnahmen unternehmen, um das Problem des Übergewichts und der ungesunden Ernährung in den Griff zu bekommen, das heißt, die Besteuerung von ungesunden Lebensmitteln. Wenn schon die WHO einmal so weit ist, dann weiß man auch wie virulent das Problem bei uns und in anderen Ländern ist.

Frau Rütting hat gerade erwähnt, wie in allen anderen Sonntagsreden und schönen Versammlungen so hat der zuständige Minister Schnappauf heute früh im Landesgesundheitsrat auch wieder appelliert, dass alles zu tun ist, um in diesem Bereich Prävention zu machen; Prävention auch als staatliche Aufgabe. Fakt ist, die ernährungsbedingten Erkrankungen steigen unaufhörlich, ebenso die Zahl der Übergewichtigen, vor allem der Kinder, und

gleichzeitig sinkt genauso dramatisch das Bewusstsein für gesunde Lebensmittel und gesunde Ernährung. Daraus weiß man, dass die Bereitschaft der Menschen, sich mit dem Thema aktiv auseinanderzusetzen, denkbar gering ist. Genau deswegen braucht es eine staatliche Beratung. Genau in dieser Situation zieht sich die Bayerische Staatsregierung aus ihrer Verantwortung zu unabhängiger Beratung zurück.

Herr Staatsminister Huber, wenn Sie auch heute sehr moderat waren, ich habe Sie auch schon anders gehört, zum Beispiel auf dem Kreisbauerntag in Fürstenfeldbruck, wo Sie vollmundig behauptet haben: Ernährungsberatung kann man aus jeder Frauenzeitschrift beziehen. Ich kann Sie nur fragen, sollen wir die Leute zu einem Zwangsabo der „Brigitte“ verpflichten, weil sie gerade ihren 50. Geburtstag hat? Oder sollen wir vielleicht, weil zunehmend auch mal Männer zuständig sind, Ernährungsberatung auch zum Teil des Inhaltes des Playboy machen?

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Um zum Ernst der Sache zurückzukommen: Solche Einlassungen sind wirklich wenig hilfreich und werden dem Problem nicht gerecht. Seit drei Jahren, seit der Strukturänderung ist mit der staatlichen Ernährungsberatung eine gut funktionierende Struktur aufgebaut worden. Der Versuch, diese Beratungsfunktion zum Beispiel auf Ärzte oder Apotheker zu schieben, ist mit Sicherheit völlig unzureichend. Wir brauchen die niederschwelligen Angebote, die die Ernährungsberaterinnen bisher geleistet haben. Der finanzielle Einsparungseffekt ist auch maximal nur langfristig zu erreichen, weil über 80 % der so genannten eingesparten Beraterinnen unter 50 Jahre alt sind. Sie müssten also an anderen Stellen noch weiter beschäftigt werden. Wo bleibt da der Sinn? Sie sitzen auf ihren Kartons, wo sie ihre gepackten Konzepte drin haben, die sich jetzt nicht mehr verwenden können.

Wir halten all dies für baren Unsinn und, Herr Weiß, ich habe keinerlei Verständnis dafür, wenn Sie hier mehrheitlich unseren Antrag ablehnen, denn ich weiß von vielen unter Ihnen, auch von vielen, die hier sitzen, in der Mehrheitsfraktion, dass sie dieses unser Anliegen teilen und selbst Anträge dazu gestellt haben. Genau an die appelliere ich an dieser Stelle noch einmal: Bitte stimmen Sie mit uns für unseren Antrag.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Götz.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sparen, Reformieren, Vielfalt fördern, Zukunft gestalten, neue Wege gehen – das ist das Ziel der CSU.

Die staatliche Ernährungsberatung wurde mit dem Ministerratsbeschluss vom 16. Dezember 2003 abgeschafft. Das ist Fakt. – Liebe Kollegin Sonnenholzner, ungesunde Lebensmittel gibt es nicht. Das möchte ich ganz besonders herausstellen. Es kommt darauf an, in welcher Menge man das Eine oder Andere isst.

Mit dem Rückzug aus der Ernährungsberatung sollen in Zukunft die Personalkosten sowie die Kosten für den sächlichen Verwaltungsaufwand gesenkt werden. Gleichwohl bleibt die Kernkompetenz des Staates mit Weißenfels Ernährung erhalten. Ernährung ist ein Teilgebiet des Verbraucherschutzes und ein Teilgebiet der Gesundheitsförderung und der Prävention.

(Susann Biedefeld (SPD): Aber ohne Beratung!)

Nur langsam, ich sage Ihnen das noch.

Die Kompetenzen wurden auf die Ministerien für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, für Unterricht und Kultus und für Landwirtschaft und Forsten verteilt. Anzumerken ist, dass insbesondere das Landwirtschaftsministerium ganz besonders auf gesunde, frische und regionale Erzeugnisse und Produkte achtet.

Der Antrag der SPD läuft ins Leere. Wir haben ihn bereits in drei Ausschüssen abgelehnt. Auch in Zukunft ist sichergestellt, dass die Ernährungsberatung in Bayern auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse steht. Dafür sorgt das LGL. Die gesunde Ernährung der Frauen, Familien und Kinder fällt in die Thematik Gesundheitsförderung und Prävention. Unberührt bleibt dabei die Ausbildung an Land- und Hauswirtschaftsschulen, sowie das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Hier ist wiederum das LGL zuständig.

Die Verbrauchersouveränität, die Werteorientierung und das Qualitätsbewusstsein bei der Lebensmittelauswahl sind auch weiterhin gewährleistet. Ich möchte insbesondere auf die Qualitätssiegel „QS“ und „Bio“ erwähnen. Die Ernährungsberatung bietet Aufklärung in den Fragen der Ernährungspsychologie und der Beratung für gesundheitsbewusste Ernährungserziehung, wobei objektiv und neutral informiert wird. Dies steht stets an erster Stelle.

Wir, die CSU, wollen Vielfalt fördern, neue Wege gehen, das heißt eine flächendeckende Ernährungsaufklärung. Die Ernährungsfachfrauen des bayerischen Bauernverbandes arbeiten bayernweit in allen Landkreisen.

(Susann Biedefeld (SPD): Warum schaffen Sie dann die Ernährungsberatung ab?)

Sie sollten zuhören.

Bayernweit sind die Ernährungsfachfrauen des bayerischen Bauernverbandes unterwegs. Hauswirtschaftsmeisterinnen der ländlichen Hauswirtschaft, die immer auf dem neuesten Stand der Ernährung sind und immer geschult werden, gehen in die Dörfer, zu den Verbänden und Vereinen. Die AOK bedient sich dieser Ernährungsfachfrauen ab Herbst 2004 bayernweit. Das heißt, sie sind vor Ort.

Das Pilotprojekt läuft ab jetzt in Mittelfranken. Es ist hervorragend. In meinem Landkreis gibt es sieben Ernährungsfachfrauen. Sie besuchen Kindergärten, Grundschulen und Hauptschulen. Sie halten Vorträge, Vorführung auch bei katholischen und evangelischen Frauenvereinen, bei allen Gruppierungen, ob bei Zentrallandwirtschaftsfesten oder in der Konsumenta. Überall stehen

diese Ernährungsfachfrauen im Dialog mit den Verbrauchern. Diese Frauen sind kompetent.

Heutzutage kann sich jeder informieren. Es gibt sehr viele Möglichkeiten – ob Fachveranstaltungen, Messen oder regionale Ausstellungen, Infomedien, Printmedien, Fernsehen, Ärzte, Apotheken, Volkshochschulen, Kneippvereine usw. Diese Veranstaltungen werden sehr gut besucht. Die ernährungsbewussten Bürger und Bürgerinnen können ihr Wissen überall erneuern. Das Internet bietet immer Auskunft.

Das heißt, meine Damen und Herren, Vielfalt und Zukunft. Das heißt aber auch Geld sparen. Das Ziel der bayerischen Verwaltungsreform ist, nicht mehr alles Wünschbare aufrechtzuerhalten, sondern das Unerlässliche anzubieten; denn die Situation und die Sparmaßnahmen zwingen uns dazu. Somit ist der Antrag der SPD abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Modernisierung der Verwaltung (Verwaltungsmodernisierungsgesetz) ,

Drucksache 15/882, dem Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz als dem federführenden Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Ich sehe keinen Widerspruch. So beschlossen.

Ich lasse jetzt über den mitberatenen Antrag der Abgeordneten Heidi Lück und anderer (SPD) betreffend „Verwaltungsreform effizient und bürgernah; hier: Staatliche Ernährungsberatung“, Drucksache 15/301, abstimmen. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer diesem Votum zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN. Das erstere war die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 4

Abstimmung über Anträge, die gemäß Paragraph 59 Absatz 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktion verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste. Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Einstimmig so beschlossen. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.