Es haben sich die Gewerkschaften engagiert, allen voran Verdi, die IG Metall und der DGB. Verdi organisiert seit Freitag vor dem Landtag außerhalb der Bannmeile eine Mahnwache, um für das Versammlungsrecht und für die Versammlungsfreiheit zu kämpfen. Sind diese Organisationen alle fehlgeleitet? Haben diese Organisationen alle keine Ahnung oder warum glauben Sie, dass die sich Tag und Nacht um die Ohren schlagen und eine Mahnwache organisieren, damit ein Grundrecht erhalten wird? Diesen Organisationen sollten Sie danken und nicht mit Ihrer Arroganz begegnen.
Der Bund Naturschutz hat sich in einer ausführlichen und guten Stellungnahme zu Wort gemeldet. Soweit ich weiß, gibt es beim Bund Naturschutz auch Mitglieder der CSU. Außerdem haben sich Tierschutzorganisationen und die Arbeitsgemeinschaft der bäuerlichen Landwirtschaft mit Petitionen an den Landtag gewandt. Auch Teile des Bauernverbandes haben sich mit einer Stellungnahme gegen Ihre Einschränkungsmaßnahmen gewandt. Die Milchbau
Im Bierzeltpopulismus sind Sie ja ganz groß. Wenn die Stimmung schlecht wird oder wenn es langweilig wird und Sie meinen, Sie müssten noch zu einem Stammtischargument greifen – wozu greifen Sie dann gerne? Was sagen Sie denn dann über Ausländer, die angeblich in unsere Sozialsysteme zuwandern? Was sagen Sie denn dann zu den Minderheiten in unserer Gesellschaft, Herr Ettengruber? Wieso ist denn dann eine Love-Parade oder eine Schwulenparade ein unappetitliches Ereignis?
Warum haben Sie nicht längst von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Ihnen die rot-grüne Bundesregierung noch an die Hand gegeben hat, dass Sie nämlich auf Landesebene regulieren können, an welchen Orten Neonazis demonstrieren dürfen und an welchen nicht? Das Bundesgesetz lässt zu, dass Sie in einem Landesgesetz zum Beispiel bestimmen, dass an Holocaust-Gedenkstätten und -Gedenktagen Demonstrationen, die die Opfer verhöhnen, verboten sind. Warum haben Sie denn all die Jahre von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht?
Die Erweiterung des Strafgesetzbuches beim Thema Volksverhetzung hat dazu geführt, dass vor Kurzem das Bundesverwaltungsgericht das Verbot des RudolfHeß-Gedenkmarsches in Wunsiedel bestätigt hat. Wir brauchen also keine weiteren Gesetzesverschärfungen, sondern aktive und engagierte Demokraten, die unsere Demokratie verteidigen. Wir brauchen nicht Ihre Gesetze, die diese Demokraten bei ihrer Aufgabe behindern.
Was passiert mit all diesen Vorschriften, bürokratischen Auflagen, Hindernissen und Sanktionen, die Ihr Gesetzentwurf enthält? – Damit werden doch nicht Nazi-Aufmärsche verhindert. Die Nazis gehen ganz schnell vor Gericht und versuchen, ihre Rechte durchzusetzen. Sie verhindern damit nur den bunten, spontanen und zivilen Widerstand gegen diese Aufmärsche.
Es muss Ihnen doch zu denken geben, dass ausgerechnet das Bürgerforum Gräfenberg, das seit Monaten von widerlichen Nazi-Aufmärschen heimgesucht wird, nicht sagt, wunderbar, jetzt haben wir endlich ein Gesetz, das uns von diesem braunen Spuk befreit, sondern dass das Bürgerforum sagt: Bitte lasst dieses Gesetz in der Schublade, bitte verabschiedet dieses Gesetz nicht, weil es uns als kritische Bürger bei unserem Widerstand und bei unseren Protestaktionen gegen diese braunen Aufmärsche
glaubwürdig. Das ist ein doppelter Vorwand. Zum einen reiht sich dieser Gesetzentwurf – ich habe es vorhin schon erwähnt – in eine Vielzahl von in letzter Zeit erlassenen Überwachungs- und Kontrollgesetzen, in denen Misstrauen gegenüber kritischen und mündigen Bürgern zum Ausdruck kommt. Mich hat vor Kurzem eine Journalistin gefragt, ob dieses Gesetz vielleicht gut gedacht, aber schlecht gemacht wäre. Nein, nein, wenn man sich den ganzen Kontext und Ihre Argumentation dazu anschaut, dann stellt man fest, dass dieses Gesetz schlecht gemacht und schlecht gedacht ist, meine Damen und Herren.
Zum anderen: Kolleginnen und Kollegen, wenn Ihnen der Kampf gegen Rechts, gegen die Nazis so wichtig ist: Was tun Sie denn, was haben Sie in all den Jahren bisher wirklich getan, um Aufmärsche von Neonazis zu verhindern, um diejenigen in der Gesellschaft zu unterstützen, die sich gegen Rechts engagieren, was haben Sie getan, um die Prävention schon in den Schulen auszubauen?
Ich habe vorhin schon erwähnt: Das NPD-Verbotsverfahren war eine riesige Blamage und hat der NPD genutzt und nicht den Nazis geschadet. So etwas dürfen wir uns nicht wieder leisten. Herr Beckstein trägt dafür die Verantwortung.
Was geschah vor Kurzem in Nürnberg, wir haben dazu einen Antrag im Innenausschuss gestellt? – Polizeiliche Behörden, staatliche Behörden haben sich Informationen aus Websites von Neonazis gegen Antifaschisten beschafft. Informationen über Demonstranten, die gegen Nazidemonstrationen auf die Straße gegangen sind. Halten Sie das für den richtigen Kampf gegen Rechts, wenn sich Behörden auf Internetseiten von Neonazis informieren und diese Informationen gegen kritische Bürgerinnen und Bürger verwenden?
Wir haben in den letzten Jahren hier wiederholt Haushaltsanträge und Anträge auf Programme gegen Neonazis eingebracht, Anträge auf die Einführung von Programmen für Demokratieerziehung schon in der Schule.
Was haben Sie mit all diesen Anträgen gemacht? – Sie haben sie abgelehnt und gesagt, das wäre schon alles erledigt, das bräuchten wir alles nicht. Es ist wirklich nicht glaubwürdig, wenn Sie sich hier herstellen und sagen, Ihnen sei der Kampf gegen Rechts ein besonders wichtiges Anliegen, Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Wenn das so wäre, hätten Sie unseren Anträgen zustimmen müssen.
gerne einen zentralen Satz, den er da gesagt hat: Die eigentliche Gefahr für unsere Demokratie sind nicht die erklärten Verfassungsfeinde; die eigentliche Gefahr für die Demokratie ist die Gleichgültigkeit der Demokraten. – Schreiben Sie sich das bitte hinter die Ohren!
Mit diesem Gesetzentwurf befördern Sie doch die Gleichgültigkeit, befördern Sie das Wegsehen, befördern Sie das Nicht-Einmischen, weil es einfacher ist, wenn man nichts mit den Behörden zu tun kriegt, wenn man keine Sanktionen befürchten muss, wenn man keine Aufzeichnung befürchten muss, wenn man nicht auf Demonstrationen geht und wenn man Demonstrationen gar nicht erst anmeldet. Sie unterstützen also die Gleichgültigkeit, das Wegschauen und das Wegsehen, das Sich-nicht-einmischen. Und das ist die Gefahr für unsere Demokratie.
Deswegen hat die grüne Landtagsfraktion ein Versammlungsfreiheitsgesetz eingebracht. Wir wollen zeigen, was es bedeutet, den Artikel 113 der Bayerischen Verfassung wirklich ernst zu nehmen und ihn in ein Versammlungsfreiheitsgesetz umzusetzen. Das bedeutet nämlich, dass man sich ohne Anmeldung versammeln darf und dass auch die strafbewehrte Anmeldepflicht aufgehoben wird. Im Sinne eines umfassenden Schutzes insbesondere kleiner Versammlungen ist eine allgemeine Anmeldepflicht aller Formen von Versammlungen schädlich und wird in unserem Gesetzentwurf daher aufgehoben. Unser grünes Versammlungsfreiheitsgesetz stellt den Schutz der Versammlungen in den Vordergrund. Versammlungen bekommen umfassende Rechte, die Behörden und die Polizei werden verpflichtet, diese Rechte zu schützen und zu gewährleisten, dass die Versammlungen stattfinden können. Das ist die Umkehrung Ihres Vorgehens, die Umkehrung Ihres Verhaltens. Wir müssen diejenigen, die sich frei und friedlich versammeln wollen, unterstützen und schützen, anstatt sie zu behindern und einzuschränken.
Auf die einzelnen Kritikpunkte in Ihrem Gesetzentwurf werden nachher noch meine Kolleginnen und Kollegen eingehen. Sie bauen einen Wust von zusätzlichen und unnötigen und abschreckenden bürokratischen Hürden und Hindernissen auf. Sie wollen die Ordner angemeldet haben, Sie wollen eine Durchleuchtung derjenigen Personen, die politische Versammlungen anmelden. Sie wollen schauen, welche Personen zuverlässig sind, welche nicht zuverlässig sind. Das wollen Sie entscheiden können. Sie wollen noch mehr Aufnahmen von Versammlungsteilnehmern. Die Vorschriften für die Löschung der Daten sind völlig unbestimmt. Manche Daten werden gar nicht gelöscht, und auch das führt dazu, dass Bürgerinnen und Bürger von ihrem Versammlungsrecht vielleicht nicht mehr in dem Maße Gebrauch machen, wie wir es für eine lebendige Demokratie nötig haben.
An unserer Anhörung, die unsere GRÜNEN-Fraktion zu Ihrem Vorhaben durchgeführt hat, hat auch Max Mannheimer teilgenommen, ein Holocaust-Überlebender und Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau. Sie alle kennen ihn. Er hat erst vor Kurzem den Hoegner-Preis verliehen bekommen. Ich glaube, die meisten der CSUFraktion kennen, schätzen und achten ihn für das, was er tut, für die Aufklärung, die er betreibt, und für die Art und Weise, wie er unermüdlich gegen Nazis vorgeht, wie er in Schulklassen versucht, die Demokratie zu festigen und auch weiterhin den Widerstand gegen antidemokratische Gesinnungen und Vorhaben zu ermöglichen. Max Mannheimer, der auch vor Kurzem bei einer Demonstration der Gewerkschaften gegen Ihr Versammlungsgesetz hier in München geredet hat, hat bei unserer Anhörung Folgendes gesagt:
Das Versammlungsrecht ist das eine. Die Zivilcourage und das beherzte Auseinandersetzen mit Rechtsextremismus und Neonazis ist das andere. Neben allen polizeilichen, gesetzlichen und strafrechtlichen Maßnahmen ist es für mich als überzeugten Demokraten sehr entscheidend, dass wir die Öffentlichkeit selbstbewusst für uns als freie Gesellschaft in Anspruch nehmen können. Das Wichtigste ist, dass Bürgerinnen und Bürger auch in Zukunft frei und ungehindert auf ihren Straßen und Plätzen artikulieren dürfen, was ihnen Rechtsstaat und Demokratie wert sind, ohne Einschüchterungen und erneute Einschränkungen der Versammlungsfreiheit.
Das Ziel der Bekämpfung der Nazis kann nicht nur durch politische Vorgaben erreicht werden. Man kann bestimmte Gesinnungen leider nicht verbieten.
Das Einzige, was sinnvoll ist, das Einzige, was hilft, sind engagierte Demokratinnen und Demokraten, die es sich nicht gefallen lassen, dass ihnen ihre Plätze weggenommen werden, dass ihnen ihre Straßen weggenommen werden, dass ihnen ihre Dörfer besetzt werden, die sich zur Wehr setzen und sagen: Wir verteidigen unsere Demokratie. – Das müssen Sie unterstützen anstatt es zu behindern.
Ich will Ihnen hier noch ein Zitat vorlesen. Der ehemalige Beauftragte für die Aufarbeitung des Stasiunrechts, Herr Joachim Gauck, war einmal hier im Bayerischen Landtag. Herr Glück hat ihn eingeladen. Herr Glück zitiert ganz
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Bause, worüber haben Sie jetzt eigentlich gesprochen? – Das würde mich mal interessieren. Sie haben weder über den Gesetzentwurf der Staatsregierung gesprochen, noch haben Sie über Ihren eigenen Gesetzentwurf gesprochen, der heute auch zur Abstimmung steht.