Protocol of the Session on July 16, 2008

Deswegen will ich Ihnen auch noch einmal in aller Kürze unsere Beweggründe für unsere Zustimmung zu dem Gesetzentwurf nennen. Ich habe es Ihnen schon heute früh in der Geschäftsordnungsdebatte gesagt, wir haben es hier mit einem Gesetz zu tun, das aus dem Jahr 1953 stammt, und von dem sogar Kollege Schindler gesagt hat, dass es reformbedürftig ist. Und wenn wir Reformbedarf erkennen, dann gehen wir – offenbar anders als Sie – sofort an die Sache heran, vor allem dann, wenn wir neue Zuständigkeiten bekommen haben. Wir haben diese Zuständigkeiten bekommen, und deswegen nehmen wir sie auch wahr, und zwar ohne zuzuwarten,

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Ohne zu denken!)

ohne eine Verzögerung, die absolut nicht notwendig ist.

Meine Damen und Herren, des Weiteren habe ich Ihnen gesagt, es gibt Erfordernisse für die Praxis, die nicht zu bestreiten sind, jedenfalls vernünftigerweise nicht zu bestreiten sind. Ich sage es noch einmal: Keiner von uns will mit diesem Gesetz Demonstrationen oder Versammlungen erschweren oder gar verhindern. Das will niemand.

Dieses Gesetz ist auch objektiv dazu nicht geeignet. Dass aber auch Versammlungen in geordneter Form ablaufen müssen, sollte selbstverständlich sein, und zwar aus zwei Gründen:

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das wird niemand bestreiten!)

Zum einen bedarf die Versammlung selbst unter Umständen des Schutzes – das weiß man manchmal vorher, manchmal weiß man es nicht genau, es ist jedenfalls nicht möglich, Versammlungen schutzlos sich selbst zu überlassen. Zum anderen bedürfen unter Umständen auch Dritte des Schutzes vor Übergriffen aus einer Versammlung heraus. Auch dafür braucht man ein praktikables Gesetz. Nicht mehr, aber auch nicht weniger wollte die Staatsregierung und will die CSU-Fraktion mit diesem Gesetzentwurf erreichen. Alles andere sind Zerrbilder der Realität.

Ich verstehe offen gestanden nicht, wie es Ihnen gelungen ist, die Debatte über dieses Gesetz in dieser Art und Weise zu emotionalisieren und zum großen Teil irrational zu führen. Sicherlich hat es auch heute in diesem Haus das eine oder andere Argument gegeben, das rational begründbar ist, wenn man auch darüber, ob es sticht oder nicht, wie fast immer verschiedener Meinung sein kann. Aber Sie haben darüber hinaus die Stimmung in einer Art

Ich kann dem Kollegen Obermeier nur zu seinem Einfall gratulieren, einmal mit dem einen oder anderen Petenten Kontakt aufzunehmen und nachzufragen, was er sich bei seiner Petition gedacht hat. Meine Damen und Herren, ich unterstelle zunächst jedem, dass er eine Petition auch ernst nimmt, wenn er sie einbringt, aber es zeigt sich bei näherem Hinsehen dann doch, dass das Ganze eine organisierte Kampagne gewesen ist und dass viele von denen, die Petitionen bis aufs letzte Komma in gleicher Abfassung eingereicht haben, nicht so genau gewusst haben, was sie da tun. Das hat sich eben herausgestellt.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren von der Opposition, mir war bisher nicht bekannt, dass es die Aufgabe von Fraktionsgeschäftsstellen, die mit Staatsmitteln finanziert sind, ist, Petitionskampagnen zu organisieren.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Das ist nicht wahr, das ist eine Lüge!)

Ich bedanke mich für den Zwischenruf, dass das eine Lüge ist. Ich empfehle, einen Blick auf die Homepage von Ver.di zu werfen und dort nachzulesen, in welcher Kooperation die ganze Kampagne stattfindet. Da steht nämlich dankenswerterweise, dass man Abdrucke der Petitionen an die Geschäftsstellen senden soll.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Na und!)

Nun weiß ich schon, dass das Versenden von Abdrucken dem Empfänger keine Kosten verursacht; aber das riecht man doch gegen den Wind, dass da ein Joint Venture vorliegt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Ein Schmarrn ist das!)

Das riecht man doch gegen den Wind. Dann haben sich Ihre Spitzenkandidaten freundlicherweise auch noch zusammen ablichten lassen bei der sogenannten Mahnwache, die da stattgefunden hat. Wenn man das alles im Zusammenhang betrachtet, ergibt sich ein eindeutiges Bild davon, was hier vorgegangen ist. Das können Sie bestreiten, solange Sie wollen, es glaubt Ihnen am Ende niemand.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Kamm?

Ich möchte an dieser Stelle – –

Herr Kollege Welnhofer, ge-statten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Kamm?

Ich möchte zu diesem Thema keine Zwischenfragen mehr gestatten,

(Zuruf von den GRÜNEN: Mehr?)

geht es aber doch darum, dass das, was die Petenten wollen, vollumfänglich diskutiert worden ist, und zwar im Rechtsausschuss und heute noch einmal hier. Die Argumente, die hier ausgetauscht worden sind, mag jeder für sich bewerten. Aber es sind Vorwürfe erhoben worden, die in keiner Weise haltbar sind. Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass die Argumente für dieses Gesetz die von Ihnen vorgetragenen Argumente gegen dieses Gesetz bei weitem überwiegen, und deswegen werden wir zustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Franz Maget.

Ich will nur auf eine Bemerkung eingehen, Herr Welnhofer, die so nicht stehen bleiben kann und nicht unwidersprochen bleiben darf. Sie haben absichtlich darauf verwiesen, dass die Fraktionsgeschäftsstellen aus Steuergeldern finanziert werden, und Sie haben parallel dazu die Behauptung aufgestellt, von der Fraktionsgeschäftsstelle der SPD sei unzulässigerweise eine Kampagne initiiert und aktiv zur Eingabe von Petitionen aufgerufen worden. Sie haben mit der Behauptung insinuiert, dass damit Steuergelder missbräuchlich verwendet werden; sonst hätte dieser Hinweis keinen Sinn ergeben. Ich bitte Sie, sich für diesen Vorwurf zu entschuldigen;

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

denn Sie können ihn nicht belegen. Er ist falsch, und er ist bewusst in den Raum gestellt worden, um uns in die Nähe von Leuten zu rücken, die Steuergelder nicht nur missbräuchlich, sondern gesetzeswidrig verwenden. Das ohne einen Beleg zu behaupten, ist eine Unverschämtheit, Herr Welnhofer.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich sage Ihnen, was tatsächlich geschehen ist. Es gibt Initiativen, Organisationen und Verbände in diesem Land, die dieses Versammlungsrecht ernst nehmen und die Debatte über die Veränderung des Versammlungsrechts in Bayern sehr kritisch verfolgen. Das ist ihr gutes Recht. Das sind übrigens Organisationen, die Neonazis mit großer Härte begegnen und Widerstand gegen Rechtsextremismus leisten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich will Sie nur darauf aufmerksam machen. Es sollte Sie nachdenklich stimmen, dass es Organisationen sind, die dem Rechtsextremismus in Bayern in besonderer Weise kritisch und ablehnend gegenüberstehen, zum Beispiel die genannten Gewerkschaften, die Naturschutzorganisationen, die Anwaltskammer und der Bayerische Jugendring. Die sind die Ersten, die bei Demonstrationen gegen Rechtsextremismus auf dem Platz und auf der Straße sind, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD)

und Weise angeheizt, wie ich das jedenfalls die letzten fünf Jahre nicht erlebt habe. Ich frage mich, warum Sie das tun. Natürlich drängt sich hier der Zusammenhang mit dem Wahltermin am 28. September auf. Ich wundere mich, dass Sie sich nicht über dieses Gesetz freuen. Wenn Sie sagen, ganz Bayern sei gegen dieses Gesetz, dann müssten Sie sich eigentlich freuen, dass die Staatsregierung es eingebracht hat; denn damit haben Sie ein schönes Thema für Ihren Wahlkampf. Es ist aber nicht so, wie Sie meinen. Ich bin davon überzeugt: Wenn man in Ruhe mit den Menschen über dieses Thema spricht, dann wird man einen gewissen Prozentsatz finden, der so voreingenommen ist, dass man mit ihm nicht sprechen kann. Aber die weitaus meisten Menschen in diesem Lande werden rationalen Argumenten zugänglich und nach einer vernünftigen Diskussion davon zu überzeugen sein, dass mit diesem Gesetz weder jemand bedroht, eingeschüchtert, von einer Demonstration abgehalten, noch in sonstiger Weise unbillig behandelt wird. Deswegen halten wir an diesem Gesetzentwurf fest.

Ich möchte an dieser Stelle nicht mehr ins Einzelne gehen; nicht, weil ich das nicht könnte, sondern weil ich es für überflüssig halte.

(Zuruf von den GRÜNEN: Schade!)

Wir haben über das Gesetz im Rechtsausschuss debattiert. Ich sage noch einmal: Die Petition ist üblicherweise ein Instrument, mit dem man ein individuell-persönliches Anliegen verfolgt. Es gibt daneben auch – das will ich gar nicht kleinreden – die so genannte Gesetzgebungspetition. Aber diese unterscheidet sich von der „normalen“ Individualpetition vor allen Dingen dadurch, dass die Individualpetition gestellt werden muss, um ein Thema überhaupt in den Landtag zu bringen. Das ist bei der Gesetzgebungspetition im Allgemeinen anders. Da haben wir das Thema schon auf der Tagesordnung – jedenfalls in diesem Fall –, und zu diesem Thema werden dann Vorstellungen im Wege der Petition eingebracht.

(Zuruf von der SPD: Rabulistischer Unsinn, den Sie verzapfen!)

Das ist zulässig – gar keine Frage –, aber der Unterschied zu einer „normalen“ Petition besteht darin,

(Christine Kamm (GRÜNE): Normale?)

dass die Argumente, die in dieser Petition gebracht werden, und das Petitum, das in dieser Petition vorgetragen wird, schon in der Gesetzesdiskussion abgearbeitet wird, ohne dass es dazu der Petition bedurft hätte. Trotzdem wurden die Petitionen aufgerufen – das sage ich noch einmal –, und sie sind, wie Herr Kollege Schindler freundlicherweise eingeräumt hat, nach den in diesem Parlament herrschenden üblichen Grundsätzen abgearbeitet worden.

(Zuruf des Abgeordneten Franz Schindler (SPD))

Herr Schindler, Sie haben selber gesagt, Sie hätten gemeint, man sollte in diesem Fall von dem üblichen Verfahren abweichen. Das nur nebenbei. – In der Hauptsache

hat. Ich behaupte nicht, dass damit das Gesetz verletzt worden ist; das sage ich ganz deutlich. Aber dass das dem eigentlichen Sinn und Zweck der Fraktionsarbeit nicht unbedingt entspricht, ist auch klar.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Unverschämt! – Weitere Zurufe von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unabhängig von der Sachfrage ist aus den Reihen der SPD-Fraktion eben ein Schimpfwort in Richtung des Kollegen Welnhofer gerufen worden. Bitte, das sollten wir lassen. Wir sollten wirklich anständig, wenn auch hart, miteinander diskutieren. Aber da ist ein Schimpfwort gefallen. Das darf nicht sein. Das weise ich zurück, – liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz aller Aufregung.

Jetzt fahren wir fort in der Diskussion. Und ich erteile das Wort Herrn Innenminister Herrmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin so frei, zum Abschluss dieser Debatte noch einmal das Wort zu ergreifen. Ich bedanke mich ganz herzlich für diese intensive Diskussion, die zumindest in ihrer Quantität der Bedeutung dieses Gesetzes gerecht geworden ist. In qualitativer Hinsicht blieben leider einige Beiträge deutlich hinter dem Niveau des Gesetzes zurück.

Ich will, weil viele Beiträge wirklich nichts Neues zutage gefördert haben, nur einen Aspekt aufgreifen, auch als Beispiel dafür, dass es nicht sachgerecht ist, was hier angeführt wurde.

Herr Kollege Wörner hat vorhin mit Bezug auf die Gewerkschaften behauptet, dass zum Beispiel spontane Versammlungen in Zukunft in irgendeiner Weise erschwert würden. Wir haben in dieser Richtung an der geltenden Rechtslage und der langjährigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber überhaupt nichts verändert. Im Gesetz steht wörtlich: Entsteht der Anlass für eine Versammlung spontan, dann entfällt die Verpflichtung zu einer entsprechenden vorherigen Anzeige. Das entspricht der Natur der Sache. So steht es wörtlich im Gesetz.

Was soll also diese Diskussion? Draußen wird dadurch der Eindruck erweckt, als ob hier irgendwelche Hürden errichtet würden. Das ist nicht der Fall.