Protocol of the Session on July 15, 2008

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben dem Anliegen zugestimmt, um sicherzustellen, dass die Kontinuität dieses Gesetzes gewährleistet ist, obwohl wir an diesem Gesetz erhebliche Kritik geäußert haben. Aber die Missachtung der Anliegen der Hauptbeteiligten, wie etwa der oben genannten Verbände, wiegt schwerer als die Fortführung;

(Zuruf von der SPD)

denn es wurde in der Praxis festgestellt, dass dieses Gesetz zu keiner Zeit den Ansprüchen genügte und dass die Nichtbeachtung keinerlei Konsequenzen hatte. Gerade dadurch wurde natürlich eine Nichterfüllung des Sinnes des Gesetzes möglich. Zum Beispiel wurde der Forderung nach Schaffung barrierefreier Wohnungen in 99 % der Fälle nicht entsprochen. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Warum wurden die Einwendungen nicht beachtet? Waren die Begehren zu weitreichend? Waren

Geschichte. Aber das habe ich jetzt schon ein paar Mal gesagt.

Frau Kollegin Steiger, es tut mir leid, wenn Sie sich gekränkt fühlen.

(Christa Steiger (SPD): Ich fühle mich nicht gekränkt!)

Sie haben mich missverstanden. Ich habe nicht gesagt, dass im sozialpolitischen Ausschuss nicht ordentlich diskutiert worden ist.

(Christa Steiger (SPD): Es sei zu keinem Zeitpunkt in den Gremien aufgenommen worden!)

Ich habe gesagt, dass die Betroffenen nicht zu Wort gekommen sind, und die Betroffenen – das ist im Übrigen auch Ihre Kritik – sind nicht zu Wort gekommen. Bevor die Menschen, die es betrifft, und die, die das Gesetz umsetzen sollen, nicht die Möglichkeit haben, ihre Meinung dazu zu sagen, werden wir dieses Gesetz nicht verabschieden. Das ist der springende Punkt.

(Beifall der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Es geht nicht um Ihre Arbeit, Sie haben fleißig gearbeitet. Wir haben keinen Änderungsantrag eingebracht, weil wir erst einmal wissen wollten: Was denken die Menschen? Dann werden wir uns dazu äußern, und dann kann es verabschiedet werden.

(Christa Steiger (SPD): Sie werden es nicht glauben: Wir haben mit den Menschen vorher gesprochen!)

Wir sind es von unserem Demokratieverständnis her nicht gewohnt, erst etwas zu verabschieden und dann zu fragen, wie es ankommt.

(Beifall der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE) – Christa Steiger (SPD): Ich habe vorher mit denen gesprochen!)

Wir machen es immer umgekehrt. Wenn Sie es anders sehen, dann ist das Ihre Privatangelegenheit und betrifft uns nicht.

(Beifall der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE) – Christa Steiger (SPD): Nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir einen Arbeitskreis „Politik für Menschen mit Behinderungen“ haben! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Als Nächste rufe ich Frau Ministerin Stewens auf.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegin! Frau Kollegin Ackermann, ich glaube, den Luxus der Ablehnung

der Betroffenen zu reden. Aber es ist bei Ihnen ja bereits Tradition, dass Sie nicht mit den Fröschen reden wollen.

(Joachim Unterländer (CSU): Das ist eine Unverschämtheit!)

Es ist eine Unverschämtheit, Herr Unterländer, wenn Sie zuerst ein Gesetz verabschieden und anschließend die Betroffenen zu Wort kommen lassen. Normalerweise interessiert man sich vorher für die Betroffenen und nicht hinterher. Das ist die Unverschämtheit.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Dies war kein demokratischer Prozess, sondern ein Prozess, in dem Sie wieder einmal Ihre absolute Macht demonstriert haben.

(Günter Gabsteiger (CSU): So ein Quatsch!)

Deshalb werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Frau Kollegin Ackermann, ich habe eine Zwischenbemerkung – ist das richtig? – von der Frau Kollegin Steiger.

Frau Kollegin Ackermann, Sie haben jetzt einige Gründe genannt, warum Sie das Gesetz ablehnen. Das ist Ihre Entscheidung. Aber ich darf Sie darauf hinweisen, dass das, was die kommunalen Behindertenbeauftragten bei ihrer Tagung in Bad Gögging formuliert haben – ich habe es vorhin schon gesagt, aber vielleicht ist es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen –, in unsere Änderungsanträge, soweit es ging, aufgenommen wurde, soweit es also im gesetzlichen Rahmen aufzunehmen war. Das wurde von der CSU abgelehnt. Wir haben es im Ausschuss ausführlichst diskutiert. Dass es natürlich im Rahmen einer Anhörung besser gewesen wäre, habe ich auch formuliert.

Ist es des Weiteren Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, dass Frau Knochner gesagt hat, sie werde noch in Erfahrung bringen, weshalb die Stellungnahme den Abgeordneten nicht vorliegt? Ich denke mir, dass dies sehr wohl eine Bringschuld der Behindertenbeauftragten der Staatsregierung ist, ihre Stellungnahme dem Landtag zur Verfügung zu stellen. Sie hat gesagt – so ist es im Protokoll vermerkt –, die in ihrer Stellungnahme relevanten Aspekte seien von der SPD-Fraktion dargelegt worden. Es stimmt also nicht, dass gar nichts passiert ist. Deshalb frage ich Sie: Wie können Sie sagen, dass der Ausschuss, der sich wirklich stundenlang mit dem Gesetz auseinandergesetzt hat, nicht ausführlich diskutiert hat? Vonseiten der Fraktion der GRÜNEN ist hingegen nicht ein einziger Änderungsantrag eingebracht worden.

Ich verwahre mich dagegen, dass der Eindruck entsteht, im federführenden Sozialausschuss sei nicht ordentlich beraten worden. Dass wir eine ganz andere Verfahrensweise wollten mit einer Anhörung, ist eine ganz andere

dass wir ein Bayerisches Gleichstellungsgesetz in dieser Qualität haben. Ich denke schon, es ist ein gemeinsames Anliegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen in Bayern verbessern.

Aber ich möchte doch noch sagen: Für mich ist durchaus interessant, dass die SPD einen Gesetzentwurf eingebracht hat, der lediglich die Entfristung zum Ziele hatte.

(Christa Steiger (SPD): Ich habe es auch begründet!)

Die Begründung war aber, ehrlich gesagt, ganz schön fadenscheinig, nicht mit Qualitätsverbesserungen begründet,

(Christa Steiger (SPD): Das habe ich auch deutlich gesagt, warum!)

sondern als Gesetzentwurf im Landtag eingebracht, und hinterher wurde ein Änderungsantrag nachgeschoben. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, solche Entschuldigungen lasse ich ehrlich gesagt nicht gelten.

Ferner möchte ich sagen: Wir haben mit dem Behindertengleichstellungsgesetz in Bayern seit 2003 wirklich viel erreicht. Dies sagt übrigens auch der Landesbehindertenrat ganz klar. Ich habe dort bei der letzten Sitzung nachgefragt. Da ist sehr viel passiert.

(Christa Steiger (SPD): Ich habe doch nichts gesagt!)

Gleichzeitig möchte ich sagen, dass die Behindertenbeauftragte in alle Kommunen gereist ist und sich intensiv dafür eingesetzt hat, dass überall ein Behindertengleichstellungsbeauftragter installiert wird. Da ist in Bayern unendlich viel geschehen, gerade auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung. Ich denke an barrierefreie Internet- und Intranetauftritte, an die Zugänglichmachung von Dokumenten für blinde und sehbehinderte Menschen in geeigneter Form. Ich denke an die Erstattung der Kosten für Gebärdensprachdolmetscher für das Dolmetschen im Verwaltungsverfahren und im Bereich der Kommunikation mit der Schule, also auch bei Elternsprechstunden.

Im vorliegenden Gesetzentwurf ist mit Sicherheit die Entfristung wichtig. Wir wollen noch einmal zusätzlich eine Qualitätsverbesserung für die Menschen auf den Weg bringen. Ich bin durchaus stolz darauf, das möchte ich hier klar und deutlich sagen, dass uns hier neben der unbefristeten Fortführung noch wesentliche Verbesserungen gelungen sind: Menschen mit seelischer Behinderung werden in Artikel 1 des Gesetzes ausdrücklich und explizit erwähnt. Es wird gesagt, dass sie unter den Geltungsbereich des Gesetzes fallen. Seelische Behinderungen sind oft nicht sichtbar, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen ist es wichtig, dass die Menschen mit seelischen Behinderungen hier in das Gesetz aufgenommen werden.

können Sie sich nur erlauben, weil SPD und CSU zustimmen. Ich denke nicht, dass Sie wirklich wollen, dass in Bayern kein Behindertengleichstellungsgesetz mehr gilt.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Vor diesem Hintergrund denke ich schon, Frau Kollegin Ackermann, Sie sollten insgesamt in Ihrem Redebeitrag ein Stück weit sachlicher sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Christa Steiger (SPD): Da haben Sie recht, Frau Ministerin!)

Wir haben natürlich die Behindertenverbände beteiligt, 62 an der Zahl, und davon haben 31 Stellungnahmen in das ganz normale Anhörungsverfahren Eingang gefunden.

Ich möchte Ihnen ganz klar sagen, Frau Kollegin Ackermann: Ihr Vergleich mit den Fröschen

(Renate Ackermann (GRÜNE): Der war nicht von mir!)

war gerade hinsichtlich der Anhörung der Behindertenverbände ausgesprochen unpassend. Deswegen möchte ich ihn in aller Form zurückweisen.

(Beifall bei Abgeordneten bei der CSU)

Die Ziele im Bayerischen Gleichstellungsgesetz sind und waren immer die gleichen. Wir wollen auf der einen Seite das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Selbstbestimmung. Dieses Recht auf Selbstbestimmung wollen wir in Bayern weiterhin auf ein stabiles rechtliches Fundament stellen. Wir wollen Barrieren abbauen, tatsächliche, aber auch mentale Barrieren, und wir wollen ein deutliches Signal für ein soziales Bayern geben.