Protocol of the Session on May 28, 2008

Das sagt die Fachbehörde Bayerns, die sich zu den Fragen geäußert hat.

Ende Januar hatten wir im Landtag ein Fachgespräch, nämlich eine Anhörung zum Artenschutz, initiiert. Sie wurde von der CSU-Fraktion angestoßen. Aber das war eine Blamage. Jeder, der gesprochen hat, hat – das war durchgehend – gesagt, dass hier ganz viel im Argen liegt. Zum Glück haben dann die Experten die Verursacher benannt. Es wurde gesagt: Bis zu 70 % ist die Landwirtschaft in der gängigen Praxis am Artensterben schuld. So ist es; das ist ganz klar.

Hinzu kommen der hohe Flächenverbrauch und die Zerschneidung der Flächen. Wir haben keine Vernetzung der Biotopstrukturen. Wir haben beispielsweise gerade einmal bei 8 % der Bundesfernstraßen eine Passierbarkeit für Wildtiere durch Brücken oder Tunnel. Bei allen anderen Straßen kann man solches vergessen. Der ohnehin hohe Flächenverbrauch ist wieder angestiegen. Der Verbrauch beträgt über 20 Hektar pro Tag. Es sind gewaltige Defi zite bei dynamischen Lebensräumen wie Fluss- oder Bachauen zu verzeichnen. Bei diesen Lebensräumen ist ein enormer Nutzungsdruck festzustellen.

Angesprochen worden ist auch der hohe Nährstoffeintrag, zum Beispiel Stickstoff, aus der Landwirtschaft, aber auch aus dem Verkehr und anderen Verbrennungsvorgängen. Wir brauchen also Pfl egemaßnahmen, um den Nährstoffeintrag zurückzuholen. Da muss es zu einer Anpassung kommen.

In der Anhörung ist auch gesagt worden, dass die Kartierung völlig dürftig ist. Da fehlen die notwendigen Mittel. Es fehlt eine vernünftige Dokumentation. Es fehlt die wissenschaftliche Begleitung. Sich immer nur auf das

gewiesen. Dann sind Sie auf sechs Prozent gegangen. Irgendwann kam noch die Donau dazu. Jetzt liegen wir bei knapp zwölf Prozent. Immer mussten andere anschieben, damit in Bayern endlich das gemacht wurde, was die EU vorgegeben hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Oder schauen wir uns das Grüne Band an. Herr Hünnerkopf, Sie haben es angesprochen. Viermal wurde das Schutzkonzept in den bayerischen Gefi lden abgespeckt, weil der Bauernverband immer wieder gesagt hat: So machen wir es aber nicht. Es handelt sich um die wertvollen Gebiete, die früher der Todesstreifen waren. Jetzt will man sie für die Landwirtschaft nutzen. Man will diesen schmalen Streifen jetzt nicht dem Naturschutz und der Erhaltung der Artenvielfalt vorbehalten. Dieses Konzept wurde viermal abgespeckt, so stark, dass es dem bayerischen Umweltministerium auf Bundesebene schon peinlich ist.

Zu denken ist auch an die Projekte A 94 durch das Isental, Fichtelgebirgsautobahn, Donaustaustufenplanung, dritte Start- und Landebahn im Erdinger Moos. All dies ist ein fataler Angriff auf die Biodiversität.

Insgesamt schaut es in Bayern nicht gut aus. Über 50 % aller Pfl anzen- und Tierarten stehen in Bayern auf der Roten Liste. So sieht die Wahrheit aus. Es stehen über 6000 Tierarten auf der Roten Liste. Sie entgegnen, bezüglich einiger Tierarten gebe es Verbesserungen. Aber es sind vielleicht 20, für die es besondere Artenhilfsprogramme gab. Was ist das schon bei über 6000 Arten?

Natürlich müssen wir auch die Geschwindigkeit bedenken, mit der die Vorgänge ablaufen. Wir haben das Hundert- bis Tausendfache der Geschwindigkeit im Vergleich mit derjenigen bei natürlichen Prozessen zu verzeichnen. So schnell verläuft das Artensterben in Bayern, sicher aber auch darüber hinaus.

Um dies alles zu unterstreichen, darf ich ein paar Zitate vom Landesamt für Umwelt bringen. In der aktuellsten Darstellung der Roten Liste von 2003, bezogen auf die gefährdeten Tiere in Bayern, heißt es:

… die Dominanz abnehmender Trends ist

„ist“ –

ungebrochen.

Weiter heißt es:

Die bedrohten Arten stehen stellvertretend für die Situation des Arten- und Biotopschutzes, die sich in der Fläche weiter verschlechtert hat.

Es geht zum Beispiel um die Umsetzung der fl ächendeckenden Kartierung. Die haben wir in unserem Antrag gefordert. Es muss ein Artenhilfsprogramm für alle in Bayern vom Aussterben bedrohten Wirbeltiere und endemischen Pfl anzenarten geben. Es muss Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor dem Eingriff geben. All dies gibt es ja noch nicht.

Endlich muss auch etwas im Wald gemacht werden. Da fehlen derzeit die Alters- und Zerfallsphasen der Bäume. Wir haben viel zu wenige Naturwaldreservate und kaum Wildnisgebiete. Aber genau dies muss bis 2010 auf den Plan gesetzt werden.

Sie haben die ökologisch und landeskulturell bedeutsamen Flächen aller Gemeinden angesprochen. Da gibt es ein Defi zit; denn da wird ja überhaupt nichts gemacht.

Ein eigenes Programm zum Schutz alter Bäume, also der über 200-jährigen Bäume, bleibt auf der Strecke.

Die Entwicklungsziele des Moorentwicklungskonzepts müssen bis 2010 umgesetzt werden. Aber all dies haben Sie abgelehnt. Und heute haben Sie den Mut, diese Aktuelle Stunde zu beantragen. Manchmal wundert man sich tatsächlich über die CSU.

Frech sind Sie schon, ja. Sie sagen, wir, die Bayern, sind dabei, wir machen Artenschutz. Die notwendigen Maßnahmen schieben Sie auf die lange Bank. Sie sind nicht bereit, in der Landwirtschaft die fachliche Praxis durch entsprechende Agrarpolitik zu ändern. Genau die Subventionspolitik der EU – wie wird sie künftig aussehen, heute haben Sie dazu einen Dringlichkeitsantrag eingebracht – wird zur Nagelprobe, zum Prüfstein, wie ernst Sie es mit den Flächen für den Arten- und Naturschutz hier in Bayern nehmen. Oder wollen Sie wieder die intensive Landwirtschaft mit Stickstoffeinsatz, mit einer Zerschneidung der Flächen, mit dem Verlust von Biotopstrukturen und mit Pestizideinsatz, der in Deutschland im Übrigen steigt? Wollen Sie das, oder wollen Sie endlich eine vernünftige EU-Subventionspolitik? Das wird sich heute in der Debatte gleich nochmals zeigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe einiges angesprochen. Wir haben hier in Bayern enorme Defi zite. Sie wären gut beraten gewesen, unseren beiden Anträgen zuzustimmen. Das wäre vernünftig gewesen. Wenn Sie in diesem Punkt glaubwürdig bleiben wollen, dann müssen Sie die personellen Ressourcen und die fi nanziellen Mittel erhöhen. Dann müssen Sie ressortübergreifend arbeiten und die gute fachliche Praxis der Landwirtschaft endlich anders defi nieren und umsetzen, letztendlich auf umweltzerstörende Projekte, wie zum Beispiel die A 94, die Fichtelgebirgsautobahn und wie den Donauausbau, klipp und klar verzichten sowie die Flächenversiegelung, die wieder im Ansteigen ist, deut

Ehrenamt zu berufen, ist in diesem Fall eindeutig zu wenig. Die Personal- und Finanzressourcen sind eindeutig zu knapp.

Auch wurde gesagt, dass die ressortübergreifende Umsetzung der Maßnahmen notwendig ist. Wenn der Naturschutz wirklich vorangebracht werden soll, müssen die Ministerien und die anderen Behörden zusammenarbeiten.

Im Landwirtschaftsausschuss haben wir uns mit den Petitionen der Schafhalter befasst. Da wurde etwas versprochen, dann aber nicht gezahlt. Ihre Behördenstruktur hat dazu beigetragen.

Erinnern wir uns auch an die Rahmenbedingungen des freiwilligen Naturschutzes. Ich denke an das Artenhilfsprojekt für Feldhamster. Daran nimmt gerade noch ein Bauer teil. So sieht es hier in Bayern aus. Diese Maßnahmen werden eben nicht angemessen mit Mitteln ausgestattet.

Landauf, landab fehlt in Bayern in der Tat der politische Rückhalt, fehlt die politische Unterstützung derjenigen, die sich im Naturschutz engagieren. Die Wortbeiträge beispielsweise der Arbeitsgemeinschaft der amtlichen Fachreferenten für Naturschutz und Landschaftspfl ege in Bayern – AgN – haben dies in der Anhörung sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, auch die Vertreter des LfU und der Hochschulen. Hier fehlt also die politische Unterstützung.

Ich werfe noch einen Blick auf das, was wir eingefordert haben. Wir haben zwei Dringlichkeitsanträge eingebracht. Zum einen haben wir im November die Erstellung eines bayerischen Biodiversitätskonzepts gefordert – Drucksache 15/9302 –, auch im Hinblick auf die Bonner Konferenz. Aber der Umweltausschuss hat dann gesagt: Brauchen wir nicht, machen wir nicht! Der Antrag wurde im Februar abgelehnt. Nachdem der Antrag abgelehnt war und die Anhörung gelaufen war, kam Herr Bernhard mit seinem Konzept, in dem steht, was er bis 2020 machen will.

Ich verstehe wirklich nicht, warum bei Ihnen bezüglich Artenschutz und Biodiversität immer noch der Oppositionsrefl ex vorhanden ist, nach dem Motto: Was von der Opposition kommt, muss abgelehnt werden, ganz gleich, wie sinnvoll und notwendig es ist.

Der zweite Antrag – Drucksache 15/10460 – heißt: „Schutz der Biodiversität jetzt!“ Wir haben ihn hier unter Nennung sehr konkreter Maßnahmen gestellt. Denn das, was vom Umweltministerium vorgestellt worden ist, soll ja bis 2020 umgesetzt sein. Aber das ist eine zu lange Zeit. Jetzt müssen Sie handeln und bei allen Entscheidungen die Biodiversität jetzt berücksichtigen.

und Biodiversität ist nur mit den Landwirten und nicht gegen die Landwirte zu machen.

(Ruth Paulig (GRÜNE): Was macht Seehofer?)

Bei uns gilt allerdings der Grundsatz: Freiwilligkeit und Ausgleich vor ordnungspolitischen Maßnahmen. Da Sie mich fragen: Ich war maßlos enttäuscht, als ich bei Agrarministerkonferenzen zusammen mit GRÜNEN-Agrarministern – – Sie haben den Vergleich mit den Ländern der Bundesrepublik Deutschland gehabt. Ich kann es Ihnen gerne zuschicken und auch den Vergleich mit bayerischen Programmen und Maßnahmen ziehen. Nur ein Beispiel, und das können Sie doch nicht wegdiskutieren: Nahezu ein Drittel aller Ökobetriebe ist in Bayern beheimatet; ein Drittel, 5000! Bärbel Höhn hatte keine 1500! Sie hat darüber geredet, aber nichts dagegen getan.

Ich darf Ihnen sagen, was wir jetzt zur Biodiversität eingeführt haben.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das ist relativ! – Zuruf der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Sie sollten das einmal in Ruhe studieren und jetzt zuhören. Ich weiß nicht, warum Sie jetzt so aufgeregt dazwischen schreien. Das verstehe ich nicht, da ich jetzt ganz sachlich vortrage, was wir vorhaben.

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Damit Sie nicht immer wieder das Falsche wiederholen: Wir haben in einem agrarökologischen Programm, im Kulturlandschaftsprogramm, mit der agrarökologischen Grünlandnutzung neue Maßnahmen eingeführt, und zwar durch eine kleinfl ächige, extensive Bewirtschaftung; vorgesehen ist ferner die Verbesserung des Lebensraumes für Wildtiere, eine geeignete Pfl anzung zur Deckung des Lebensraumes für Wildtiere, die Anlage von Tümpeln und Nassfl ächen, die hier gefördert werden können, des Weiteren die Einführung eines späteren Schnittzeitpunktes, nämlich 1. Juli, und Heckenpfl egeprämien. Wir geben in diesem Agrarumweltprogramm von 2007 bis 2013 eine Milliarde Euro aus. Davon nehmen 70 000 Betriebe mit über eine Million Hektar an den Maßnahmen teil.

Was unsere Forstpolitik betrifft, kommen viele Experten zu uns und schauen sich die Maßnahmen an. Hervorragend und beispielhaft umgesetzt ist der naturnahe Wald, der Umbau in Laubholz, Totholz und Biotopbäume, um dem Artenschutz im Wald Rechnung zu tragen. 40 % der Wälder sind naturnah aufgebaut. Der Anteil an Laubholz ist um 10 % auf 32 % insgesamt gestiegen. Jeder zweite Baum unter 20 Jahren ist ein Laubholzbaum. Wir haben pro Hektar 13 Kubikmeter Totholz. Wir haben also eine ganze Menge getan, um die biologische Vielfalt zu erhalten.

lich zurücknehmen. 20 Hektar pro Tag sind zu viel, wenn wir in Bayern die Biodiversität erhalten wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner: Herr Staatsminister Miller.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Opposition macht es sich zu einfach, wenn sie hier Entwicklungen darstellt, das Ganze der Staatsregierung und unserer Politik anlastet, ohne Vergleiche mit der Situation in Deutschland und den anderen Ländern zu ziehen.

(Susann Biedefeld (SPD): Welches Bundesland hat den höchsten Flächenverbrauch?)

Tatsache ist, dass zum Beispiel die GRÜNEN dort, wo sie regiert haben – das gestehe ich zu –, da und dort Programme von der CSU übernommen haben. Das ist löblich und hervorragend gewesen.

(Beifall bei der CSU – Susann Biedefeld (SPD): Das ist Volksverdummung! – Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Dass Sie jetzt die Landwirte nahezu als Alleinverursacher für das Artensterben verantwortlich machen, wird der Arbeit und der Einstellung unserer Bauern nicht gerecht.

(Beifall bei der CSU – Ruth Paulig (GRÜNE): Fragen Sie die Experten!)