Protocol of the Session on April 16, 2008

(Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): So ist es!)

Ich darf gar nicht laut sagen, um wie viel die Redezeit schon überschritten ist. Fünf Minuten ist die Regelredezeit, und wir sind jetzt deutlich darüber.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Was lernen wir daraus?)

rung Wissen weitergeben an jüngere Generationen – hat sich in Bayern sehr bewährt. Ich denke auch an die Patenschaftsmodelle und an die Seniorenbeiräte, die sich in das gesellschaftliche Leben in einer Kommune sehr intensiv einbringen. Es wächst sehr viel Gutes, wo ältere Menschen ihre Kompetenzen in unsere Gesellschaft einbringen.

Ich komme nun zur anderen Seite der Angelegenheit, zur demografischen Entwicklung. Dass wir alle immer älter werden, ist eine wunderbare Sache. Dass wir immer weniger Kinder bekommen, ist die eigentliche Katastrophe in Deutschland. Angesichts der Herausforderungen denke ich, dass wir bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Familien mit Kindern in Bayern auf einem guten Weg sind. Dabei müssen alle Kommunen mitmachen. Heute steht schon wieder in der Zeitung: Katastrophe – Krippenplätze in München. Man bekommt keinen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren. Da heißt es für alle Kommunen – ob Großstadt oder Kleinstadt –, sich auf den Weg zu machen und familienfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Sonnenholzner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich teile die von den Vorrednern geäußerten Sorgen betreffend die aktuell wieder aufgeflammte Diskussion, die einen Generationenkonflikt herbeizubeschwören droht. Es handelt sich dabei um eine chronifizierte Debatte, nachdem das Thema in regelmäßigen Abständen auf den Tisch kommt – sei es „keine neue Hüfte über 85“, seien es andere Dinge, sei es das, was der ehemalige Bundespräsident verkündet hat.

Frau Stewens, Sie haben versucht, Herrn Herzog zu interpretieren. Hätte er aber mit dieser Rede „Generationengerechtigkeit“ gemeint, hätte er das so sagen können. Er hat genau das Gegenteil gesagt.

(Beifall bei der SPD)

Ich meine, wir sollten uns nicht auf eine Diskussion einlassen, die der hier beschworenen Kompetenz der Seniorinnen und Senioren die Haltung – ich sage es flach – „Ihr seid nichts mehr wert und beutet die Gesellschaft aus“ entgegenstellt. Es ist eine Sache des Anstands und des Umgangs der Menschen miteinander in einer zivilisierten demokratischen Gesellschaft.

(Beifall bei der SPD)

Man muss sich nicht wundern, wenn diese Aussagen dazu führen, dass sich letzte Woche in Oberbayern eine Rentnerpartei gegründet hat. Das ist ein fatales Signal, auch wenn alle Gruppen das Recht und die Möglichkeit haben, ihre Interessen zu vertreten. Eine Partei hat jedoch die Aufgabe, die Interessen aller und die Interessen des

Der Anlass für die Diskussion war die Rentensteigerung um 1,1 %, das Aussetzen des Riesterfaktors. Ich stehe ohne Wenn und Aber dahinter. Frau Kollegin Ackermann, ich weiß, dass 13 Euro nicht besonders viel sind, aber glauben Sie mir, es gibt doch etliche Rentnerinnen und Rentner, die froh sind, wenn sie 13 Euro im Monat mehr erhalten. Auch das möchte ich ganz klar sagen.

Wissen Sie, es ist ein Zeichen an die Rentnergeneration, die viele Nullrunden in Kauf nehmen musste. Wenn man es genau betrachtet, sind die Nullrunden doch Minusrunden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kennen das alle: Betriebsrenten voll verbeitragt, Pflegeversicherung voll verbeitragt – nun beides ohne Anteil der Rentenversicherung. Herr Kollege Gantzer, durch die Reduzierung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung sind in Deutschland zwar Arbeitgeber und Arbeitnehmer um 23 Milliarden Euro entlastet worden, aber davon profitiert die Rentnergeneration nicht. Das muss man schlicht so sehen. Wenn man dann noch die Erhöhung der Lebenshaltungskosten – Lebensmittel, aber auch Strom und Energie – berücksichtigt, dann haben die Rentnerinnen und Rentner in den letzten Jahren Minusrunden in Kauf nehmen müssen.

Deswegen ist die Erhöhung um 1,1 % ein Zeichen für die Rentner: Wir sehen eure Lebenssituation, und wir haben euch nicht vergessen. Ich denke, das ist ein gutes Zeichen, gerade weil wir wissen, dass es den einen oder anderen wirklich nicht besonders gut geht, insbesondere den Frauen; da haben wir viel verschämte Armut. Wir wissen, dass sich lediglich 1,4 % der Rentner, die Gelder aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, in der Grundsicherung für Alte und Erwerbsunfähige befinden. Gerade von den Familien, insbesondere den kinderreichen Familien – damit sind wir bei der Familienpolitik –, wird wesentlich öfter Grundsicherung bezogen.

Frau Kollegin Ackermann, Sie haben das Wirtschaftswachstum von sich geschoben. Ich möchte Ihnen sagen: Dass wir überhaupt eine Rentenerhöhung von 0,54 % im Jahr 2007 hatten, hängt mit dem Nachhaltigkeitsfaktor zusammen. In Bayern sind immerhin 100 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden. Daran ist der Nachhaltigkeitsfaktor gekoppelt. Wenn sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstehen und Geld in die Rentenkasse strömt, dann gibt es einen Aufwuchs bei der gesetzlichen Rente. Das hängt ganz eng mit unserem Wirtschaftswachstum zusammen. Bayern ist dabei der Wachstumsmotor in der Bundesrepublik. Deswegen bitte ich, das entsprechend zu bewerten.

Zum Schluss ein Wort zur Familienpolitik. Sie haben das sehr gut beschrieben; wir sind uns inhaltlich durchaus einig. Ich bin im Übrigen auch Ihrer Ansicht, dass wir den Fokus verstärkt auf die Kompetenzen der Seniorinnen und Senioren richten müssen. Das habe ich zum Beispiel bei der Pflegeversicherung versucht: weg von den Defiziten, weg vom Begriff der Pflegebedürftigkeit, hin zum Begriff der Alltagskompetenz. Das haben wir leider Gottes mit der jetzigen Bundesgesundheitsministerin nicht erreicht: Wir haben die größte Zunahme – das ist ein ganz wichtiger Bereich – beim Ehrenamt bei den Menschen über sechzig Jahren. Gerade die Ehrenamtskarte – aus Erfah

Wir brauchen gesetzliche Mindestlöhne für alle Branchen. Dass Sie nicht bereit sind, dies mitzutragen, ist ein riesengroßer Skandal, weil Sie nicht nur die beiden von mir beschriebenen Auswirkungen verhindern, sondern weil Sie billigend zulassen, dass wir die Unternehmer, die ihre Menschen ungerecht bezahlen, dadurch unterstützen, dass die Gesellschaft vielfach die Kosten der Unterkunft für diese Leute zahlen muss.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Joachim Unterländer (CSU))

Da ich heute nicht Geburtstag habe, muss ich meine Redezeit einhalten. Deswegen ganz zum Schluss:

Ich fände es schön, wenn das Hohe Haus – zumindest die drei Fraktionen, denn die Ministerin hat die Aussagen schon relativiert – das Signal geben würde, dass alle Fraktionen in allen Ausschüssen und nicht nur die Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitiker den Versuch des Bundespräsidenten und aller anderen, die versuchen, die Gesellschaft zu spalten und zu teilen in Alt und Jung oder in Gut und Böse, zutiefst verurteilen.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Rednerin: Frau Kollegin Pongratz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit einem Thema, dessen Wichtigkeit man nicht hoch genug einschätzen kann. Wir alle brauchen eine solidarische Gesellschaft von Jung und Alt. Wir alle sind grundsätzlich aufeinander angewiesen, und wir alle sind auch darauf angewiesen, dass wir uns als Gesellschaft nicht auseinanderdividieren lassen. Wir brauchen ein Miteinander von Jung und Alt, und wir können es uns als Gesellschaft gar nicht leisten, dass die Generationen gegeneinander ausgespielt werden.

Wir dürfen keine Verteilungs- oder Neiddebatte führen. Das wäre kontraproduktiv und würde weder Alt noch Jung das Geringste bringen. Dabei kann ich offen und ehrlich sagen, dass ich oft den Eindruck habe, dass die sogenannte Neiddebatte teilweise herbeigeredet wird. Ich komme – wie Sie auch – als Landes- und Kommunalpolitikerin viel herum, und ich erlebe fast täglich das Gegenteil. Auch in meinem Privatleben erlebe ich, dass nicht gegeneinander diskutiert wird, sondern immer miteinander. Die Großeltern helfen zum Beispiel ihren Enkeln und unterstützen sie, wo sie nur können, auch finanziell und bei der Ausbildung. Andererseits freuen sich die Enkel, wenn sie mit den Großeltern zusammen sein können, und sie helfen beispielsweise bei Einkäufen oder Erledigungen. Ich erlebe es in meinem Alltag selten, dass es ein Gegeneinander gibt, wie es diskutiert wird und immer wieder in der Presse steht. Wir dürfen es nicht zulassen, dass die Lage schlechter gemacht wird, als sie in Wirklichkeit ist.

Wir Politiker haben also jede Menge Handlungsauftrag, um die Situation richtig darzustellen. Das Prinzip des „Miteinander der Generationen“ wird in vielen Kommunen

Ganzen im Auge zu behalten. Deshalb ist die Parteigründung kein zielführender Weg.

Zielführend wäre der gesellschaftliche Konsens, den die SPD immer noch einfordert: gemeinsam und solidarisch. Wir haben in Deutschland kein Problem zwischen Alt und Jung. Ich sage das bewusst den jungen Menschen, die auf der Besuchertribüne sitzen. Wir haben das Problem, dass zwischen Arm und Reich die Schere zunehmend auseinanderklafft.

(Beifall bei der SPD)

Das gilt für die älteren Menschen. Das gilt für die Leute der Sandwich-Generation. Das gilt aber auch für die Jungen. Überall gibt es solche, die von dem System im Stich gelassen werden und die durch die Maschen fallen. Überall gibt es auch solche, die eigentlich eher mehr haben, als man unbedingt haben muss. Wir haben riesige Probleme mit prekären Beschäftigungsverhältnissen, mit Working Poor und Rentnerinnen und Rentnern, die inzwischen – Gott sei Dank – aufgrund der rot-grünen Koalition wenigstens Renten auf Grundsicherungsniveau beziehen

(Beifall bei der SPD)

und nicht wie früher noch deutlich darunter.

Ich weiß nicht, ob Herr Herzog und andere wissen, wie sich Menschen fühlen, die zum Beispiel der 50-plus-Hilfe in meinem und anderen Landkreisen angehören, die Arbeitslose vertreten, die über 50 und 55 Jahre alt sind, die 40 Jahre lang eingezahlt haben und jetzt bis zum Renteneintritt von Hartz IV leben müssen und deren Rentenbezüge deutlich unter dem liegen, was ein lebenswertes Leben in Deutschland braucht.

Herr Herzog vergaloppiert sich aber nicht nur im ersten Schritt, den wir schon diskutiert haben, sondern er hat gestern noch einmal nachgelegt. Jetzt reklamiert er für Deutschland das „Recht auf Dummheit“. Würde ich das jetzt bewerten, würde mich der Präsident zu Recht rügen. Deshalb sage ich nur das, was ich inhaltlich davon halte, dass Leute wie Roman Herzog diejenigen, die für den Mindestlohn eintreten, für dumm verkaufen.

(Beifall bei der SPD)

Welche Wirkungen hätte denn der Mindestlohn, den im Übrigen Sie, Frau Stewens, und die Kollegen der CSU leider über den Bundesrat blockieren? – Der Mindestlohn würde bedeuten, dass die gesetzliche Rentenversicherung aktuell Mehreinnahmen zu erwarten hätte und die Rente in der Zukunft höher wäre.

(Joachim Unterländer (CSU): Das stimmt doch nicht! Es gibt doch Vereinbarungen!)

Die Vereinbarungen reichen nicht.

Meine Damen und Herren, zum Abschluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass uns das Miteinander der Generationen sicher noch lange beschäftigen wird. Nach meiner Meinung gibt es aber überhaupt keinen Grund, schwarz zu sehen oder Pessimismus zu verbreiten. Wir haben viele Chancen und Möglichkeiten, die wir gemeinsam nutzen müssen. Dazu möchte ich Sie alle auffordern und um Ihre intensive Mitwirkung bitten.

(Beifall bei der CSU)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Memmel. Sie erhalten zum Ausgleich einen kleinen Zuschlag. Strapazieren Sie ihn aber nicht zu stark.

Hochverehrter – hinsichtlich der zugestandenen längeren Redezeit –, liebenswerter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn wir diese Rentenerhöhung einmal als Ganzes betrachten, muss ich feststellen: Das ist schon eine gespenstische Diskussion. Zuerst kamen die Kritiker und sagten, eine Erhöhung um 1,1 % würde den Rentnern überhaupt nichts bringen. Haben Sie schon einmal erlebt, dass ein Einzelhändler die Preise für seine Waren nicht heraufgesetzt hätte, weil ihm 1 % zu wenig gewesen wäre? Ich kenne Kaufhausketten, die ihre Preise um 0,3 und 0,5 % ganz langsam erhöhen. Bis man sich dann umschaut, stellt man fest, dass enorme Erhöhungen vorgenommen wurden. Das sind schleichende Entwicklungen. Bei den Rentnern soll eine solche Erhöhung aber plötzlich nicht zählen. Da werden dann 20 Euro als wenig bezeichnet, weil sie global insgesamt zu hoch wären. Das verstehe ich nicht mehr.

Wenn man heute die Zeitung aufschlägt, liest man, dass das Einkommen der Rentner sinke, Preissteigerungen die Bezüge der Ruheständler schmälerten und Rentner in Minijobs drängten. Dort steht genau drin, wie hoch der Kaufkraftverlust bei der Rente war und welchen Verzicht die Rentner über die letzten zehn Jahre hinweg geleistet haben. Das muss man auch einmal sagen.

(Beifall bei der SPD)

Insofern ist diese Anhebung ein Akt der Gerechtigkeit, der stärker hätte ausfallen können, wenn dies möglich gewesen wäre. Schlimm sind die Ausführungen des ehemaligen Bundespräsidenten. Darüber erregen wir uns. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gab bereits im Vorfeld Gelegenheiten, bei denen jüngere Leute angeregt haben, die Demokratie bei den Senioren abzuschaffen. Ich erinnere nur an den Chef der Jungen Union in München, Tobias Weiß, der vorgeschlagen hat, man sollte die Seniorenbeiratswahlen in München nicht durchführen, weil diese zu teuer seien. Das war eine demokratische Wahl. Er wollte die Demokratie einschränken. Wir haben diesen Vorschlag damals bekämpft.

Denken Sie außerdem an Philipp Mißfelder oder Jan Dittrich, die sich im Ton vergriffen haben. Diese Vorfälle sind bereits ein paar Jahre her. Aber glauben Sie denn nicht, dass sich durch Roman Herzog jetzt andere ermutigt fühlen, diesen Konflikt auf die Spitze zu treiben? Jetzt

bereits bestens umgesetzt. Wo es noch nicht funktioniert, sind wir alle aufgerufen, diesen Vorgang zu fördern.

Eine hervorragende Idee ist beispielsweise, Mehrgenerationenhäuser einzurichten. In Landshut wird dies momentan von der Caritas in die Realität umgesetzt. Es gibt viele private Initiativen. Diese Idee sollten wir unterstützen.

Ein guter Weg ist auch das Engagement von Senioren in Kindertageseinrichtungen. Ich kenne viele Senioren, die zum Vorlesen, zu einer kurzen Betreuung oder zu Gesprächen in Kindergärten gehen. Andererseits gehen die Kindergartenkinder in Senioreneinrichtungen. Die Senioren erfreuen sich der Jugend.

Sehr geehrte Damen und Herren, obwohl bei uns vieles im Verhältnis zwischen Alt und Jung sehr gut läuft, gibt es immer wieder Punkte, die wir mit gemeinsamer Anstrengung verbessern müssen. Ganz besonders wichtig ist die Verbesserung der Beschäftigungssituation älterer Menschen. Wir müssen dafür sorgen, dass auch ältere Menschen noch fest in den Erwerbsprozess einbezogen werden. Die älteren Menschen dürfen nicht das Gefühl bekommen, dass sie zum alten Eisen zählen. Sie haben den Jungen oft viel an Erfahrung voraus, und davon können die Betriebe hervorragend profitieren.