Das geht so nach dem Motto: Was schert mich mein Geschwätz von gestern? Das ist doch ganz egal. Ich habe die Zweidrittelmehrheit und kann mit den Menschen im Lande umgehen, wie ich will. Die Auswirkung dieser Überheblichkeit werden Sie schon noch merken, meine Damen und Herren.
Ohne Rücksicht auf Verluste geht der Ministerpräsident über die Belange der Betroffenen hinweg, vor allem derjenigen, denen wir das Funktionieren unseres anerkannten bayerischen öffentlichen Dienstes verdanken.
Erst heute habe ich wieder ein Gespräch mit den Berufsverbänden geführt, in dem mir gesagt wurde, dass die Beschäftigten am Freitagmittag nach einer langen Arbeitswoche nach 40 Stunden abstempeln und dann wieder auf ihren Arbeitsplatz zurückgehen und weiterarbeiten, weil die Arbeit einfach nicht mehr innerhalb der 40 Stunden zu bewältigen ist. Das zeigt, wie engagiert unsere Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind. Und genau diese Menschen treffen Sie auf unerträgliche Art und Weise.
Die Haushaltsgesetze werden immer stärker dazu genutzt – das zeigen mir die Beobachtungen der letzten Jahre –,auf die Schnelle so nebenbei die Beamtengesetze zu verändern. Ich erinnere Sie nur an den Doppelhaushalt 2003/2004. Dieses Haushaltsgesetz war schlampig vorbereitet, mit heißer Nadel gestrickt und hatte vor allem ein Streichkonzert für Bayerns Beamtinnen und Beamte zum Inhalt. Ich erinnere nur an die Regelungen zur Altersteilzeit. Diese Regelungen waren eigentlich von Herrn Minister Faltlhauser als arbeitspolitisches Instrument gedacht. Und Sie, Herr Minister Faltlhauser, haben sich damit so hoch gelobt, dass Bayern eines der ersten Bundesländer war, das diese Regelung eingeführt hat. Diese Regelungen wurden nun massiv verschlechtert. Künftig können das nur noch 60-Jährige in Anspruch nehmen und für Schwerbehinderte wurde die Regelung auf 58 Jahre verschlechtert.
Die Antragsaltersgrenze wurde vom 63. Lebensjahr auf das 64. angehoben; die AZV-Tage wurden gestrichen, die Leistungsstufenverordnung wurde ausgesetzt, der Essenszuschuss ist weggefallen und es gab ganz massive Verschlechterungen bei der Beihilfe in den Beihilfevorschriften.
Zum Glück gab es dazu eine Initiative aus dem Ausschuss für den öffentlichen Dienst im Bayerischen Landtag heraus zusammen mit vielen Betroffenen in Bayern, wodurch diese massiven Verschlechterungen zum Teil wieder korrigiert wurden.
Das alles zeigt, wie schlampig dieses Haushaltsgesetz vorbereitet war. Die CSU und die Landesregierung sagen uns auf der einen Seite immer und überall ungefragt, dass sie die Hüter des Berufsbeamtentums seien, auf der anderen Seite aber sind sie diejenigen, die dieses Berufsbeamtentum konti
nuierlich immer weiter aushöhlen. Die CSU geht den 1993 durch Ministerpräsident Stoiber mit der ungerechtfertigten Arbeitszeiterhöhung auf 40 Stunden eingeschlagenen Weg unbeirrt weiter und nutzt die schlechtere Rechtsposition der Beamtinnen und Beamten für immer weitere einseitige Sonderopfer zur Sanierung des Staatshaushaltes. Auch in Bezug auf die 40-Stunden-Woche kann man also sagen: versprochen und gebrochen. Denn der Ministerpräsident hatte den bayerischen Beamtinnen und Beamten versprochen, die 40-Stunden-Woche wieder zurückzunehmen, wenn sich die Haushaltslage etwas besser darstellt. Versprochen und gebrochen! Es war nicht so, Kolleginnen und Kollegen, und jetzt soll die Arbeitszeit sogar auf 42 Stunden angehoben werden.
Mit einer Reform nach der anderen wurden seit 1991 Sparvolumina in Höhe von rund 35 Milliarden Euro allein durch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst erbracht. Trotzdem wird vor allem von Seiten der CSU-Staatsregierung in der öffentlichen Diskussion um die Lage des Staatshaushaltes immer der Eindruck erweckt, wenn über die Staatsquote diskutiert wird, die Beschäftigten seien daran schuld. Wer ist denn der Arbeitgeber dieser Menschen? Das ist der Freistaat Bayern, und der Freistaat Bayern hat diese Menschen ganz bewusst eingestellt, weil wir die Menschen im öffentlichen Dienst gebraucht haben und auch heute noch brauchen.
Jetzt ziehen Sie über die Beschäftigten her, reden über sie und benutzen sie als Sparbüchse dafür, dass Sie nicht in der Lage waren, einen ordentlichen Staatshaushalt zu führen.
Es werden genügend Leute entlassen; da müssen Sie sich nur einmal informieren. Vielleicht kennen Sie sich da zu wenig aus, Herr Kollege.
Die Landtagswahlen sind gelaufen und jetzt werden die Beschäftigten weiter geprügelt. Wir haben hier im Hohen Hause Klarheit vor der Wahl gefordert und wollten im Parlament wissen, was Herr Ministerpräsident Stoiber in Bezug auf seine Beschäftigten vorhat. Das zu erfahren war leider nicht möglich. Niemand sah sich in der Lage, uns noch in der letzten Sitzung der vergangenen Wahlperiode Auskunft zu geben. Wir mussten das erst den Medien entnehmen. Am 29. Juli 2003 konnte man endlich lesen, was Ministerpräsident Stoiber in der Beamtenbesoldung alles vorhat. Ich zitiere: „Mit der Entscheidung in Bayern sollen die bayerischen Beamtinnen und Beamten im Vergleich zum Bund und zu den anderen Länder besser gestellt werden. Den
So die Aussage. Jetzt stelle ich die Frage: Wer hat dies ermöglicht und wer vor allem hat es bezahlt? Das war nicht der Herr Stoiber und es war auch nicht der Herr Finanzminister. Nein, es waren zu einem großen Teil die Beschäftigten selbst. Sie erbrachten – ich erinnere an die Aussage von Herrn Stoiber – 75 Millionen Euro durch die Verlängerung der Wiederbesetzungssperre, begrenzt auf das Jahr 2003, auf 12 Monate. Herr Dr. Eykmann, ich erinnere an die Diskussion im Ausschuss, wo der Vertreter des Finanzministers gesagt hat, dass das nicht stimme. Ich habe die Rede von Herrn Ministerpräsident Stoiber dabei. Es ist so. Die Aussage war: Begrenzung bis Ende 2003, Verlängerung der Wiederbesetzungssperre auf 12 Monate und dann wieder der ursprüngliche Zustand von 9 Monaten. Also wieder: versprochen und gebrochen!
Es ist das ein erster Beleg dafür, dass es nicht so gekommen ist, wie es versprochen wurde. Indirekt wurde die Wiederbesetzungssperre – ich denke nur an die Rektorenstellen – mittlerweile auf 20 Monate erhöht. Erstmals dann wird der neue Rektor nämlich seine Leitungsfunktion auch besoldet bekommen. Indirekt schaut es also noch wesentlich schlechter aus; es sind mehr als diese 12 Monate.
Versprochen und gebrochen! Herr Minister Faltlhauser hat die Öffnungsklauseln auf Bundesebene, also die Möglichkeit der Länder, Weihnachts- und Urlaubsgeld selber gestalten zu können, ganz massiv dahin gehend vorangetrieben, dass auch eine Öffnung nach oben möglich sein sollte. Herr Minister Faltlhauser wollte die Möglichkeit haben, seine bayerischen Beamtinnen und Beamten leistungsgerechter zu bezahlen durch diese Öffnung nach oben. Und wo ist sie denn nun, diese Öffnung nach oben, Herr Faltlhauser?
(Staatsminister Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (Finanzministerium): Schauen wir mal, dann sehen wir es!)
Herr Minister Faltlhauser hat im Gegenteil alle Möglichkeiten genutzt, um die Öffnung nach unten zu betreiben. Also auch wieder: versprochen und gebrochen!
Und noch etwas, was uns alle angeht, wenn es darum geht, im Bereich der Föderalismusdiskussion darüber zu reden, weitere Öffnungen im Bereich des Beamtenrechts auf die Länder zu verlagern. Da können schon jetzt alle davon ausgehen, dass die Länderminister alle Möglichkeiten nutzen werden, diese Öffnung nach unten voranzutreiben und nicht zugunsten der Beschäftigten anzuwenden. Auch darü
ber muss man sehr offen und sorgfältig diskutieren. Man darf keine Länderkompetenzen herholen, um sie hier negativ einzusetzen.
Die SPD-Landtagsfraktion will einen funktionsfähigen öffentlichen Dienst in Bayern, mit dem die Zukunft in Bayern gestaltet und nicht gestrichen wird. Deshalb haben wir unseren Änderungsantrag eingebracht. Wir zeigen darin auf, dass einerseits unseren Beschäftigten im öffentlichen Dienst ein hohes Maß an Flexibilität und Engagement abverlangt wird und dass andererseits durch dieses Nachtragshaushaltsgesetz die Staatsregierung ihre Politik auf Kosten und zu Lasten der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes weiter fortsetzen will.
Die Wiederbesetzungssperre habe ich bereits angesprochen. Die Staatsregierung will also, dass die frei werdenden Stellen für Beamte, Richter, Angestellte und Arbeiter nicht nur 9 Monate nicht besetzt werden, sondern dieser Zeitraum soll künftig auf 12 Monate erhöht werden. Wir meinen, Wiederbesetzungssperren gehen zu Lasten der Beschäftigten, zu Lasten ihrer Gesundheit, zu Lasten ihrer Motivation, aber auch zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger, die Anspruch auf bestimmte Dienstleistungen haben. Diese Dienstleistungen können sie aber nicht mehr in dem angemessenen Umfang erwarten, weil die Dienststellen nicht mehr besetzt sind. Unser Antrag zielt deshalb darauf ab, nicht nur die Verlängerung auf 12 Monate zu verhindern, sondern wir wollen auch die Wiederbesetzungssperre für 9 Monate zurücknehmen.
Ein weiterer Aspekt ist das bayerische Sonderzahlungsgesetz, in dem das Weihnachtsgeld reduziert und das Urlaubsgeld für Beamte und Richter - bei Erhalt eines Sockelbetrags bei den Besoldungsgruppen A 2 bis A 8 für Anwärter und für Dienstanfänger in Höhe von 100 Euro – gestrichen werden soll. Auch hier stimmt nicht, was Ministerpräsident Stoiber versprochen hat, dass Bayerns Beamtinnen und Beamte besser dastehen werden. Ich vergleiche mit Hamburg. Dort bekommen die Kolleginnen und Kollegen künftig 332 Euro. In Hessen erhalten sie 161 Euro, in Niedersachsen 120 Euro, in Rheinland-Pfalz 200 Euro, im Saarland 165 Euro und in Schleswig-Holstein bis A 8 332 Euro und in A 9 und in A 10 255 Euro. Für das Urlaubsgeld stimmt also nicht, was Ministerpräsident Stoiber angekündigt hat, dass nämlich Bayerns Beamtinnen und Beamte nach der Landtagswahl besser dastehen würden. Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass er sich nicht daran hält, was er verspricht.
(Zuruf der Abgeordneten Schmitt-Bussinger (SPD) – Gegenruf des Staatsministers Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (Finanzministerium))
Außerdem stimmt es, was ich gesagt habe. Es handelt sich hier um Ausführungen aus Unterlagen, die uns die Verwaltung des Bayerischen Landtags für unseren Ausschuss zur Verfügung gestellt hat. Sie werden wohl nicht unterstellen wollen, dass das falsche Unterlagen sind.
Dazu kommt, dass Bayern vor 10 Jahren als eines der ersten Bundesländer die 40 Stundenwoche eingeführt hat, das habe ich vorhin schon erwähnt. Bayerns Beamtinnen und Beamte haben dadurch eine enorme Vorleistung in einer Größenordnung von 3 Millionen Euro erbracht. Was derzeit in Bayern abläuft, Kolleginnen und Kollegen, ist mehr als schlechter Stil. So geht man mit den eigenen Beschäftigten nicht um. Es ist ein schlechter Stil, der das Vertrauen zwischen den Beschäftigten und dem Arbeitgeber, den Freistaat Bayern, massiv gestört hat. Dieser Vertrauensverlust wird uns in der nächsten Zeit noch verstärkt zu schaffen machen. Von Verlässlichkeit, von Glaubwürdigkeit, ist bei der CSU und bei Ihrem Ministerpräsidenten nicht mehr viel zu erkennen. Kolleginnen und Kollegen, das zeigt wieder einmal auf, wohin eine Zweidrittelmehrheit in einem Lande führt.
(Peter Hufe (SPD): Wieder jemand aus Unterfranken! – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Ein Widerstandskämpfer!)
(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Haben Sie Probleme mit diesem Ausdruck? - Unruhe bei der SPD und bei den GRÜNEN)
zur Höchstform auf, wenn die Rolle des Märtyrertums ansteht, nach dem Motto: Mir geschieht furchtbar viel Schlimmes, dafür sind all die anderen Bösen zuständig. – Dabei haben Sie doch teilweise an diesen Beschlüssen mitgewirkt.
Lieber Herr Dürr, ich habe eine halbe Stunde Zeit, um zu reden. Dann beschäftige ich mich eben zuerst einmal mit Ihnen. Wenn Sie meinen, Sie könnten durch irgendwelche flapsigen Bemerkungen –
(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE) – Unruhe bei den GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf des Abgeordneten Hans Joachim Werner (SPD))
Herr Kollege, ich habe Ihren Zwischenruf gerade nicht verstanden, Ihr Gesicht aber zeigt mir, dass er sehr töricht war.