Protocol of the Session on March 16, 2004

Ich komme jetzt zu zwei Punkten, die auch noch eine Rolle spielen, wenn es um die Auswirkungen des Bildungshaushaltes auf die Kommunen geht. Es handelt sich um die Medienausstattung der Schulen. Ich nenne Ihnen jetzt eine Zahl, Frau Ministerin. Sie haben selbst dem Herrn Ministerpräsidenten vor etwa einem Jahr einen Brief geschrieben, den man hier zitieren könnte. Darin haben Sie geschrieben, wir könnten die Kommunen bei der Medienausstattung nicht im Stich lassen. Das haben Sie intern geschrieben, aber Sie haben sich nicht getraut, das öffentlich zu sagen. Die Medienausstattung kostet die Kommunen in einem Zeitraum von sieben Jahren, der bei der Technik anzusetzen ist, nahezu eine halbe Milliarde Euro. Wissen Sie, Kolleginnen und Kollegen, wie hoch der Beitrag des Freistaates zu dieser Riesenbelastung der Kommunen ist? 24,5 Millionen Euro. Ich gratuliere Ihnen von der CSU zu dieser wahnsinnigen „Leistung“. Sie werden es sicher verstehen, auch diese „Leistung“ als große Tat zur Unterstützung der Kommunalkassen zu verkaufen. Das wird Ihnen sicher auch noch gelingen.

Es gibt noch viele andere Bereiche. Ich nenne die Schulsozialarbeit. Sie sind die ersten, die Tränen vergießen, wenn irgendwo etwas passiert, und nach der Polizei rufen. Warum leisten Sie nicht präventive Arbeit an den Schulen und stellen Sozialpädagogen ein?

(Beifall bei der SPD)

Das überlassen Sie doch geflissentlich den Schulen und den Kommunen und lassen sie alleine. Aber wenn etwas passiert, dann sind Sie mit Schuldzuweisungen schnell bei der Hand. Das ist unverantwortlich gegenüber den Eltern, gegenüber den Schülern, gegenüber den Lehrern und gegenüber den Kommunen. Tun Sie doch nicht hier im Hause, als wären Sie die größten Unterstützer der Kommunen, die Europa jemals gesehen hat. Das ist in Wahrheit nicht so. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

(Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU): Das glaubt Ihnen doch keiner!)

Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt. Das ist mir völlig klar.

Ich möchte zum Schluss noch zwei Bemerkungen machen. Als es um den Sozialhaushalt ging, haben wir von Herrn Unterländer gehört, dass Sie im größten Einvernehmen mit den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege Ihren Sparhaushalt beschlossen haben. Herr Schneider hat vorhin gesagt, die Menschen sähen die Notwendigkeit des Sparens ein. Am Schluss halten Sie die Demonstration, bei der 15 000 Leute auf dem Marienplatz waren, für eine Beifallskundgebung für Ihre Politik hier im Hause. So kann man die Tatsachen verdrehen, wenn man will.

(Beifall bei der SPD - Walter Nadler (CSU): Das ist ein Schwätzer!)

15 000 Leute haben heute am Marienplatz deutlich gemacht, wo sie stehen. Versuchen Sie nicht, das zu verdrehen. Es wird Ihnen auch in Zukunft nicht gelingen.

(Beifall bei der SPD)

Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Tolle.

Ich spreche noch zum achtjährigen Gymnasium und zu den Kosten für die Kommunen.

(Oh-Rufe von der CSU)

Es kann ja sein, dass Sie das langweilt, mich nicht und, denke ich, die Kommunen auch nicht. Wir haben einen Antrag gestellt, mit dem wir möchten,

dass für die Einführung des G 8 ein zusätzlicher Haushaltstitel eingeführt wird, und ich will Ihnen gerne kurz sagen, warum.

Der erste Punkt ist der – oder ich fange mal so an: Sie haben jetzt vielleicht noch die Chance, Wort und Tat zusammenzubringen, indem Sie diesem Antrag zustimmen.

Sie sagen immer, das G 8 sei kein Sparmodell. Im Nachtragshaushalt stehen Kürzungen in Höhe von 6 Millionen Euro.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Da stellt sich mir schon die Frage, ob Sie hier nicht vielleicht auch wieder einen Nullpunkt verschoben haben.

Meine zweite Begründung für einen zusätzlichen Haushaltstitel ist, dass ich in einer mündlichen Anfrage vom 12. Februar nach zusätzlichen Lehrerinnenstellen für das G 8 gefragt habe und dass mir das Kultusministerium darauf geantwortet hat, es könne zu diesem Zeitpunkt noch nicht exakt sagen, wie viele Lehrerinnenstellen es geben werde.

Fünf Tage später hatte man im Kultusministerium anscheinend einen Quantensprung gemacht. Staatssekretär Freller hat in Nürnberg von 1500 Stellen gesprochen und Frau Hohlmeier hat um den 17. Februar herum verkündet, dass Finanzierung und Konzept stehen, und das, obwohl die Dialogverfahren damals noch gelaufen sind.

Der Gesetzentwurf ging danach anscheinend den Verbänden zu. Fünf Tage später hatte man den Gesamtumfang der Stunden, die man mir auf meine Anfrage mitgeteilt hatte, von 234 auf 206 Stunden heruntergekürzt. Frau Ministerin, Sie haben auf meine Anfrage geantwortet, Sie würden den Landtag umgehend informieren. „Umgehend“, das definiere ich in Anlehnung an das Bürgerliche Recht als Handeln ohne schuldhaftes Zögern. Den Gesetzentwurf haben wir nach brieflicher Intervention von Margarete Bause und mir gegen Ende Februar bekommen.

Sie konnten sicherlich alle am 6. März der „Süddeutschen Zeitung“ entnehmen, dass sich die Familienministerin Renate Schmidt verwundert darüber gezeigt hat, dass man in Bayern mit Bundesmitteln aus dem Programm für Ganztagsschulen die notwendigen Investitionen für die Kommunen finanzieren will. Sie zeigte sich auch verwundert, weil aus ihrer Sicht die an dieses Programm geknüpften Voraussetzungen nicht vorliegen, und zu Ihrer Erinnerung möchte ich sie noch einmal benennen: Die erste Voraussetzung ist, dass Sie Ganztagesschulen einrichten müssen, bei denen über den vormittägli

chen Unterricht hinaus an mindestens drei Tagen in der Woche ein ganztägiges Angebot für Schüler bereitgestellt wird. Das Angebot muss mindestens sieben Stunden umfassen und außerdem muss an allen Tagen ein Mittagessen bereitgestellt werden.

Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie sich diesen Gesetzentwurf anschauen, dann ist augenfällig, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Denn wenn die Tabellen wahr sind, dann sehe ich zumindest formal zwei Nachmittage, und Sie stellen in Ihrem Gesetzentwurf fest, dass die Einführung einer Mittagsverpflegung nicht zwingend vorgeschrieben ist. Ich habe daraus eines gelernt: Es ist wichtig, Sie festzunageln. Das G 8 war aus meiner Sicht ein Schuss aus der Hüfte mit den daraus resultierenden Unklarheiten und Gerüchten. Wir fordern Klarheit und Transparenz. Wir wollen, dass Eltern, Lehrerinnen, Schülerinnen und Kommunen jetzt wissen, was auf sie zukommt, weil es sowieso schon viel zu spät ist. In diesem Zusammenhang sei bereits heute angekündigt, dass wir sehr sorgsam darauf achten werden, dass den Kommunen bei der Einführung des G 8 keine zusätzlichen Kosten entstehen werden.

Verehrte Kolleginnen aus der Mehrheitspartei, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen aus SPD und GRÜNEN, mit der Einführung eines zusätzlichen Haushaltstitels haben Sie die einzigartige Chance zu beweisen, dass das G 8 kein Sparmodell ist, und Sie können etwas herstellen, was beim achtjährigen Gymnasium bisher eine Seltenheit war, und das ist Transparenz.

Nächste Wortmeldung: Frau Staatsministerin Hohlmeier.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren von den GRÜNEN und von der SPD!

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wenn ich mir Ihre Reden alle angehört habe, dann weiß ich nicht, welchen Haushalt man eigentlich aufstellen müsste, um den Ansprüchen zu genügen, die Sie alle formuliert haben. Das ist unglaublich.

(Beifall bei der CSU)

Es wundert mich nicht, dass in den Ländern, in denen Sie regieren, die Haushalte derart verschuldet sind, dass sie sich mittlerweile überhaupt nichts mehr leisten können.

(Beifall bei der CSU)

Es stimmt halt doch der Spruch, dass eher ein Hund einen Wursthaufen anlegt als dass Sozialisten mit Geld umgehen können bzw. Geld verwalten können.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD): Ein echter Strauß, aber er ist trotzdem nicht richtig!)

Aber Scherz beiseite.

(Rainer Volkmann (SPD): Der Witz ist so alt wie der Böhmerwald!)

Der Witz stammt von meinem Vater, ist aber immer noch richtig.

(Beifall bei der CSU)

Aber Scherz beiseite. Aus allen Ihren Beiträgen habe ich eigentlich nur gehört: Die Erwachsenenbildung muss mehr werden – der Staat muss mehr bezahlen. Die Jugendbildung muss mehr werden – der Staat muss mehr bezahlen. Der Sport muss mehr werden – der Staat muss mehr bezahlen. Die Kommunen brauchen mehr – wir brauchen mehr Geld.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das stimmt so nicht, wir müssen weniger kürzen!)

Es ist halt so: Wir können uns keinen Dukatenesel backen, der jeden Tag Gold ausspuckt, sondern wir müssen mit dem Geld auskommen, das uns zur Verfügung steht. Dabei genießt die Bildung ein erhebliches Maß an Priorität innerhalb dieses Staatshaushaltes. Die Einsparungen im Bildungsbereich wurden letztendlich vor dem Hintergrund dessen, was machbar ist, in den Staatshaushalt eingestellt. Sie verhalten sich in der Relation zu dem, was in SPD- und rot-grün-regierten Ländern, geschweige denn dort, wo wir, wie in Mecklenburg-Vorpommern, noch lustigere Mischungen an Regierungen haben, auf deutlich höherem Niveau.

Sie sprachen vorhin davon, dass das G 9 angeblich schon ein G 8 sei, wenn man den Unterrichtsausfall betrachten würde. Wenn ich mir Mecklenburg-Vorpommern ansehe, stelle ich fest, dass dort das G 8 mindestens schon ein G 6 ist, wenn nicht ein G 5, weil dort die Stundentafel nicht im Mindesten dem entspricht, was unser Maßstab ist. Dort ist der Unterrichtsausfall extrem viel höher. Aber ich brauche gar nicht so weit zu gehen. Es gibt Länder, in denen das G 9 unter SPD-Regentschaft nicht dem entspricht, was wir in einer G 8-Stundentafel für das Gymnasium zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Pfaffmann?

Wenn sich Herr Pfaffmann gern reden hört.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Trifft es – auf Ihre Frage, wie man das finanziert – zu, dass Sie selbst in einem Schreiben an Ihren Ministerpräsidenten vorgeschlagen haben, aus der dritten Tranche der Privatisierungserlöse die Kommunen bezüglich des Sachaufwands zu unterstützen?

(Dr. Ludwig Spaenle (CSU): Starke Frage! – Joachim Herrmann (CSU): Darauf haben wir den ganzen Abend gewartet!)

Frau Staatsministerin.

Starke Frage, danke, Herr Kollege Spaenle!

Wir waren zwar gerade bei einem anderen Thema, aber es macht nichts. Ihre Zwischenfragen müssen sich nicht unbedingt mit meinem Redebeitrag decken. Ich antworte trotzdem gerne darauf.