Protocol of the Session on March 16, 2004

Wir waren zwar gerade bei einem anderen Thema, aber es macht nichts. Ihre Zwischenfragen müssen sich nicht unbedingt mit meinem Redebeitrag decken. Ich antworte trotzdem gerne darauf.

Ich habe damals, als die Staatsregierung gemeinsam mit der CSU-Landtagsfraktion darüber nachdachte Privatisierungserlöse für Schulen zur Verfügung zu stellen, den Vorschlag unterbreitet, dem Bereich IT eine Tranche zur Verfügung zu stellen. Dies ist dann übrigens auch geschehen, Herr Pfaffmann, wie Sie auch wissen. Allerdings bleiben die Aufwendungen für IT Sachaufwand und letztendlich sind die Kommunen für den Sachaufwand zuständig.

Aber, Herr Pfaffmann, um gleich direkt auf Ihre Wortmeldung einzugehen und auch auf das, was in den Fragen der Frau Tolle aufgetaucht ist in Bezug auf G 8 und das Konnexitätsprinzip: Wir sind mitten im Konsultationsverfahren mit den Kommunen.

(Marianne Schieder (SPD): Das gibt‘s ja gar nicht!)

Wir besprechen uns mit den Kommunen, beispielsweise wegen der Schülerbeförderung. – Entschuldigen Sie, wenn Sie sagen: „Das gibt es ja gar nicht“, muss ich entgegnen: Das gibt es schon, weil wir derzeit diese Verhandlungen führen, wenn Sie das noch nicht mitbekommen haben sollten. Die Kommunen sind derzeit fast täglich bei uns eingeladen, und wir besprechen das mit den Kommunen.

(Zuruf der Abgeordneten Marianne Schieder (SPD))

Frau Schieder, im Gegensatz zu Ihnen bin ich dabei. Deshalb weiß ich, was die Landkreise und kreisfreien Städte sagen.

(Zuruf der Abgeordneten Marianne Schieder (SPD))

Ich glaube, Sie sollten erst einmal das Denken anfangen. Bei dem Konsultationsverfahren gibt es nicht mich allein.

(Anhaltende Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn Sie die Ruhe bewahren, können wir uns besser verständigen.

Ich danke Ihnen, Herr Präsident.

Man sollte hier nicht einfach so dazwischenschreien, wenn man nicht weiß, wie das Konsultationsverfahren abläuft. Es gibt Zusatzgespräche zum Konsultationsverfahren. Das Konsultationsverfahren findet nicht nur mit den Spitzenverbänden statt. Ich spreche gemeinsam mit Staatssekretär Karl Freller und dem Ministerialdirektor mit allen Sachaufwandsträgern persönlich. Natürlich können wir drei nicht in jeder Stunde alle persönlich da sein, sondern einmal ist der Staatssekretär da, einmal bin ich persönlich anwesend, und fast immer ist der Ministerialdirektor anwesend.

Ich glaube, man kann deutlich sagen, dass wir damit die Konnexität sehr ernst nehmen.

Die Fragen der Schülerbeförderung und des Schulbaus werden wir in den Konsultationsverfahren intensiv miteinander beraten. Wenn es Mehrkosten bei der Schülerbeförderung gibt, werden wir darüber im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens schlicht und einfach in Ruhe reden müssen.

Aber eines mache ich nicht, Herr Pfaffmann, und da denke ich an Ihre rot-grünen und roten Regierungen in den Städten. Es kann nicht sein, dass Baudefizite aus vielen Jahren, die an Gymnasien zum Teil nicht einmal das Mindestprogramm normaler Art eines alten G 9 abdecken – wir reden noch nicht einmal vom neuen G 9 –, dieser Raumbedarf, den es schon in den Achtzigerjahren, zum Teil sogar in den Siebzigerjahren gegeben hat, jetzt als Raumbedarf dem G 8 angerechnet werden. Kursräume für die Kollegstufe sind nicht eine Frage des G 8, weil es die Kollegstufe inzwischen 28 Jahre gibt und die Kursräume nach 28 Jahren nicht mehr dem G 8 anzurechnen sind, sondern eigentlich nur der Bedarf darstellen, den ein normales Gymnasium seit vielen Jahren hat.

Man muss also vernünftig miteinander umgehen und unterscheiden, was durch ein achtjähriges Gymnasium bedingt ist. Es ist aber auch an den Raumbedarf zu denken, der zum Beispiel in der Landeshauptstadt München, in Nürnberg oder Fürth oder auch manchmal in anderen Bereichen vorher nicht abgedeckt worden ist und jetzt im Zuge des G 8 zu G-8-Räumen umdeklariert wird. Aber das sind

keine G-8-Räume, sondern es ist ein Fehlbedarf. Ich werfe es niemandem vor, wenn er das anders sieht. Vielleicht hat es hier und da auch einmal Schwierigkeiten mit der Finanzierung gegeben. Aber es gehört zur Ehrlichkeit der Diskussion, dass ein alter Raumbedarf nicht auf das G 8 übertragen werden kann. Man kann nicht so tun, als wäre da plötzlich etwas durch das achtjährige Gymnasium bedingt.

Wir werden auf jeden Fall das Konnexitätsprinzip sehr ernst nehmen.

Für einen Witz halte ich den Vorwurf, wir hätten den Eltern nachgegeben. Zuerst fordern Sie uns immer auf, mit den Eltern zu reden, und wenn wir mit Eltern, Lehrern und Schülern in einem gemeinsamen Dialogverfahren zu einer Änderung der Stundentafel kommen, wobei wir auf die verschiedenen Vorstellungen von Eltern, Lehrern und Schülern Rücksicht nehmen, dann werfen Sie uns vor, dass wir denen bei der Stundentafel nachgeben. Ja, was wollen Sie jetzt eigentlich? Ich glaube, dass ein solches Dialogverfahren sehr viel Sinn macht.

Außerdem würde ich Frau Tolle einmal empfehlen, das IZBP-Programm des Bundes wirklich durchzulesen. Die Familienministerin Schmidt habe ich inzwischen auch ein bisschen aufgeklärt.

Sie dürfen Stundentafeln nicht mit dem Gesamtangebot verwechseln, das ein Gymnasium macht. Da findet Pflichtunterricht eben nicht nur an zwei Nachmittagen statt, sondern es gibt vielfältigste Angebote an Schülerinnen und Schüler, die über zwei Nachmittage hinausgehen. Für das, was darüber hinausgeht und was an Nachmittagen an Zusatzförderräumlichkeiten, Aufenthaltsräumlichkeiten und Ähnlichem benötigt wird, kann man das Programm des Bundes in Bayern genauso beanspruchen wie in NordrheinWestfalen. Was in Nordrhein-Westfalen von der SPD völlig selbstverständlich und normal im Rahmen eines Gesamtangebots an den Schulen vom Bundesprogramm in Anspruch genommen wird, wird auch in Bayern in Anspruch genommen werden. Normale Klassenräume, Kursräume und Ähnliches werden mit dem Bundesprogramm natürlich nicht finanziert. Das hat nie einer behauptet. Das beantragt auch kein Mensch. Aber Sie wissen das anscheinend immer noch nicht.

Wie gesagt, habe ich die Familienministerin mittlerweile aufgeklärt. Ich habe ihr die Empfehlung gegeben, sie möge sich erkundigen, bevor sie Interviews gibt. Denn dann irrt sie sich in den Interviews nicht so entsetzlich. Es wäre vorteilhaft, einfach mal durchzurufen und nachzufragen. Die Richtlinien sind mit dem Bund abgestimmt. Die Bund-Länder-Vereinbarung ist deutschlandweit gleich und wird in Bayern genauso gehandhabt wie in allen anderen Ländern, also auch in den von Ihnen regierten Ländern.

Ich glaube, dass der Haushalt, den wir im Bildungsbereich verabschieden, ein vernünftiger Haushalt vor dem Hintergrund dessen ist, was wir in der heutigen Zeit ermöglichen können. Manches SPD-regierte Land wäre froh, wenn es im nächsten Schuljahr über 400 Planstellen mehr zur Verfügung hätte als im Vorjahr. Wir werden an den Schulen keine Verschlechterungen haben. Aber auch Lehrkräfte müssen, wenn es eine Arbeitszeiterhöhung gibt, ihren zusätzlichen Anteil genauso wie alle anderen an der Arbeitszeiterhöhung Beteiligten leisten müssen. Wir wissen allerdings zu schätzen, was Lehrkräfte in den Schulen leisten, wenn sie guten Unterricht halten und die vielen Sorgen und Probleme der heutigen Gesellschaft im erzieherischen Bereich mit abdecken.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Wir kommen zum Komplex Hochschule. Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Vogel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch für die bayerische Hochschullandschaft hat sich mit dem Nachtragshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2004 der bisher in Bayern beispiellose Wortbruch einer Staatsregierung zementiert. Denn Ihre Wahlslogans vom Schwerpunkt Bildung, von den Investitionen in die Champions League bei Wissenschaft, Forschung und akademischer Lehre erweisen sich mit den heute vorgelegten Kürzungen im Hochschulbereich als gebrochene Versprechen, als rein populistische Sonntagsreden, die wieder einmal mehr im Bereich Bildung das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik untergraben.

Auch wenn es jetzt um 23.30 Uhr an Bayerns Hochschulen Nacht zu werden droht, so lassen wir mit unserem Protest gegen diese Kahlschlagpolitik nicht nach. Wir unterstützen damit Tausende von Protestierenden bayernweit.

Wir unterstützen die Studierenden, die lernen wollen und sich um ihren Studienplatz und ihren Studienerfolg begründet Gedanken machen. Wir unterstützen die Lehrenden und Forschenden an Universitäten und Fachhochschulen, die nicht mit ansehen wollen, wie nach vielen stillschweigend hingenommenen Kürzungsrunden in der Vergangenheit der Raubbau an unseren Hochschulen forciert wird.

Wir unterstützen die Hochschulleitungen, die das wissenschaftliche Renommee ihrer Einrichtungen bangen, weil Berufungen ins Hintertreffen geraten und erste Berufungsabsagen bereits erfolgen.

Wir unterstützen junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, denen diese chaotischen Finanzvorhaben die Zukunftsperspektiven nehmen.

Wir unterstützen die Beschäftigten im nichtwissenschaftlichen Bereich, auf die, obwohl sie an den Grenzen ihrer Arbeitskapazität angelangt sind, weitere untragbare Belastungen zukommen.

Wir unterstützen die Frauen in Forschung und Lehre, die befürchten, dass zaghafte und bei weitem nicht ausreichende Gleichstellungsfortschritte vom Kürzungswahn betroffen sind.

Wir unterstützen die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, die sich um die Zukunft ihrer von den Hochschulen geprägte Region sorgen und ihre regionale Wirtschaftsstruktur in Gefahr sehen.

All diese Personen, die sich um die bayerische Hochschullandschaft sorgen, konnten weder die CSU noch die Staatsregierung von dem falschen Vorhaben abbringen. Wenn man die Wissenschaft schon so mit Füßen tritt, braucht man sich erst recht nicht um wissenschaftliche Erkenntnisse zu kümmern. Da werden volkswirtschaftliche Warnungen von Bofinger und anderen lächerlich gemacht, statt die darin angesprochenen Sorgen um die Zukunft des Hochschulstandorts Bayern ernst zu nehmen.

Da ignoriert man die fundierten Bedenken, die das DIW in seinem zehnten Wochenbericht vom 4. März dieses Jahres wie folgt formuliert – ich zitierte –:

„Kürzungen im Hochschulbereich würden nur den Wettbewerbsvorteil schmälern, den Bayern hier hat. Zudem würden sie Wachstumsverluste nach sich ziehen. Wissenschaft und Forschung sind bedeutsame Standortfaktoren. Hochschulen und Forschungsstätten erzeugen neues Wissen und geben dem Unternehmenssektor wichtige Impulse“.

(Beifall bei der SPD)

Und das alles wissen Sie, meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Trotzdem werden Sie die Hand heute für einen der katastrophalsten Fehler in der bayerischen Hochschulpolitik heben. So viel Ignoranz lässt uns erschrecken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mein Zorn über Ihre verantwortungslose Hochschulpolitik wächst noch, wenn ich mir ansehe, für wie dumm man die Öffentlichkeit hält. Zwei Beispiele mögen dies belegen. Vor einer Woche setzten Sie Ihr Ablenkungsmanöver „Elitenetzwerk“ fort. Es ist hier nicht der Ort, über die Sinnhaftigkeit des Projekts generell zu diskutieren. Wir haben vor knapp einem Jahr bei der Zehetmairschen Regierungserklärung versucht, eine differenzierte Position zu begründen, die nur Böswillige als Verweigerungsstrategie abtun können. Solange Sie aber glauben, eine wissenschaftliche Spitze pushen zu können, ohne gleichzeitig die Breitenausbildung fundiert abzusi

chern, solange lügen Sie sich mit den vermeintlichen Erfolgsaussichten in die eigene Tasche und täuschen die Öffentlichkeit.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU: Na, na!)

So wie Spitzensport ohne Breitensport undenkbar ist, so werden Sie mit einer Spitzenförderung ohne Breitenausbildung auf Dauer Schiffbruch erleiden.

(Beifall bei der SPD)

Gänzlich lächerlich wird es, wenn nun die Kollegen Goppel, Herrmann und Spaenle durchs Land reisen,

(Dr. Ludwig Spaenle (CSU): Wir reisen doch nicht! – Franz Maget (SPD): Wer reist, sündigt wenigstens nicht!)

Krokodilstränen ob der Kürzungen vergießen und betonen, das Ende der Fahnenstange sei erreicht, so könne es nicht weitergehen, in der Zukunft müsse wieder verstärkt in den Hochschulbereich investiert werden und gleichzeitig holzen Sie heute, was das Zeug hält, streichen und kürzen ohne Sinn und Verstand.

(Beifall bei der SPD)

Dieses ungenießbare Gebräu aus Konzeptionslosigkeit, Irreführung und Täuschung, Kürzungswahn und bundespolitischer Profilneurose haben unsere bayerische Hochschulen wahrlich nicht verdient.

(Beifall bei der SPD)