Protocol of the Session on April 8, 2008

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 119. Vollsitzung des Bayerischen Landtags.

(Glocke des Präsidenten)

Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten; sie ist erteilt.

Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Glückwünsche aussprechen, wenn auch einige der Betreffenden abwesend sind.

Am 5. April feierte der Kollege Reinhold Bocklet einen halbrunden Geburtstag. Ebenfalls einen halbrunden Geburtstag feierte am 6. April die Kollegin Heidi Lück. Heute haben die Kollegen Dr. Helmut Müller und Peter Eismann Geburtstag. Ihnen allen im Namen des Hohen Hauses und auch persönlich alles Gute.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Ministerbefragung

Die vorschlagsberechtigte SPD-Fraktion hat hierfür als Thema benannt: „Sollen Sparkassenfamilie und Steuerzahler für das Landesbank-Desaster der Staatsregierung bezahlen?“

Zuständig für die Beantwortung ist der Staatsminister der Finanzen.

Die erste Frage, die Hauptfrage für die SPD, stellt Herr Kollege Schieder.

Herr Staatsminister! Zur Landesbank gibt es Fragen über Fragen.

Ich frage Sie erstens: Herr Finanzminister Huber, wollen Sie nun noch allen Ernstes in einer Knall-auf-Fall-Aktion festlegen, dass die bayerischen Steuerzahler und die Sparkassenfamilie für das Landesbank-Desaster der Staatsregierung bezahlen sollen? Sind Sie bereit, offen und ehrlich zuzugeben, dass die Einstellung einer Bürgschaft in Milliardenhöhe nicht eine Formsache ist, die verharmlosend „Abschirmung“ genannt wird, sondern dass die bayerischen Bürgerinnen und Bürger in dieser Höhe tatsächlich zur Kasse gebeten werden sollen? Sind Sie bereit zu der Klarstellung, dass die jetzt avisierte Inanspruchnahme von Steuergeldern und Sparkassenvermögen in Höhe von 4,8 Milliarden Euro nach realistischer Einschätzung noch nicht das Ende der Fahnenstange bedeutet, und wollen Sie, wenn die 4,8 Milliarden nicht reichen, auch die weiteren Fehlbeträge den Bürgerinnen und Bürgern anlasten?

Zweitens. Herr Finanzminister Huber, sind denn von Ihnen überhaupt ernsthaft Alternativen zu dem beabsichtigten Parforceritt geprüft worden? Ist geprüft worden, der Bay

ernLB Liquidität zuzuführen, zum Beispiel, indem sie sich zugunsten der Sparkassen von Beteiligungen an der DKB oder der Landesbausparkasse trennt? Ist geprüft worden, inwieweit Verlustvorträge vertretbar sind?

Drittens. Herr Staatsminister, Freistaat und Sparkassen sollen nach Ihrem Willen für 4,8 Milliarden Euro garantieren. Wie soll das konkret aussehen? Soll hier eine Zweckgesellschaft gegründet werden? Wem soll sie gehören? Wer soll sie führen? Was soll das kosten? Sollen da auch Private dabei sein, und wo soll der Sitz dieser Gesellschaft sein? Ist die Sparkassenseite überhaupt bereit, Herr Finanzminister, in eine solche Konstruktion einzusteigen?

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Gibt es hier Verhandlungen mit den Sparkassen, und wie ist der Stand der Gespräche? Sind die rechtlichen Fragen zu dem beabsichtigten Projekt überhaupt schon geklärt? Muss hier die EU-Kommission mitwirken, und kann es von dieser Seite her Probleme geben?

Soweit der erste Teil meiner Fragen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die zwei Minuten waren gerade noch eingehalten, aber es ist Stoff für einige Zeit. – Herr Staatsminister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat so, dass die Fülle der schnell vorgetragenen Fragen eigentlich einen sehr, sehr langen Vortrag erforderlich machen würde.

Sie wissen, Herr Kollege Schieder – Sie sind ja Mitglied des Haushaltsausschusses –, dass die Staatsregierung morgen dem Haushaltsausschuss einen Vorschlag unterbreiten wird. Bei der Debatte hierüber können im Detail alle Dinge dargestellt werden. Es ist doch völlig klar, dass eine solche Maßnahme vorbereitet werden muss, dass eine grundsätzliche Entscheidung fällt und dann im Detail die Umsetzung erfolgt. So, wie die Dinge liegen, werden für eine Abschirmmaßnahme Verträge in einem Umfang von vielleicht 600 oder 800 Seiten notwendig sein. Das ist eine Arbeit von Monaten; so ist auch die Erfahrung in anderen Ländern.

Selbstverständlich ist es so, dass wir hier keinen Blankoscheck vonseiten des Parlaments erwarten. Aber man muss sehen: Die Ankündigung einer Abschirmmaßnahme durch den Vorstandsvorsitzenden Dr. Kemmer hat in der letzten Woche dazu beigetragen, dass alle drei RatingAgenturen das bisherige Rating der Landesbank bestätigt haben, und zwar nicht nur für die Landesbank, sondern mittelbar auch für die Sparkassen in Bayern, die mit dem Rating der Landesbank direkt oder indirekt verbunden sind. Das ist deshalb ein großer Vorteil, weil sonst ein er

Denn schon heute wird den Menschen Angst gemacht und gesagt: Du bist mit soviel dabei, und du bist mit soviel dabei.

(Unruhe)

Ich darf vorschlagen, dem Herrn Finanzminister zuzuhören. Anschließend wird die Diskussion wieder aufgenommen.

Ich habe den Vorschlag unterbreitet, dass wir die Steuerzahler in Deutschland und in Bayern dadurch entlasten, dass wir die Pendlerpauschale wieder einführen. Dann hätte jeder Arbeitnehmer sofort einen Vorteil.

Machen Sie doch hier mit! Aber da höre ich nichts vonseiten der SPD.

(Beifall bei der CSU)

Das wäre eine Möglichkeit, die Steuerzahler zu entlasten und nicht zu belasten.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN – Glocke des Präsidenten)

Die Frage, die eigentlich dahinter steht, lautet doch: Wie ist das Risiko zu beurteilen, dass eine Garantie oder eine Bürgschaft in Anspruch genommen werden müsste? Heute kann Ihnen das niemand sagen, denn eine solche Garantie oder Bürgschaft läuft sechs Jahre. Keiner der Experten ist heute in der Lage, eine sichere Prognose hierzu abzugeben. Aber ein Risiko ist vorhanden. Deswegen haben wir mit dem Sparkassenverband, der diesen Weg mit dem Freistaat Bayern paritätisch gehen will – der Präsident des Sparkassenverbandes hat angekündigt, dass sich die Sparkassen auf eine Verhandlung über eine paritätische Beteiligung einlassen –, vereinbart, in dem Moment, in dem die Risken überschaubar sind, unter Umständen auch eine strategische Neuausrichtung vorzunehmen.

Das heißt, es nicht davon auszugehen, dass es in den nächsten sechs Jahren unverändert bleibt. Vielmehr werden auch Möglichkeiten, die Sie, Herr Kollege Schieder genannt haben, in Erwägung gezogen, sodass ich es wage, heute vor den Landtag und morgen auch vor den Haushaltsausschuss zu treten und zu sagen: Wir sollten diesen Weg beschreiten. Die Zweckgesellschaft wäre in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit, denn es geht jetzt darum, durch ein entschlossenes, vernünftiges, vertretbares und verantwortbares Handeln Schaden von Landesbank und Sparkassen abzuwenden.

(Beifall bei der CSU)

Zusatzfrage: Herr Kollege Schieder.

heblicher Schaden in der Refinanzierung der Landesbank entstanden wäre.

Wer eine gute Zukunft will und wer Schaden abwenden will, der muss grundsätzlich bereit sein, solche Gespräche und Verhandlungen zu führen.

Ich stelle also fest: Die Inaussichtstellung einer Abschirmmaßnahme hat bis heute eine sehr positive Wirkung gehabt: Das Rating ist bestätigt, und auf diese Art und Weise ist die Refinanzierung der Landesbank und natürlich auch die Entwicklung eines weiteren Geschäftsmodells möglich.

Nun, was sind die Auswirkungen und die Möglichkeiten? Es ist in der Tat so, dass zu den Möglichkeiten – es sind etwa fünf verschiedene Wege, die man gehen kann – eine Garantie gehört, eine Bürgschaft gehört, und es gehören auch Sicherheitsleistungen dazu. Deshalb werden wir dem Haushaltsausschuss auch nicht vorschlagen, heute und morgen eine Festlegung zu treffen, sondern erst einmal prinzipiell den Weg zu eröffnen und damit die weiteren Verhandlungen zu ermöglichen.

Selbstverständlich, Herr Kollege Schieder, muss das mit der Europäischen Union besprochen werden; denn es gibt Hinweise darauf, dass hier die Frage einer Beihilfe geprüft werden muss, und dann steht zur Debatte, ob das den Private Investor Test besteht oder ob sich die Europäische Union inhaltlich damit auseinandersetzt. Auch das ist Gegenstand der weiteren Gespräche.

Uns schwebt vor, dass wir dem Bayerischen Landtag, also dem Haushaltsausschuss, dann einen möglichen Vertrag selbstverständlich vorstellen und detailliert vorlegen. Erst dann ist eine abschließende Entscheidung möglich.

Ich würde auch die Opposition bitten, sich in einer so komplizierten Materie nicht von vornherein festzulegen und Wege zu verbauen, sondern die Bereitschaft dazu zu haben, dass wir Schaden sowohl von der Landesbank wie von den Sparkassen abwenden.

Die Frage, ob der bayerische Steuerzahler davon betroffen ist, kann ich nur so beantworten: Es braucht kein einzelner Steuerzahler in Bayern zu befürchten,

(Zuruf von der SPD: …kein Einzelner!)

dass er deshalb einen Euro mehr an Steuern zu bezahlen hat. Kein Einzelner wird einen Euro mehr dafür bezahlen.

(Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist wichtig.

(Anhaltende Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN – Glocke des Präsidenten)

Das gilt für alle gleichermaßen. Sie werden mir nicht nachsagen können, dass ich in meiner Amtsführung Ungleichbehandlungen vornehme.

(Christine Stahl (GRÜNE): Unsere Spielregeln sähen anders aus!)

Wir haben die Spielregeln zu beachten, die gemeinsam vereinbart worden sind, unabhängig von Änderungswünschen Einzelner, Frau Kollegin!