Protocol of the Session on February 19, 2008

An einem Beispiel will ich Ihnen das deutlich machen. In meinen Landkreis hat sich Anfang der Neunzigerjahre ein Wiesenweihepaar verirrt.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Die Wiesenweihe. Vielleicht kennen Sie diesen Vogel. Mit freiwilligen Maßnahmen haben die Bauern dazu beigetragen, dass sich in zehn Jahren dort 100 Paare entwickeln konnten. Mit freiwilligen Maßnahmen!

(Zuruf der Abgeordneten Simone Tolle (GRÜNE))

Das war die Grundlage, um dort Natura-2000-Flächen festzulegen.

(Zuruf der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Liebe Frau Paulig, ich will Ihnen ganz deutlich sagen, dass wir beispielsweise im Steigerwald über Jahrhunderte hinweg die naturnahen Strukturen im Wald, im Buchenwald, entwickelt haben.

(Simone Tolle (GRÜNE): Das war nicht die CSU!)

Das war nicht die CSU. Das waren die Menschen, die mit Grund und Boden verantwortlich umgehen, und die wollen wir unterstützen, liebe Frau Tolle.

(Beifall bei der CSU)

Wir wollen das mit freiwilligen Maßnahmen erreichen. Und Bayern hat hier sehr viel Substanz. Ich betone es noch einmal: Das war Ziel von Anfang an. Wenn wir hier neue Broschüren, eine neue Überschrift brauchen, dann ist das substanziell mit dem, was wir haben, sehr gut zu erbringen. Meine Damen und Herren, ich sehe sehr wohl, dass der Spagat in Zukunft noch schwieriger wird: Auf der einen Seite hat die Landwirtschaft die Aufgabe, Nahrungsmittel zu erzeugen und auf der anderen Seite die, Biomasse bereitzustellen, um regenerative Energieträger auch weiter zu ermöglichen, und schließlich soll die Artenvielfalt erhalten werden. Das ist mit Sicherheit eine Herausforderung. Wir sind auch dankbar, dass wir diese Expertenanhörung am 31.01. hatten. Wir und unser Umweltministerium werden das sehr wohl auswerten und dieses Konzept – es ist im Ministerrat am 8. Januar beschlossen worden – für Bayern erarbeiten.

(Zuruf der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Was wir nicht unterstützen, ist die Einführung einer neuen Schutzkategorie und damit noch mehr Bürokratie. Für uns ist wesentlich, dass wir mit dem, was wir in vielen Schritten erreicht haben, verantwortungsvoll umgehen, es weiterentwickeln und natürlich dazu beitragen, dass auch in Bayern die Biotope, das heißt die Lebensräume für die Tier- und Pfl anzenarten, sichergestellt, aber auch weiterentwickelt werden können.

Nährstoffeintrag und Zerstörung von Randstrukturen. Sodann müssen wir zu einer anderen Forstwirtschaft mit Naturwaldreservaten von mindestens 100 Hektar Größe und dies in größerer Anzahl kommen. Wir brauchen Wildnisgebiete, und wir brauchen wirklich mehr nutzungsfreie Gebiete.

Der Trend geht leider in eine völlig andere Richtung. Daher müssen wir feststellen: Mit diesem Umgang mit der Natur werden wir es in Bayern nicht schaffen, das regionale Artensterben und das Anwachsen der Roten Listen der gefährdeten Tier- und Pfl anzenarten aufzuhalten. Wir sollten der Verantwortung von Rio und von Göteborg auch hier in Bayern gerecht werden.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Hünnerkopf.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das Thema wurde schon im Umweltausschuss und auch im Ausschuss für Landwirtschaft und Forsten behandelt. Dort wurde bereits intensiv diskutiert. Jetzt wurde es hochgezogen, um es so noch einmal ins Gespräch zu bringen.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): „So ins Gespräch“?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Bayern braucht hier keine Nachhilfe.

(Lachen der Abgeordneten Simone Tolle (GRÜNE) – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Doch, das haben Sie nötig!)

Dieses Thema ist in Bayern seit über 30 Jahren in sehr guten Händen. Wir waren die Ersten, die ein Naturschutzgesetz geschaffen haben, die in diesem Gesetz schon sehr intensiv den Begriff des Biotops und den Schutz der Biotope geregelt haben. Anschließend haben wir die Biotopkartierung durchgezogen. Die Biotopkartierung war Grundlage für die Landschaftsplanung, für Maßnahmen, um diese Substanz zu verbessern und zu ergänzen. Es war so, dass anschließend Arten- und Biotopschutzprogramme für die Landkreise erstellt und in großem Ausmaß umgesetzt wurden. Im BayernNetz Natur wurden großfl ächig Korridore geschaffen, damit sich Arten ausbreiten können. Natura 2000 war sicher der letzte Schritt, um substanziell noch so aufzusatteln, dass wir insgesamt ungefähr 30 % der Fläche unter Naturschutz haben.

Meine Damen und Herren, was Sie wollen, sind ordnungspolitische Maßnahmen. Aber wir wollen das auf einer anderen Ebene erreichen.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wie?)

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Wörner.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich kann aus mehreren Gründen nicht verstehen, warum Sie diesem Antrag nicht zustimmen können. Ich verstehe auch Kollegen Dr. Hünnerkopf nicht. Was die GRÜNEN in dem Antrag zu dem Zeitpunkt gefordert haben, war noch vor der Anhörung. Von daher trifft der Antrag zu. Im Übrigen sagen Sie selber, Bayern hat viel Substanz – ich sage aber dazu: – zu verspielen, wenn wir nicht dafür Sorge tragen, dass diese Substanz besser als bisher geschützt wird.

Herr Kollege, wenn Sie sagen, in Bayern ist alles so toll gelaufen, warum haben sich dann die Roten Listen verlängert und nicht verkürzt? Das müssen Sie mir mal erklären, wie das zusammengeht, dass Sie sagen, dank der Pfl ege durch die CSU würde das alles besser geworden sein. Schmarrn, das wissen auch Sie: Die Roten Listen haben sich alle verlängert.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Otto Hünnerkopf (CSU))

Ich sage Ihnen nur, die Natur ist Gott sei Dank so robust, dass sie selbst 50 Jahre CSU erträgt. Das ist das Problem dabei.

(Simone Tolle (GRÜNE): Aber nicht mehr lange!)

Aber nicht mehr lange. Genau, Frau Kollegin.

(Simone Tolle (GRÜNE): Es wird Zeit!)

Wenn wir unser schönes Land – da sind wir uns einig – verstärkt pfl egen wollen, dann bedarf es schon einer Reihe von Maßnahmen, um sicherzustellen, dass nicht die gefährdeten Arten, egal ob Tier- oder Pfl anzenarten, immer mehr ins Hintertreffen geraten.

Deswegen wäre es so wichtig gewesen, dass Sie einem anderen Antrag von uns zugestimmt hätten, nämlich ein Mischungsverhältnis zu skizzieren, für was Natur genutzt wird. Bio usw. Das wäre viel wichtiger gewesen, denn das hätte mitgeholfen zu erreichen, dass nicht die Gier nach mehr Geld die Natur immer weiter zurückdrängt. Ich glaube, da sind wir uns einig. Die Natur, die wir meinen, wird im Moment immer weiter zurückgedrängt. Es wäre viel toller, mal zu eruieren, wie sich sicherstellen lässt, dass Natur trotz des vermeintlichen wirtschaftlichen Drucks geschützt wird und erhalten bleibt. Denn irgendwann können wir halt nicht mehr davon herunterbeißen. Dann haben wir alle zusammen ein Problem. Es nützt uns gar nichts, so zu tun, als wäre das alles unendlich. Das ist es nicht, darum muss der Schutz so früh wie möglich beginnen. Da wäre so ein Konzept ein guter Weg. Das muss man aber noch begleitend mit vielen anderen Dingen machen.

In diesem Sinne sehen wir keinen Anlass, so einen Antrag zu unterstützen, noch dazu, wenn dieses Konzept im Entstehen ist. Die CSU-Fraktion wird daher diesen Antrag ablehnen.

Herr Hünnerkopf, bleiben Sie bitte noch einen Augenblick stehen. Ich erteile der Frau Abgeordneten Paulig für eine Zwischenbemerkung das Wort.

Herr Kollege, können Sie mir sagen, wo in meinem Antrag steht, dass wir neue Schutzgebietsausweisungen wollen oder dergleichen? Wenn Sie unseren Antrag genau lesen, dann sehen Sie, dass wir ein bayerisches Biodiversitätskonzept fordern.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Genau!)

Genau das, was der Bund beschlossen hat, also die Bundesregierung, an der auch die CSU beteiligt ist, und was in den Ländern mit Leben erfüllt werden muss. Genau das hat auch Umweltminister Bernhard im November groß angekündigt.

Die zweite Frage, die ich Ihnen stelle: Auf dieser Anhörung am 31. Januar haben doch wohl alle Experten, auch die, die von der CSU eingeladen waren, übereinstimmend hohe Defi zite bei der Umsetzung der Biodiversität in Bayern angesprochen; eben, wie ich gesagt habe, von der Erfassung über die Forschung, über Finanzmittel, Personalstellen bis hin zu den Verursachern des Rückgangs der Artenvielfalt. Hier wurde Klartext gesprochen. Sie haben mir im Ausschuss damals bei der Behandlung des Antrags gesagt, wir sollten erst die Anhörung abwarten. Die Anhörung haben wir abgewartet. Und die Anhörung hat gezeigt, dass ein bayerisches Konzept dringend geboten ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Hünnerkopf, bitte.

Zum Ersten. Ich habe Ihnen ganz deutlich gesagt, dass wir Grundlagen haben, auf denen jetzt unter dem Aspekt Biodiversität ein entsprechendes Konzept entwickelt werden kann.

(Ruth Paulig (GRÜNE): Das fordern wir auch! – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Können Sie dann auch zustimmen?)

Was brauche ich einer Sache zuzustimmen, die schon läuft, die schon von unserem Umweltministerium erarbeitet wird.

Und zum Zweiten: Natürlich stehe ich zu dem, was kritisch angemerkt worden ist. Ich habe vorhin gesagt, dass wir diese Erkenntnisse auswerten. Ich weiß nicht, warum ich noch einmal besonders darauf eingehen soll.

anderer Form, als der Bund es getan hat. Der Bund hat in seinen Zielvorgaben teilweise unrealistische Werte teilweise prozentgenau vorgegeben. Das wollen wir nicht tun. Der Bund polarisiert zwischen Naturschutz und Naturnutzung. Diesen Gegensatz, den Sie auch gerade herausgestellt haben, sehen wir nicht, ganz im Gegenteil: Die bayerische Kulturlandschaft ist der Grund dafür, dass wir so viele Arten haben. Über Jahrhunderte wurde zwischen Landbewirtschaftung und Natur ein Einklang gefunden. Das ist eine unterschiedliche Position zum Bund.

Ein weiterer Punkt, der uns nicht passt, ist das Verlegen des Bundes hauptsächlich auf ordnungsrechtliche Maßnahmen. Wir wollen überwiegend mit freiwilligem Naturschutz arbeiten. Aus diesem Grund hat der Ministerrat erst vor Kurzem eine bayerische Strategie auf den Weg gebracht. So haben wir die Möglichkeit, selber Schwerpunkte zu setzen und etwaige Defi zite des Bundes auszugleichen.

Kernanliegen der bayerischen Strategie ist es – übrigens auch im Unterschied zum Bund –, viele und große vernetzte Biotope miteinander in Verbindung zu bringen, und das nicht nur isoliert, sondern auch im Zusammenhang mit einer naturverträglichen Nutzung der Fläche. Zu den Kernfl ächen gehören Natura-2000-Gebiete, Naturschutzgebiete, Nationalparke, Naturwaldreservate, 13-dFlächen. Die wollen wir alle miteinander verbinden, und zwar teilweise durch Trittsteinbiotope oder durch lineare Verbindungen und Landschaftsstrukturen wie Gewässer und Hecken, sodass der Austausch der Tier- und Pfl anzenarten zwischen diesen Trittsteinen passieren kann.

Wir wollen aber auch eine naturverträgliche Bewirtschaftung,

(Ruth Paulig (GRÜNE): Ökobewirtschaftung!)