Es ist faszinierend zu hören – das kann man belegen –, dass am Flugplatz – Boomtown! – die Zahl derer steigt, die staatliche Zuschüsse zu ihren Löhnen bekommen müssen, damit sie leben können, und das alles, damit man für 28 Euro spazieren fl iegen kann. Ich verstehe nicht, wie jemand, der in einem Staat lebt, der nicht zu den ärmsten dieser Welt gehört, solche Zustände dulden und auch noch unterstützen kann, wie Sie das tun.
Natürlich, Sie brauchen doch nur dem Mindestlohn zuzustimmen. Herr Unterländer, wir beide wissen doch, dass ein Lohn von 7,50 Euro für München ohnehin schäbig ist; das wissen wir beide. Ich gebe Ihnen recht, dass wir da möglicherweise differenzieren müssen. Das hat man mit der Ballungsraumzulage schon gemacht. Man hat sie aber wieder beerdigt, weil die CSU der Meinung war, dass man sie nicht mehr braucht.
Natürlich haben Sie die Zulage zu großen Teilen beerdigt. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die besagen: Wer Löhne dumpt und Arbeitnehmer in Konkurrenz gegeneinander schickt, sorgt dafür, dass in dieser Gesellschaft ein Rechtsrutsch passiert. Wer über ein bisschen Geschichtskenntnis verfügt, müsste das wissen.
Wollen Sie sich wirklich schuldig machen, dass sich wieder ein System entwickelt, das wir vor einiger Zeit schon gehabt haben? Wollen Sie das wirklich? Meine Bitte wäre: Überlegen Sie sich das gut. Es mag sein, dass wir im Moment aufgrund der sozialen Debatte eher einen Linksruck haben. Herr Kollege Kreuzer, Sie wissen aber so gut wie ich, dass dieser Weg auf Dauer nach rechts führt. Die Unsicherheit von Menschen führt in der Regel nach rechts. Allein diese Erkenntnis müsste für Sie Grund genug sein, zusammen mit uns dafür Sorge zu tragen, dass Menschen für ihre Arbeit so entlohnt werden, dass sie davon auch leben können, und zwar von einem Job, nicht von drei oder vier.
Kolleginnen und Kollegen, ich verstehe Sie sowieso nicht. Warum tun Sie sich so hart? Es geht um 7,50 Euro. Vielleicht müssten einige von Ihnen wieder einmal von
Der Flächentarifvertrag – das habe ich bisher von Ihnen überhaupt noch nicht gehört – ist zwar ein Erfolgsmodell,
aber es wäre der falsche Weg, daraus die Konsequenz eines fl ächendeckenden Mindestlohns zu ziehen; das sage ich jetzt aus der Sicht des sozialpolitischen Arbeitskreises meiner Fraktion. Ein gesetzlicher Mindestlohn für alle Branchen ist eine bisher kaum diskutierte Gefahr, deren Existenz Sie anerkennen sollten. Warum soll ein Arbeitgeber denn noch eine Tarifbindung akzeptieren und höhere Löhne bezahlen, wenn der Gesetzgeber seinerseits einen politisch und gesellschaftlich akzeptierten Lohn festlegt? Tendenziell würde damit eine hoch problematische Abwärtsspirale in Gang gesetzt.
Lassen Sie mich zusammenfassend feststellen: Das Gesamtkonzept der Großen Koalition in Berlin bietet den richtigen Ansatz. Es gibt eine Verantwortung von Arbeitgebern und Gewerkschaften. Soweit es notwendig ist, muss die Politik das in dem beschriebenen Sinne unterstützen. Das ist der richtige Weg, nicht ein fl ächendeckender Mindestlohn.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Unterländer, mich fasziniert schon, welchen Eiertanz Sie hier aufführen. Sagen Sie doch, dass Sie für den Mindestlohn sind, und dann ist das Thema vom Tisch! Sie können sich als Sozialpolitiker – und ich glaube Ihnen, dass Sie in Teilen einer sind – vielleicht nicht durchsetzen, aber Sie sollten doch sagen, wofür Sie wirklich sind.
Ich frage Sie: Wer hat denn die ganzen Flächentarifverträge kaputt gemacht, sowohl in den neuen als auch in den alten Bundesländern? War das nicht irgendeine CGB-Gewerkschaft, die, um den Fuß in die Tür zu bekommen, sämtliche Tarifverträge mit den Arbeitgebern unterlaufen hat? Ist das so, oder ist das nicht so? Wir hatten bei Siemens schon einmal so eine gepfl egte Gewerkschaft, die dann unter großem Getöse aufgefl ogen ist. Ich weiß nicht, wer für den CGB, den Christlichen Gewerkschaftsbund, Geld gibt.
Wer, wie die wirtschaftspolitische Koryphäe der CSU, Herr von und zu Lerchenfeld, behauptet, dass Mindestlöhne Arbeitsplätze vernichten, sollte sich einmal überlegen, wie denn Arbeitsplätze geschaffen werden können, wenn die Menschen, die von einem Gehalt nicht leben können,
es in diesem Lande modern geworden ist, alles staatlich zu begleiten und anschließend über die Bürokratie zu jammern.
Meine Kolleginnen und Kollegen, abschließend möchte ich noch kurz eine Bemerkung machen: Ich hätte es mir nie vorstellen können, dass wir nach 60 Jahren sozialer Marktwirtschaft nach dem Muster von Prof. Ludwig Erhard in diesem Lande wieder über die Marktwirtschaft schädigende Elemente in diesem Hause diskutieren. Wir diskutieren über ein Element aus dem ehemals anderen Teil Deutschlands, der 40 Jahre bestanden hat. Ich spreche von der DDR, in der der Staat die Löhne und Gehälter vorgegeben und einen Teil Deutschlands ins Chaos geführt hat. Die Menschen dort wollten die Freiheit. Wer einigermaßen logisch denkt, kann nicht dafür sein, dass der Staat Löhne und Gehälter festlegt.
Ich möchte eines ganz deutlich sagen: Über die Löhne entscheiden letztlich die Produktivität und der Markt. Alle Länder, die diese beiden Faktoren ausgeklammert haben, haben riesige Probleme. Dort gibt es keine soziale Marktwirtschaft. Dort gibt es Armut und verheerende Verhältnisse. Ich hielte es ordnungspolitisch für falsch, wenn wir einen solchen Weg beschreiten würden.
Eine letzte Anmerkung: Ich bin verwundert über die außerordentliche Schwäche, die die Gewerkschaften in diesem Zusammenhang an den Tag legen. Es ist doch ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass entsprechende Tarifvereinbarungen zustande kommen. Wo sind die Gewerkschaften? Da nehme ich keine aus. Sie sagen, der CGB hätte alles unterlaufen. Dazu sage ich sehr deutlich: Auch bei den Gewerkschaften schadet es nicht, wenn eine Konkurrenz und ein Wettbewerb entstehen. Sie wollen Konkurrenz immer beiseite schieben, um ja nicht irgendwo in einer Konkurrenzsituation antreten zu müssen.
Mindestlöhne wären aus ordnungspolitischer Sicht zweifellos ein absoluter Fehler. Für Kommunalpolitiker, die die Forderung nach Mindestlöhnen aufgestellt haben, habe ich großes Verständnis. Sie sagen: Wenn wir Mindestlöhne haben, kann es sein, dass wir bei der Sozialhilfe deutliche Einsparungen in unseren Haushalten verzeichnen können. Deshalb ist es legitim, dass die Kommunen derartige Festlegungen formuliert oder solche Beschlüsse gefasst haben. Ordnungspolitisch wären Mindestlöhne jedoch eindeutig der falsche Weg. Dieses Land sollte nicht wieder in die sozialistische Mottenkiste zurückfallen.
Vielen Dank, Herr Kollege Zeller. Für die Staatsregierung darf ich jetzt Frau Staatsministerin Stewens das Wort erteilen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Steiger, selbstverständlich wollen auch wir, dass
7,50 Euro leben, um zu wissen, was das bedeutet. Offensichtlich haben sich für manche Politiker die Maßstäbe verschoben. Von diesen 7,50 Euro müssen nämlich auch noch Abgaben bezahlt werden. Diese 7,50 Euro landen nicht in der Tasche der Arbeitnehmer. Noch einmal: Wer solche Löhne zahlt, zerstört die sozialen Systeme. Das ist genauso schmutzig wie Geld, das nach Liechtenstein transferiert wird. Vielleicht ist dies sogar noch schmutziger, weil dadurch alles kaputt gemacht wird.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Steiger, ich denke, wir müssen differenzieren. Ihre Sorge über die Entwicklung, die Sie vorgetragen haben, können wir absolut akzeptieren. Die Frage ist nur, wie wir dieses Problem lösen sollen. Hier gibt es unterschiedliche Ansätze. Unser Ansatz, den Herr Kollege Graf von und zu Lerchenfeld erläutert hat, ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern stammt von den fünf Weisen. Diese sprechen sich ganz klar und eindeutig gegen Mindestlöhne aus. Das kommt nicht von ungefähr.
Wenn Sie die Aussagen von Wirtschaftsexperten verfolgen, werden Sie feststellen, dass Mindestlöhne dem Arbeitsmarkt schaden.
Herr Kollege Hallitzky, es wundert mich, wie Sie so daherreden können. Als Sie noch in der Bundesregierung Verantwortung hatten, gab es pro Tag 1000 Arbeitslose mehr. Seit die jetzige Bundesregierung im Amt ist, haben wir pro Tag 2000 Arbeitslose weniger. Dies ist entscheidend für die Frage, ob wir einen Mindestlohn brauchen oder nicht. Ich halte es für unglaublich, wie Sie hier Herrn Kollegen Graf von und zu Lerchenfeld in dieser Weise attackieren. Nebenbei bemerkt: Ich könnte mir vorstellen, dass Herr Kollege Graf von und zu Lerchenfeld mehr Leute beschäftigt und in Lohn und Brot gebracht hat als Sie.
Kolleginnen und Kollegen, heute wurden Vergleiche mit den anderen europäischen Ländern gezogen. Wir müssten dann auch den gesamten Kündigungsschutz und die Arbeitsrechte gleichstellen. Dann könnten wir mit diesen Ländern möglicherweise gleichziehen. Ich sage nicht, dass ich das möchte. Wir können aber nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Das geht einfach nicht. Faktum ist, dass Mindestlöhne gerade bei jungen Menschen, die nicht gut ausgebildet oder unqualifi ziert sind, zur Arbeitslosigkeit führen. Die Schwarzarbeit wird dagegen zunehmen. Das ist eine ganz klare und nüchterne Feststellung, die wir hier treffen müssen.
Mindestlöhne würden außerdem zusätzliche Bürokratie bedeuten. Darüber reden wir schon gar nicht mehr, weil
das „Ob“. Ein branchennaher Fachausschuss kann dann einen branchenspezifi schen Mindestlohn festsetzen. Hier haben die Sozialpartner und die Tarifvertragsparteien wieder Vorrang. Wenn die sich nicht einig werden, kommt die Politik ins Spiel. Ich halte diese beiden Wege für richtig.
Sie führen hier noch einmal eine Diskussion über einen fl ächendeckenden Mindestlohn. Ist er zu niedrig, nützt er niemandem. Ist er zu hoch – das hat die Diskussion schon ergeben – würde er dazu beitragen, Arbeitsplätze aus Deutschland zu verlagern. Das sind die Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich für diejenigen, die niedrig qualifi ziert sind.
Schauen wir uns einmal genau an, was bei den 1,25 Millionen Aufstockern in Deutschland, die Sie in der Diskussion genannt haben, passiert. 50 % davon sind geringfügig Beschäftigte. Das sind die Minijobs. 380 000 von den Aufstockern haben vollzeitige sozialversicherungspfl ichtige Beschäftigungen. Mit der aufstockenden Grundsicherung kommen sie im Schnitt auf einen Stundenlohn von 10,40 Euro. Denen würden Sie mit Ihrem fl ächendeckenden Mindestlohn überhaupt nicht helfen. Von den 1,25 Millionen Aufstockern gehen 47 000 Menschen in Deutschland ausschließlich einer Vollzeitbeschäftigung nach und sind alleinstehend. Das Haushaltseinkommen nach dem Arbeitslosengeld II beträgt bei einem Ehepaar mit zwei Kindern 1578 Euro. Bei einem Ehepaar mit drei Kindern kommen Sie dann auf einen Nettostundenlohn von 12 Euro.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sie merken schon, dass Sie mit Ihrer Diskussion über einen fl ächendeckenden Mindestlohn in Deutschland im Urwald sind. Sie sollten nicht den Linken nachlaufen. Es kostet Sie lediglich Stimmen und bringt kein bisschen mehr soziale Gerechtigkeit in Deutschland.
Gesetzentwurf der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Jagdgesetzes
(Drs. 15/9806) – Erste Lesung – Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Die Redezeit beträgt fünf Minuten. – Frau Kollegin Rütting, bei mir ist bereits angekommen, dass Sie die Aussprache gleich anschließen wollen. Deswegen haben wir für Sie schon zehn Minuten eingestellt. ein gerechter Lohn für gute Arbeit bezahlt wird. Das ist überhaupt keine Frage. Der Lohnfi ndungsprozess – je nach Produktivität der einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – war in Deutschland bislang den Tarifvertragsparteien vorbehalten. Mit großer Sorge beobachte ich übrigens, dass in vielen Bereichen der Selbstverwaltung die Tarifvertragsparteien nicht mehr in der Lage sind, entsprechende Tarifverträge abzuschließen. (Ludwig Wörner (SPD): Wenn selbst der Freistaat Bayern droht, aus dem Tarifvertrag auszusteigen!)
Ich möchte ganz klar sagen, dass ich dies mit großer Sorge betrachte. Die Bayerische Staatsregierung steht natürlich hinter einer gerechten Lohnfi ndung; denn jeder Einzelne – gerade, wenn er erwerbstätig ist – sieht durchaus, dass es in unserem Staate nicht mehr so ganz gerecht zugeht. Wir können eine starke Steigerung der Einkünfte aus Kapital feststellen. Wir haben außerdem eine starke Steigerung bei den Managergehältern, so die heutigen Pressemeldungen in den Zeitungen. Wir haben aber eine sehr geringe Steigerung der Einkommen bei der arbeitenden Bevölkerung.
Deshalb glaube ich, dass wir sehr genau hinsehen müssen. Frau Kollegin Steiger, wir spielen übrigens nicht nur im Wahlkampf die soziale Karte. Sozialpolitik hat bei uns immer Vorrang. Das möchte ich ganz klar sagen.
Vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, die ich soeben geschildert habe, haben sich die beiden Parteien der Großen Koalition an einen Tisch gesetzt und überlegt, wie man bei diesem Thema weiterkommen könnte. Dass Arbeitnehmerentsendegesetz war ursprünglich nur dafür da, Lohndumping über entsandte Arbeitnehmer aus anderen Staaten zu verhindern. Das Stichwort lautet: „Tariftreue“. Über das Entsendegesetz wurde nun ein Weg gefunden, in den Branchen, wo wir Tarifverträge mit einer Tarifanbindung von über 50 % haben, gleichzeitig zu sagen:
Hier kann ein Mindestlohn festgesetzt werden, aber immer nach den Konditionen des Arbeitnehmerentsendegesetzes und des Tarifvertragsgesetzes. Wenn sich hier die Sozialpartner, die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber, im Tarifausschuss einig werden, kommt die Verantwortung der Politik ins Spiel. Dann kann die Politik handeln. Ich meine, das ist ein guter Kompromiss, auch im Sinne der Tarifvertragsparteien. Zu diesem Kompromiss stehe ich ohne Wenn und Aber.