Protocol of the Session on February 14, 2008

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Stahl.

Frau Präsidentin, meine Herren und Damen! Minister und Staatssekretäre und -sekretärinnen haben bei ihrem Amtsantritt einen Eid auf die Verfassung leisten müssen. Ich sage Ihnen: Den Gesetzentwürfen, die wir hier in der letzten Zeit diskutieren müssen, sieht man das nicht an.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Explizit bei der Videoüberwachung werden wir deshalb – da kann ich meiner Kollegin Narnhammer recht geben – sehr genau über die Einzelfragen diskutieren müssen; denn es mag sein, dass Sie aufseiten der Bürgerinnen und Bürger stehen, aber ein Recht, die Verfassung zu brechen, gibt Ihnen das noch lange nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sind es doch, die an der Personalausstattung der Polizei sparen und die Beamtinnen und Beamten mit immer mehr Zusatzaufgaben belasten.

Eine Beauftragung privater Unternehmen, wie sie in Ihrer Begründung auch drinsteht, zum Beispiel zur Überwachung kommunaler Wertstoffhöfe, ist verfassungsrechtlich, denke ich, zumindest bedenklich. Derartige Aufgaben dürfen nach Artikel 33 Absatz 4 des Grundgesetzes grundsätzlich nur von Angehörigen des öffentlichen Dienstes wahrgenommen werden, es sei denn, es handelt sich um Hilfstätigkeiten und eine durchgehende Beaufsichtigung durch die zuständige öffentliche Stelle ist gewährleistet. Ja, wer in den Kommunen soll denn diese Aufgabe wieder übernehmen? Da muss dann eigenes Personal für die Sichtung und Auswertung der Videoaufzeichnungen eingestellt werden.

Nach wie vor gilt: Gelegenheit macht Diebe; je mehr Daten gesammelt und gespeichert werden, umso größer ist die Gefahr, dass sie in falsche Hände geraten. Dafür haben Sie von der Mehrheitspartei erst vor Kurzem das beste Beispiel geliefert: Ihr Möchtegern-OB in München hat die Bilder aus einer Überwachungskamera im ganzen Stadtgebiet plakatiert.

(Unruhe)

Wer selbst so schamlos den Datenmissbrauch betreibt und hier erklärt, die Bürger müssten sich keine Sorgen machen, der ist unglaubwürdig und erschüttert das Vertrauen der Menschen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN – Zuruf von der CSU)

Wir wollen nicht, dass Bayern zur Konkurrenz von Clipfish TV verkommt, wir wollen, dass Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger gewahrt bleiben. In diesem Sinne freue ich mich schon auf die Diskussionen im Ausschuss.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Obermeier.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es besteht Einigkeit in diesem Haus, dass Videoüberwachung zur Verbrechensaufklärung effektiv und notwendig ist. Einigkeit in diesem Punkt dürfte spätestens seit der Aufklärung der Vorgänge in der Münchner U-Bahn bestehen.

Kollegin Narnhammer, es geht hier nicht darum, irgendwelche Freiheitsrechte einzuschränken, sondern es geht genau um das Gegenteil: Es geht um die Sicherung dieser Rechte für unsere unbescholtenen Bürger. Dass Sie heute schon Blumentöpfe und Liebespärchen dafür missbrauchen, um diesen Gesetzentwurf abzulehnen, zeigt eigentlich, wie schwer Sie sich damit tun, Ihre Ablehnung dieses Gesetzentwurfs überhaupt zu begründen.

(Unruhe bei der SPD)

Hier besteht also eine Lücke. Der Gesetzentwurf ermöglicht umfassende Überwachungen beinahe aller öffentlichen Orte. Er lässt Spielraum für Behördenwillkür und geht über den Schutz von Leib und Leben weit hinaus. Auch hierfür hat die Kollegin prägnante Beispiele genannt.

In Bayreuth wurde meine Kollegin Ulrike Gote von der CSU der unterlassenen Hilfeleistung bezichtigt, weil sie sich mit der Videoüberwachung, wie wir es jetzt hier auch tun, kritisch auseinandergesetzt hat. Meine Damen und Herren von der CSU, machen Sie weiter so! Diese Art von Lagerwahlkampf nützt uns; denn wer sich mit dem Thema auseinandersetzt, wird sehen, dass Ihre Parolen nicht in die jetzige Debatte passen. Auf jeden Fall gilt von unserer Seite: null Toleranz für diesen Gesetzentwurf!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Kolleginnen und Kollegen, damit ist die Aussprache geschlossen.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. – Damit besteht Einverständnis. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Feuerwehrgesetzes (Drs. 15/8978) – Zweite Lesung –

hierzu:

Änderungsantrag der Abg. Helga Schmitt-Bussinger, Stefan Schuster, Florian Ritter u. a. (SPD) (Drs. 15/9360)

Änderungsantrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hier: Kostenfreiheit bei Personenrettung (Drs. 15/9378)

Änderungsantrag des Abg. Dr. Jakob Kreidl u. a. (CSU) (Drs. 15/9381)

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion vereinbart.

Ich darf als ersten Redner Herrn Kollegen Ettengruber bitten. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Freiwilligen Feuerwehren in unserem Lande sind ein prägendes Element in Bayern. Ohne die flächendeckende Einrichtung des Feuerwehrwesens im ganzen Lande wäre Bayern nicht denkbar.

Ein Gesetzentwurf wurde notwendig, weil die bisherige Videoüberwachung der Kommunen, wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt – also nicht wir, sondern das Verfassungsgericht –, keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage hat, also schlichtweg illegal war und deswegen eine Grundlage braucht.

Die Videoüberwachung – auch das hat das Verfassungsgericht ganz deutlich gemacht – greift massiv in Persönlichkeitsrechte ein. Sie kann genutzt werden, um belastende hoheitliche Maßnahmen zu ergreifen, zum Beispiel im Rahmen einer Strafverfolgung. Sie soll abschreckend wirken und lenkt natürlich auch das Verhalten von Menschen. Sie sammelt eine Vielzahl von Informationen zu Personen, und es kann unter Umständen eine Zusammenstellung von individuellen Bewegungs- und Persönlichkeitsprofilen erfolgen, wenn es jetzt auch noch nicht zulässig ist. Sie betrifft Menschen, die sich nichts zuschulden haben kommen lassen: Erst einmal betrifft sie diese große Gruppe von Menschen, und deswegen muss sich die Videoüberwachung sehr genau überprüfen lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es sind enge verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt. So darf zum Beispiel keine Komplettüberwachung des gesamten öffentlichen Raumes erfolgen – weshalb man sich dann aber schon fragt, welchen Sinn Videoüberwachung an einzelnen Stellen haben soll, außer sie dient tatsächlich der Sicherung von Verkehren oder auch zur Sicherung von Fußgängern, zur Sicherung von Unterführungen, der U-Bahn-Schächte etc. pp. Das haben wir ja alles schon. Aber es dient ganz bestimmt nicht der Sicherheit, wenn an einem Marktplatz eine Videoüberwachung durchgeführt wird und damit nur eine Verschiebung von möglichen Straftaten in andere Räume erreicht wird.

Das zu schützende Rechtsgut, zum Beispiel Leib und Leben, muss hochwertig sein – das war der zweite Punkt, den das Verfassungsgericht genannt hat –, und es darf nicht – das halte ich für sehr wichtig – ins Ermessen der Behörde gestellt sein, zu entscheiden, in welchem Umfang, ob überhaupt und wie die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger beschränkt werden darf.

Zur Erfüllung dieser Grundsätze sind normenklare Regelungen notwendig. Der Entwurf der CSU verletzt diese Grundsätze eklatant. Es fehlt an Zugriffsbeschränkungen. Ich frage mich bei den Formulierungen, die Sie gewählt haben, beispielsweise: Sollen zukünftig auch Private auf diese Videoüberwachung Zugriff nehmen können – angesichts der Verwendung des besagten Fotos hier im Wahlkampf durch die CSU? Ich erinnere an die Aufnahme, wo der arme Mensch, also das Opfer einer Straftat, dann im ganzen Stadtgebiet plakatiert worden ist. Wir haben auch Videoaufnahmen im Fernsehen sehen können. Ich frage mich eben schon, ob angesichts dieser bereits erfolgten Verwendung nicht doch, was den Zugriff Privater angeht, schärfere Sicherungen eingeführt werden müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

zielle Aufwendungen. Hinzu kommt eine Reihe anderer wichtiger Dinge im Bereich des Feuerwehrwesens. Wir sind hier aufgerufen, die Dinge immer auf dem neuesten Stand zu halten.

Dieses Gesetz ist in den Ausschüssen weitestgehend einvernehmlich beraten worden. Ich bitte um Zustimmung in der Fassung des endberatenden Verfassungs- und Rechtsausschusses.

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Schuster, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute in Zweiter Lesung über die Novellierung des Feuerwehrgesetzes. Dass als Redezeit nur fünf Minuten veranschlagt wurden, zeigt schon, dass bei diesem Thema weitgehend Übereinstimmung zwischen den Fraktionen herrscht. Das haben auch die Beratungen in den Ausschüssen, federführend im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit, gezeigt.

Kolleginnen und Kollegen, seit dem Erlass des Bayerischen Feuerwehrgesetzes sind mehr als 25 Jahre vergangen. In dieser Zeit haben sich die Lebens- und Arbeitsverhältnisse sowie die Industrie- und Gewerbestruktur erheblich verändert. Das Verkehrsaufkommen ist gestiegen, und die Technik hat sich rasch weiterentwickelt. Die Zahl der Einsätze hat sich verdreifacht. Die Gemeinden und die Betriebe stehen vor der Aufgabe, unter diesen veränderten Bedingungen den abwehrenden Brandschutz und den Technischen Hilfsdienst in ihrem Zuständigkeitsbereich sowohl personell als auch finanziell sicherzustellen.

Dies hatte zur Folge, dass die Verbände bereits vor der Ersten Lesung gehört worden sind und dabei eine ganze Palette von Fragen zu diesem Thema aufgetaucht ist, unter anderem auch die Frage, ob die zehnminütige Hilfsfrist als Planungsgröße im Gesetz festgeschrieben werden soll. Meine Fraktion hätte nichts dagegen gehabt, diese Hilfsfrist dadurch zu unterstreichen, dass sie ins Gesetz aufgenommen wird. Wir können aber damit leben, dass sie auch in Zukunft nur in der Vollzugsbekanntmachung steht.

Aufgeworfen wurde – Sie haben es angesprochen, Herr Kollege Ettengruber – auch die Frage, ob Feuerwehrzweckverbände gegründet werden können. Die SPDFraktion hatte vor längerer Zeit bereits einen Gesetzentwurf zu diesem Thema eingebracht, der aber damals von der CSU-Fraktion und von der Staatsregierung mit der Begründung abgelehnt wurde, dass das alles im Feuerwehrgesetz geregelt werden soll. Im Gesetzentwurf der Staatsregierung war diese Zweckverbandsgründung am Anfang auch noch enthalten, allerdings nur mit dem Hinweis, dass die betreffenden Kreisbrandräte sowie die Leiter der Berufsfeuerwehren und Feuerwehrkommandanten dazu anzuhören sind.

Die SPD-Fraktion hat deshalb einen Änderungsantrag des Inhalts eingebracht, dass mit den betreffenden Kreis

Was die Sicherstellung des vorbeugenden und des abwehrenden Brandschutzes betrifft, was die Hilfeleistung und die Rettung bei Katastrophen betrifft, aber auch was den inneren Zusammenhalt unserer Bevölkerung betrifft, erfüllen die Freiwilligen Feuerwehren eine wichtige und unverzichtbare Funktion.

Wir sind daher auch als Parlament gut beraten, wenn wir das Feuerwehrwesen sorgfältig parlamentarisch begleiten und das ständige Gespräch mit den Beteiligten, den Feuerwehren selbst, ihren Interessenvertretungen, dem Landesfeuerwehrverband und den Kommunen, suchen und führen und damit die Erfordernisse des Tätigseins der Feuerwehren zu jeder Zeit kennen und, wo notwendig, auch umsetzen.

Kolleginnen und Kollegen, der Inhalt dieses Feuerwehränderungsgesetzes ist in den Ausschüssen eingehend beraten worden. Ich darf nur einige wenige Stichpunkte nennen.

Die Bestandsgarantie für die Ortsfeuerwehren wird aufrechterhalten – das ist ein ganz wichtiger Punkt –, wobei allerdings die Möglichkeit des freiwilligen Zusammenschlusses von Ortsfeuerwehren eingeführt wird.

Die Altersgrenze der aktiven Feuerwehrleute wird auf 63 Jahre angehoben.