Protocol of the Session on January 30, 2008

Immer wieder wird es Menschen geben, die, egal aus welchen Gründen, den Anschluss an den ersten Arbeitsmarkt verloren haben. Es bedarf der gemeinsamen Anstrengung der Agentur für Arbeit, des Freistaats, der

Kommunen und der einschlägigen Trägerorganisationen, um diese Menschen mit Qualifi zierungsmaßnahmen und mit Arbeitsförderung wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und ihnen eine Perspektive zu geben. Es gibt eine Reihe von Bildungsträgern und Arbeitsförderwerken. Ich bin sehr erstaunt, dass diese Knochenarbeit zugunsten unserer Gesellschaft von der Staatsregierung mit dem üblichen überbordenden Bürokratismus „belohnt“ wird. Hier sollten Sie schnellstens umdenken und sich an die Spitze einer konzertierten Aktion setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im vorliegenden Haushaltsgesetz fi nden sich heuer gar manch interessante Dinge. Ich kann es Ihnen nicht ersparen, über den teuersten Austrägler der Republik zu sprechen. Fünf neue Stellen sollen für den früheren Ministerpräsidenten geschaffen werden. Für den Steuerzahler wäre es allemal billiger gewesen, Sie hätten Herrn Stoiber in Kreuth nicht gemeuchelt.

(Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (CSU): Schäbig; das ist von der Opposition schäbig! – Gegenrufe von Abgeordneten der SPD)

Das Gesetz über die – –

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Frau Präsidentin, Sie müssen die Ruhe nicht herstellen. Ich warte gerne auch so.

Herr Kollege Dupper hat das Wort. Ich bitte, wieder etwas Ruhe einkehren zu lassen.

Ich konnte ja nicht wissen, dass ich den Nerv so stark treffen würde.

Das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Staatsregierung

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

regelt im Artikel 8 Absatz 5 ziemlich klar, dass ein ehemaliger Ministerpräsident im Zusammenhang mit seinen früheren Aufgaben Personal und Sachmittel bekommt. Sie statten Ihren Ex mit viel Geld für seine kommende Aufgabe aus. Im Handstreich möchten Sie eine neue gesetzliche Grundlage im Haushaltsgesetz schaffen. Wir fordern Sie auf: Bewahren Sie in dieser Angelegenheit Maß und Ziel, weil alles andere nur dem Steuerzahlerbund und nicht dem Steuerzahler vermittelbar wäre.

(Beifall bei der SPD)

Zur Wiederbesetzungssperre will ich nur so viel sagen: Wir sind froh, dass Sie die unentwegten Anregungen der SPD aufgenommen haben und die Sperre von zwölf auf drei Monate reduzieren.

(Manfred Ach (CSU): Das tut doch weh!)

Gleichwohl halten wir an der Notwendigkeit der völligen Aufhebung der Sperre fest, da ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst ein wichtiger Standortfaktor ist.

(Beifall bei der SPD)

Zum Finanzausgleichsänderungsgesetz: Bedingt durch die gute Entwicklung der Steuereinnahmen mit plus 9 % steigt das Gesamtvolumen. Insbesondere die Erhöhung des kommunalen Anteils an der Kfz-Steuer auf nunmehr 50 % ist ein zarter Versuch und fi ndet hellste Zustimmung, wenngleich das nur die Korrektur früherer Fehler ist. Des Weiteren werden die Kommunen spät, aber dennoch von der Nettosolidarumlage entlastet. Die Schlüsselmasse erhöht sich auf respektable 2,4 Milliarden Euro. Die Mittel für die Schulbauförderung, für die Abwasserentsorgung und den Straßenbau werden erhöht. Ebenso erscheinen uns die Mittel im Ausgleichstopf für die aus Hartz IV resultierenden Belastungen der Kommunen zufriedenstellend eingesetzt zu sein.

An einigen Stellen allerdings lässt der vorliegende Gesetzentwurf Fragen offen. Zum Ersten gibt es keine Lösung für die Kommunen, die unter dem Bevölkerungsrückgang leiden und infolge der zugrunde liegenden Architektur des Finanzausgleichs zweifach bestraft werden.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Kurt Faltl- hauser (CSU))

Hierzu werden praktikable Lösungen diskutiert, die aber völlig unabhängig von der Problematik Stadt/Land und kleinere Kommunen im Verhältnis zu größeren Kommunen angegangen werden sollen.

Zweitens gehen die gute Konjunktur und die Steuermehreinnahmen an all jenen Kommunen vorbei, die über keine ausreichende Steuerbasis verfügen. Es ist keine Frage, dass auch sie in den Stand gesetzt werden müssen, Lebensqualität vor Ort zu schaffen. Wir wären gut beraten, anlässlich der Regelung für die Bedarfszuweisung Abhilfe zu schaffen.

Gänzlich enttäuschend ist der geplante Beitrag des Freistaats zum Aus- und Aufbau von Krippenplätzen in Bayern. Auch uns ist die funktionierende Familie das Liebste, wo, von der Abendsonne beschienen, der Enkel auf den Knien des Opas schaukelt, während der erwerbstätige Elternteil von seinem interessanten Job in der Großstadt zurückkommt. Aber dieser Hang zum Idyll darf uns nicht verleiten, aus ideologischen Gründen den Aufbau eines qualitätsorientierten Betreuungssystems zu verhindern

(Beifall bei der SPD)

oder auf die Kommunen abzuladen. Im besagten Interview im „Handelsblatt“ beschwert sich der Ministerpräsident, dass der Bund – wörtlich – „mit dem Kindergartenprogramm wieder Milliarden für eine Aufgabe in die Hand nimmt, für die der Bund nicht zuständig ist.“

(Franz Maget (SPD): Sehr gut – nicht nehmen!)

Abgesehen davon, dass uns kein Kindergartenprogramm bekannt ist, hätte der Freistaat alle Möglichkeiten der Welt, in eigener Zuständigkeit für den Ausbau zu sorgen.

(Beifall bei der SPD)

Stattdessen kassieren Sie gerne und ohne erkennbaren Protest 340 Millionen Euro, die der Bund zur Verfügung stellt, legen ein bisschen aus Landesmitteln drauf

(Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (CSU): Geschenkt ist geschenkt!)

und lassen die Kommunen bei der Bewältigung dieser zentralen Zukunftsaufgabe alleine. Der angestrebte Versorgungsgrad von 31 % bedeutet 60 000 neue Krippenplätze. Das wiederum entspricht einem kommunalen Finanzierungsanteil von 600 Millionen Euro. 600 Millionen Euro von den Kommunen, 100 Millionen Euro vom Freistaat – wie war das noch mit Bayern 2020?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit wohlverdienter Genugtuung nehmen wir zur Kenntnis, dass Sie zur Kenntnis genommen haben, dass schon im letzten Haushalt jeder SPD-Vorschlag gegenfi nanziert war.

Wir werden es auch dieses Mal so halten. Angesichts der guten Steuerbasis gibt es überhaupt keinen Grund, den Haushalt durch Schulden zu fi nanzieren. Das gilt vor allem auch, weil Sie es uns leicht machen. Schon im letzten Jahr haben wir die Rückforderung der zinslosen Darlehen an die Flughafen München GmbH gefordert. Mehrere hundert Millionen Euro könnten zur Finanzierung von Zukunftsaufgaben verwendet werden, wenn Sie den nötigen Mut hätten. Diese GmbH hat so viele fl üssige Mittel, dass sie sogar den völlig überfl üssigen Transrapid mitfi nanzieren möchte.

(Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (CSU): Überhaupt nicht überfl üssig!)

Apropos Transrapid: Dieses Projekt ist ein Schlag für den ländlichen Raum und wird dort auch so gesehen. Ich möchte einen Bürgermeister aus dem Bayerischen Wald zitieren, welcher der SPD überhaupt nicht nahe steht. Er sagte wörtlich: „Für den Transrapid werden Milliarden bereitgestellt. Der ländliche Raum geht wieder einmal leer aus.“ Er sagte, es sei unglaubwürdig, wenn behauptet würde, dass die Mittel für den Straßenbau nicht gekürzt würden, denn diese seien bereits erheblich gekürzt, und der Staat spare wieder einmal erheblich zu Lasten der Kommunen. Der Bürgermeister sagte weiter: „Was nutzt eine Hochtechnologiebahn, wenn es schon an den Wegen nach München fehlt.“

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Zum Beispiel! – Beifall bei der SPD)

Er sagte: „Unsere Leute kommen nur auf Schotterstraßen voran.“ Das ist ein wörtliches Zitat!

(Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (CSU): Dumme Polemik! – Heiterkeit bei der SPD)

Soweit das wörtliche Zitat eines Bürgermeisters aus dem Bayerischen Wald, der nicht der SPD angehört.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ganz abgesehen davon, die Finanzierung des Transrapids aus Mitteln des Freistaats ist angesichts des dringenden Bedarfs beim ÖPNV, beim Staatsstraßenbau oder bei Ortsumgehungen ein blanker Hohn.

Selbstverständlich wissen auch wir, dass zusätzliches Personal bei den Finanzämtern nicht die Rettung für den Haushalt als solches sein kann.

(Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (CSU): Sehr richtig!)

Es ist aber dringend geboten, Steuergerechtigkeit in diesem Land auch dadurch herzustellen, dass im Innen- und Außendienst wieder ausreichend geprüft werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen, meine sehr verehrten Herren, dieser Haushaltsentwurf enthält einige interessante Ansätze. So ist zum Beispiel schon bemerkenswert, dass der bayerische Finanzminister einer drohenden Konjunktureintrübung mit einer expansiveren Haushaltspolitik gegenübertreten will. Von einem solchen antizyklischen Verhalten wollte die Staatsregierung bislang nichts wissen. Wir nehmen das mit leichtem Entzücken zur Kenntnis, gleichwohl stellen wir fest: In vielen Haushaltsansätzen steckt zu viel Wahlkampf und stecken zu wenig klare Ziele.

(Beifall bei der SPD)

Offenbar gewann der Drang, den Fraktionskolleginnen und -kollegen wieder die gute Nachricht vor Ort zu ermöglichen, die Oberhand über eine Finanzpolitik, die das Land entlang klarer Schwerpunkte voranbringt. Im vorliegenden Finanzplan fi nden sich keine belastbaren Aussagen zu Investitionsquoten der Zukunft. Es fi ndet sich hingegen viel Lyrik über die zahl- und namenlosen Programme. Wir werden die Entwicklung wohl abwarten müssen. Wir freuen uns so gesehen auf spannende Beratungen zum Nachtragshaushalt 2008. Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Ach. Bitte schön, Herr Kollege.

(Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (CSU): Jetzt kommt die Wahrheit!)