Protocol of the Session on December 13, 2007

Wir haben Fragezeichen und Ausrufezeichen. Das eine ist: Wir haben wertvolle Naturräume, nämlich die Isarauen. Wir haben wertvolle Naherholungsgebiete, beispielsweise die Neufahrner Mühlseen und den Unterschleißheimer See, die beeinträchtigt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben den Lärm, und wir haben – Herr Kollege Wörner hat es angesprochen – zwei Stellen, wo bis auf 40 Meter hinunter gegangen wird. Da sind wir beim Tertiär. Was ist im Tertiär? Da ist die Quelle unseres Trink- und Brauwassers. Kolleginnen und Kollegen der SPD, in diesem Punkt seid ihr ja sehr gespalten, weil das für die zweite Stammstrecke in erhöhtem Maße gilt. Wir haben außerdem die CO2- und Energiebilanz. Auch da brauche ich nicht in das Planfeststellungsverfahren hineinzugehen. Da schaue ich einfach in die Machbarkeitsstudie. Alle Untersuchungen beginnen mit der Machbarkeitsstudie.

Da heißt es, die CO2- und Energiebilanz ist hundsmiserabel negativ.

(Zuruf des Abgeordneten Johannes Hinters- berger (CSU))

Herr Hintersberger, ich verbessere Sie ja noch. Sie haben gesagt, es seien 3000 Autofahrer: Es sind 3 Millionen Mitfahrer und Selbstfahrer, die ersetzt werden. Selbst wenn man mit 3 Millionen rechnet, ist die CO2- und Energiebilanz negativ.

(Zuruf des Abgeordneten Johannes Hinters- berger (CSU))

Warum ist sie negativ? - Einfach deswegen – da war Kollege Wörner viel zu bescheiden -, weil es in der Bilanz ganz anders ausschaut als in der des ICE: Wir brauchen in den ersten eineinhalb Minuten eine Lastspitze von 35 Megawatt. Das heißt, die Magnetschwebebahn hätte zwar auf langen Strecken einen Gewinn hinsichtlich des CO2-Ausstoßes und Energieverbrauches, auf der Kurzstrecke hat sie ihn aber mitnichten, Herr Hintersberger.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das fi nden Sie reihenweise in veröffentlichten Unterlagen. - Da Sie den Kopf schütteln, empfehle ich Ihnen, das Plenarprotokoll vom 10. Oktober nachzulesen.

(Engelbert Kupka (CSU): Ach hör’n’S doch auf!)

Da hat der damals noch zuständige Minister Huber den spezifi sch höheren Energieverbrauch eingestanden. Das hat er selber eingestanden, nachzulesen bitte im Plenarprotokoll vom 10. Oktober. So ist es. Das können Sie auch in anderen Unterlagen nachlesen.

Fazit: Sie haben hier bedauerlicherweise wieder einmal etwas zu verbergen, wobei, Kollege Wörner, wir auch nicht allzu hoffnungsfroh wären, wenn die CSU sagen würde: Wir legen die Karten auf den Tisch, und wir diskutieren das. Ich erinnere an die Debatte, die wir im vorletzten halben Jahr über Sicherheitsaspekte, über das Sicherheitskonzept zum Transrapid geführt haben. Da gab es einen Dringlichkeitsantrag von uns, und da gab es einen von der CSU. Die CSU hat dann erreicht, dass der Minister einen Bericht zugestanden hat. Jetzt haben wir den Bericht vor einigen Monaten bekommen. Wir können nur sagen: Es ist erbärmlich, was da abgeliefert wurde, wie vieles andere, was von der Staatsregierung kommt.

(Beifall der Abgeordneten Simone Tolle (GRÜNE))

Deshalb zusammenfassend noch einmal: Wir unterstützen selbstverständlich den Antrag der SPD-Fraktion. Vieles von dem, was er als Ergebnis bringen würde, wenn er denn befürwortet würde, lässt sich aus anderen Studien herauslesen. Auch wenn Sie mit dem Kopf schütteln und fürchterlich schimpfen, sind das Fakten, und deswegen sind Sie hier in größter Not.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Müller.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme gerne dem Antrag der SPD auf Offenlegung der Ökobilanz für Transrapidbau und Transrapidbetrieb im Landtag nach. Sie alle wissen: Wir sind derzeit im Genehmigungsverfahren. Ich möchte Ihnen einen kurzen Abriss über den derzeitigen Stand geben.

Kollege Hintersberger hat es vorhin gesagt, die Regierung von Oberbayern übergibt derzeit die letzten Berichte an das Eisenbahnbundesamt. Wenn wir uns anschauen, wie die Umweltfragen beim Planfeststellungsverfahren defi niert sind, dann liegen derzeit 25 Aktenordner vor, die auch jedem Einzelnen zur Einsicht zur Verfügung stehen. Ich glaube, dass die Planfachleute die Fakten gut vorbereitet haben, damit alle Fragen zur Umwelt geprüft und beurteilt werden können.

Alle in Ihrem Antrag, Herr Wörner, aufgeführten Aspekte sind in der bisherigen Planung detailliert untersucht und bilanziert worden und entsprechen auch den gesetzlichen Vorgaben. Die Umweltbelange wie Schallemissionen und Erschütterungen, Umweltverträglichkeit sowie Schutzgüter Boden, Wasser, Tiere und Pfl anzen, aber auch Spezialthemen, Herr Runge, wie FFH-Verträglichkeit, Artenschutz und Naturschutzrecht wurden bei der Planung eingehend geprüft und letztendlich auch bewertet.

Fazit ist: Zur Einhaltung der Grenzwerte der Magnetschwebebahn-Lärmschutzverordnung sind auf circa 2600 Meter Schallschutzwände erforderlich. Das entspricht 7 % der Trassenlänge von 37 km. Dieses günstige Ergebnis ist auch darauf zurückzuführen, dass die Schallemissionen im Vergleich zu herkömmlichen Verkehrssystemen deutlich niedriger liegen.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Das ist auch darauf zurückzuführen, dass auf der freien Strecke außerhalb der Stadt wegen der Bündelung mit der Autobahn A 92 in der Regel ausreichend Abstand von Siedlungsbereichen eingehalten wird und dass im innerstädtischen Bereich die Trasse überwiegend im Tunnel geführt und die Geschwindigkeit auf 250 km/h begrenzt wird.

Ich möchte jetzt auf die im Antrag angesprochenen Aspekte näher eingehen. Die Aspekte, die Herr Wörner anspricht, sind Herstellung und Transport der Stützen, Ökobilanz für Bau und Betrieb, Fahrtrassen, Eingriff ins Grundwasser. Was die Baulogistik anbelangt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Der Bauablauf zur Herstellung des Fahrweges der Magnetschnellbahn ist einfach und vergleichbar mit dem Bau von Straßen und Eisenbahnen, so wie wir es sonst auch kennen. Es werden temporär trassenbegleitende Baustraßen angelegt – Herr Kollege Hintersberger als erfahrener Ingenieur weiß das auch –, auf denen die Baustoffe und die Träger des Fahrwegs zum Einbauort transportiert werden. Der Transport der Fahrwegträger, der im Antrag angesprochen ist, erfolgt in der Regel mit Sondertransporten über öffentliche Straßen. Diese Transporte werden grundsätzlich über Autobahnen und Fernstraßen abgewickelt. Aufgrund der meist eben

erdigen Trassenlage und Lage des Transrapid werden überwiegend Fundamente hergestellt. Nur an wenigen Stellen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es erforderlich, Stützen für den Fahrweg zu errichten. Der Transrapid fährt also nicht nur oben auf den Stützen, sondern ganz klar wie ein normaler Zug auf dem Boden. Die Frage des Transports der Stützen stellt sich daher nicht. Diese werden vor Ort aus Beton gegossen. Hierfür erhalten die Planfeststellungsunterlagen detaillierte und ortsbezogene Aussagen.

Der zweite Punkt, der hier so heftig und emotional diskutiert worden ist, geht ums Grundwasser im Tunnelbereich. Die Absenkung des Grundwasserspiegels fi ndet nur vorübergehend während der Bauzeit statt. Die Fachleute erwarten wegen der Nord-Süd-Ausrichtung der Tunnel in der vorwiegenden Grundwasserfl ießrichtung keine größeren Aufstauungen und Absenkungen des Grundwassers.

Lieber Kollege Wörner, Sie haben eine besondere Affi nität zum öffentlichen Personennahverkehr, auch aufgrund Ihrer berufl ichen Erfahrung. Wir fahren mit den S-Bahnen und U-Bahnen derzeit auch unter der Isar durch. Transrapidtunnel unterscheiden sich nicht von einem U-Bahn- oder S-Bahn-Tunnel. Die Beeinfl ussung des Grundwasserspiegels ist auch derzeit ingenieurtechnisch beherrschbar. Ich möchte ganz einfach sagen: Es sind weder Trockenschäden bei Bäumen und sonstiger Vegetation noch Bauwerksschäden infolge Grundwasserabsenkung im Zuge der Tunnelbaumaßnahmen zu erwarten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Magnetschnellbahn wurden alle Umweltaspekte untersucht, bewertet und bilanziert. Die Planung läuft auf vollen Touren. Die Planung lässt auch keine größeren Fragen offen. Am besten überzeugen Sie sich selbst durch die Einsicht in die 25 Ordner.

(Ludwig Wörner (SPD): Haben wir gemacht!)

Nehmen Sie sich die Zeit, Herr Wörner, wir haben jetzt bald Feiertage. Da haben Sie Etliches vor sich.

(Ludwig Wörner (SPD): Haben wir schon hinter uns, Frau Ministerin!)

Ich kann nur ganz einfach sagen: Der Offenlegung der Ökobilanz ist in vollem Umfang Rechnung getragen. Der Antrag ist also nicht erforderlich und somit hinfällig.

(Beifall bei der CSU)

Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss empfi ehlt die Ablehnung des Antrags. Wer dem entgegen dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Letzteres war

die Mehrheit. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 27 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sozialbericht vorlegen! (Drs. 15/9068)

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurden fünf Minuten je Fraktion vereinbart. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Ackermann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag „Sozialbericht vorlegen!“ schließt sich nahtlos an den vorherigen Tagesordnungspunkt an;

denn auch eine Ökobilanz zum Transrapid wird aus bestimmten Gründen nicht gewünscht, weil man dann unter Umständen Fakten hätte, auf die man zurückgreifen könnte. Aber das will man nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei dem Landessozialbericht verhält es sich genauso. Es ist ein weihnachtliches Thema; denn im Gegensatz zur Weihnachtsgeschichte, in der Kaiser Augustus tatsächlich wissen wollte, was in seinem Land los ist, will das die Bayerische Staatsregierung nicht wissen. Deshalb verzögert sie den Landessozialbericht jetzt bereits seit neun Jahren. Es ist eine unendliche Geschichte, und auch das passt zu Weihnachten; Märchen passen immer zu Weihnachten. Nur: Diese unendliche Geschichte, die sich um den Landessozialbericht rankt, ist nicht so poetisch und von geringerem Unterhaltungswert.

In der Zeit zwischen 1996, in der der Beschluss gefasst wurde, in jeder Legislaturperiode einen Landessozialbericht vorzulegen, und jetzt hat es 34 Drucksachen und 12 Anträge gegeben – davon einen Antrag von der CSU, sechs Anträge von der SPD, fünf Anträge von der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie zahllose Appelle von Wohlfahrtsverbänden –, den Landessozialbericht für Bayern endlich vorzulegen. Dem wurde leider nicht gefolgt. Ein Landessozialbericht hat 1998 vorgelegen, seitdem hat sich nichts mehr getan. Es gab dann verschiedene Ausreden, warum er nicht erscheint.

Ausrede Nummer eins: Man hat gesagt: Er ist zu teuer, er wird 500 000 Euro kosten, und das können wir uns in Zeiten einer angespannten Haushaltslage nicht leisten. Dazu muss man sagen: Wären Datengrundlagen da, könnte man zielgerichteter handeln; dann bestünde unter Umständen sogar die Möglichkeit, Geld einzusparen, anstatt mit der Gießkanne Geld auszugeben. Das wollte man nicht.

Ausrede Nummer zwei: Wir konnten den Landessozialbericht nicht aufl egen, weil sich bei Hartz IV gerade eine große Umstellung vollzogen hat, deshalb mussten wir

dann noch ein bisschen warten. Ich muss Ihnen sagen: Auch diese Ausrede greift überhaupt nicht; denn in einem Landessozialbericht geht es um die Ausbildungssituation in einem Land, um dessen Gesundheitssituation, um das Stadt-Land-Gefälle, um die Migranten, um die Integration und um die frühkindliche Bildung. Ich frage Sie: Was hat das mit Hartz IV zu tun?

Wenn Sie schon Ausreden brauchen, kann ich Ihnen jetzt freiwillig eine dritte Ausrede liefern: Wir befi nden uns im Moment in einem massiven demografi schen Wandel; sollten wir nicht abwarten, bis der vollzogen ist? Dann hätten wir nämlich noch einmal 30 Jahre Zeit und bräuchten wieder keinen Landessozialbericht vorzulegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Endlich, im Jahr 2007, hat sich dann etwas bewegt. Allerdings glaube ich weniger, dass sich etwas bewegt hat, weil die Bayerische Staatsregierung zur Einsicht gekommen ist. Ich glaube eher, es war auch auf das massive Drängen des „Forum Soziales Bayern“ zurückzuführen, dass man endlich bereit war, Geld für diesen Landessozialbericht in den Haushalt einzustellen. Trotzdem hat es dann noch einmal eineinhalb Jahre für Planungen und Ausschreibungen bedurft. Und jetzt wird ein Vierteljahr Zeit gegeben, um den Landessozialbericht zu erstellen. Im Vergleich zu der Zeit, die man hat verstreichen lassen, bis er überhaupt beschlossen wurde, und zu der Zeit, die die Planung in Anspruch genommen hat, ist das ein relativ kurzer Zeitraum. Ich hoffe trotzdem, das Ergebnis wird so sein, dass man politisch damit arbeiten kann.

Aber das allergrößte Manko an diesem Vorgehen ist, dass der Landessozialbericht zum Ende einer Legislaturperiode erscheinen wird. Das bedeutet, dass es überhaupt nicht mehr möglich sein wird, politische Konsequenzen aus den Erkenntnissen des Landessozialberichts zu ziehen. Das ist sehr wahrscheinlich kein Unfall und kein Versehen – das ist politische Absicht: In dieser Legislaturperiode sollte nicht mehr gehandelt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)